Die Stunde der Insekten - Hans-Jürgen Raben - E-Book

Die Stunde der Insekten E-Book

Raben Hans-Jürgen

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Beschreibung

Branco Furiani ist ein besessener Forscher, sein Forschungsgebiet sind Spinnentiere. Endlich ist es ihm gelungen, sein Elixier so einzusetzen, dass es keinen Wildwuchs zeugt, sondern kontrolliertes Riesenwachstum, also kontrollierte Mutation bewirkt. Er glaubt, dass man keine Panzer und Kanonen bauen müsse, wenn einem die Züchtung von Riesenwesen gelänge, sie wären besser und wirkungsvoller als jede kommerzielle Waffe, die es weltweit gibt.
Dabei hat er eines vergessen: Wie schafft man es, dass diese Wesen kontrolliert agieren, sich sozusagen dem Willen des Menschen, der sie geschaffen hat, unterordnen, statt ausschließlich ihren Urinstinkten zu folgen? Diesen fatalen Fehler soll die Menschheit einige Jahre nach den ersten »Erfolgen« Furianis am eigenen Leib erfahren, wenn Gottesanbeterinnen, Schwarze Witwen und anderes Spinnengetier, ins unermessliche gewachsen, unkontrolliert ihr Unwesen treiben …

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Ähnliche


 

 

 

 

Hans-Jürgen Raben

 

 

Die Stunde der Insekten

 

 

 

Ein unheimlicher-Roman

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Steve Mayer nach Motiven, 2022

Korrektorat: Kerstin Peschel

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

22. Kapitel 

23. Kapitel 

24. Kapitel 

Der Autor Hans-Jürgen Raben 

Weitere Werke des Autors 

 

Das Buch

 

 

Branco Furiani ist ein besessener Forscher, sein Forschungsgebiet sind Spinnentiere. Endlich ist es ihm gelungen, sein Elixier so einzusetzen, dass es keinen Wildwuchs zeugt, sondern kontrolliertes Riesenwachstum, also kontrollierte Mutation bewirkt. Er glaubt, dass man keine Panzer und Kanonen bauen müsse, wenn einem die Züchtung von Riesenwesen gelänge, sie wären besser und wirkungsvoller als jede kommerzielle Waffe, die es weltweit gibt.

Dabei hat er eines vergessen: Wie schafft man es, dass diese Wesen kontrolliert agieren, sich sozusagen dem Willen des Menschen, der sie geschaffen hat, unterordnen, statt ausschließlich ihren Urinstinkten zu folgen? Diesen fatalen Fehler soll die Menschheit einige Jahre nach den ersten »Erfolgen« Furianis am eigenen Leib erfahren, wenn Gottesanbeterinnen, Schwarze Witwen und anderes Spinnengetier, ins unermessliche gewachsen, unkontrolliert ihr Unwesen treiben …

 

 

***

 

 

 

1. Kapitel

 

 

Eine spitze Kanüle, deren Ende leicht gekrümmt war, entledigte sich einiger weniger Tropfen wasserheller Flüssigkeit, die auf den Boden eines Vivariums tropften, um dort zu versickern.

Ein Skorpion sah sich durch die blendende Helle, die durch das Öffnen seines kleinen Gefängnisses hervorgerufen wurde, in Pogromstimmung versetzt, reagierte dementsprechend aggressiv und ließ seinen Schwanz mit dem giftgeschwollenen Stachel herausfordernd emporwippen.

Doch dabei wurde das Spinnentier bereits gepackt. Verzweifelt versuchte es, seinen Stachel einzusetzen, aber das Handschuhleder konnte er nicht durchdringen. Dafür durchdrang die Spitze der Kanüle seine gepanzerte Haut und entleerte ihren Inhalt. Die behandschuhten Finger öffneten sich und ließen den Skorpion in das Vivarium fallen. Einen Augenblick blieb er teilnahmslos liegen.

Dem Beobachter ging es zu langsam. Ein ums andere Mal fuhr seine Zunge nervös über die Lippen, aber dann weiteten sich seine Augen vor Freude. Der Skorpion begann, sich zu verändern.

Wie im Krampf warf sich das Tier auf den Rücken und strampelte mit den Gliedmaßen, als müsste es sich aus einem Gefängnis befreien. Und es war ein Gefängnis, denn Skorpione müssen sich häuten, wenn sie wachsen. Mit einem Laut, der dem eines zerbrechenden Astes glich, platzte der Brustpanzer auf. Der Riss setzte sich fort und verlief gleich darauf in einer ausgezackten Linie bis zum Schwanzende. Er wurde breiter und breiter, bis sich das Tier befreien konnte.

Und nun begann es erst richtig zu wachsen. Die Haut war noch weich und dehnbar, und in Minutenschnelle hatte der Skorpion die Größe eines kleinen Hundes erreicht.

Branco Furiani atmete auf. Der erste Schritt war gelungen. Nun galt es, zu erforschen, wie sich die Kreatur auf ihre neue Größe einstellte. Der Kroate überlegte einen Moment, dann hatte er seine Wahl getroffen. Er streifte sich die Handschuhe wieder über und öffnete einen weiteren Käfig.

Mit sicherem Griff fasste Branco Furiani eine große Ratte am Genick.

Das Tier verfiel in Tragstarre und ließ sich so verhältnismäßig leicht transportieren. Nur die Knopfaugen wieselten angstvoll hin und her. Aber da war es bereits um sie geschehen.

Mit sattem Plumpsen fiel sie ebenfalls in das Vivarium, wo der Skorpion offensichtlich immer noch mit den Nebenwirkungen seiner Verwandlung zu kämpfen hatte.

Furiani erschauerte, als er in das Gefängnis aus Glas starrte. Der Skorpion wuchs immer noch ein wenig, gleichzeitig wuchs sein Hunger, und so war es nur eine Frage der Zeit, bis er die Ratte angreifen würde. Und noch ein Erfolg war ihm heute beschieden: Zum ersten Mal hatte er sein Elixier so einsetzen können, dass es keinen Wildwuchs zeugte, sondern kontrolliertes Riesenwachstum, also kontrollierte Mutation bewirkte.

Mit jedem Zentimeter, den der Skorpion zunahm, wurde er aggressiver – und die Ratte ängstlicher.

Längst hatte sie sich in die äußerste Ecke des Vivariums zurückgezogen und die Klauen instinktiv zur Abwehr gespreizt. Kurz darauf hatte sich der Skorpion erholt.

Einen Besessenen wie Furiani kümmerte die Angst des Opfers nicht. Das Ziel war wichtig – sonst nichts.

Das Spinnentier schoss mit zappelnden Bewegungen auf sein Opfer los.

Die Ratte stieß ein schrilles Pfeifen aus, dann ging sie ihrerseits zum Gegenangriff über.

Blitzschnell wich sie den zupackenden Scheren des Gegners aus und ließ ihre Hornkrallen zuschlagen.

Aber die Ratte erwischte nur eine Schere – die andere fuhr ihr in die Kehle und mitten ins Leben. Gleichzeitig bohrte sich der Stachel in das Nagetier.

Aber noch einmal erwachten ungeahnte Aktivitäten in der Ratte. Mit einem letzten Aufkreischen stürzte sie sich auf den Skorpion und schlug ihre Nagezähne in den Chitinpanzer, der krachend nachgab. Nun war auch das Ungeheuer zum Tode verurteilt.

Furiani wandte sich enttäuscht ab.

Doch in diesem Augenblick flog die Tür auf, und Kurt Amtmann, sein Dozent, stand auf der Schwelle. Seine wachen grauen Augen streiften über das Labor, die Einrichtung und blieben schließlich an dem Vivarium mit den zwei sterbenden Tieren hängen. Rasch eilte er darauf zu und starrte entgeistert durch die dicken Glasscheiben.

»Zum Teufel, was ist das?«

Furiani zuckte nervös zusammen. »Ein Experiment, sonst nichts.« Amtmann fuhr empört hoch, sein Gesicht war dunkelrot vor Zorn.

»Ich habe Sie gewarnt, Furiani. Ich habe mich immer über Ihren Einsatz und über Ihr Interesse gefreut – deshalb habe ich Ihnen auch diese Assistentenstelle und die kostenlose Wohnung verschafft, obwohl – weiß Gott – genügend Anwärter vorhanden waren. Hier aber haben Sie die Grenze überschritten, und das bleibt nicht ohne Folgen!«

Furianis Hände vollführten einen nervösen Tanz. »Aber – aber sehen Sie doch, es hätte nicht viel gefehlt, und der Skorpion wäre Sieger geblieben. Mir fehlt nur ein bisschen Zeit.«

Amtmanns Faust schlug krachend auf den Tisch. »Ich glaube, Sie verstehen mich nicht. Unsere Aufgabe ist es, zu forschen und nicht Mutationen zu erzeugen. Außerdem« – und jetzt brüllte er zornig – »kommt es für uns nicht darauf an, ständig zu ergründen, wer Sieger bleibt. Ich habe den Verdacht, Sie nutzen Ihre Möglichkeiten hier nur aus, um Ihren primitiven Instinkten Nahrung zu geben. Das hat jetzt ein Ende!«

Furiani stand kreidebleich vor Wut und Angst da und wagte kein Wort zu sagen. Aber Professor Amtmann war noch nicht am Ende.

»Sie werden sich ein Zimmer suchen müssen, Herr Furiani. Außerdem erübrigt sich damit ja wohl die Frage einer weiteren Tätigkeit als Assistent! Ihr Studium dürfen Sie selbstverständlich fortsetzen«, fügte er hinzu.

Furiani erstarrte. »Aber – ich werde meine Experimente einstellen, ich werde das tun, was Sie verlangen …«

Die Tür knallte zu, denn Kurt Amtmann hatte bereits den Raum verlassen. Furiani starrte ihm mit hasserfüllten Augen nach. Er überlegte krampfhaft. Eine Weile grübelte der Exil-Kroate, dann hatte er einen Entschluss gefasst. Über sein Gesicht schlich ein Grinsen.

Die Privaträume waren im Kellergeschoss des Universitätsgebäudes untergebracht. Furiani riss sich mit entschlossener Gebärde den weißen Kittel von den Schultern. Die Tür krachte zum zweiten Mal zu, und er stürmte mit raumgreifenden Schritten die Treppen hinunter. Kurze Zeit später hatte Furiani sein Ziel erreicht.

Die Tür sprang unter der hastigen Bewegung des Schlüssels auf. Furiani winkelte beim Überschreiten der Schwelle das rechte Knie an und ließ den Absatz gegen das Holz prallen. Gleich darauf flog die Tür wieder lautstark ins Schloss, sodass es von den nackten, gekachelten Wänden widerhallte.

Irgendwo in dem Gebäude runzelten sich Stirnen, zogen sich Brauen zusammen, um steile vertikale Falten zu bilden. Augen flogen irritiert hin und her, spiegelten Unmut wider, um sich dann allmählich wieder zu beruhigen. Die Arbeit wurde fortgesetzt. Auch Furianis Arbeit nahm ihren Fortgang.

 

 

 

2. Kapitel

 

 

Durch die Gitterstangen, mit denen die Souterrainfenster gesichert waren, drang nur spärliches Licht und fiel auf den Rücken eines einsamen Mannes, der in besessenem Eifer in ein Experiment vertieft war.

Branco Furianis Hand wanderte tastend über die Regale, ohne dass er selbst von seinen Papieren aufblicken musste. Seine Hand ertastete die Zigarrenkiste.

Zur Kontrolle öffnete der Kroate noch einmal den Deckel.

Das Tier, das sich darin befand, machte auch ihm noch Angst, obwohl er seit Wochen mit derlei Kreaturen umging. Es hatte die Beine weit von sich gespreizt, ein bizarres Gitter bildend, den Hinterleib hochgereckt, während die gewaltigen Scheren sich drohend emporreckten. Gleichzeitig ertönte ein wütendes Fauchen und Zischen.

Furiani war klug genug, seine Finger aus der Reichweite der Solifuga zu halten. Mit geübter Bewegung durchstieß er mit einer Kanüle die Membrane eines ampullenähnlichen Fläschchens, um gleich darauf mit ebenso geübter Bewegung die Flüssigkeit aufzuziehen.

Der Kroate hatte wieder die dicken Handschuhe übergestreift, als er nun das Tier ergriff und vorsichtig die Injektionsspritze ansetzte. Der Rest kümmerte ihn nicht weiter.

Ohne Eile lud Furiani seine Pistole. Er nahm sich Zeit damit, wischte die Patronen sauber, ölte sie und schob sie anschließend gemächlich in das Magazin.

Zuweilen war ein Scharren und Keuchen zu vernehmen, das aus einer Zigarrenkiste kam, die sich auf seinem Schreibtisch befand. Als es dann häufiger wurde und der Deckel sich langsam abhob, um zuweilen ein oder zwei Beine freizugeben, wurden seine Bewegungen emsiger.

Er erhob sich, schob die Pistole in den Hosenbund und verließ den Raum, ohne ihn abzuriegeln.

 

 

 

3. Kapitel

 

 

»… Insekten, meine Damen und Herren, sind wohl die am meisten verbreitete und die artenreichste Gruppe unserer Fauna.« Kurt Amtmann hatte sich in Feuer geredet. »Uns sind rund siebenhundertfünfzigtausend Arten bekannt. Die wirkliche Anzahl aber schätzt man auf über eineinhalb Millionen!«

Der Professor beugte sich in einer familiär anmutenden Gebärde über das Pult.

»Nun, meine Damen und Herren, bevor ich mich daran mache, Sie in die Anfangsbegriffe einzuführen, nehmen Sie bitte eines zur Kenntnis: Spinnen, Skorpione, Tausendfüßler – sie alle gehören nicht zu den Insekten.«

Der Professor bewegte sich rasch hinter dem Katheder heraus und schwenkte ein Bündel hektographierten Papiers.

»Hat jemand bestimmte Referatswünsche?«, brüllte er gegen den aufkommenden Lärm an. »Ich habe gefragt …«

Professor Amtmanns Hand drosch auf das Holz des Pults und versuchte sich durch den klatschenden Laut Gehör zu verschaffen. Aber es war zwecklos, denn die Gruppe der Studenten stritt sich um die zu verteilenden Referate.

Schließlich schüttelte der Professor resigniert den Kopf. »Herr Furiani?«

Auf die Frage meldete sich niemand.

»Ist er nicht anwesend?«, erkundigte sich eine Stimme vom Eingang her. Der Professor fuhr herum und musterte die Eingetretenen.

Es waren zwei Männer – der eine klein und untersetzt, der andere jung und lang aufgeschossen. Auf unverkennbare Art wirkten sie dienstlich. Die Blicke der Anwesenden richteten sich ebenfalls auf die Eindringlinge.

»… uns interessiert nämlich ebenfalls, wo Herr Furiani sich aufhält.« Der Jüngere blickte sich um. »Hier scheint er ja wohl nicht zu sein.«

Der Ältere wandte sich an den Professor. »Mein Name ist Lindner.«

Seine Hand klaubte mit oft geübter Bewegung eine ovale messinggoldene Marke aus der Tasche. Professor Amtmann nickte stumm.

Lindner sagte: »Herr Professor, ich hätte Sie gern privat gesprochen – unter vier Augen.«

Amtmann nickte, dann gab er den Zuhörern ein kurzes Zeichen. »Schluss für heute. Bitte lesen Sie das nach, was Sie heute gehört haben …«

Verwundert stellte er fest, dass der Hörsaal noch nie so schnell leer gewesen war wie heute.

»Also?« Amtmann drehte sich wieder um.

»Wie Sie schon gehört haben, geht es um Branco Furiani.« Der ältere Beamte zog etwa ein Dutzend Bilder aus seiner Brieftasche und präsentierte sie dem staunenden Professor.

Es gab keinen Zweifel, die Bilder zeigten Furiani. Aber wie sah er aus?

Seine Arme umklammerten zwei dicke Reisetaschen, er blickte sich gehetzt um, während die rechte Hand eine riesige Pistole umkrampfte.

»Woher haben Sie das?«

»Ein Passant hat es geschossen. Selbst im Tod hat sein Daumen noch den Knopf des automatischen Filmtransports gedrückt. Glücklicherweise hatte der Mann ein Weitwinkelobjektiv an seine Kamera geschraubt – eigentlich wollte er etwas ganz anderes einfangen, daher haben wir diese Aufnahmen. Und Furiani hat auch noch zwei unserer Kollegen mitgenommen.

---ENDE DER LESEPROBE---