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Foster träumt davon, die Welt zu sehen, aber nach dem Tod seines Vaters fällt ihm die Verantwortung für die Farm der Familie zu. Bei einem Blick auf die Finanzen entdeckt er fassungslos schwerwiegende Defizite, sodass er nicht nur die tagtäglichen Aufgaben stemmen, sondern auch neue Einnahmequellen generieren muss. Als eine Wanderarbeiterfamilie bei ihm auftaucht, ist er deshalb auch mehr als dankbar für ihre Hilfe. Vor allem Javi, der Sohn der Familie, bringt interessante Ideen ein, die Foster sofort in die Tat umzusetzen versucht. Während die beiden wochenlang zusammenarbeiten, um die Farm wieder auf Vordermann zu bringen, wachsen sie einander immer mehr ans Herz. Doch ihre unterschiedliche Herkunft und ihre Verpflichtungen drohen, sich ihrem Glück in den Weg zu stellen. Werden sie ihren Traum gemeinsam verfolgen können, auch wenn alles dagegen zu sprechen scheint?
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Seitenzahl: 313
Deutsche Erstausgabe (ePub) Juni 2019
Für die Originalausgabe:
© 2016 by Andrew Grey
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
»Planting His Dream«
Originalverlag:
Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2019 by Cursed Verlag
Inh. Julia Schwenk
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,
des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung
durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit
Genehmigung des Verlages.
Bildrechte Umschlagillustration
vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock
Satz & Layout: Cursed Verlag
Covergestaltung: Hannelore Nistor
ISBN-13: 978-3-95823-763-6
Besuchen Sie uns im Internet:
www.cursed-verlag.de
Aus dem Englischen von Tasha N. Brooks
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Klappentext:
Foster träumt davon, die Welt zu sehen, aber nach dem Tod seines Vaters fällt ihm die Verantwortung für die Farm der Familie zu. Bei einem Blick auf die Finanzen entdeckt er fassungslos schwerwiegende Defizite, sodass er nicht nur die tagtäglichen Aufgaben stemmen, sondern auch neue Einnahmequellen generieren muss. Als eine Wanderarbeiterfamilie bei ihm auftaucht, ist er deshalb auch mehr als dankbar für ihre Hilfe. Vor allem Javi, der Sohn der Familie, bringt interessante Ideen ein, die Foster sofort in die Tat umzusetzen versucht. Während die beiden wochenlang zusammenarbeiten, um die Farm wieder auf Vordermann zu bringen, wachsen sie einander immer mehr ans Herz. Doch ihre unterschiedliche Herkunft und ihre Verpflichtungen drohen, sich ihrem Glück in den Weg zu stellen. Werden sie ihren Traum gemeinsam verfolgen können, auch wenn alles dagegen zu sprechen scheint?
Vor einem Jahr
»Foster«, rief Arthur Galyon von der Hintertür des alten Bauernhauses, das Fosters Familie seit Generationen ihr Zuhause nannte. Foster gehörte jedenfalls zur dritten Generation. Aber er war nicht sicher, ob er wirklich Farmer sein wollte, und er würde seine Entscheidung bald treffen müssen.
»Ja, Dad«, rief Foster zurück und hob seinen Blick. Die letzten zehn Minuten hatte er sich in der Hoffnung auf etwas Ruhe hinter dem Traktor im Geräteschuppen versteckt. An ihrem Hof kamen nur sehr wenige Autos vorbei und die einzigen Geräusche stammten von den Tieren auf der Weide und dem Wind, aber verflucht, sein Vater gab ihm nie auch nur zwei Minuten Zeit für sich selbst.
Er legte seine Ausgabe von Left Hand of Darkness auf das Regal und ging anschließend nach draußen, wobei er seine Hand an einem Lappen abwischte, damit sein Vater annahm, dass er gearbeitet hatte.
»Wir müssen Mais für die Herde holen. Nimm den Truck, hol eine Ladung und bring sie auf die Weide, um das Gras für die Kühe anzureichern.« Er wandte sich ab, um zurück ins Haus zu gehen.
»Und was machst du?«, fragte Foster. Ja, sein Vater würde es hassen, aber Foster hatte eine Antwort verdient. Er erledigte eine Menge Arbeit auf dem Hof.
»Was?«, fragte sein Vater.
Foster ging zu seinem Vater hinüber. »Ich leiste hier sehr viel, und das weißt du auch.« Er stemmte die Hände in die Hüfte. Das war schon seit längerer Zeit überfällig und er entschied spontan, dass es Zeit war, für sich selbst einzustehen. »Ich bin kein Kind und ich erledige mehr als meinen Anteil an Arbeit. Habe ich schon immer, und das weißt du. Wenn du also etwas von mir willst, bitte mich darum und blaff mich nicht so an.«
»Solange deine Füße unter meinem Tisch –«, begann sein Vater und Foster trat näher, durchbohrte die blauen Augen seines Vaters, die seinen eigenen so ähnlich waren, mit Blicken.
»Sag es gar nicht erst«, unterbrach Foster ihn. »Ich habe andere Möglichkeiten, als auf diesem Hof zu bleiben. Du musst entscheiden, welche Art von Beziehung wir haben werden und ob du mich als Partner auf dem Hof willst oder nicht. Ich frage noch einmal: Was sind deine Pläne für den Nachmittag?« Sein Vater hatte den Hof und die Familie schon immer mit mehr Kontrolle beherrscht, als Foster für nötig hielt.
»Wenn du denkst, dass du mir ein Ultimatum stellen kannst, um dich vor der Arbeit zu drücken...«
»Wann habe ich mich jemals vor der Arbeit gedrückt? Ich bin zur Schule gegangen und habe es trotzdem geschafft, meine Aufgaben zu erledigen, sogar während ich nach Muskegon gefahren bin, um zum Community College zu gehen. Hat sich irgendetwas geändert? Wurden meine Aufgaben erledigt?«, sagte er herausfordernd. »Du weißt genau, dass es nie Probleme gab.«
»Was willst du?«, fragte sein Vater misstrauisch.
»Ich will, dass du aufhörst, dich wie ein Arsch zu benehmen«, sagte Foster nüchtern. »Ich möchte, dass du mich wie einen Erwachsenen behandelst, der Entscheidungen treffen kann und dem nicht jede verdammte Aufgabe erklärt werden muss. Und verdammt, hör auf, dich wie ein Feldwebel vom Milchbauernhof zu benehmen. Du bist nicht beim Militär, seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr. Und nur, dass du es weißt, ich bin nicht irgendein Soldat, den du runterputzen kannst. Ich bin dein Sohn.«
Foster hielt dem Blick seines Vaters stand und wartete seine Reaktion ab. Er nahm an, dass es zwei Möglichkeiten gab. Die wahrscheinlichste war, dass sein Vater schreien, ihn bedrohen und dann seine Autorität spielen lassen würde, was mit seinem Füße-unter-meinem-Tisch-Mist enden würde. Foster hatte das alles schon einmal gehört. Die andere war, dass er einfach hineingehen, ignorieren, was Foster gesagt hatte, und so tun würde, als hätte er die Worte nie gehört. Arthur Galyon änderte sich für nichts und niemanden. Alles wurde auf seine Art gemacht, keine Diskussion.
»Also gut«, sagte sein Vater. Foster blinzelte zweimal. Er war nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. »Ich werde in mein Büro gehen, weil ich den bevorstehenden Verkauf der Spargelernte abschließen muss. Ab morgen kommt eine Familie, die bei der Ernte helfen wird, und ich muss die Lieferung vorbereiten und sichergehen, dass der Käufer weiß, dass das Gemüse kommt. So können wir schneller bezahlt werden.«
»Alles klar. Willst du, dass ich die Ernte dieses Jahr anweise, oder wirst du es tun?«
Sein Vater zögerte. »Mach du das. Deine Mutter und ich werden uns um das Morgenmelken kümmern.«
»Klingt gut.« Foster wandte sich ab und stieg in den Truck, bevor er sich auf den Weg zum letzten Silo machte. Sie pflanzten eine große Menge Mais an, den sie in Silos lagerten, um die Milchkühe durch den Winter zu bringen. Die Silos waren inzwischen beinahe leer und die Reste befanden sich seit dem letzten Herbst am Boden des Lagers. Er würde es herausheben und auf die Ladefläche des Trucks befördern müssen. Er würde nur eine einzige Ladung brauchen. Jetzt, da das Gras wieder anfing zu wachsen, würden sie das Silofutter nur als Ergänzung nutzen, um die Ernährung der Herde etwas konsistenter zu halten.
Er fuhr den Truck rückwärts an das Silo heran, zog die Tür auf und lud das Futter mit einer Mistgabel auf die Ladefläche. Der Mais roch süßlich und ein wenig vergoren. Er liebte diesen Geruch. Es war einer der ersten Eindrücke, der sich in seine Erinnerung eingegraben hatte, und er wusste, dass dieser Duft ihn für immer an zu Hause erinnern würde, egal, was passierte. Als er den strapazierfähigen Ford-Tieflader komplett gefüllt hatte, hatte er zu schwitzen begonnen.
Sobald er fertig war, drehte er um und wurde von seinem Vater überrascht, der ihn am Tor erwartete. Er öffnete es und Foster fuhr hindurch, ohne anzuhalten. Er fuhr einen großen Bogen am Rande des Feldes entlang, wobei er immer mal wieder ausstieg, um etwas Futter auf den Boden zu schaufeln. Er hielt etwa ein halbes Dutzend Mal an, damit die Herde sich nicht an einer Stelle sammeln würde. Sobald er fertig war, verließ er die Weide und parkte den Truck an seinem üblichen Platz.
Er stieg aus und ging zur Seite des Hauses, wo seine Mutter ihren Garten hatte. Gemeinsam mit der Mutter seines Vaters kümmerte sie sich um die Tomatenpflanzen und Erdbeeren und sorgte dafür, dass die Beete unkrautfrei blieben. Es war eine nie endende Arbeit.
»Ich hoffe, es wird regnen«, sagte seine Mutter und blickte zum Himmel.
»Ich werde einen der Impulsregner aufstellen, wenn ihr fertig seid. Ich hoffe, dass es morgen regnet, aber die Pflanzen sind zu empfindlich, um zu warten.«
»Danke«, rief seine Großmutter aus dem Erdbeerfeld, das sie von Unkraut befreite. Foster ging zu ihr hinüber und küsste sie auf die ledrige Wange. Seine Großmutter hatte ihr ganzes Leben auf Bauernhöfen verbracht und man sah es ihrer Haut an. Jahrelange Sonneneinstrahlung hatte ihren Tribut gefordert, aber sie war kerngesund und ließ sich von nichts aufhalten.
»Werden wir dieses Jahr eine gute Ernte haben?«, fragte er.
»Ich glaube schon.« Sie stöhnte, als sie aufstand. »Können wir das Beet vergrößern? Ich habe viele Ableger, die wir einpflanzen können, um den Platz zu füllen.«
»Ich werde gleich die Ackerfräse holen und wir können es anlegen, sobald die Sonne nicht mehr ganz so brennt. Dann kannst du so viele Ableger setzen, wie du möchtest.«
»Was werden wir mit den zusätzlichen Beeren machen?«, fragte seine Mutter. »Wir haben bereits genug Marmelade und Vorräte.«
»Mrs. Ruskin hat mich letzte Woche angerufen. Sie hat gesagt, dass sie und Mr. Ruskin jetzt allein sind. Sie hat ihre zweite Kühltruhe ausgeräumt und gefragt, ob ich sie wollte. Ich habe ihr geholfen, sie aus ihrem Haus zu holen, und sie funktioniert, also habe ich sie gestern in den Geräteschuppen gestellt. Dad und ich können sie in den Keller tragen und dann können du und Grandma sie mit so vielen Beeren füllen, wie ihr wollt. Sie hat sie vor vier Jahren bei Sears gekauft – das weiß ich, weil ich ihr beim Transportieren geholfen habe. Sie ist also in Ordnung.«
Damit war die Diskussion beendet und zauberte ein Lächeln auf die Gesichter der Frauen. Dad würde vermutlich einen Wutanfall wegen der Stromrechnung bekommen, weil er so etwas eben tat, aber Foster wusste, dass sie die Winter mit allem überstanden, was sie in ihrem eigenen Garten anpflanzen und aufbewahren konnten.
Er holte die Ackerfräse und begann, den Boden an der Seite des Erdbeerfeldes umzugraben. Das Gras an der Stelle war recht gut, aber es war neben dem Haus und es gab genug Platz, um das Beet zu vergrößern.
Die Benutzung der Maschine ähnelte einem Ritt auf einem ungesattelten Wildpferd. Sie buckelte und schüttelte sich und versuchte manchmal ihm durchzugehen. Foster legte vier Reihen an und beackerte das Gebiet ein zweites Mal, bevor er die Ackerfräse wegräumte. Als er zurückkehrte, hatte seine Großmutter bereits begonnen, Erdklumpen des Rasens an den Rand des Beetes zu werfen, und summte dabei vor sich hin.
»Sie liebt diese Beeren«, sagte seine Mutter nachsichtig. Foster konnte es ihr nicht verdenken. Die alten Erdbeerpflanzen bedeuteten seiner Großmutter sehr viel. Sie hatte die ersten Pflanzen mit auf den Hof gebracht, als sie mit Grandpa nach ihrer Hochzeit hergezogen war. Sie waren eine alte Kultursorte und die besten Erdbeeren, die es gab. Im Gegensatz zu denen in Geschäften waren diese nicht groß, aber sie waren saftig und voller Geschmack. Foster holte einen Rechen und half seiner Großmutter, indem er an einem Ende des Beetes mit der Arbeit begann, damit sie die Pflanzen einsetzen konnte.
In Michigan waren die Tage im Juni glücklicherweise lang, denn es gab immer mehr Arbeit, als irgendjemand erledigen konnte. Er war gerade mit dem Rechen fertig geworden und seine Arme schmerzten, als ein alter Van in die Auffahrt bog. Ein Mann, eine Frau und drei Jugendliche im Alter zwischen etwa dreizehn und achtzehn stiegen aus. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Foster. Er lehnte seinen Rechen an einen Zaun in der Nähe und ging zu ihnen hinüber.
»Wir sind die Ramos. Wir hatten uns wegen Ihrer Spargelernte erkundigt. Ich bin Carlos. Das ist meine Frau Maria und meine Kinder, Ricky, Daniela und mein Ältester, Javi.«
»Schön, Sie kennenzulernen.« Er streckte seine Hand aus. »Ich bin Foster. Mein Vater hat mir gesagt, dass Sie morgen anfangen würden.« Er warf einen Blick auf den Van und fragte sich, ob sie planten, darin zu übernachten, sagte jedoch nichts. Er hatte gelernt, dass es Momente gab, in denen es besser war, unwissend zu bleiben. Sie brauchten Arbeit und seine Familie brauchte jemanden, der die Ernte einholte.
Sein Vater kam aus dem Haus und gesellte sich zu ihnen, um die Details der Arbeit und die Bezahlung zu besprechen. Sie schienen einverstanden zu sein. »Wir haben einen Stromanschluss und Wasser in der Nähe des Feldes, wenn Sie ihn gern benutzen würden.«
»Das wissen wir sehr zu schätzen.« Das bestätigte Fosters Vermutung.
»Mein Sohn kann Sie hinbringen und es Ihnen zeigen. Er wird die Ernte anleiten, wenn es also irgendwelche Fragen gibt, können Sie mit ihm sprechen.« Arthur ging wieder hinein und Foster erklärte, wohin sie fahren würden. Dann stieg er in den Truck und führte die Ramos die Auffahrt hinab und etwa eine Meile die Straße entlang bis zum Rand des Spargelfeldes. Er bog von der asphaltierten Straße auf einen Feldweg und hielt an der hinteren Ecke des Feldes in der Nähe der Bäume.
»Strom gibt es am Mast und Wasser im Schuppen.« Foster schloss die Tür auf, damit sie Zugang dazu hatten. »Es gibt auch eine Feuerstelle, die Sie benutzen können, und die Bäume am Rand des Waldes gehören zu unserem Land, Sie können also so viel Holz sammeln, wie Sie möchten.« Das war das erste Mal, dass er die Ernte so anleitete. Er wusste, was es hier gab, aber die tatsächlichen spartanischen Lebensumstände der Menschen, die für seine Familie arbeiten würden, waren ihm nie so bewusst gewesen.
»Das ist großartig. Danke«, sagte Carlos.
Alle Familienmitglieder schienen ihre Aufgabe zu haben und wussten, was sie tun mussten. Die jüngeren Kinder holten ein Vordach aus dem Van, banden es an einer Seite fest und stellten es auf. Carlos und Javi schlossen den Strom an und Maria stellte draußen Tische und Stühle auf. Das alles dauerte nur wenige Minuten.
»Wann fangen wir an?«, fragte Javi.
»Ich werde um sieben mit dem Traktor hier sein.« Sie hatten einen Anhänger für den Traktor, der mit Fließbändern und verstellbaren Plattformen ausgestattet war, die es den Arbeitern erlaubten, auf dem Bauch zu liegen. Der Traktor bewegte sich langsam vorwärts und wenn der Spargel geschnitten wurde, wurde er auf das Fließband gelegt, das ihn in eine Wanne in der Mitte beförderte. Durch dieses System mussten sich die Arbeiter nicht tagelang krümmen.
»Ist das das einzige Feld?«, fragte Javi.
»Nein. Das ist eins von drei. Wir werden jedes Feld in zwei Runden abernten und mit diesem anfangen. Pro Feld werden wir jeweils einen Tag brauchen.«
Javi nickte und sah zum Feld hinüber, auf dem die Enden der Pflanzen aus dem Boden hervorschauten. »Also dauert es nur sechs Tage.«
»Zwei Wochen. Wir ernten drei Tage lang und dann müssen wir auf mehr Triebe warten, also warten wir drei oder vier Tage ab und ernten dann ein zweites Mal.« Er nahm sich vor zu fragen, was die Erntehelfer in der Zwischenzeit taten. Er wusste, dass es ohne Arbeit keine Bezahlung gab.
»Ich verstehe.« Javi sah ihn nicht an. »Also werden wir zwei Wochen hier sein.« Er schüttelte den Kopf und drehte sich dann wieder zu dem Van, der das Zuhause seiner Familie war. Javis Augen waren dunkel wie die Nacht und doppelt so tief, seine Haut war so warm wie die Sonne, die auf Fosters Rücken schien. Er war groß, aber nicht zu groß, und breit; stark, aber nicht bullig wie Foster – ein Körper, der das Ergebnis harter Arbeit war.
Javi war gut aussehend, vielleicht mehr als das. Foster wusste, dass er nicht auf diese Weise über einen der Arbeiter auf dem Hof denken sollte, aber seine Gedanken schweiften ein wenig ab und er musste sich zusammenreißen, damit er sich nicht länger fragte, was sich unter Javis Jeans und seinem Flanellhemd verbarg. »Ich sollte mich auf den Weg zurück zur Farm machen. Hast du ein Handy?«
Javi drehte sich mit stürmischem Blick zu ihm zurück.
»Ich gebe dir meine Nummer, dann könnt ihr anrufen, falls ihr etwas braucht«, fügte Foster eilig hinzu, damit Javi nicht glaubte, dass er ihn beleidigen wollte. Foster diktierte Javi die Nummer und er schrieb sie auf. Dann wandte sich Foster ab und verabschiedete sich vom Rest der Familie, bevor er in seinen Truck stieg. Er fuhr nach Hause und kam gerade rechtzeitig, um seinem Vater beim abendlichen Melken zu helfen.
Als er das Melken erledigt und den Sprinkler im Gemüsegarten aufgebaut hatte, war es dunkel geworden, also ging er hinein, wusch sich und setzte sich an den Tisch. Seine Mutter brachte ihm einen Teller und Foster stürzte sich beherzt auf das Essen. Er war immer hungrig, sobald Essen in seinen Magen gelangte. Nach jahrelanger harter Arbeit vom Sonnenauf- bis zum Sonnenuntergang erwachte sein Magen zum Leben, wann immer er ihn ließ. Normalerweise nahm er sich sein Essen mit zum Arbeiten.
»Danke für das größere Erdbeerbeet«, sagte seine Großmutter, als sie in die Küche kam und sich neben ihn setzte.
»Hast du gegessen?«, fragte er.
»Ja.« Sie nahm eine Tasse von seiner Mutter entgegen. Sie wartete, bis Fosters Mutter die Küche verlassen hatte, beugte sich vor und begann zu sprechen. »Ich habe gehört, dass du und dein Vater... eine Diskussion hattet.«
»Manchmal hast du eine interessante Wortwahl.«
»Dein Vater will das Beste für die Farm.«
»Ja. Aber er ist manchmal ein Tyrann und wenn er meine Hilfe will, muss er sie zu schätzen wissen. Du hast mir gesagt, dass ich als Erwachsener die Zügel übernehmen sollte, also habe ich das getan.«
Seine Großmutter nickte.
»Er muss es erkennen«, sagte Foster. »Ich verlange nichts, was ich nicht wert bin.«
»Ich weiß. Dein Vater kommt nach seinem Vater. Ich habe deinen Großvater geliebt, aber er hat sowohl die Farm als auch deinen Vater geführt.«
»Aber ich bin nicht er und ich versuche zu entscheiden, was ich mit meinem Leben tun will. Ich weiß, dass Dad und Mom wollen, dass ich bleibe und die Farm übernehme. Das habt ihr mir alle gesagt, seit ich laufen konnte. Aber ich muss das selbst entscheiden.« Foster beendete sein Abendessen und brachte den Teller zur Spüle. Seine Eltern waren im Wohnzimmer und ruhten sich aus. »Ich gehe nach draußen. Ich muss den Sprinkler ausschalten.«
Seine Großmutter nickte und ging zum Spülbecken, um sich um den Abwasch zu kümmern. Foster wusste, dass sie nicht ins Bett gehen würde, bevor die Küche nicht sauber war.
Draußen schaltete er den Sprinkler ab und ging dann zum Feld, an dessen Seite sich die Herde entlangbewegte. Sie stampften und muhten in der Dunkelheit.
Irgendjemand war da draußen, hinter ihm. Er hörte Schritte und fühlte die Präsenz der anderen Person. Auf dem Land regierte nachts die Dunkelheit und nur das Flutlicht an der Melkscheune spendete etwas Helligkeit. »Kann ich Ihnen helfen?« Er wandte sich um, um zum Haus zurückzugehen.
»Foster?«, sagte eine zögerliche Stimme und dann trat Javi aus der Dunkelheit heraus.
»Was tust du hier?«, fragte Foster und näherte sich vorsichtig.
»Ich war spazieren und habe mich verlaufen. Ich dachte, ich wäre umgekehrt, um zurückzugehen, aber ich habe etwas verwechselt. Als ich die Lichter gesehen habe, dachte ich, ich frage lieber, wie ich zurückkomme.«
Foster entspannte sich. »Komm. Ich bring dich. Ich wette, deine Eltern machen sich Sorgen.«
»Nicht wirklich. Wenn es die beiden Jüngeren wären, ja, aber an mich würden sie nur denken, wenn ich nicht zur Arbeit auftauchen würde.« Die Resignation in Javis Stimme weckte in Foster die Frage, was für ein Leben Javi führte. Foster zog die Tür des Trucks auf und wartete, dass Javi einstieg. Sobald die Türen geschlossen waren, ließ Foster den Motor an.
»Seid ihr viel unterwegs?«, fragte Foster. Es war mehr der Versuch, das Schweigen zu brechen, als alles andere.
»Ja. Wir waren vor ein paar Wochen in Ohio und haben hier in der Gegend noch mehr Arbeit in Aussicht. Hoffentlich. Später im Sommer werden wir dann wieder Richtung Süden fahren. Spargel, Bohnen, Kirschen, Blaubeeren, Äpfel, Salat. Wir ernten alles.«
Foster sah zu seinem Beifahrer hinüber, während er auf die Straße bog. Er erwartete, dass Javi darauf achtete, wohin sie fuhren, aber sein Blick war direkt auf ihn gerichtet, heiß und intensiv. Javi wandte sich schnell ab. »Immerhin seht ihr viel vom Land.« Foster musste etwas sagen, auch wenn es albern klang.
»Ich sehe nichts außer Feldern und dem Van, in dem wir leben.« Die Sehnsucht in Javis Stimme sorgte dafür, dass Foster ein wenig auf die Bremse trat, ohne nachzudenken. Verdammt, er wollte, dass sein Vater ihn besser behandelte, aber immerhin hatte er Wahlmöglichkeiten in seinem Leben. Er konnte sehen, dass Javi sehr wenige hatte.
Foster näherte sich dem Feld. Am Rand war das schwache Licht des Vans zu sehen. Er hielt an, öffnete seine Tür jedoch nicht. Es gab so viele Dinge, die er fragen wollte, aber er wusste nicht, wo er anfangen sollte.
»Danke«, sagte Javi und dann berührte er zu Fosters Überraschung seine Hand. Nicht länger als ein paar Sekunden, aber lang genug, um kribbelnde Hitze durch seinen Körper zu senden. Er hatte nie verstanden, wie eine einfache Berührung seinen Körper auf eine so gute Art in Brand setzen konnte. Beinahe bevor er darüber nachdenken konnte, war die Berührung wieder verschwunden und Javi öffnete seine Tür. Foster wollte fragen, was gerade passiert war, aber es schien zu spät zu sein und was, wenn er es sich eingebildet hatte? Besser, er behielt es für sich.
»Wir sehen uns morgen«, sagte Foster und Javi nickte, bevor er die Tür schloss. Foster wartete, bis Javi in der Dunkelheit verschwand, bevor er umdrehte und nach Hause fuhr.
Ein Jahr – die Welt konnte sich innerhalb eines Jahres ganz schön verändern. Zumindest Fosters Perspektive hatte sich definitiv verändert, nachdem er zwei Wochen in Javis Gegenwart verbracht hatte. Er hatte nichts anderes getan, als ihn zu beobachten, aber das war genug gewesen, um seine Fantasie noch Monate, nachdem der umwerfende junge Mann und seine Familie zu ihrem nächsten Job weitergezogen waren, zu befeuern.
Nicht, dass irgendetwas davon jetzt noch eine Rolle spielte. Javi kennenzulernen hatte in Foster eine Selbsterkenntnis geweckt, aber all das war nebensächlich geworden. Es war jetzt nicht wichtig, so wenig war jetzt wichtig. Die Möglichkeiten, die Foster sich erhofft hatte, hatten sich jetzt ebenfalls alle geändert.
»Foster, komm rein«, sagte seine Großmutter sanft von der Küchentür aus.
»Ich muss mich um die Kühe kümmern«, sagte er, obwohl es noch zu früh war, sie zu melken. Er brauchte etwas, um sich von der Schwere abzulenken, die sich in den letzten drei Tagen auf seine Schultern gelegt hatte, als würden seine Hemden aus Blei bestehen.
»Ich werde mich darum kümmern, Foster«, sagte Mr. Armitage sanft. Er hatte eine Milchfarm ein paar Kilometer entfernt und war ein guter Freund seines Vaters gewesen. »Geh rein und sprich mit den Gästen. Deine Mom und deine Großmutter brauchen dich jetzt.« Er legte seine Hand auf Fosters Schulter. »Mach dir keine Sorgen um die Dinge hier draußen.«
Aber genau das war es. Hier draußen war alles vertraut und die Dinge hatten sich nicht verändert. Im Haus war jedoch alles anders. Aber er nickte und wandte sich ab. »Danke.« Es würde noch viele Gelegenheiten geben, um die Kühe zu melken. Das zweimalige Melken jeden Tag breitete sich vor ihm aus wie eine Straße, die mitten durch den Rest seines Lebens führte.
Er zog die Hintertür auf und ging in die Küche. Das Haus war voller Menschen, die sich mit gedämpften Stimmen unterhielten. Seine Mutter saß auf dem Sofa, dem Ort, an dem alle der Zurückgebliebenen ihr Beileid aussprachen, und sprach leise mit einem alten Freund der Familie nach dem anderen. Er machte sich auf die Suche nach seiner Großmutter und fand sie an der Spüle.
»Grandma, was...?«, sagte er leise.
»Das hilft mir zu glauben, die Dinge wären normal«, flüsterte sie. »Geh da rein und sprich mit den Leuten. Sie haben nach dir gefragt, und ob du es glaubst oder nicht, sie sind hier, um zu helfen.«
»Dad ist trotzdem tot, und es ist egal, was da drin passiert. Er wird immer noch weg sein.«
»Ja, das wird er, und ich werde einen Sohn und du einen Vater verloren haben. Aber es hilft, darüber zu sprechen und Geschichten miteinander zu teilen. Es ist ein Teil des Trauerprozesses.« Ihre Unterlippe zitterte. Foster nahm sie in die Arme und ließ sie an seiner Schulter weinen. Tränen stiegen ihm in die Augen, aber sie trockneten schnell wieder. Er würde nicht heulen. Er war jetzt der Mann der Familie, der dafür sorgen musste, dass es seiner Mutter und seiner Großmutter gut ging.
Als sich die Arme seiner Großmutter um seine Taille schlangen, stand er still und ließ zu, dass sie sich den Trost nahm, den sie brauchte. Foster war nicht bereit für Trost. Seine Gedanken drehten sich einzig und allein darum, dass er nicht bereit für die Verantwortung war, die vor seinen Füßen gelandet war. Aber sie war dennoch da und er musste sie übernehmen und damit leben. »Alles wird gut, Grandma.«
»Eine Mutter sollte ihre Kinder niemals überleben. Es tut viel zu sehr weh«, sagte sie und Foster konnte nur zustimmend nicken.
»Katie«, sagte seine Mutter vom Sofa und Foster führte seine Großmutter hinüber und half ihr, sich hinzusetzen. Er trat zurück und bevor er wusste, wie ihm geschah, war er umringt von einigen alten Freunden seines Vaters und wurde in eine Unterhaltung verwickelt.
»Die Maispreise sollen wieder steigen«, sagte Greg Sharpton. »Das wird verdammt schmerzhaft, wenn wir Futter kaufen müssen, und wenn der Milchpreis weiter sinkt, gehen wir alle pleite.« Er war Mitte vierzig und immer, wenn Foster ihn sah, verbreitete er Untergangsszenarien.
»Niemand kann die Zukunft vorhersagen«, sagte Mark Hansen, der Jüngste der Gruppe.
»Du hast leicht reden – du pflanzt deinen eigenen Mais an.« Sharpton wandte sich an Foster. »Du auch.«
»Greg, wir sind nicht hier, um über die todgeweihte Landwirtschaft zu sprechen«, fügte der älteste Mann der Gruppe, John Dulles, hinzu. »Ja, die Dinge sind gerade eine Herausforderung. Wir können nicht so weitermachen wie bisher und erwarten, dass das schon ausreicht.«
»Was meinst du?«, fragte Sharpton.
»Abwechslung. Das braucht ihr«, sagte Mr. Dulles. Er war in seinen Sechzigern und hatte ein erfolgreiches Leben gehabt. Wie er es geschafft hatte, blieb ein Geheimnis, und Mr. Dulles sagte nur selten etwas über seine Finanzen und sein Geschäft. »Ich habe vor Jahren einen Plan gemacht und er hat Früchte getragen.« Er entfernte sich und die anderen setzten ihre Unterhaltung fort. Foster war nicht wirklich interessiert, also ging er ebenfalls davon.
Er sah nach seiner Mutter und seiner Großmutter, die sich unterhielten und in Ordnung zu sein schienen.
Mrs. Dulles saß bei ihnen und hatte ihnen Teller vom Trauerbüffet gebracht, das so voll war, dass der Esszimmertisch beinahe unter seinem Gewicht stöhnte.
»Ich dachte mir, du könntest das gebrauchen«, sagte Mr. Dulles und drückte ihm eine Kaffeetasse in die Hand. Foster sah in die Tasse und war nie in seinem Leben so dankbar gewesen, Bier zu sehen. »Hast du schon Pläne gemacht?«
Foster schüttelte den Kopf. Er hatte keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken.
»Das ist in Ordnung. Das kommt noch.« Er führte Foster an den Rand des Zimmers. »Du wirst dich vor Leuten kaum retten können, die dir einen Rat geben oder helfen wollen, indem sie dir den Hof abnehmen. Es wird sogar so aussehen, als würden sie dir eine Menge Geld anbieten.« Mr. Dulles nippte an seiner Tasse und Foster fragte sich, ob sie ebenfalls Bier enthielt. »Tu es nicht. Das Land, das du besitzt, ist eine Menge wert. Diese Felder gehören zu den besten des Landes und die Spargelfelder sind unbezahlbar. Niemand hat etwas, das dem auch nur nahekommt, und wenn sie anfangen würden, Spargel anzubauen, würde es Jahre dauern, bis irgendetwas erntereif wäre.«
»Aber was mache ich?«
»Verschaff dir einen Überblick über alles, was du hast, sowohl die positiven, als auch die negativen Dinge. Sieh dir deine finanzielle Situation an und dann solltest du dein Geschäft ausweiten. Sharpton wird sagen, dass Landwirtschaft eine Kunst ist, aber er redet nur Unsinn. Hansen wird dir sagen, dass es eine Wissenschaft ist und dass du Wettermuster und solchen Mist beobachten solltest. Aber Landwirtschaft ist ein Geschäft und du solltest deinen Hof wie ein Unternehmen führen. Geldfluss, Buchhaltung, all das. Du hast Produkte, die du verkaufen willst, und du musst das Beste daraus machen. Manche Leute, wie ich, gehen aufs Ganze und produzieren große Mengen. Ich habe Qualitätsprodukte, die mich pro Einheit nur wenig kosten, und ich verlange einen guten Preis für meine Hühner, genauso wie für die Eier.« Er sah sich um. »Wir verkaufen auch auf ein paar Bauernmärkten. Die Leute kommen jede Woche, um zu kaufen, was wir haben, und sie bezahlen den Ladenpreis. Unterschätz nicht, wie sehr das deinen Arsch retten kann.«
»Ich kann Milch nicht zum Markt bringen«, sagte Foster.
»Nein. Aber du kannst andere Dinge verkaufen, die dir Bares einbringen. Du solltest den Hof in erster Linie als Unternehmen sehen und deine Entscheidungen so treffen.« Er sah zu der Gruppe von Männern hinüber, die noch immer in ihre Unterhaltung vertieft waren. »Ich kann dir nicht sagen, was du tun solltest, aber wenn du später einen Rat brauchst oder einfach nur reden willst, werde ich definitiv zuhören.«
Mr. Armitage kam herüber und nickte Foster zu, bevor er sich zu ihrer kleinen Gruppe gesellte. »Der Herde geht es gut und im Stall ist alles bereit fürs Melken heute Abend. Die Molkerei war da und ich habe das Testen und Verladen der Milch beaufsichtigt. Sie kommen morgen natürlich wieder.«
»Danke.« Foster war im Moment definitiv mehr als nur ein wenig neben der Spur. Er nippte an seiner Tasse. Das Hopfengebräu stärkte ihn und half ihm, die Augen zu öffnen.
»Wenn du was brauchst, lass es mich wissen. Der Hof ist groß, wenn man ihn allein führen will«, sagte Mr. Armitage.
»Ich weiß den Rat und das Angebot zu schätzen«, sagte Foster. »Ich habe schon eine Weile einen Großteil der Arbeit erledigt.« Er trank einen weiteren Schluck. »Dad hat es in den letzten Monaten viel ruhiger angehen lassen. Ich dachte, dass er einfach älter wurde und mir die Leitung überlassen wollte.« Er schluckte. »Jetzt wissen wir, dass es sein Herz war.« Dieser verdammte Dummkopf hatte Ärzte gehasst und war nie zu einem gegangen, obwohl seine Mutter ihn oft darum gebeten hatte.
»Nun, wir sind alle für dich da«, sagte Mr. Armitage und schüttelte Fosters Hand, bevor er seine Frau einsammelte und sich von Fosters Mutter und seiner Großmutter verabschiedete.
»Farmer helfen einander, aber niemand wird dein Land für dich bewirtschaften«, sagte Mr. Dulles. »Und du weißt so gut wie ich, dass Frank Armitage ein Auge auf diese Farm wirft, seit dein Vater sich geweigert hat, an seinen Vater zu verkaufen, als dein Großvater verstorben ist. In diesem Raum gibt es eine Menge an Geschichte – manche gut, manche nicht. Verstehst du?«
»Ja. Was ist mit Ihnen? Wollen Sie die Farm ebenfalls?«
»Nein. Ich habe mein eigenes Geschäft. Und ja, ich würde deinen Hof kaufen und den Großteil zu Feldern machen, auf denen ich Futter anpflanzen kann. Das brauche ich, aber das ist nicht der beste Nutzen für dieses Land. Deshalb interessiere ich mich nicht so sehr dafür wie andere.« Er klopfte Foster auf die Schulter. »Mach dir keine Sorgen darum. Kümmer du dich darum, dein Geschäft so zu führen, wie es geführt werden muss. Du bist jung, aber du kannst auf eine Menge Erfahrung deiner Mutter und deiner Großmutter zurückgreifen.« Er lächelte schwach. »Ich werde mir noch ein Stück von diesem Schokoladenkuchen holen, bevor er aufgegessen ist.«
Foster dankte ihm und blieb allein zurück, als Mr. Dulles zum Büffet ging. Er trank den Rest seines Biers und dachte darüber nach, nach etwas anderem zu suchen, das seine Anspannung lindern würde.
»Foster«, rief seine Mutter leise und er ging zu ihr hinüber. »Ich habe vergessen, dir zu sagen, dass diese Leute in zwei Wochen kommen, die letztes Jahr für uns geerntet haben. Dein Vater muss das organisiert haben.«
»Ich werde mich darum kümmern.« Er tätschelte ihre Hand. Er musste noch die ganzen Notizen seines Vaters durchgehen, um herauszufinden, wofür er Vorkehrungen getroffen hatte und was noch zu erledigen war, und das war ein weiterer Punkt, den er seiner Liste hinzufügen musste. Aber zuerst musste er den Rest dieses Tages überstehen.
Eine Stunde später hatte Foster die letzten Gäste verabschiedet. Seine Mutter und seine Großmutter sahen aus, als würden sie gleich umkippen. »Danke für all Ihre Hilfe, Mrs. Dulles.« Sie hatte den letzten Rest des mitgebrachten Essens aufgeräumt und sich dann verabschiedet.
Endlich. Foster streifte seine Krawatte ab und lockerte seinen Kragen. »Ich gehe mich oben umziehen und kümmere mich dann um das Melken.«
»Ich werde dir helfen.«
»Nein, Mom. Geh und leg die Füße hoch, ruh dich aus. Die letzten drei Tage waren viel zu hektisch.«
»Es gibt zu viel zu tun.«
»Aber wir müssen nicht alles heute erledigen.« Foster umarmte sie und ging dann in sein Zimmer hinauf. Er zog sich Jeans und ein dünnes, langärmliges Shirt an.
Dann ging er nach draußen und ließ die erste Gruppe aus Kühen in den Stall. Sie gingen direkt in ihre Boxen und Foster säuberte ihre Euter und legte die Melkmaschinen an. Angetrieben von Druckluft erledigten die Maschinen die zeitintensive Arbeit, die Milch floss direkt durch die Rohre in eine Auffangwanne.
Seine Aufgabe war es, die Melkmaschinen in Bewegung zu halten. Er hatte eine begrenzte Anzahl, daher wechselte er sie etwa alle fünf Minuten, bis alle Kühe fertig gemolken waren. Dann brachte er sie nach draußen, entfernte den unvermeidbaren Mist mit einer Schaufel und einem Schlauch, bevor er die nächste Gruppe hereinholte. Der ganze Prozess dauerte etwa zwei Stunden und als er endlich zurück ins Haus ging, war er erschöpft.
»Geh hoch ins Bett«, sagte seine Mutter, aber Foster betrat stattdessen das Büro seines Vaters, um zu versuchen, seine Aufzeichnungen zu verstehen und mehr über die finanzielle Lage des Hofes herauszufinden.
Die Aufzeichnungen zu den Tieren waren leicht zu finden. Sein Vater bewahrte detaillierte Nachweise aller Injektionen und Behandlungen sowie Informationen über die Abstammungslinien auf. Die finanziellen Unterlagen waren ein anderes Thema. Er musste tiefer graben, um zu finden, was er suchte. Während seiner Suche fand er die Police einer Lebensversicherung, von der er sehr hoffte, dass sie noch bezahlt war. Er legte das Dokument auf den Stapel der Dinge, über die er mit seiner Mutter sprechen musste.
Schließlich fand er die Kontoauszüge. Es war erschreckend. Sie hatten Geld auf der Bank – nicht viel, aber ein wenig. Vermutlich genug, um sie durch den Herbst zu bringen. Aber es waren die Schulden, die ihn schockierten. Sein Vater hatte eine Hypothek auf den Hof aufgenommen, was ihn nicht überraschte, aber alles andere schon. Er fand sogar Kreditkartenschulden.
Als er den Punkt erreichte, an dem er nicht länger wach bleiben konnte, hatte er eine sehr gute Vorstellung davon, wie düster ihre gesamte finanzielle Situation – nicht nur die des Hofes, sondern die seiner Familie – wirklich war. Was ihm eine höllische Angst machte, war die Tatsache, dass das nur der Teil war, von dem er wusste. Es musste noch mehr geben, das er noch nicht gefunden hatte.
Besorgt und ängstlich, aber zu müde, um einen klaren Gedanken zu fassen, ging Foster nach oben und legte sich ins Bett. Morgen würde alles noch immer da sein und er würde herausfinden müssen, wie er all die Schulden abbezahlen sollte.
Die nächsten paar Wochen machten die Dinge nicht einfacher.
»Mom«, sagte er leise. Foster saß am Esszimmertisch, an dem seine Familie seit Generationen gegessen hatte. Er war alt, schwer und riesig und ebenso Teil der Familiengeschichte wie der Rest der Farm.
»Dein Vater hatte eine Versicherung«, sagte sie.
»Ja, und er hat dich und mich als Begünstigte hinzugefügt, so wie ihr beide mich vor ein paar Jahren in die Unterlagen des Hofes aufgenommen habt. Aber er hat sich auch Geld geliehen und mit Kreditkarten bezahlt und wenn wir nicht das Geld der Lebensversicherung nehmen, um sie abzubezahlen, werden sie uns verschlingen.«
»Wie hoch sind sie?«, fragte sie und Foster reichte ihr seine Berechnungen. »Dreiundvierzigtausend Dollar?« Sie wirkte ebenso überwältigt wie Foster.
»Ich habe online die letzten Rechnungen angesehen. Da sind Rechnungen für Dinge wie Weihnachtsgeschenke von letztem Jahr und Wintermäntel, die jeweils zweihundert Dollar gekostet haben.« Er gab ihr die Rechnungen. Langsam fragte er sich, was er finden würde, wenn er in den Schrank seiner Mutter sah. »Was hast du gemacht?«
»Ich gehe einmal im Monat nach Grand Rapids und –« Sie sah ihn an. »Ich wusste es nicht. Er hat mir die Rechnungen nie gezeigt.«
»Nein. Er hat nur das Minimum bezahlt. Er wollte dich glücklich machen. Die Sache ist, wir müssen alle abbezahlen. Damit ist schon ein Drittel der einhundertfünfzigtausend aus der Lebensversicherung einfach weg. Dann sind da noch die Hypothek und die Schulden auf dem Hof. Wir können die Hypothek nicht abzahlen, aber da ist auch noch eine zweite Hypothek mit noch einmal fünfzigtausend. Damit ist noch ein Drittel weg. Den Rest werden wir brauchen, um sicherzugehen, dass wir nicht wieder zurück in diese Situation verfallen.«
»Oh Gott.« Sie schlug sich die Hände vors Gesicht und begann zu weinen.
»Wir werden das überstehen, aber wir müssen klüger vorgehen.«
»Was sollen wir tun?«, fragte sie.
Foster hatte sich einige Gedanken gemacht. »Als Erstes werden wir den Garten vergrößern. Ich habe herausgefunden, dass es jeden Samstag einen Bauernmarkt in Grand Rapids gibt. Er ist gut besucht und Mr. Dulles meinte, dass er uns helfen kann, dort einen Platz zu bekommen. Das bedeutet, dass wir planen müssen, was wir anpflanzen, und wir müssen viel von unserer Ernte verkaufen. Das wird uns helfen, flüssiger zu werden.«
»Wer wird dort hingehen?«