Die Sehnsucht führt sie nach St. Johann - Toni Waidacher - E-Book

Die Sehnsucht führt sie nach St. Johann E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Sie sollten das net auf die leichte Schulter nehmen«, sagte Dr. Brenner und sah die junge Frau eindringlich an. »Der Thomas braucht dringend eine Luftveränderung. Fahren S' mit ihm in die Berge. Sie werden seh'n, Frau Leitner, in ein paar Wochen ist der Bub wieder gesund und munter.« Maria Leitner biss sich auf die Lippe und nickte. Dabei neigte sie den Kopf zur Seite und blickte zu ihrem Sohn, der in der Spielecke des Zimmers saß und mit einem Auto herumkurvte. Der Sechsjährige war ganz in sein Spiel vertieft und achtete nicht auf das, worüber sich die Mama und der Onkel Doktor unterhielten. »Haben S' ein Problem?«, hakte der Arzt nach. »Ich weiß, dass Sie allein erziehend sind, da muss man schon auf jeden Cent schau'n. Aber es gibt Stellen, an denen man sich Hilfe holen kann. Auch finanzieller Art.« »Nein, nein, es geht schon«, schüttelte sie den Kopf. »Ich mein', das mit dem Geld …« »Aber?« Die junge Frau zuckte die Schultern. »Die Berge«

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Der Bergpfarrer – 251 –

Die Sehnsucht führt sie nach St. Johann

Aufregende Tage für Maria und ihren Sohn

Toni Waidacher

»Sie sollten das net auf die leichte Schulter nehmen«, sagte Dr. Brenner und sah die junge Frau eindringlich an. »Der Thomas braucht dringend eine Luftveränderung. Fahren S’ mit ihm in die Berge. Sie werden seh’n, Frau Leitner, in ein paar Wochen ist der Bub wieder gesund und munter.«

Maria Leitner biss sich auf die Lippe und nickte. Dabei neigte sie den Kopf zur Seite und blickte zu ihrem Sohn, der in der Spielecke des Zimmers saß und mit einem Auto herumkurvte. Der Sechsjährige war ganz in sein Spiel vertieft und achtete nicht auf das, worüber sich die Mama und der Onkel Doktor unterhielten.

»Haben S’ ein Problem?«, hakte der Arzt nach. »Ich weiß, dass Sie allein erziehend sind, da muss man schon auf jeden Cent schau’n. Aber es gibt Stellen, an denen man sich Hilfe holen kann. Auch finanzieller Art.«

»Nein, nein, es geht schon«, schüttelte sie den Kopf. »Ich mein’, das mit dem Geld …«

»Aber?«

Die junge Frau zuckte die Schultern.

»Die Berge«, antwortete sie, »sie sind meine Heimat, dort bin ich geboren und als ich sie damals verlassen hab’, da war ich sicher, nie wieder zurückzukehren …«

Dr. Kurt Brenner ahnte, was die Mutter seines kleinen Patienten durchlebte. Ganz sicher, es war seinerzeit nicht harmonisch zugegangen, als sie die Heimat verließ. Und nun hatte sie vermutlich ein Problem damit, wieder dorthin fahren zu müssen.

»Wo genau kommen Sie her?«, erkundigte sich der Arzt.

Er war Mitte vierzig, schlank und hatte ein freundliches Auftreten, das den Kindern, die er behandelte, die Angst nahm, sobald er sie ansprach.

Maria strich sich eine Strähne aus der Stirn. Ihre Haare waren weizenblond, das Gesicht hatte einen bräunlichen Teint. Zwei lebhafte, blaue Augen blitzten darin, konnten aber auch zornig blicken, wenn es einen Anlass gab. Die Sechsundzwanzigjährige hatte eine Figur, die manchen Mann veranlasste, den Kopf zu drehen, wenn Maria an ihm vorüberging, und ihr einfühlsames Wesen, ihr liebenswerter Charakter, machten sie bei Nachbarn, Bekannten und Vorgesetzten beliebt.

»Ich wurde in St. Johann geboren«, antwortete sie auf die Frage des Arztes. »Das liegt im Wachnertal.«

»Also genau dort, wohin Thomas für ein paar Wochen müsste. Noch besser wäre sogar einige Monate oder auch ein halbes Jahr. Sie werden seh’n, die Luftveränderung wird ihm gut tun.«

Maria Leitner sah wieder zu ihrem Sohn. Die letzte Nacht war besonders dramatisch gewesen. Seit er einige Zeit Ruhe gehabt hatte, bekam Thomas gestern Abend einen erneuten Erstickungsanfall. Die Hustenkrämpfe kamen völlig unerwartet und waren so beängstigend, dass Maria einen Notarzt gerufen hatte. Der hatte den Bub mit Sauerstoff versorgt und ihm ein Medikament verabreicht, das ihm besser Luft verschaffen sollte.

Seit Thomas vor einem guten Vierteljahr zum ersten Mal Anzeichen dieser Krankheit gezeigt hatte, lebte seine Mutter in ständiger Angst um ihn. Gerne hätte sie sich mehr um ihn gekümmert, doch Maria war gezwungen, arbeiten zu gehen, nachdem Franz Leitner vor drei Jahren überraschend verstorben war und Frau und Kind alleine gelassen hatte.

Es war schon schwer genug gewesen, heute frei zu bekommen, doch Maria, die als Bedienung in einem Wirtshaus arbeitete, hatte es bei ihrem Chef so dringlich gemacht, dass er schließlich ein Einsehen hatte und ihr zumindest den Vormittag frei gab.

Ansonsten kümmerte sich Gülcan, die Nachbarin, um Thomas, der in der Familie von Mehmet Cunkurt und seiner Frau immer herzlich willkommen war.

Der Kinderarzt suchte etwas auf dem Schreibtisch und zog eine Zeitungsseite unter einem Stapel anderer Papiere hervor.

»Schauen Sie mal«, sagte er und reichte Maria die Zeitung. »Das hab’ ich in der Wochenendausgabe gefunden. Ein Bauernhof im Wachnertal bietet Feriengästen Unterkünfte an. Offenbar ist es ein noch junges Unternehmen, denn die Preise sind sehr moderat, finde ich. Vermutlich müssen sie noch um Gäste werben und machen deshalb so ein gutes Angebot.«

Sie nahm das Blatt und las die umrandete Anzeige.

Ferien am Brandnerhof, stand dort in dicken Lettern zu lesen. Genießen sie Ruhe und Erholung im schönen Wachnertal. Auf unserem Bauernhof ist die Welt noch in Ordnung. Ihre Kinder werden begeistert sein, und Sie genauso! Unsere Tiere warten darauf, gefüttert und gestreichelt zu werden, während die Kinder beschäftigt sind und auf einem Esel reiten oder im Garten Gemüse ernten, können Eltern Kühe melken, beim Käsen helfen oder ganz einfach die Seele baumeln lassen. Unser gutes Essen und die gesunde Bergluft sind ein wahres Labsal für Körper und Geist.

Es folgte eine Staffelung der Übernachtungspreise, einschließlich Vollpension, sowie Hinweise auf Ausflugsziele und Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung.

Maria schloss sich der Meinung des Arztes an; der Urlaubsbauernhof war sicher noch nicht lange in Betrieb.

»Das wäre wirklich eine Überlegung wert«, meinte sie, nachdem sie auch noch gesehen hatte, dass der Brandnerhof eher in der Nähe von Engelsbach lag, als in der von St. Johann.

»Tun Sie’s«, nickte Dr. Brenner nachdrücklich, »tun Sie’s für Ihren Sohn, und vielleicht lässt sich dabei gleich das wieder geraderücken, was damals der Grund für den Bruch mit Ihrer Heimat war.«

Maria nickte, aber es geschah eher automatisch, als dass sie den Worten des Arztes folgte. Freilich, für Thomas würde sie alles auf sich nehmen, aber dass die alte Geschichte sich würde wieder einrenken lassen, da hatte sie so ihre Zweifel …

*

»Was sagt denn der Doktor?«, erkundigte sich Gülcan, als Maria Thomas zu der türkischen Nachbarin brachte.

Ihr Chef hatte darauf bestanden, dass sie die Mittagsschicht übernahm, wenn sie schon am Vormittag fehlte. Maria war daher sehr in Eile.

»Praktisch eine Kur müsste der Bub machen«, sagte sie. »Wir sollen in die Berge fahren.«

»Das ist doch prima!«

»Du ahnst net, was du sagst«, entgegnete Maria Leitner.

»Dann erklär’s mir doch.«

»Heute Abend. Jetzt muss ich los. Gegen acht hole ich Thomas wieder ab. Danke, Gülcan. Ich wüsst’ net, was ich ohne eure Hilfe machen sollte.«

Die junge Türkin lächelte und strich über ihren leicht gewölbten Bauch; Gülcan und Mehmet Cunkurt erwarteten ihr erstes Kind.

»Kannst dich ja revanchieren, wenn unser Baby da ist«, sagte sie. »Also, bis heute Abend.«

Maria eilte zum Bus und fuhr in die Innenstadt. Das Wirtshaus ›Zum Hirschen‹ lag in der Nähe der Sendlingerstraße, in der zahlreiche Einzelhandelsgeschäfte zu einem ausgiebigen Einkaufsbummel einluden. Nicht wenige der Leute kamen anschließend zum Essen in das gutbürgerliche Lokal.

Das Restaurant hatte knapp hundertfünfzig Sitzplätze und war in mehrere Reviere eingeordnet, die die Bedienungen sich teilten. Die jungen Frauen, meist angelernte Kräfte, darunter viele Studentinnen, die sich hier etwas dazuverdienten, trugen einheitliche Dirndl mit weißen Schürzen dazu. Schweinshaxen und Braten mit Knödel waren die Renner bei den meist auswärtigen Gästen. Gegen drei Uhr kamen dann die Kaffeetrinker, und es wurde etwas ruhiger. Indes liebte Maria den Trubel, denn dann ging die Zeit schneller vorüber – und die vielen Gäste waren nach einem guten Essen auch mit dem Trinkgeld sehr spendabel …

Endlich war es sieben Uhr, und die junge Mutter hatte Feierabend!

Maria rechnete ab und überschlug kurz in Gedanken, wie viel sie zusätzlich eingenommen hatte. Die Trinkgelder kamen zu Hause in ein großes Sparschwein, das schon prall gefüllt war. Jetzt würde sie den Inhalt gut für den Urlaub gebrauchen können.

Mit dem Bus fuhr Maria nach Hause. Mehmet Cunkurt spielte mit Thomas Quartett, Gülcan wusch das Geschirr vom Abendessen ab.

»Hallo«, begrüßte Mehmet die Nachbarin, »ihr wart beim Arzt?«

Der junge Türke arbeitete auf dem Münchner Hauptbahnhof, wo er, zusammen mit seinem Bruder, einen Imbissstand betrieb. Er zeigte sich sehr besorgt um Marias Sohn.

»Ja«, nickte sie und erzählte, was Dr. Brenner ihr geraten hatte und deutete an, warum sie zögerte zu fahren.

»Ihr müsst aber!«, sagte Mehmet eindringlich.

Sie nickte ergeben.

»Ich muss erst den Chef um Urlaub bitten«, antwortete Maria. »Eigentlich wollte ich es heut’ schon machen, aber es war zuviel los, und nachher war der Pilch net mehr im Geschäft. Na ja, dann erfährt er es eben morgen. Sicher wird er toben und behaupten, er fände keinen Ersatz für mich, aber das ist mir egal.«

»Aber klar!«, nickte Gülcan, die Tee gekocht hatte und mit dem vollen Tablett an den Tisch kam. »Du kannst doch darauf keine Rücksicht nehmen!«

»Gewiss net. Die Krankheit wird immer wieder zurückkehren, wenn sie net ausgeheilt wird. Dr. Brenner meint zwar, wir sollten ein halbes Jahr dort bleiben, aber das kann ich mir nun wirklich net leisten. Vier Wochen müssen genügen. Ich hoff, dass Thomas bald ohne die Tabletten auskommt. Die Nebenwirkungen sind ja net ohne!«

Sie tranken den süßen türkischen Tee und unterhielten sich noch einen Moment. Maria wollte erst noch ausführlicher darüber sprechen, warum sie einer Rückkehr in die Heimat eher skeptisch gegenüber stand, doch Thomas hatte schon ganz müde Augen, und so verabschiedeten sich Mutter und Sohn.

Maria brachte Thomas ins Bett und las ihm noch eine Gutenachtgeschichte vor. Der Bub freute sich schon darauf, im Sommer in die Schule zu kommen.

Er liebte Geschichten über alles und wollte endlich lesen lernen!

Anschließend ging Maria in das kleine Wohnzimmer und öffnete den Stubenschrank. Im dritten Fach des Seitenteils fand sie, was sie suchte. Ein Fotoalbum, in braunes Kunstleder gebunden. Die junge Frau nahm es heraus und setzte sich auf das Sofa. Ihr Herz klopfte, als sie das Album aufschlug und das Foto auf der ersten Seite betrachtete.

Es zeigte die Eltern am Tag ihrer Silberhochzeit, Katharina Sonninger und ihren Mann, Veit. Gut sieben Jahre war es her, seit Maria von zuhause fortgegangen war. Im Jahr zuvor war die Mutter verstorben, und die Tochter hatte das mürrische, übellaunige Verhalten des Vaters nicht mehr ertragen können. Ganz sicher war es seine hilflose Reaktion auf den Verlust der geliebten Frau, dass der Sonningerbauer mit Gott und der Welt haderte.

Aber musste er das ausgerechnet auch Maria spüren lassen?

Sie hatte gewiss alles getan, um ihm so viel Unterstützung zu geben, wie sie nur konnte. Fleißig arbeitete sie von früh bis spät auf dem Hof, musste sich aber dennoch Vorwürfe anhören. Mehr als einmal drohte sie, Hof und Heimat zu verlassen. Doch erst als Veit Sonninger verlangte, sie solle einen Mann heiraten, den sie nicht liebte, setzte Maria ihre Drohung auch in die Tat um.

Dabei wusste sie gar nicht, wohin sie überhaupt wollte, nur fort musste sie. Auf dem Bahnhof der Kreisstadt löste sie eine Fahrkarte für den nächsten Zug, der gerade fuhr. Er brachte sie nach München.

Allein und sich verloren vorkommend, stand die junge Maria, gerade mal etwas mehr als achtzehn Jahre alt, auf dem Bahnsteig und war den Tränen nahe.

Die Leute rings um sie herum schienen sie gar nicht wahrzunehmen. Rücksichtslos wurde Maria angerempelt und erwachte endlich aus ihrer Lethargie. Sie verließ den Bahnhof und ging zum Taxistand, wo sie einen Fahrer bat, sie zu einer preiswerten Pension zu bringen. Daheim hatte sie zwar ihr Sparbuch geplündert, aber das Geld würde nur dann reichen, wenn sie sorgsam damit umginge.

Als Magd hatte sie keine Möglichkeiten, eine Arbeit zu finden, aber Maria war sich nicht zu schade, mit Putzen ihr Geld zu verdienen. In der Gastwirtschaft lernte sie auch Franz Leitner kennen, der dort als Koch arbeitete. Er machte ihr rasch den Hof und sorgte bei Hubert Pilch dafür, dass Maria als Servicekraft angelernt wurde.

Auch bei ihr war es Liebe auf den ersten Blick, und kaum ein Vierteljahr später heirateten sie und zogen in die kleine Wohnung, in der sie mit Thomas heute noch lebte.

Der Bub wurde pünktlich neun Monate später geboren und machte ihr Glück perfekt. Ein Glück jedoch, das nur drei Jahre halten sollte. Dann erkrankte Franz schwer und verstarb mit achtundzwanzig Jahren – ein großer Schock für alle, die ihn kannten – und unvorstellbar schrecklich für Maria und ihren Sohn.

Maria hatte das Album durchgeblättert, bei manchem Foto geschmunzelt, bei anderen sich die Tränen aus den Augen gewischt.

Wie es dem Vater wohl gehen mochte? Lebte er überhaupt noch? Und Resl, die gute alte Magd, schaffte sie immer noch auf dem Sonningerhof? Oder müsste sie nicht längst in Rente sein?

Die junge Frau klappte das Album wieder zu. Vielleicht konnte sie ja einiges während ihres Aufenthalts im Wachnertal darüber in Erfahrung bringen. Jetzt galt es erst einmal den Chef zu überzeugen, dass sie dringend Urlaub haben müsse. Willigte er nicht ein, dann würde sie gezwungen sein, zu kündigen.

Etwas, was sie nur sehr ungern tat, aber die Gesundheit ihres Sohnes hatte nun einmal Vorrang!

*

»Grüß euch Gott.«

Martin Brandner hatte das Frühstückszimmer betreten und schaute in die Runde.

»Habt ihr gut geschlafen?«

Vier Köpfe, die sich dem jungen Bauern zugewandt hatten, nickten.

»Prima, Herr Brandner«, antwortete Karsten Hoffmann, der mit Frau und zwei Kindern am Tisch saß. »Und Ihr Frühstück ist wirklich ein Erlebnis!«

Martin lächelte.

»Na ja, so soll’s ja auch sein. Aber den Herrn Brandner, den lass mal fort. Ich heiß’ Martin, wenn’s recht ist. Wir sind hier net so vornehm und duzen uns einfach.«

»Jawoll!«, rief der Familienvater. »Da bin ich ganz Ihrer …, äh, ich meine, deiner Meinung. Schließlich sind wir hier nicht in einem Luxushotel, sondern auf einem Bauernhof. Aber ich wette, in einem Hotel hätte ich nicht besser geschlafen, als hier, Martin.«

Er deutete nacheinander auf Frau und Kinder.

»Also, Ingrid, die Kerstin und der Frank sind derselben Meinung.«

Der Bauer nickte den beiden Jugendlichen zu. Sie waren um die sechzehn Jahre alt, und Martin wunderte sich ein wenig, dass die Eltern sie hatten überreden können, ausgerechnet auf einem Bauernhof Ferien zu machen.

»Wann wird denn gemolken?«, fragte das Madel zu seinem Erstaunen.

»Erst am Abend wieder«, antwortete er. »Wenn du mal morgens dabei sein willst, dann musst schon ganz früh aufsteh’n.«

»Wie früh denn?«, wollte Frank Hoffmann wissen.

»Na, so gegen halb fünf sollte der Wecker schon klingeln«, schmunzelte der Bauer.

Und staunte gleich noch mal!

»Okay«, nickten die Geschwister, »morgen früh sind wir dabei.«

Ingrid Hoffmann lachte.

»Zuhause können sie morgens kaum aus dem Bett kommen und hier wollen sie so früh aufstehen«, sagte sie. »Aber tatsächlich konnten sie es kaum erwarten, endlich das Leben auf einem Bauernhof kennen zu lernen. Bei uns daheim gibt es so etwas ja nicht.«

Familie Hoffmann kam nämlich aus dem Ruhrgebiet und war eher Schlote und Stahlwerke, Förderbänder und Kohlegruben gewöhnt, als Landluft und Schweinesuhlen.

»Wenn ihr Lust habt, dann könnt’ ihr später beim Käsen helfen«, schlug Martin vor.

Die beiden waren Feuer und Flamme.