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1891 wurden die Protestanten von Türkheim aus der evangelischen Kirchengemeinde in Langerringen in die Filialkirchengemeinde Mindelheim umgepfarrt. Grund war die bessere Erreichbarkeit Mindelheims von Türkheim aus. Hier werden Archivalien dieses Prozesses vorgestellt.
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Seitenzahl: 54
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Johann und Elfriede Bäßler aus Amberg sei dieses Büchlein gewidmet.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Anhang
Nach knapp einem Jahr erscheint nun die dritte Heimatschrift für das östliche Unterallgäu.
Von den offiziellen und amtlichen Heimatforschern und Kulturträgern wird diese Reihe fast nicht zur Kenntnis genommen. Das liegt aber wohl an einem anderen Verständnis von Heimatforschung. Die Bedeutung eines Heimatforschers zeigt sich nicht darin, wie häufig er in der Heimatzeitung erscheint. Heimatforscher sollen Mosaiksteinchen zur Heimatgeschichte liefern.
Anlass für dieses Heft war die Entdeckung eines Aktes über die „Umpfarrung der Türkheimer Protestanten“ im Staatsarchiv in Augsburg. Die wichtigsten Ergebnisse sind:
- Die meisten der wenige Protestanten in Türkheim waren Beamte und Angestellte von Behörden in Türkheim. Anscheinend förderte der Staat die Versetzung von Protestanten in katholische Gebiete, um so langsam eine konfessionelle Durchmischung zu erreichen oder wenigstens die Belastbarkeit der Toleranz beider Konfessionen zu testen.
- Die Beamten und staatlichen Angestellten wurden anscheinend oft versetzt. Nur vier von ca. 20 Protestanten blieben damals länger als 15 Jahren in Türkheim.
- Die Namen weniger Protestanten lassen vermuten, dass es sich um konvertierte Juden handelte.
- Wenige Protestanten in Türkheim waren Unternehmer. Die Einheimischen waren überwiegen Bauern, Söldner oder Handwerker. Die Industrialisierung begann ganz langsam und zaghaft auf das Land vorzudringen.
- Damals waren auch die Protestanten bemüht, jeden Sonntag einen Gottesdienst zu besuchen, auch wenn dies zeitaufwendig und mit Kosten verbunden war. Auch ihre Kinder wollten sie religiös unterrichtet sehen.
Im Anhang dieses Heftes finden sich noch einige Abbildungen über die Türkheimer Protestanten in neuerer Zeit, welche mir Herr Johann Bäßler aus Amberg dankbarerweise zur Verfügung stellte.
Staatsarchiv Augsburg, Bezirksamt Mindelheim 1645
Mindelheim, den 26. Juli 1878
K. Bezirksamt Mindelheim
Betreff:
Umpfarrung der Protestanten
in Türkheim aus der protest.
Pfarrei Langerringen in die
protest. Pfarrei St. Martin zu
Memmingen beziehungsweise
in die Filialkirchengemeinde
in Mindelheim
Die Protestanten in den kath. Pfarreien
Mindelheim, Dirlewang, Erisried, Kirchdorf,
Pfaffenhausen und Mattsies sind mit Geneh=
migung Seiner Majestät des Königs im Mo=
nat April h.Js. [hiesigen Jahres] in die protestantische Pfarrei
St. Martin zu Memmingen eingepfarrt und zu
einer eigenen protestantischen Filialgemeinde
Mindelheim vereinigt worden.1
Nunmehr haben die in der kath. Pfarreige=
meinde Türkheim wohnenden Protestanten,
welche zur Zeit noch in die protest. Pfarrei
Langenerringen eingepfarrt sind, die Bitte
um Auspfarrung in die protestant. Pfarrgemeinde
St. Martin in Memmingen beziehungsweise in
die protest. Filialgemeinde Mindelheim
gestellt.
Indem ich die hierauf bezüglichen 4 Aktenstücke
gegen seinerzeitige gefällige Remis=
sion übermache, stelle ich das Ersuchen
sowohl die protestantische Kirchenverwaltung Langerringen, als auch das dortige protest. Pfarramt
die dortige protestant. Lokanschulinspektion
die Gemeindeverwaltung Langerringen
über das bezeichnete Vorhaben zur Abgabe
ihrer bezüglichen Erklärungen veranlassen
und diese mit den Dominikaten gefälligst
mir zukommen lassen wollen.
V.b.
Heuberger
Mindelheim den 26. Juli 1878
Betreff:
Umpfarrung der Protestanten in
Türkheim aus der protestantischen
Pfarrei Langerringen in die protest.
Pfarrey St. Martin zu Memmingen
beziehungsweise in die
FilialkirchenGemeinde Mindelheim
I An die Gemeinde und Kirchenverwaltung Türkheim
Die in der Pfarrgemeinde Türkheim
wohnenden Protestanten haben
den Antrag gestellt, aus der
protestantischen Pfarrgemeinde
Langerringen in die prot. Pfarrgemeinde
St. Martin nach Memmingen
beziehungsweise in die prot. FilialGemeinde
Mindelheim umgepfarrt zu werden.
Indem ich Sie hieran in
Kenntniß setze, beauftrage ich
Sie, binnen 8 Tagen Ihre
haben abzugeben, ob und
was Sie Einwand dagegen
zu erinnern haben.
Zugleich beauftrage ich die
Gemeinde=Verwaltung ein
NamensVerzeichniß der
meinde wohnenden volljähri=
gen selbstendigen Protestanten
in Vorlage zu bringen.
II An das k[önigliche] Bezirksamt Augsburg
Die Protestanten in den katholischen
Pfarreien Mindelheim, Dirlewang
hausen u. Mattsies sind mit Genehmig=
ung seiner Majestät des Königs
im Monat April h. Js. [hiesigen Jahres] in die prote=
stantische Pfarrei St. Martin
zu Memmingen eingepfarrt
schen FilialGemeinde Mindelheim
vereinigt worden.
Nunmehr haben die in der
kath. Pfarrgemeinde Türkheim
wohnenden Protestanten auch
welche zur Zeit in die protes.
gepfarrt sind, die Bitte um Um=
pfarrung in die protest.
Pfarrgemeinde St. Martin
in Memmingen beziehungs=
weise in die protest. Filial=
Gemeinde Mindelheim gestellt.
Indem ich die hierauf bez.
4 Aktenstücke gegen seiner=
zeitige gefällige in Remission
nahm stellt ich das Ersuchen
1. somahl die protestantische
Kirchenverwaltung
Langerringen, als auch
das dortige protest. Pfarramt
2. die dortige protest. lokal
Schulinspektor
3. die Gemeinde=Verwaltung
Langerringen
über das Bezeichnete zum
Abgeben einer
Erklärung zu veranlassen
u. diese mit dem Communikat
gefälligst mir zukommen
lassen zu wollen.
III Renov nach 14 Tagen
kgl. Bezirksamt (unleserliche Unterschrift)
Am 2. August 1878 liefert die Gemeindeverwaltung Türkheim an das Bezirksamt Mindelheim die geforderte Liste der Protestanten in Türkheim:
Türkheim den 2. August 1878
Gemeindeverwaltung
Türkheim
an das
k. Bezirksamt Mindelheim
Betreff
Umpfarrung der Protestanten
aus der protestantischen Pfarrei
Langerringen in die protest.
Pfarrei St. Martin in Memmingen
meinde Mindelheim
Dem Auftrag vom 26 vor. Mots. [vorigen Monats] zufolge
wird in der Anlage ein Namensverzeichnis
nenden volljährigen selbständigen Protes=
tanten mit der Erklärung in Vorlage ge=
bracht, daß Seitens der unterfertigten Ge=
meindeverwaltung gegen die Umpfarrung
der hiesigen Protestanten aus der Pfarrei Lang=
erringen nach Memmingen bzw. Filialkir=
ung nicht erhoben wird
Gehorsam
die Gemeindeverwaltung
Löcherer Bürgermst. [Bürgermeister]
Verzeichnis
der im Gemeindebezirke Türkheim zur Zeit
wohnenden volljährigen selbstständigen
Protestanten
Gerster Salomon
Handelsmann
Gerster Susanna
Ehefrau
Holzberger Christian
Bahnwärter
Holzberger Margaretha
dessen Ehefrau
Hopf Wilhelm
k. Gerichtsvollzieher
Kallmann Johann
Gerichtsdiener
Rabenstein Wolfgang
k. Hauptmann a.D.
Rupprecht Sigmund
k. Landgerichtsassessor
Rupprecht Sidonia
dessen Gatti
Römhild Heinrich
Notariatsbuchhalter
Sabine Sophie
Bahnexpeditorsgattin
Sylester Burchard
Fabrikbesitzer
Türkheim den 2. August 1878
Die protestantische Kirchengemeinde Langerringen befürchtet, dass durch eine Umpfarrung der Türkheimer Prostestanten der dortigen Kirchengemeinde Einnahmen verloren gehen würden.
Geschehen: Langerringen den 4. August 1878
Erklärung
Zur Erledigung geehrten Auftrags vom 30. v.
Mts [vorigen Monats] praes. den 1. d. Mts [diesen Monats] sind
die Unterzeichneten unterm Heutigen zusammengetreten und geben
folgende Erklärung ab:
Die Protestanten Türkheims zählen seit dem
Bestehen der prot. Pfarrei Langerringen
zu den auswärtigen Pfarrgemeindegliedern
derselben, welche concurrenzpflichtig sind und
überhaupt zur Befriedigung der Bedürfnisse
des prot. Cultus und der Cultusgebäude dahier
mitgewirkt und mitzuwirken haben.
Nachdem nun einerseits Bauschulden vorhanden
sind, welche durch Umlagen gedeckt werden müs==
sen, andererseits aber in Bezug auf die Ge=
treidebesoldung des Lehrers, Kirchmes und
Meßners dahier auch keine Entscheidung getroffen ist,
ob die Zahlung weigernden, auswärtigen
Pfarrgemeindeglieder zur Zahlung dieser
Besoldung verpflichtet sind oder nicht, so wären durch die
Auspfarrung der Protestanten Türkheims aus
der Pfarrei Langerringen gerade in dieser Zeit
die Interessen der armen Cultusgemeinde Lang=
erringen empfindlich geschädigt.