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"„Morgen kommt der Nikolaus ins Kinderheim und du begleitest die Zwerge bei ihren Gesängen am Klavier“, wiederholte er. „Tony... Ich kann Kinder nicht leiden! Sie sind laut, stinken und übertragen Krankheiten! Wie konntest du so einen Auftrag annehmen? Die können doch gar nicht so viel Geld bezahlen!“, echauffierte sich Karl lautstark." Diese Kurzgeschichtensammlung besteht aus vier kleineren und größeren Kurzgeschichten, in denen Geschwisterliebe, Familienzuwachs und Freundschaft ganz groß geschrieben wird. Diese Sammlung ist für jeden geeignet, der lachen, weinen oder einfach nur wieder Kind sein möchte.
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Inhaltsverzeichnis
I am who I am
Matchball
Familienzeit
„... und wenn das 5. Lichtlein brennt....“
Impressum
„Paranormale Phänomene zeigen sich in verschiedenen Formen. Die bekannteste Form sind die so genannten „Geister“ oder „Spuk“. Dies sind Seelen von toten Lebewesen, die aus verschiedenen Gründen nicht vom diesseits loslassen können. Sie hängen wie in einer Art Zeitschleife fest. Wobei dies wiederum auch nicht korrekt formuliert ist. Wenn zum Beispiel der Tod zu plötzlich für eine Person kommt und diese sich nicht darauf vorbereiten konnte,
dann lebt die Seele ganz normal weiter, als würde sie noch leben. Die Seele, die Person weiß nicht, dass sie tot ist. Ein anderes Beispiel für einen Geist wäre, wenn irgendetwas kurz vor dem Tod der Person eintritt und diese es nicht so im Raum stehen lassen möchte – wie zum Beispiel einen Mord – oder die Person ist der Meinung, dass noch nicht alles erledigt ist – zum Beispiel jemanden zu helfen -, dann wird diese Person nach dem Tod als Geist umherwandeln, so lange bis die Seele ihr Ziel erreicht hat; alles geklärt hat. Meist sind es Verhaltensmuster, die sich immer und immer wiederholen, bis es Jemanden gelingt, diese „Zeitschleife“ zu durchbrechen in Form von zum Beispiel einem überführten Mörder oder einer hilfeleistenden Handlung…“
Als der CEO diesen Bericht las, schnaubte er nur leicht verächtlich.
„Humbug!“, schmunzelte er wissend.
~*~*~*~*~
Es war der Moment, den sich so viele Schüler herbeigesehnt hatten: Die Übergabe der Abschlusszeugnisse. Johnathan Miller konnte es nicht glauben. Er hatte allen Widrigkeiten zum Trotz die zehnte Klasse geschafft. Das hieß: nie wieder Schule, nie wieder Stress mit den Lehrern, nie wieder den Nerv tötenden unterkühlten Geldsack und… Johnathan stutzte. Wo zur Hölle war Dexter? Wieso war der nicht anwesend? Die Zeugnisausgabe war doch eine Pflichtveranstaltung! Und selbst der ach so große und herrliche Derek Dexter musste antanzen!
Doch schlussendlich sollte es Johnathan egal sein. Sobald er das Zeugnis in den Händen hielt würde er den CEO nie wieder zu Gesicht bekommen! Und dies erleichterte ihn so ungemein. Er würde eine Ausbildung als Grafikdesigner beginnen – den Vertrag hatte er schon unterschrieben – und dann konnte endlich sein neues Leben beginnen!
Als die Schulklingel zum letzten Mal für Johnathan läutete, raste der Blonde lachend und springend aus dem Gebäude. Alles und jeden zurücklassend. Jetzt ging es erst einmal in den Urlaub! Und da war er egoistisch. Er hatte so lange für den Urlaub gespart…
Er wünschte seinen Freunden noch viel Glück und Spaß, und dass man sich bald wieder sehen würde und schon sprang er in den Bus, der soeben an der Haltestelle hielt. Einmal schien wirklich alles wie am Schnürchen zu laufen. Johnathan Miller strahlte mit der Sonne um die Wette.
Derek Dexter verließ soeben mit seinem Anwalt das Gerichtsgebäude. Er war am Ende seiner Kräfte und wollte nur noch seine Ruhe haben. Doch da belagerten ihn schon die Reporter und Journalisten. Sie wollten wissen, wie das Ergebnis war und warum der CEO die Verhandlung nicht öffentlich hatte führen lassen. Dexter war müde und schüttelte nur leicht seinen Kopf. Sein Anwalt übernahm, gab kurz ein Statement, was eigentlich absolut nichts verriet und bat darum, dass man Derek Dexter in diesen schweren Stunden seine Privatsphäre doch bitte respektieren sollte. Der CEO würde schon noch eine Pressekonferenz geben.
Murrend und widerwillig machte die Meute schließlich Platz und so konnte der Brünette zu seiner Limousine laufen, die schon bereit stand. Dexter wollte gerade einsteigen, als er noch einmal seinen Blick schweifen ließ. Er stutzte leicht. Denn nicht weit vor ihm, wurde soeben ein junger blonder Mann, der in Hand- und Fußschellen lief, gerade zu einem Transportwagen der Polizei geführt. Leicht schnaubte Dexter, schüttelte nur den Kopf und verzog leicht seine Lefzen.
„Geschieht dir Recht, Köter… Einmal Gosse, immer Gosse!“, murmelte Derek Dexter leise vor
sich hin, als er in den Wagen stieg.
Am nächsten Tag prangte „Derek Dexter hat erfolgreich ein Leben vernichtet!“ als Schlagzeile auf dem Titelblatt jedes Klatschmagazins.
Kapitel 1
Mit wachsamen Augen schritt der Blonde durch die Straßen. Er suchte nach einer Adresse. Er irrte schon seit etwa einer Stunde hier herum und war mittlerweile kurz davor aufzugeben und wieder zurück in seine Unterkunft zu gehen, als er plötzlich stutzte.
Auf der anderen Straßenseite sah er einen jungen Mann, der fast schon verzweifelt versuchte mit seinem Rollstuhl ein Gebäude zu betreten. Doch schaffte er es nicht die Räder über die erste Stufe zu wuchten.
Der Blonde beobachtete es eine Weile und schließlich überquerte er die Straße und griff kurzer
Hand zum Rollstuhl.
„Sie erlauben?“, murmelte er leise und warm, als er mit etwas Anstrengung und Geschick den Rollstuhl über die Stufen wuchtete und den jungen Mann so ins Gebäude schob.
Dieser war zu verblüfft, um zu reagieren und schon war er an dem Ort, wo er seitfast zehn Minuten versuchte hin zukommen. Seine blauen Augen blitzten vor Wut auf und er blickte nun zu seinem Helfer, schon eine Schimpftirade auf der Zunge, als er stockte.
„Johnathan?“, fragte der Schwarzhaarige ungläubig.
Auch der Blonde hatte sich zu dem jungen Mann zugewandt und wollte sich gerade verabschieden, als er in die blauen Augen schaute und erkannte.
„Cody?!“, keuchte er entsetzt. „Was zur Hölle ist mit dir passiert?“
Cody legte seinen Kopf leicht schief und musterte den Blonden abschätzend. Wollte Johnathan ihn auf den Arm nehmen? Der Vorfall ging damals durch die Medien. Wirklich JEDER hatte davon gehört. Und doch schaute Johnathan ihn an, als ob er wirklich von nichts wusste. Hatte der Blonde etwa im tiefsten Urwald gelebt?!
„Ich muss noch schnell was erledigen… Wenn du magst, kannst du mich begleiten und dann gehen wir Kaffee trinken. Ich werde dir erzählen, was passiert ist“, erklärte Cody leise. Johnathan blickte sich schnell um und seufzte leise und wie ergeben.
„Klar, kein Problem. Wo musst du hin?“, nickte er.
„Es war vor fünf Jahren ungefähr… Hab im Sportunterricht einen Basketball gegen den Kopf bekommen. Hatte Kopfschmerzen und mir war schlecht. Hatte auch leichte Probleme mit dem Sehen. Aber der Arzt hat gemeint, es wäre nur eine Gehirnerschütterung. Ich solle zu Hause bleiben und drei Tage das Bett hüten… Nun ja… ich hatte Gehirnblutungen… unbemerkt.
Später hat man mir erklärt, dass es bei heftigeren Schlägen auf den Kopf passieren kann, dass man Blutungen bekommt und innerhalb von 48 Stunden stirbt. So etwas ist bei mir passiert. Der Arzt hat seine Sorgfaltspflicht vernachlässigt. Mir wurde beim Frühstück schwindelig… Bin zusammengebrochen. Derek hat mich sofort ins Krankenhaus eingeliefert und da wurde festgestellt, dass ich Hirnblutungen hatte…
Ende des Liedes: sie konnten mich retten, ich lag mehrere Monate im Koma und nun bin ich an den Rollstuhl gefesselt. Das Hirn hat einige Schäden zurückbehalten.
Derek hat den Arzt in Grund und Boden geklagt…“
Johnathan starrte fassungslos sein Gegenüber an, als dieser schließlich fertig war mit erzählen. Sie hatten sich in ein Café gesetzt und saßen nun bei einer Tasse heißen Kaffee.
„Verdammt… Cody, dass tut mir Leid! Wird es je wieder werden?“, fragte der Blonde da leise. Cody blickte Johnathan genau an, denn er wollte kein Mitleid mehr. Er wollte normal behandelt werden. Und da fiel ihm auf, dass die Augen seines alten Schulfreundes ungewöhnlich hart und kalt waren, obwohl seine Stimme warm klang.
„Ich weiß es nicht, ob es jemals wieder wird. Ehrlich gesagt, habe ich mich damit abgefunden, aber Derek besteht darauf, dass ich die Physiotherapie weiter mache.
Es ist langwierig, manchmal schmerzhaft, aber ich kann mittlerweile sogar wieder stehen. Ob ich allerdings je wieder laufen kann… ich weiß es nicht.“
Der Schwarzhaarige seufzte und Johnathan blickte nachdenklich vor sich hin, während er einen
Schluck seines Kaffees nahm.
„Gib nicht auf, Codi. Das wird sicherlich wieder… Oder du bekommst deinen Bruder davon überzeugt, dass er es akzeptieren soll“, lächelte der Blonde leise.
Cody beobachtete Johnathan. Musterte ihn genau, denn irgendwas stimmte nicht. Etwas an seinem Freund gefiel ihm nicht.
Die Gesichtszüge waren hart und markant. Die Wangenknochen blickten stärker als gewöhnlich hervor. Ein verbitterter Zug lag um den Mundwinkeln und die sonst so warmen, weichen Augen, die immer lachten, waren hart, kalt… fast leer und vor allem müde. Unendlich müde.
„Jo… Was ist passiert? Du wirkst so anders. Gar nicht mehr so, wie ich dich kenne. Und warum wusstest du von mir nicht? Die Sache wurde Monatelang in den Medien zerrissen und breit gelatscht“, wollte Cody mit leiser Stimme vorsichtig wissen.
Johnathan blickte auf und überlegte. Sollte er es erzählen? Würde Cody ihn dann abweisen? Ihn nicht mehr kennen? Viele seiner Freunde wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben. Es würde ihren Ruf schädigen, wenn sie sich mit Jemanden wie ihm einlassen würden. Dies musste er in den letzten drei Wochen schmerzhaft erleben.
Gesellschaftlicher Status… Und Johnathan fragte sich, ob er je wirklich echte Freunde gehabt hatte. Er schluckte leicht, atmete einmal tief durch und senkte wieder seinen Blick.
„Ich war im Gefängnis. Bis vor etwa vier Wochen.“
Cody keuchte auf und schlug sich fassungslos eine Hand vor den Mund. „Jo, was ist passiert?“, wollte er geschockt wissen und ein bitteres Lächeln huschte über die Lippen des Blonden.
„Ich bin nun mal ein brutaler Schlägertyp… Ich habe jemanden fast totgeprügelt und deshalb bin ich eingefahren“, erklärte Jo leise und es klang fast schon ausweichend.
„Das ist nicht die ganze Wahrheit, Jo…“, rügte der Schwarzhaarige sanft und griff behutsam und aufmunternd nach der Hand des Blonden. Hielt sie fest.
Braune Augen hoben sich unsicher und blickten in warme blaue Seelenspiegel.
„Ich möchte nicht darüber reden. Noch nicht. – Cody? Es stößt dich nicht ab?“
Da wanderte ein warmes Lächeln um Codys Mundwinkel.
„Jo, ich kenne dich. Wenn du so austickst, dann muss irgendwas Schlimmes passiert sein. Ich glaub nicht wirklich, dass du gerechtfertigt gesessen hast. – Wo wohnst du jetzt? Und was machst du jetzt?“, wollte der Schwarzhaarige wissen.
Johnathan nickte dankbar für diese Worte. Es war das erste Mal, dass er solche Worte hörte. Und sie waren wie Balsam für seine Seele.
„Ich lebe in einer Unterkunft. Kannst du dir vorstellen wie eine Art Jugendherberge – in einem Vier-Mann-Zimmer. Ich war auf der Suche nach der Adresse meines Bewährungshelfers. Ich soll an einem Rehabilitationsprogramm teilnehmen. Es gibt wohl so eine Art Verbindung, in der sich einige Firmen zusammengeschlossen haben, um Ex-Häftlingen eine Chance auf Ausbildung und Arbeit zu geben. Auf dass diese wieder in der Gesellschaft rehabilitiert werden. Wenn ich dann einen Job habe und Geld verdiene, werde ich mir eine eigene Wohnung suchen“, erklärte er.
Cody lauschte diesen Worten und nickte ab und an.