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Sie lieben sich nur einen Sommer lang, die hübsche Krankenschwester Anja Höltjen und Bojo von Elmenhorst. Denn während Anja noch von einer gemeinsamen Zukunft träumt, macht der hoch verschuldete Baron einer anderen einen Heiratsantrag: dem verwöhnten Schweizer Millionärstöchterchen Daisy Wintersberg.
Sehr bald wird ein rauschendes Hochzeitsfest gefeiert, von dem Anja durch eine Zeitungsanzeige erfährt. Damit ist ihr Traum von einem Leben an Bojos Seite ausgeträumt, und Anja weint bittere Tränen.
Dann steht sie durch Zufall eines Tages der Ehefrau des einst so sehr geliebten Mannes gegenüber. Und niemand ahnt zu diesem Zeitpunkt, dass diese Begegnung eine Fügung des Schicksals ist ...
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Seitenzahl: 135
Cover
Hochzeit in Zürich
Vorschau
Impressum
Hochzeit in Zürich
Die Geschichte einer bittersüßen Romanze
Sie lieben sich nur einen Sommer lang, die hübsche Krankenschwester Anja Höltjen und Bojo von Elmenhorst. Denn während Anja noch von einer gemeinsamen Zukunft träumt, macht der hoch verschuldete Baron einer anderen einen Heiratsantrag: dem verwöhnten Schweizer Millionärstöchterchen Daisy Wintersberg.
Sehr bald wird ein rauschendes Hochzeitsfest gefeiert, von dem Anja durch eine Zeitungsanzeige erfährt. Damit ist ihr Traum von einem Leben an Bojos Seite ausgeträumt, und Anja weint bittere Tränen.
Dann steht sie durch Zufall eines Tages der Ehefrau des einst so sehr geliebten Mannes gegenüber. Und niemand ahnt zu diesem Zeitpunkt, dass diese Begegnung eine Fügung des Schicksals ist ...
»Sie ist hübsch und reich, Vater. Daisy oder keine.«
Bodo-Joachim von Elmenhorst hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und lehnte mit dem Rücken am Fensterrahmen. Das Holz war rissig und hätte längst neu gestrichen werden müssen, und die Fensterrahmen waren gewiss nicht das Einzige auf Schloss Elmenhorst, was der Erneuerung oder Reparatur bedurfte.
»Glaubst du, dass du es schaffst?« Ernst-Albrecht von Elmenhorst sah seinen Sohn zweifelnd an. »Der alte Wintersberg ist einer der schlauesten Füchse, die es gibt. Der schmeißt sein Geld nicht zum Fenster hinaus.«
Bodo-Joachim, genannt Bojo, lachte.
»Elmenhorst ist eine gute Geldanlage, Vater. Schwerer Boden, genügend Land, ein wertvolles altes Schloss ...«
»Du vergisst unsere Schulden, den schlechten Zustand sämtlicher Gebäude, nicht zuletzt den des Schlosses«, erinnerte Ernst-Albrecht seinen Sohn. »Ich gebe zu, dass ich nie viel vom Sparen und Schuften gehalten habe. Leider liegt das in der Familie, schon dein Großvater hat mir Schulden hinterlassen. Wenn du keine Millionärstochter heiratest, kommt Elmenhorst – alter Name oder nicht – unter den Hammer. Und wahrscheinlich bleibt uns dann kaum noch was übrig, um ein einigermaßen standesgemäßes Dasein zu fristen.«
»Daisys Vater ist einer der reichsten Männer in der Schweiz. Seine Uhrenfabrik hat Weltruhm, und da er außerdem eine Privatbank besitzt, möchte ich bei Daisy das Wörtchen Million schon fast für eine Beleidigung halten. Xaver Wintersberg ist eine oder zwei, vielleicht sogar drei Milliarden Schweizer Franken schwer.«
»Ich weiß, und deshalb kann ich nicht dran glauben, dass du die Kleine kriegst«, erwiderte der Vater.
Um Bodo-Joachims Mund spielte ein sarkastisches Lächeln.
»Wollen wir wetten? Daisy ist Wintersbergs einzige Tochter und bekommt immer ihren Willen. Außerdem finden es auch die Schweizer ganz elegant, eine Adelskrone und ein Schloss zu heiraten, wenn sie's auch nicht zugeben würden.«
»Wenn du recht hast, umso besser.«
»Ich fahre nach München zu dem Wohltätigkeitsball. Gib mir Mutters Ring mit!«
Ernst-Albrecht von Elmenhorst schmunzelte.
»Du musst mir versprechen, dass du ihn nicht im Pfandhaus versetzt, sondern wirklich Daisy Wintersberg an den Finger steckst.«
Nun lachten Vater und Sohn laut. Sie waren beide ein bisschen leichtfertig, wollten sich aber nur ungern von dem Schlossgut trennen, auf dem ihre Familie seit vielen Generationen ansässig war.
Eine reiche Heirat schien der einzige Ausweg aus den Sorgen zu sein, die so sehr überhandgenommen hatten, dass schnell etwas geschehen musste.
»Wenn ich Glück habe, sind ihre Eltern da, und ich kann gleich in aller Form um die Hand ihrer Tochter anhalten, Vater. Allerdings brauche ich ein bisschen Kapital. Glaubst du, dass die Bank noch etwas herausrückt? Sprich mit Charlottchen. Du kannst sie um den Finger wickeln. Und wenn sie dann mit ihrem Mann redet, kriege ich noch mal fünftausend.«
Charlotte Krüger war die Gattin des Direktors der Bank, mit der die Elmenhorsts arbeiteten und bei der sie sehr, sehr hohe Schulden hatten. Charlotte schwärmte glücklicherweise für den älteren Elmenhorster, und das wurde von diesem gründlich ausgenutzt.
Ernst-Albrecht von Elmenhorst versprach seinem Sohn, dass er sein Möglichstes tun werde. Gleich heute Nachmittag wolle er in die Stadt.
»Dann können wir zusammen fahren, Vater. Ich habe auch allerlei zu erledigen.«
»Was denn?«, fragte der Vater und hob drohend den Finger, wobei er allerdings schmunzelte. »Eine Freundin besuchen und Abschied von der Junggesellenzeit feiern? Ich glaube, hier werden in der näheren und weiteren Umgebung ein paar Tränen fließen, wenn deine Verlobungsanzeige in der Zeitung erscheint.«
»Mit dem Abschied hat es noch Zeit, Vater. Eins nach dem anderen.«
Ludwig, der Diener, meldete, dass das Essen angerichtet sei. Vater und Sohn begaben sich ins Speisezimmer, wo der Tisch mit schönem altem Silber und kostbarem Porzellan gedeckt war. Was sich jedoch in der Meißner Terrine befand, die Ludwig auftrug, war eine einfache Gemüsesuppe mit Schweinefleisch darin.
Gleich nach beendeter Mahlzeit holte Bojo den teuren, eleganten Wagen aus der Garage. Es gab Leute, die meinten, Bojo hätte klüger daran getan, sich für dieses Geld einen neuen Mähdrescher oder eine andere landwirtschaftliche Maschine für seinen heruntergekommenen Gutsbetrieb anzuschaffen.
Die Fahrt in die Stadt dauerte eine halbe Stunde.
»Wie lange brauchst du, Vater?«, erkundigte sich Bojo höflich, als sie vor der Villa des Bankdirektors hielten.
»Schwer zu sagen, Junge. Meist trinken wir erst Kaffee zusammen, und es dauert eine ganze Weile, bis ich zum Thema kommen kann.«
»Wichtig ist, dass du das Geld noch vor Geschäftsschluss bekommst, Vater.«
»Ich werde es schon schaffen.«
»Hoffentlich. Treffen wir uns zwischen sechs und sieben zum Essen beim Chinesen?«
»Na gut.«
Das chinesische Restaurant war ausgezeichnet und sehr teuer. Doch in dieser Beziehung hatte weder der ältere noch der jüngere Elmenhorster Gewissensbisse.
Nachdem sein Vater die Villa des Bankdirektors betreten hatte, fuhr Bojo weiter.
Heute war Donnerstag, und da hatte Anja frei. Wahrscheinlich wartete sie schon auf seinen Anruf. Bojo fuhr ein paar Straßen weiter und hielt an einer Telefonzelle, wo er ausstieg und die Nummer des Städtischen Krankenhauses wählte. Er bat darum, mit dem Schwesternwohnheim verbunden zu werden, und verlangte schließlich, Schwester Anja zu sprechen.
»Ich bin in der Stadt, Süße«, rief er munter in den Apparat, als Anja Höltjen sich meldete. »Kommst du in meine Wohnung?«
»Ja, Bojo, in einer Viertelstunde bin ich da«, erwiderte sie mit einem hellen Lachen. »Ich habe schon eingekauft. Dabei war ich nicht einmal sicher, ob du heute kommen würdest.«
»Aber, Anja, ich wusste doch, dass du diese Woche Donnerstag freihast. Glaubst du, dass ich etwas so Wichtiges vergessen könnte?«
Sie verabschiedeten sich zärtlich.
Bojo bestieg erneut den Wagen und lenkte ihn in die Vorstadt, wo er in einem modernen Neubaublock eine kleine Wohnung gemietet hatte, von deren Existenz nicht einmal sein Vater etwas ahnte. Am Türschild stand der Name Büttner. Es war der Familienname des Dieners Ludwig, den Bojo als Pseudonym für diese Wohnung gewählt hatte. Doch auch Ludwig wusste glücklicherweise nichts davon.
Die Hausbewohner mochten Bodo-Joachim von Elmenhorst für einen Vertreter halten, der viel auf Reisen war. Dass gelegentlich Mädchen in der Wohnung ein und aus gingen – zeitweise sogar die Schlüssel dazu besaßen –, interessierte kaum jemanden. Das Haus war groß, und jeder hatte seine eigenen Sorgen. Einem unverheirateten Mann sahen sogar neugierige und missgünstige Nachbarinnen manches nach.
Anja allerdings besaß keinen Schlüssel. Sie hatte Bojo sehr verwundert angeschaut, als er ihr einen in die Hand drücken wollte. Und Bojo musste sogar eine ganze Menge Geduld aufwenden, bis er Anja an einem Sommerabend zum ersten Mal dazu überreden konnte, diese kleine Wohnung überhaupt mit ihm zu betreten.
Jetzt war das anders.
♥♥♥
Bojo hatte die Wohnung erst vor wenigen Minuten betreten, da schlug die Türglocke zweimal kurz an. Das war ihr Zeichen.
Er öffnete, und das bildhübsche blonde Mädchen stellte die Einkaufstasche auf den Boden, um sich von dem geliebten Mann sehr fest in die Arme nehmen zu lassen.
»Du hast mir gefehlt, Anjalein«, sagte er verliebt und zärtlich. »Wir haben uns eine ganze Woche und zwei Tage nicht gesehen. Das ist zu lange.«
»Leider habe ich einen Beruf, Herr von Elmenhorst«, gab sie vergnügt zurück.
»Irgendwann musst du damit aufhören, Anjalein. Ich möchte dich ganz für mich allein haben.«
»Und wovon leben wir dann?«, erkundigte sie sich.
»Du bist, wie immer, klüger als ich. Wir Elmenhorsts sind Habenichtse, und du bist eine steinreiche Frau, verglichen mit mir.«
»Ganz so arg wird's nicht sein, Bojo.«
Sie ging in die Küche, um die Einkäufe auszupacken und Kaffee zu kochen. Bojo folgte ihr. In einer Wiener Konditorei hatte Anja Sachertorte gekauft, die er für sein Leben gern aß.
»Ich fürchte, unser Gut kommt unter den Hammer«, erklärte Bojo seufzend. »Es ist nicht mehr zu verhindern.«
»Macht nichts, Bojo. Ich bin sowieso arm wie eine Kirchenmaus. Wir können beide arbeiten.«
»Wie stellst du dir das vor, Schäfchen?«
»Ich arbeite jetzt auch. Für mich wäre es also kaum eine Umstellung. Und du findest bestimmt was bei einer Behörde. Sie brauchen studierte Leute überall – auch Landwirte. Dass du nicht gern auf einem fremden Gut Verwalter spielen möchtest, kann ich mir denken. Du könntest dich zum Beispiel beim Landwirtschaftsministerium bewerben. Als Beamter bekommt man später sogar eine Pension.«
»Ich fürchte, ich tauge nicht zum Beamten, Anja. Von acht bis fünf nach der Uhr gucken, ob die Zeit endlich herum ist – nee.« Er schüttelte sich.
Die junge hübsche Krankenschwester lachte.
»Ein bisschen mehr haben Beamte sicherlich doch zu tun.«
»Mag sein, ich habe jedenfalls keine Lust, einer zu werden.«
»Und was soll geschehen, wenn Elmenhorst wirklich verkauft werden muss, Bojo? Du musst auch an deinen Vater denken.«
»Eben, und das macht mir Sorgen. Irgendwas wird mir am Ende einfallen. Die Elmenhorsts sitzen schon so lange auf dem Gut, dass wir auch dableiben müssen, koste es, was es wolle. Man ist so einem alten Kasten von Schloss und einem klangvollen Namen leider allerlei schuldig.«
»Komm, trinken wir erst einmal Kaffee, Bojo!«
Im Wohnzimmer war alles ordentlich und gemütlich. Einmal in der Woche machte die Portiersfrau sauber.
»Wie lange hast du Zeit?«, fragte Anja leise, während sie die Tassen füllte. »Ich brauche erst morgen früh wieder im Dienst zu sein.«
Bojo nahm ihr die Kanne aus den Händen und küsste sie.
»Es klappt diesmal nicht. Ich habe meinen Vater mitnehmen müssen und bin abends mit ihm im chinesischen Restaurant verabredet.«
Anja bekam sehnsüchtige Augen.
»Eigentlich würde ich deinen Vater gern kennenlernen, Bojo. Irgendwann muss es doch sein. Ich fürchte mich ein bisschen vor ihm.«
Bojo zog das Mädchen auf seine Knie und küsste es wieder.
»Wenn du dich vor ihm fürchtest, ist es besser, wir verschieben das Kennenlernen auf ein andermal«, schwindelte er ohne die geringsten Gewissensbisse. »Er ist heute in der denkbar miserabelsten Laune. Es hat allerlei Ärger gegeben – Geldgeschichten und so.«
»Schade, Bojo«, sagte Anja traurig.
»Mach nicht so ein trübsinniges Gesicht, Anjalein. Ich mag es lieber, wenn du lachst.«
Sie tranken Kaffee und später Sekt, den Anja gekauft hatte. Dazu servierte sie Weißbrotschnittchen mit Lachs. Auch dies war eine kostspielige Delikatesse. Doch es gab für Anja Höltjen nichts Schöneres auf der Welt, als Bojo ein klein wenig zu verwöhnen und in den knappen Stunden, in denen sie beisammen waren, die Hausfrau zu spielen.
Auch wenn Bojo keinen adeligen Namen und kein Schloss besessen hätte, hätte sie ihn geliebt. Sie waren einander begegnet, als er sich wegen seines beim Tennis verstauchten Fußes in der Klinik hatte behandeln lassen. Nun kannten sie sich schon eine Weile.
Anja vertraute dem Elmenhorster. Einmal würde er sie zu seiner Frau machen. Davon war sie felsenfest überzeugt. Und deshalb war sie schließlich auch mit ihm in diese kleine Wohnung gekommen, in der sie manchmal die Nacht über blieb.
Sie machte sich keine Illusionen über die Zukunft. Anja träumte nicht von einer großen gesellschaftlichen Rolle an der Seite des gut aussehenden jungen Adeligen, und sie träumte auch nicht von Reichtum. Sie wollte mit dem Mann, den sie liebte und dem ihr ganzes Herz gehörte, glücklich sein.
Hätte ihr jemand gesagt, dass Bodo-Joachim von Elmenhorst ein recht unzuverlässiger Mensch war, so hätte Anja ihm nicht geglaubt.
Heute wurde es halb acht, ehe sie sich trennten. Wie immer schaffte Anja in der Wohnung mustergültige Ordnung, ehe sie sie verließ.
»Soll ich dich irgendwo hinfahren?«, bot Bojo ihr an, während er ein bisschen unruhig auf die Uhr schaute. »Viel Zeit habe ich allerdings nicht.«
»Kein Problem«, erwiderte Anja lächelnd. »Ich nehme den Bus.«
Er küsste sie und zog sie noch einmal an sich.
»Du bist ein Goldschatz, Anjalein. Bis zum nächsten Mal. Ich muss ein paar Tage nach München. Wenn ich zurückkomme, melde ich mich gleich.«
»München, das ist furchtbar weit.«
»Es ist geschäftlich wichtig für uns. Du kannst mir die Daumen halten, dass es klappt.«
»Ja, Bojo.«
Er gab Gas und ließ Anja am Straßenrand stehen. Sie winkte, ohne zu bemerken, dass er nicht darauf achtete, denn er dachte jetzt nur noch an seinen Vater und dessen Besuch beim Bankdirektor.
»Hat's geklappt?«, fragte Bojo, kaum dass er im China-Restaurant angekommen war und Ernst-Albrecht entdeckt hatte.
»Dreitausend, mehr war nicht herauszuholen und auch die nur kurzfristig«, erklärte der Vater. »Ich habe die Karten offen auf den Tisch gelegt. Als Krüger den Namen Wintersberg hörte, bekam er ein ganz verklärtes Gesicht.«
»Dreitausend in der Hand sind besser als fünftausend gar nicht«, philosophierte Bojo und griff nach der Speisekarte.
♥♥♥
Daisy Wintersberg gehörte zu den von der Natur und vom Schicksal bevorzugten Wesen. Darüber waren sich alle, die sie kannten, einig. Daisy hatte rabenschwarzes Haar, eine samtweiche gebräunte Haut und tiefblaue Augen. Sie war die aparteste Schönheit auf jedem Fest. Dazu war sie die einzige Tochter des schwerreichen Uhrenfabrikanten und Privatbankiers Xaver Wintersberg. Geld spielte für Daisy keine Rolle.
Da Wohltätigkeit bei ihrem Vater großgeschrieben wurde, besuchte dieser mit Frau und Tochter gern Veranstaltungen, die zugunsten notleidender Kinder oder für einen anderen guten Zweck stattfanden.
Der Scheck, den Xaver Wintersberg bei derartigen Gelegenheiten hinterließ, erregte gewöhnlich Aufsehen und garantierte den finanziellen Erfolg des Festes.
Auf dem Flug von Zürich nach München war Daisy schrecklich nervös gewesen. Frau Gritli Wintersberg hatte manchen Blick mit ihrem Mann getauscht. Irgendetwas stimmte nicht mit Daisy.
Sie bezogen ihre Zimmer im »Bayerischen Hof«, und Daisy beschäftigte sofort eine Friseurin, eine Kosmetikerin sowie nebenbei pausenlos die Telefonzentrale des Hotels, weil sie herausfinden wollte, ob Bodo-Joachim von Elmenhorst schon eingetroffen war. Sein Telegramm, das von ihrer Mutter glücklicherweise nicht entdeckt worden war, lag in ihrem Brieffach. Und nun konnte sie es kaum noch erwarten, bis sie seine Stimme hörte, und wenn es auch nur durch das Telefon war.
Die ganze Aufregung wäre nicht nötig gewesen. Denn Bojo war ja eigens wegen Daisy Wintersberg zum Wohltätigkeitsfest nach München gereist und würde alles daransetzen, sie zu sprechen, mit ihr zusammen zu sein, zu tanzen und noch viel mehr als das ...
Daisy kannte Bodo-Joachim seit dem Sommer. Sie waren sich bei einem Tennisturnier begegnet. Bojo hatte sich ständig im Mittelpunkt eines Schwarms schöner Mädchen befunden. Dann war er auf die bildhübsche junge Schweizerin aufmerksam geworden und hatte sie zu einem Glas Limonade eingeladen.
Bodo-Joachim hatte Daisy ein bisschen den Hof gemacht, weil sie ihm gefallen hatte. Später, als er erfahren hatte, dass sie die Tochter eines reichen Vaters war, hatte er ihr mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Seitdem dachte sie unentwegt an ihn.
Daisy, um die sich schon mancher vergeblich bemüht hatte, hatte ihr junges Herz innerhalb eines einzigen sonnigen Nachmittages an Bodo-Joachim von Elmenhorst verloren, dem das nicht verborgen geblieben war.
Seither war die Verbindung zwischen ihnen niemals ganz abgerissen. Bojo, der gewöhnlich nicht viel vom Briefeschreiben hielt, hatte Daisy sogar hin und wieder eine schriftliche Nachricht zukommen lassen.
Die hübsche junge Dame gefiel ihm, und ihre finanzielle Lage gefiel ihm noch besser. Im Laufe des Herbstes war der Entschluss in ihm gereift, sie zu seiner Frau zu machen. Anfangs war ihm bei dieser Vorstellung ein bisschen schwindelig geworden.
Würde Daisys Papili, wie sie ihn zärtlich nannte, sich einverstanden erklären, dass seine einzige Tochter ausgerechnet einen bis über die Ohren verschuldeten deutschen Baron heiratete? Mittlerweile war Bojo seiner Sache schon weit sicherer geworden, denn Daisy war ihm mit ganzer Seele verfallen, und Papili wiederum konnte letzten Endes niemals Nein sagen, wenn sein Liebling einen Wunsch äußerte.
Daisy probierte das neue Abendkleid vor dem Spiegel. Man sah der raffiniert schlichten Robe nicht an, dass sie ein kleines Vermögen gekostet hatte und eigens in Paris für die anspruchsvolle junge Dame angefertigt worden war.
Ihre Mutter kam zu ihr ins Zimmer.
»Goldig schaust du aus, mein Herzblatt. Warte, das Schloss an der Kette ist nicht richtig eingehakt. Du bist immer so leichtfertig mit dem Schmuck.« Es handelte sich um ein Brillantcollier von fast unschätzbarem Wert, und die Besorgnis von Frau Gritli war berechtigt.
Gritli Wintersberg trug ein Kleid aus kostbarem königsblauem Seidensamt und dazu ihren berühmten Saphirschmuck. Sie war noch immer eine schöne Frau.