Die Urlaubsliebe - Patricia Vandenberg - E-Book

Die Urlaubsliebe E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Das alte Jahr neigte sich dem Ende zu, und man konnte wieder einmal darüber nachdenken, wie schnell die Tage, Wochen und Monate dahingeflogen waren. Jedenfalls war das nicht nur bei Daniel und Fee Norden so, die meinten, daß die Zeit tatsächlich Flügel hätte. Wenigstens die Weihnachtsfeiertage hatten sie geruhsam auf der Insel der Hoffnung mit den Großeltern verbringen können, für die es das schönste Geschenk war, wenn sie die Familie um sich haben konnte. Auch David und Katja Delorme waren mit ihren Kindern am ersten Weihnachtsfeiertag gekommen, aber David mußte dann gleich wieder weiter nach Wien, wo er am zweiten Feiertag ein Konzert zu dirigieren hatte, und in München sollte er am Neujahrstag auf dem Podium stehen. So war beschlossen worden, daß Katja mit den Kindern noch ein paar Tage bei den Großeltern bleiben sollte, und Silvester wollten sie dann in München gemeinsam feiern. Katja entwickelte nun auch mehr und mehr Familiensinn. Die Kinder wurden größer und beschwerten sich, daß sie nur so selten mit den Norden-Kindern beisammensein konnten. Ihnen wollte es auch nicht so recht gefallen, daß sie nur zwei waren, und bei den Nordens waren es fünf, aber Katja war nicht wie Fee, und es war für sie und ihre Ehe auch besser, daß sie nur Marc und Bébé hatten. Nach wie vor war David ja viel auf Konzertreisen, und er liebte es, wenn Katja ihn begleitete. Sie wiederum war immer noch so eifersüchtig, daß sie ihn nicht gern den oft sehr aufdringlichen Verehrerinnen ausgesetzt sehen wollte. David war der Letzte, der sich da in etwas eingelassen hätte, denn er wollte zwischen den Konzerten nur seine Ruhe haben, aber für diese sorgte eben Katja am besten. So wuchsen ihre Kinder anders heran als die Fünf der Nordens, die von Marc und Bébé oft beneidet wurden, weil sie ihre Mami nie missen mußten. Anneka hatte einen Trost für sie. Ein Arzt wäre eben auch sehr selten zu Hause, meinte sie, und das wäre auch nicht viel anders, als wenn David auf Konzertreisen wäre, aber sie mußte schon zugeben, daß sie ihren Papi doch zwischendurch sehen und sprechen konnten, während David manchmal doch sehr weit weg wäre und auch nicht immer telefonieren konnte. Aber Marc und Bébé freuten sich, daß sie eine ganze Woche in München bleiben konnten, und ein besonderer Glücksfall war es gewesen, daß Fee und Daniel dafür ein Haus ganz in ihrer Nähe mieten konnten. Sie kannten die Besitzer Lutz und Maja Bertram schon lange und noch besser deren Tochter Nanette, die kurz vor Weihnachten ihren zwanzigsten Geburtstag gefeiert hatte. Lutz Bertram war ein bekannter Journalist, und er war als Auslandskorrespondent nach Spanien berufen worden. Seine Frau wollte ihn begleiten, Nanette aber wollte in München bleiben, weil sie als Volontärin beim Fernsehen arbeiten konnte. Das interessierte sie mehr, als die Tochter eines bekannten Vaters zu sein. Sie wollte nicht, daß man ihr einmal nachsagte, sie würde eine Karriere mit dem Namen ihres Vaters machen.

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Leseprobe: Das Geheimnis der schönen Antonia

Dr. Leon Laurin stand wie festgewachsen auf einer belebten Straße in der Münchener Innenstadt, während er seine Frau Antonia, die vor einem Café auf der anderen Straßenseite saß, nicht aus den Augen ließ. Seit mehr als siebzehn Jahren waren sie miteinander verheiratet, hatten vier Kinder, führten, jedenfalls seiner Ansicht nach, eine glückliche Ehe. Und nun sah er sie zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit mit ihrem Jugendfreund Ingo Ewert in sehr vertrautem und angeregtem Gespräch – und auch dieses Mal, daran zweifelte er nicht, würde sie die Begegnung zu Hause ihm gegenüber nicht erwähnen. Er war der Ansicht gewesen, die Eifersucht seiner frühen Jahre längst überwunden zu haben, nun musste er feststellen, dass er einem Irrtum erlegen war. Am liebsten hätte er Ingo Ewert – Dr. Ingo Ewert, Leiter der Kinderklinik Dr. Ewert – direkt zur Rede gestellt. Oder noch besser: ihn am Kragen gepackt und geschüttelt und Auskunft darüber verlangt, wie er dazu kam, am helllichten Tag mit seiner, Leons, Ehefrau in einem Café zu sitzen und sich allem Anschein nach gut zu unterhalten. Jetzt griff er sogar nach ihrer Hand und drückte sie! Leon hatte Mühe, an sich zu halten. Als er die beiden vor zwei Wochen das erste Mal zusammen gesehen hatte, war er noch überzeugt gewesen, Antonia werde ihn mit den Worten empfangen: »Rate mal, wen ich heute getroffen habe!« Aber nichts Dergleichen war geschehen, kein Wort hatte sie gesagt, sie hatte Ingo Ewert nicht einmal erwähnt. Dabei wusste er ja nur zu gut, dass Ingo früher einmal bis über beide Ohren in Antonia verliebt gewesen war. Allem Anschein nach war er es immer noch. Er musste sie zur Rede stellen, er brauchte Gewissheit. Aber vielleicht war alles ganz harmlos, und er sah Gespenster. Dann würde sie ihn auslachen, und er stünde da wie der letzte Depp. War es also doch besser, ruhig abzuwarten, bis Antonia von sich aus auf ihn zukam, um mit ihm über Ingo zu sprechen? Aber was würde sie ihm dann sagen?

Dr. Norden Bestseller – 319 –

Die Urlaubsliebe

Patricia Vandenberg

Das alte Jahr neigte sich dem Ende zu, und man konnte wieder einmal darüber nachdenken, wie schnell die Tage, Wochen und Monate dahingeflogen waren. Jedenfalls war das nicht nur bei Daniel und Fee Norden so, die meinten, daß die Zeit tatsächlich Flügel hätte.

Wenigstens die Weihnachtsfeiertage hatten sie geruhsam auf der Insel der Hoffnung mit den Großeltern verbringen können, für die es das schönste Geschenk war, wenn sie die Familie um sich haben konnte. Auch David und Katja Delorme waren mit ihren Kindern am ersten Weihnachtsfeiertag gekommen, aber David mußte dann gleich wieder weiter nach Wien, wo er am zweiten Feiertag ein Konzert zu dirigieren hatte, und in München sollte er am Neujahrstag auf dem Podium stehen. So war beschlossen worden, daß Katja mit den Kindern noch ein paar Tage bei den Großeltern bleiben sollte, und Silvester wollten sie dann in München gemeinsam feiern.

Katja entwickelte nun auch mehr und mehr Familiensinn. Die Kinder wurden größer und beschwerten sich, daß sie nur so selten mit den Norden-Kindern beisammensein konnten. Ihnen wollte es auch nicht so recht gefallen, daß sie nur zwei waren, und bei den Nordens waren es fünf, aber Katja war nicht wie Fee, und es war für sie und ihre Ehe auch besser, daß sie nur Marc und Bébé hatten. Nach wie vor war David ja viel auf Konzertreisen, und er liebte es, wenn Katja ihn begleitete. Sie wiederum war immer noch so eifersüchtig, daß sie ihn nicht gern den oft sehr aufdringlichen Verehrerinnen ausgesetzt sehen wollte. David war der Letzte, der sich da in etwas eingelassen hätte, denn er wollte zwischen den Konzerten nur seine Ruhe haben, aber für diese sorgte eben Katja am besten.

So wuchsen ihre Kinder anders heran als die Fünf der Nordens, die von Marc und Bébé oft beneidet wurden, weil sie ihre Mami nie missen mußten.

Anneka hatte einen Trost für sie. Ein Arzt wäre eben auch sehr selten zu Hause, meinte sie, und das wäre auch nicht viel anders, als wenn David auf Konzertreisen wäre, aber sie mußte schon zugeben, daß sie ihren Papi doch zwischendurch sehen und sprechen konnten, während David manchmal doch sehr weit weg wäre und auch nicht immer telefonieren konnte.

Aber Marc und Bébé freuten sich, daß sie eine ganze Woche in München bleiben konnten, und ein besonderer Glücksfall war es gewesen, daß Fee und Daniel dafür ein Haus ganz in ihrer Nähe mieten konnten.

Sie kannten die Besitzer Lutz und Maja Bertram schon lange und noch besser deren Tochter Nanette, die kurz vor Weihnachten ihren zwanzigsten Geburtstag gefeiert hatte.

Lutz Bertram war ein bekannter Journalist, und er war als Auslandskorrespondent nach Spanien berufen worden. Seine Frau wollte ihn begleiten, Nanette aber wollte in München bleiben, weil sie als Volontärin beim Fernsehen arbeiten konnte. Das interessierte sie mehr, als die Tochter eines bekannten Vaters zu sein. Sie wollte nicht, daß man ihr einmal nachsagte, sie würde eine Karriere mit dem Namen ihres Vaters machen.

Bei den Bertrams waren die Verhältnisse ähnlich wie bei den Delormes, denn sie waren auch immer viel auf Reisen gewesen und mehrmals für längere Zeit im Ausland. Nanette war in mehreren Internaten gewesen, seit sie ins schulpflichtige Alter kam, denn ihre Eltern wollten sie doch nicht zu vielen Veränderungen aussetzen, und sie selbst zeigte sich dazu auch nicht bereit. Sie verstand es schon frühzeitig, ihren Kopf durchzusetzen, obwohl sie im Umgang mit anderen, vor allem männlichen Wesen, äußerst distanziert war.

Dr. Norden hatte einen guten Kontakt zu ihr und auch zu ihren Eltern, und so waren sie auch darauf gekommen, das Haus von den Bertrams zu mieten für die Zeit, während Katja mit den Kindern in München war. David wollte es so einrichten, daß er auch noch ein paar Tage länger bleiben konnte.

Geld dafür wollten die Bertrams nicht haben, aber Maja Bertram hatte Daniel und Fee gebeten, doch ein Auge auf Nanette zu haben, die mit ihrer Freundin Adrienne dann allein in dem großen Haus leben würde.

»Wir können uns auf Nanette verlassen«, hatte Maja zu Fee Norden gesagt, »aber es kommen manchmal Situationen, in denen so junge Menschen doch einen Rat brauchen, und Nanette würde uns bestimmt nicht sofort aufscheuchen.«

»Ich werde mit ihr schon klarkommen«, meinte Fee, »und wenn es an der Gesundheit fehlt, wird mein Mann schon aufpassen. Sie können sich auf uns verlassen, Frau Bertram. Nanette und ihre Freundin können auch zu uns kommen, wann immer es ihnen danach zumute ist.«

Jedenfalls sollte Nanette noch zwei Wochen bei ihrer Freundin Adrienne in der Schweiz verbringen. Sie war eine begeisterte Wintersportlerin, und in Chamonix konnte sie unbeschwerte Wochen genießen.

Für die Norden-Kinder hieß Nanette Nanni, und sie freuten sich immer, wenn sie kam oder sie mit ihr beim Eislaufen zusammentrafen. Für Maja Bertram war es jedenfalls eine Beruhigung, daß sie wußte, wohin sich Nanette wenden konnte, wenn sie irgendeine Hilfe brauchte.

Mit dem Versprechen, auch über die weite Entfernung hinweg Kontakt zu halten, verabschiedeten sich das Ehepaar Bertram und das Ehepaar Norden.

Den Norden-Kindern gefiel das Haus in der Veilchenstraße sehr gut. Es wirkte viel gemütlicher als die modernen Bungalows, die drumherum gebaut worden waren. Nur Nummer vier und Nummer sechs waren im alten Villenstil erhalten geblieben, aber beide Häuser waren auch stilvoll hergerichtet worden.

Lutz Bertram hatte das Haus von einem alten Kollegen erworben, der durch den Krieg verarmt war und schon zu alt, um nochmals einen Neuanfang zu wagen. Mit dem Kaufpreis hatte er sich in einem Seniorenheim eine hübsche Zweizimmerwohnung erwerben können, und dort hatte er auch die letzten Jahre seines Lebens verbracht.

Wenn auch Lutz und Maja Bertram immer nur sporadisch in München lebten, so war dies doch ihr Heim, und sie wollten darin ihren Lebensabend verbringen, in der Stadt, in der sie beide geboren waren, die sie liebten und in die sie immer wieder gern zurückkehrten. Aber Lutz Bertram liebte auch seinen Beruf, und die weite Welt reizte ihn immer wieder aufs neue. Und zum Glück hatte er auch eine Frau, die seine Ambitionen teilte, die die gleichen Interessen hatte wie ihr Mann.

Nanette war ihre einzige Tochter, und gewiß war sie etwas zu kurz gekommen in bezug auf die elterliche Liebe. Aber sie war es von Kindheit an gewohnt, ihr Eltern immer nur für ein paar Wochen zu sehen. Die ersten acht Jahre ihres Lebens hatte sie in der Obhut einer liebevollen Großmutter verbracht, deren plötzlicher Tod für das Kind so schmerzlich und einschneidend war, daß Nanette ihrer gesamten Umwelt kritisch gegenüberstand, auch ihren Eltern. Sie war auf sich gestellt, zumindest empfand sie das so schon sehr früh.

Sie war sehr intelligent und vielseitig interessiert, und sie hatte das Glück, dann in ein Internat zu kommen, wo man diesem außergewöhnlichen Kind viel Verständnis entgegenbrachte und sie gleich eine Freundin fand, nämlich Adrienne Demirec.

Adrienne war noch schlechter dran als Nanette. Sie hatte keine Eltern mehr. Ihr Onkel war ihr Vormund, und er tat für sie, was mit Geld möglich war, aber er war Junggeselle und wußte mit einem kleinen Mädchen nichts anzufangen. Später änderte sich das. Onkel Armand war für beide Mädchen eine wichtige Person, bis dann doch noch eine Frau in sein Leben trat, der es nicht paßte, daß er der gute Onkel war.

Dadurch wurde die Freundschaft der beiden Mädchen noch enger, ja, sie wurden unzertrennlich. Wie siamesische Zwillinge, sagte Lutz Bertram scherzhaft.

Aber er wie auch seine Frau Maja waren froh, daß sie keine Vorwürfe von Nanette bekamen, daß sie sich nie beschwerte und mit ihrem Leben anscheinend sehr zufrieden war. Ihr schien es auch nichts auszumachen, daß ihre Eltern gleich nach Weihnachten abreisten. Sie freute sich schon darauf, mit Adrienne ins neue Jahr hineinfeiern zu können.

Der gute Onkel Armand hatte schon eine große Silvesterparty geplant.

An Geld mangelte es Nanette nicht. Ihr Vater hatte ihr ein Girokonto eingerichtet, auf das er jeden Monat tausend Euro überweisen wollte. Für besondere Ausgaben hatte sie ihr Sparkonto, über das sie frei verfügen konnte. Sie hatte einen sehr hübschen Mittelklassewagen zu Weihnachten von ihren Eltern geschenkt bekommen, und Nanette kam gar nicht auf den Gedanken, daß sie damit ihr Gewissen beschwichtigen wollten, denn sie war es ja nicht anders gewohnt, als zu Festtagen wertvolle Geschenke zu bekommen, und sie brauchte nicht um Taschengeld zu betteln, seit sie denken konnte.

Es war gewiß nicht so, daß Lutz und Maja Bertram für ihre Tochter nichts übrig hatten, aber sie waren sehr jung gewesen, als Nanette geboren wurde, und für Maja war die berufliche Karriere ihres Mannes zumindest genauso wichtig, wie das Kind, später allerdings sogar noch wichtiger, da Nanette sich auch ohne große elterliche Fürsorge durchaus normal entwickelte. Allerdings hatte sie ja da ihre heißgeliebte Omi gehabt.

Lutz und Maja flogen am siebenundzwanzigsten Dezember nach Spanien, und Nanette startete in ihrem neuen Wagen in die Schweiz.

Nanette war ein apartes Mädchen, hinter dem auch die Zollbeamten nachschauten. Sie hatte blondes lockiges Haar, das ein feingezeichnetes Gesichtchen umspielte, wunderschöne topasfarbene Augen, die meist einen unergründlich rätselhaften Ausdruck hatten. Ihr klassisches Profil und ihre vollendete Figur hatten schon manchen Maler in Entzücken versetzt, aber sie hatte nur eine abwehrende Handbewegung gemacht, wenn man sie fragte, ob sie nicht mal Modell stehen würde. Auch für viel Geld wäre sie dazu nicht bereit gewesen, und ebenso nicht dazu, als Fotomodell zu fungieren, was andere für solche Honorare liebend gern getan hätten.

Nanette hatte ihre eigene Vorstellung von ihrer Zukunft. Sie war so konsequent, daß selbst Adrienne manchmal den Kopf schüttelte und meinte, daß sie ab und zu doch auch mal Zugeständnisse machen müßte.

Dafür wäre noch lange Zeit, meinte Nanette, denn Zugeständnisse würde sie schon machen müssen, wenn sie tatsächlich mal heiraten würde. Bisher spielte in ihrem Leben jedoch noch kein Mann eine Rolle, wollte man

von gelegentlichen oberflächlichen Flirts absehen, die aber nur von den Männern forciert wurden und die Nanette mit ironischem Lächeln abtat.

Auf der Fahrt nach Chamonix hätte sie mehrere Bekanntschaften machen können, denn sie legte dreimal kurze Pausen ein. Sie hatte einfach keine Lust, so durch die herrliche winterliche Landschaft zu rasen, wie es die meisten taten. Sie suchte sich auch schöne Raststätten aus, von denen man zu den Bergen blicken konnte und wo man auch die gute, würzige Luft einatmen konnte. Nanette war ein Naturkind. Und sie war von einer so bezaubernden natürlichen Anmut, wie man sie noch selten fand.

Es war das Besondere an ihr, das die Blicke auf sich zog. Sie nahm keine Notiz davon. Sie freute sich auf Adrienne und aufs Skifahren.

Sie wurde jubelnd empfangen. Armand besaß ein paar Chalets in Chamonix. Zwei vermietete er, eines benutzte er selbst. Für die Ferienwochen hatte er jedoch Adrienne und Nanette das kleine Chalet überlassen. Er war ein großzügiger Mann und noch jung genug geblieben, um viel Verständnis für die jungen Mädchen zu haben. Sie sollten ihre Jugend genießen.

Armand lud die beiden Mädchen zu einem Begrüßungsessen ein, natürlich im besten Restaurant. Nanette sollte sich nur ein bißchen ausruhen und umkleiden.

Da hatten die beiden dann gleich Zeit zu einem Schwatz. »Kommt seine Freundin auch mit?« fragte Nanette.

»Seine Frau, er hat geheiratet, aber nicht Julienne, sondern eine andere. Sie wird dir gefallen, mir gefällt sie auch«, sagte Adrienne. »Sie heißt Simone, und sie paßt zu ihm. Er hat auf mich gehört.«

»Du hast es mir nicht geschrieben«, sagte Nanette mit leisem Vorwurf.

»Ich wußte ja nicht, ob es klappt, und du solltest nicht denken, daß Armand sich zu einem Frauenhelden entwickelt hat, vor allem sollten das deine Eltern nicht denken, sonst hätten sie dir womöglich nicht gestattet, daß du herkommst.«

»Liebe Güte, ich bin erwachsen, Adrienne. Jetzt würden meine Eltern schon gar nicht mehr wagen, mir Vorschriften zu machen, aber mich freut es auch, wenn Armand eine Frau hat, die zu ihm paßt.«

»Sie haben vorgestern geheiratet, aber wir feiern die Hochzeit erst Silvester. Simone wollte eigentlich gar keinen Trubel haben, aber unseretwegen hatte sie dann doch eingewilligt.«

»Wieso unseretwegen?« fragte Nanette.

»Weil sie meinte, daß wir fröhlich ins neue Jahr tanzen sollen. Sie hatte eine schwere Jugend, und ihr blieben solche Feste versagt.«