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Die bildschöne Ludmilla mit dem verführerischen Charme raubt Tim Burgau die Sinne, und er wird nicht müde, um sie zu werben. Nach zwei Jahren endlich willigt sie ein, die Seine zu werden. Als Tim den umjubelten Revuestar heiratet, ist er trunken vor Glück und ganz sicher, dass er eine wunderbare Ehe mit seiner Traumfrau führen wird. Ludmilla gibt Tim das Versprechen, in absehbarer Zeit ihren Beruf aufzugeben und auf keiner Bühne mehr aufzutreten, um dann ausschließlich Herrin von Burgau, treu sorgende, liebende Ehefrau und bald auch - so hofft Tim - glückliche Mutter zu sein. Doch Ludmilla bricht ihr Wort ...
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Ich bin nicht wie die andere
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Impressum
Ich bin nicht wie die andere
Der Glanz des Geldes lockte sie nicht
Die bildschöne Ludmilla mit dem verführerischen Charme raubt Tim Burgau die Sinne, und er wird nicht müde, um sie zu werben. Nach zwei Jahren endlich willigt sie ein, die Seine zu werden. Als Tim den umjubelten Revuestar heiratet, ist er trunken vor Glück und ganz sicher, dass er eine wunderbare Ehe mit seiner Traumfrau führen wird. Ludmilla gibt Tim das Versprechen, in absehbarer Zeit ihren Beruf aufzugeben und auf keiner Bühne mehr aufzutreten, um dann ausschließlich Herrin von Burgau, treu sorgende, liebende Ehefrau und bald auch – so hofft Tim – glückliche Mutter zu sein. Doch Ludmilla bricht ihr Wort mehr als einmal ...
Als Tim Burgau die Treppe herunterkam, lag das Frühstückszimmer im goldenen Sonnenlicht. Die gute alte Baba hatte das Fenster weit geöffnet. Im Geäst der alten Bäume auf der Rasenfläche vor dem Herrenhaus veranstalteten die Vögel ihr Morgenkonzert.
Tim blieb auf dem Teppich stehen und gähnte verstohlen. Während Baba das Frühstück hereinbrachte, schrillte in der Halle das Telefon. Tim ging sofort hin und hob ab.
»Einen Augenblick bitte!«, sagte er.
Er brachte den Apparat mit in das Frühstückszimmer, steckte dort den Stecker wieder ein und ließ sich am Tisch nieder.
Baba schüttelte bekümmert den Kopf. Ihr junger Herr trank eine Tasse Kaffee, aß ein Brötchen und telefonierte. Es ging um geschäftliche Transaktionen, so viel verstand Baba, die im Zimmer herumwerkelte, weil sie diese Morgenstunde gut dazu fand, ihrem jungen Herrn einmal ins Gewissen zu reden.
Aber da wurde sie durch das Haustelefon in die Küche gerufen.
»Kannst du denn nicht einmal allein auskommen, Brigitte?«, fragte sie das junge Mädchen, das man ihr zur Hilfe eingestellt hatte.
»Ich weiß nicht, wie der gnädige Herr das Soufflé gern isst, Baba. Ich möchte nämlich kein Donnerwetter erleben.«
Baba schickte Brigitte einkaufen, als der alte Karl zur Tür hereinschlurfte. Er hatte seine siebzig Jahre auf dem Buckel und hätte sich gut und gern zur Ruhe setzen können. Der junge Herr hatte es ihm sogar ans Herz gelegt. Aber Karl hatte gestreikt. Auch jetzt murrte er vor sich hin.
»Ich gehöre doch nicht zum alten Eisen«, sagte er und ließ sich auf seinem Platz am Küchentisch nieder. »Gib mir meinen Kaffee, Baba, damit ich meinen Groll hinunterspüle.«
»Was für eine Laus ist dir denn schon wieder über die Leber gelaufen?«, fragte Baba. Sie und Karl hatten schon bei der alten Herrschaft gedient. Es war ihnen vergönnt, sich im Herrenhaus von Burgau einige Freiheiten herauszunehmen.
»Der junge Spund, ich habe ihm gesagt, dass Tita bewegt werden muss. Die gnädige Frau wird uns etwas anderes sagen, wenn wir ihr Lieblingspferd vernachlässigen. Der Junge hat mir fest versprochen, sich um Tita zu kümmern. Aber was tut er? Er schmust mit Brigitte herum, statt seine Arbeit zu tun.«
»Was sagst du, er schmust mit der Brigitte herum? Na, der werde ich was anderes sagen. Die soll sich um ihre Arbeit in der Küche kümmern. Aber wie soll es hier denn noch gut werden, wo unsere junge Gnädige nicht aufhören kann, dem Ruhm nachzulaufen.«
»Wem läuft sie nach, Baba?«, fragte Karl, der etwas schlecht hörte.
»Sie rennt keinem anderen Mann nach. Und wenn sie auf Burgau ist, dann tut sie immer sehr verliebt. Das ist ja auch kein Wunder, wie der aussieht. Er hat ja nur zu wählen brauchen. Sogar eine Komtess hat sich in ihn verliebt. Aber für ihn hat es der Revuestar sein müssen. Ludmilla Virego! Wie das schon klingt.«
»Was ist denn eigentlich so ein Revuestar, Baba? Ich kann mir immer noch nichts Genaues darunter vorstellen. Es muss doch etwas Schönes sein, wo die Gnädige so ein hübsches Menschenkind ist.«
»Also, die Gnädige singt und spielt auf einer Bühne. Und wenn sie tanzt, hat sie nur sehr wenig an. Vielleicht ein paar Federn oder ein wenig Glitzerzeug. Ich kann einfach nicht begreifen, dass unser Herr so etwas zulässt. Und dann singt sie Lieder, in denen von Liebe die Rede ist. Verstehst du?«
»Ja, ja!« Karl kratzte sich verlegen hinter den Ohren. »Meinst du, dass man da mal hingehen könnte, um die Gnädige zu sehen?«
»Jetzt bist du übergeschnappt, Karl!« Das Klingelzeichen ertönte aus dem Esszimmer. Baba eilte, denn ihr Herr hatte gerufen.
»Baba, du musst mir die kleinen braunen Koffer packen. Ich fliege heute Abend nach Rom und bleibe vier Tage.«
Als Baba keine Anstalten traf, das Zimmer zu verlassen, warf Tim ihr einen fragenden Blick zu. Vor Babas Gardinenpredigten hatte er von früher her immer noch ein bisschen Angst.
»Herr Burgau, ich möchte einmal etwas sagen, was mir schon seit einigen Monaten auf dem Herzen brennt.«
Tim erhob sich. Groß und schlank stand er vor ihr, mit dem schmalen Gesicht und den grauen Augen.
»Was hast du auf dem Herzen, Baba? Du weißt, du kannst mir alles sagen.«
Während er mit ihr sprach, legte er seine Hand auf ihre Schulter. Es war eine alte vertraute Geste, und Babas Herz schmolz dahin. Sie hatte ihn schon in ihren Armen gewiegt, als er erst ein paar Stunden alt gewesen war.
»Ich glaube, es geht mich doch nichts an, Herr Burgau. Wenn ich mich jetzt überwinde und etwas sage, sind Sie mir nachher böse.«
»Du kennst mich doch, Altchen. Erleichtere dein Herz! Jetzt hast du mich neugierig gemacht«
»Nun, ich denke, dass es an der Zeit wäre, dass sich Nachwuchs auf Burgau anmeldet. Seit zwei Jahren sind Sie verheiratet, und es wäre doch schön, wenn ich noch erleben dürfte, einen kleinen Burgau zu hüten. Aber vielleicht wird die gnädige Frau es nicht zulassen, dass ich auf das Kindchen aufpassen darf. Dabei wünsche ich es mir sehr, Herr Burgau!«
Tim Burgaus Gesicht sah plötzlich verträumt aus. In seinen Mundwinkeln lag ein verstecktes Lächeln.
»Du hast ja so recht, Altchen!« Er zog sie näher zu sich heran. »Auch ich sehne mich nach einem Kind. Vielleicht sollte ich es Ludmilla einmal sagen. Möglicherweise bedeutet ihr dann der Ruhm nicht mehr so viel. – Jetzt muss ich aber fahren, sonst komme ich zu spät zur Konferenz.«
Baba stand da und schaute ihrem jungen Herrn nach. Sie eilte ans Fenster und sah hinaus, als Tim Burgau sich hinter das Steuer seines Wagens setzte. Er brauste die Allee hinunter, dann war wieder alles still.
»Ist er denn überhaupt so glücklich geworden, wie er es sich immer vorgestellt hat?«
Baba erschrak vor dieser Frage, die in ihrem Herzen aufgestiegen war.
Sie ging durch das große Herrenhaus, in dem zehn Kinder und vielleicht noch mehr Platz gehabt hätten. Sie scheuchte die beiden Mädchen an die Arbeit.
Dann blieb sie im Musiksalon stehen. Er war ganz in Rosa gehalten, denn das war die Lieblingsfarbe der Hausherrin. Auf dem kostbaren Flügel stand ein Bild von ihr. Ein großes herrliches Bild, das eine sehr schöne Frau zeigte.
Sie war eine Frau, von der viele Männer träumten. Und sie hatte Tim Burgau ihr Jawort gegeben, weil er nicht müde geworden war, zwei Jahre lang um Ludmilla zu werben. Jetzt war sie die Herrin von Burgau und wollte sich nicht damit zufriedengeben. Es drängte sie in die weite Welt. Sie wollte auf den großen Bühnen der Revuetheater stehen. Das war in Babas Augen nicht recht. Eine Frau gehörte an die Seite ihres Mannes.
Aber sie, die gute alte Baba, würde daran nichts ändern können. Insgeheim dachte sie an ein süßes Kind, das eines Tages vielleicht diese großen Räume mit fröhlichem Lachen erfüllen würde.
♥♥♥
Der Zuschauerraum lag im Dunkeln. Die Bühne wurde von ein paar Scheinwerfern erleuchtet, die kaltes Licht verströmten. Es sah alles sehr armselig aus, und es gehörte eine gute Portion Vorstellungskraft dazu, sich hier in einen Traum in Gold und Silber hineinzuträumen, um die schweren Proben für die neue Revue zu absolvieren. Sie hieß »Der goldene Regen«, und Ludmilla Virego spielte neben dem Sänger und Tänzer Mario Rosso eine Hauptrolle.
Ludmilla trug bei den Proben einen engen Turnanzug. Das dunkle Haar hatte sie mit einem breiten hellroten Band aus dem Gesicht gebannt. Das schmale dunkle Antlitz der Sängerin wirkte abgespannt.
Serge Holder, der Regisseur, war immer noch nicht mit der Einstudierung dieses Aktes zufrieden, in dem das große Duett gesungen wurde, das bereits ein Riesenerfolg geworden war.
Mario und Ludmilla sangen es mit großem Können. Aber die Tanzszene saß noch nicht. Serge klopfte immer wieder ab. Über Ludmillas Gesicht rann der Schweiß in Strömen. Ihre Augen glänzten, als hätte sie Fieber. Mario warf ihr einen besorgten Blick zu.
»Wir wollen eine Pause machen!«, rief Serge, der bemerkt haben musste, dass es Ludmilla an diesem Morgen nicht besonders gut ging.
Er sprang auf die Bühne und legte Ludmilla den Mantel um die Schultern. Sie fröstelte leicht. Er geleitete sie hinaus.
»Ich weiß, ich bin manchmal unausstehlich, Ludmilla. Aber es muss alles sitzen.«
»Lass nur, Serge, mir brauchst du doch nichts zu erklären!«, sagte sie erschöpft, und dann sackte sie in Serges Armen zusammen. Ludmilla war ohnmächtig geworden.
Mario kam den beiden nach. Als er sah, was geschehen war, rief er den Theaterarzt an.
Sie brachten Ludmilla in ihre Garderobe, wo Frau Huber sich um sie bemühte. Sie war schon seit vier Jahren Ludmillas Garderobiere, die sie auf allen Reisen begleitete.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Ludmilla die Augen wieder aufschlug. Der Arzt beugte sich über sie. Als sie sich aufrichten wollte, drückte er sie wieder in die Kissen zurück.
Ludmilla gelang ihr, sich aufzurichten. Die Garderobe drehte sich um sie, sie schloss noch einmal für einen kurzen Moment die Augen, dann wurde ihr besser.
»Ach, ich hatte einen kleinen Schwächeanfall, jetzt erinnere ich mich. Aber das ist doch kein Grund zur Aufregung, Doktor.«
»Es ist ernster, als Sie denken, Frau Virego«, entgegnete der Arzt.
»Etwas Ernsteres?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
»Sie tragen ein Kind unter Ihrem Herzen, gnädige Frau. Aber Sie sind körperlich nicht so robust, dass Sie Ihren Beruf noch ein paar Monate ausüben können.«
Es gibt Frauen, die nach einer solchen Eröffnung so glücklich sind, dass sie ihr Glück gar nicht fassen können. Es gibt aber auch Frauen, die ganz anders reagieren. Und eine von diesen Frauen war Ludmilla Virego, wie sie mit ihrem Künstlernamen noch hieß.
Zuerst saß sie wie erstarrt da und hielt die Augen weit geöffnet. Der Arzt meinte, dass sie vor lauter Glück kein Wort hervorbrächte.
»Sie müssen Ihren Beruf aufgeben, gnädige Frau. Absolute Vorsicht ist geboten, wenn Sie das Kind gesund zur Welt bringen wollen«, erklärte er ihr.
Da sprang Ludmilla auf und lief in dem engen Raum umher.
»Nein, das darf nicht wahr sein!«, rief sie laut. »Ich habe den Berg bezwungen, und jetzt soll ich schon an den Abstieg denken? Nein, das will ich nicht! Ich habe mir gerade von dieser Revue sehr viel versprochen.«
Der Arzt schaute sie betroffen an.
»Aber ich habe mir sagen lassen, dass Sie sehr glücklich verheiratet sind, Gnädigste. Ihr Mann wird sich freuen, wenn Sie ihm diese Eröffnung machen.«
»Schweigen Sie!«, herrschte sie den Arzt an.
Der Doktor hatte seine Pflicht getan. Er erhob sich, schloss seine Tasche und nahm sie zur Hand.
»Ich möchte Ihnen noch einmal ans Herz legen, sich zu schonen. Sie spielen nicht nur mit dem Leben des Kindes, sondern auch mit dem Ihren, Gnädigste«, sagte er zu ihr.
Als sie allein war, kam Serge und setzte sich zu ihr.
»Die Rolle müssen wir umbesetzen, Milla.«
»Das wird Tim mir büßen«, murmelte sie wutentbrannt.
Serge konnte sie nicht verstehen. Auch er hatte gehofft, dass sie sich auf das Kind freuen würde. Er schaute sie fassungslos an.
♥♥♥
Ursula Wendenfels stieg aus ihrem Wagen und sah das Anwesen vor sich. Das niedrige Herrenhaus in einem verwilderten Park, von Efeu umrankt, als wenn es ein versponnenes Märchenschloss wäre. Ihr Herz zog sich zusammen, denn sie hatte sich alles anders vorgestellt. Doch jetzt hatte sie das Haus gekauft, und sie musste das Beste daraus machen.
Die junge Frau ging mit langsamen Schritten auf das Haus zu. Aus dem Wagen kletterte ein kleines Mädchen, das ungefähr vier Jahre alt sein mochte.
»Mami«, rief Viktoria wenige Minuten später. »Schau mal, ein Kätzchen!«
Ursula, von ihren Freunden Uschi genannt, blieb stehen.
»Ich habe dir doch gesagt, dass du im Wagen bleiben sollst«, sagte sie, aber aus ihrer weichen Samtstimme klang kein Tadel.
Wenn Ursula ihre kleine Tochter so sah, war es jedes Mal wie ein Schlag, denn Richard schaute sie durch das Kind an. Ihr geliebter Richard, der sie vor zwei Jahren alleingelassen hatte. Eine heimtückische Krankheit hatte ihn binnen weniger Tage dahingerafft, und Ursula konnte es immer noch nicht überwinden.
»Mami, das Kätzchen hat Hunger. Es miaut ganz schrecklich. Wenn wir einmal hier wohnen, dann kann es doch bei uns bleiben.«
»Ja, du kannst es behalten, Viktoria«, meinte sie und streichelte der verschüchterten Katze über das Köpfchen. »Aber wenn es einem anderen gehört, müssen wir es hergeben.«
»Aber hier wohnt doch keiner«, sagte das Kind. Da kam ein alter Mann die Allee herauf, der seit Jahr und Tag das Anwesen leidlich in Ordnung hielt. Er wohnte im Gartenhaus, das am anderen Ende des verwilderten Parks stand.
»Guten Morgen!«, sagte der alte Larsen. »Verzeihen Sie, dass ich jetzt erst komme, aber ich habe den Wagen nicht gehört. Ich bin Larsen und habe hier für ein bisschen Ordnung gesorgt.«
Ursula lächelte ihn freundlich an. Als sie den Blick wieder dem Haus zuwandte, merkte Larsen, dass es der jungen Frau nicht gefiel.
»Ich habe hier ein Kätzchen gefunden«, sagte die Kleine zu ihm. »Gehört es Ihnen?«
»Es streunt schon seit ein paar Tagen hier herum. Es kann sein, dass es vom Herrensitz Burgau kommt. Aber die haben viele Katzen und werden keine vermissen. Behalt das Kätzchen doch, wenn es dir gefällt. Wie heißt du denn?«
»Viktoria«, erwiderte die Kleine artig.
Dann wandte Larsen sich wieder an die junge Frau.
»Es sieht auf den ersten Blick verwahrlost aus. Aber wenn Sie sich erst einmal das Haus von innen angesehen haben, wird es Ihnen schon besser gefallen. Es wird zwar noch eine hübsche Stange Geld kosten, alles zu renovieren, aber es lohnt bestimmt.«
Damit zog er einen großen Schlüsselbund aus seiner Tasche. Der Haustürschlüssel war so groß und kunstvoll geschmiedet, das Viktoria ihn in Augenschein nehmen musste.
»So einen großen Schlüssel habe ich noch nie gesehen«, sagte sie und beobachtete genau, wie Larsen das Portal aufschloss.
In der Halle hingen Spinnweben, und die hohen Fenster waren voller Staub. Eine beklemmende Moderluft hing in dem Haus. Larsen öffnete rasch Fenster und Läden, damit das Sonnenlicht ungehindert hereinfluten konnte.
»Sie haben recht, es wird sehr gemütlich werden, wenn alles eingerichtet ist.«
»Vielleicht könnten Sie mich in Ihren Diensten gebrauchen, Frau Wendenfels. Ich brauche nicht viel für mich. Das Gartenhäuschen habe ich mir selbst hergerichtet. Ein kleines Entgelt für die Arbeit im Park und im Hausgarten. Auf mich können Sie sich verlassen. Ich möchte sehr gern bleiben. Andernfalls muss ich wohl in ein Altersheim.«
»Kümmert sich denn niemand um Sie?«
»Meine Frau ist gestorben. Und mein Sohn hat genug mit sich zu tun. So ist das nun mal im Leben. Ich beklage mich auch nicht. Ich habe meine kleine Pension. Es wäre schön, wenn ich hierbleiben dürfte.«
»Ich bin froh, dass Sie mir dieses Angebot gemacht haben, Herr Larsen. Sie können im Gartenhaus wohnen bleiben.«
»Ich danke Ihnen, Frau Wendenfels.«
Ursula ging hinauf in die Zimmer und warf einen Blick aus einem Fenster in den Park.
»Es wird mir guttun zu arbeiten«, murmelte sie. »Ich werde hier wieder an Leib und Seele gesunden.« Im Geiste richtete sie die Zimmer ihres Hauses schon ein.
Dann stieg sie die Treppe wieder hinunter.
»Würden Sie die Katze in Pension nehmen, bis wir hier einziehen?«, fragte Ursula Herrn Larsen später. »Wir können sie nämlich nicht mit in unsere Stadtwohnung nehmen.«
»Sie kann gern bei mir bleiben«, erwiderte der alte Mann.
»Passen Sie gut auf Muschi auf«, bat das Kind.
Der alte Mann stand vor der Freitreppe, aus deren Rissen wilde Blumen wuchsen.
»Am Montag kommen die Handwerker«, rief Ursula ihm noch zu. Sie stieg in ihren Wagen, das Fenster war heruntergekurbelt. Viktoria saß neben ihrer Mama.
»Auf Wiedersehen, Muschi!«, rief sie.
»Bitte, passen Sie auf, dass die Arbeit hier getan wird, Herr Larsen. Ich komme ein über den anderen Abend herausgefahren.«
»Sie können sich auf mich verlassen, Frau Wendenfels«, sagte der Alte zum Abschied.
♥♥♥
Als Ursula den Wagen auf die Landstraße lenkte, ertappte sie sich dabei, dass sie sich seit langer Zeit wieder über etwas freute. Sie freute sich über das Haus, das bald ihre neue Heimat sein sollte.
Plötzlich blieb das Auto stehen. Ursula Wendenfels war zwar eine vorzügliche Fahrerin, aber vom Motor eines Wagens verstand sie nichts.
Es wurde ihr heiß und kalt, als der Wagen wie ein störrischer Esel mitten auf der Landstraße stand.
»Mami, was ist denn los?«, fragte das Kind und schaute seiner Mutter dabei zu, wie sie die Motorhaube hochklappte und hilflos in das Innere des Wagens schaute.
»Bleib du im Wagen sitzen, du kannst mir hier nicht helfen«, sagte sie, weil Viktoria Anstalten machte auszusteigen.