Touchdown zum Glück - Andrew Grey - E-Book

Touchdown zum Glück E-Book

Andrew Grey

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Beschreibung

Als Star-Quarterback Freddie Samuelson feststellen muss, dass sein Biochemie-Kurs um einiges schwerer ist als erwartet, willigt sein Laborpartner Kurt Maxwell widerwillig ein, ihm zu helfen. Die beiden sind grundverschieden: Ein Sportler aus einer reichen Familie und ein ehrgeiziger, geoutet schwuler Student, der sich sein Stipendium verdienen muss. Doch trotz ihrer scheinbaren Gegensätzlichkeit fühlt sich Freddie zu Kurt hingezogen, vor allem nachdem dieser ihm bei weit mehr beisteht als nur bei ihrer Naturwissenschaftsvorlesung. Als die Gerüchteküche um sie zu brodeln beginnt, steht Freddies Zukunft plötzlich auf der Kippe und auch Kurt könnte alles, wofür er so hart gearbeitet hat, verlieren... Buch 2 der »Zum Glück«-Serie. Buch ist in sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 209

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Deutsche Erstausgabe (ePub) September 2016

Für die Originalausgabe:

© 2013 by Andrew Grey

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Biochemistry «

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2016 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN ePub: 978-3-95823-605-9

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Vanessa Tockner

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem den Autor des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber seiner Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane des Autors und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

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Klappentext:

Als Star-Quarterback Freddie Samuelson feststellen muss, dass sein Biochemie-Kurs um einiges schwerer ist als erwartet, willigt sein Laborpartner Kurt Maxwell widerwillig ein, ihm zu helfen. Die beiden sind grundverschieden: Ein Sportler aus einer reichen Familie und ein ehrgeiziger, geoutet schwuler Student, der sich sein Stipendium verdienen muss. Doch trotz ihrer scheinbaren Gegensätzlichkeit fühlt sich Freddie zu Kurt hingezogen, vor allem nachdem dieser ihm bei weit mehr beisteht als nur bei ihrer Naturwissenschaftsvorlesung. Als die Gerüchteküche um sie zu brodeln beginnt, steht Freddies Zukunft plötzlich auf der Kippe und auch Kurt könnte alles, wofür er so hart gearbeitet hat, verlieren...

Für Alix B.

Weil man mit ihr genauso viel Spaß hat

wie mit dieser Geschichte.

Kapitel 1

»Ist es nicht ein bisschen früh, um zur Vorlesung zu gehen?«, fragte Peter gähnend und tappte, nur mit einem Handtuch um die schmalen Hüften, durch das Zimmer des Wohnheims.

Peter sah ein wenig aus wie eine Bohnenstange im Rock, aber das sagte Kurt nicht laut. Er hatte Peter erst vor wenigen Tagen kennengelernt, als die Studenten im dritten Jahr ihre Zimmer bezogen hatten. Kurt hatte es geschafft, nach seinem zweiten Jahr in Shippensburg auf das Dickinson College in Carlisle, Pennsylvania, zu wechseln und war gleichzeitig gespannt und verängstigt von seiner neuen Uni. Akademisch gesehen lag Dickinson eindeutig eine Stufe höher und Kurt hoffte, dass er den Sprung schaffte. Allerdings war er bisher noch nie durchgefallen und hatte nicht vor, jetzt damit anzufangen.

»Ich muss mich noch zurechtfinden, also hab ich gedacht, ich sehe mich vor der Vorlesung ein wenig um.« Kurt packte die Bücher und seinen Laptop in seinen neuen Swissgear-Rucksack, ein Geschenk seines Vaters, und machte sich fertig zum Aufbruch.

»Ich vergesse ständig, dass du neu hier bist«, sagte Peter, während er zur Wand gedreht in der Ecke stand und sich anzuziehen begann. Kurt sah weg, um Peter ein wenig Privatsphäre zu gewähren, aber er konnte trotzdem seinen schmalen, weißen Hintern im Spiegel sehen, der hinter der Tür hing. »Geh durch den Hof nach Norden und dann weiter. Wenn du die Straße überquerst, kannst du das Gebäude für Naturwissenschaften nicht verfehlen. Halt einfach nach den glänzenden blauen und lila Dachziegeln Ausschau.« Peter zog eine Jeans an und kramte nach einem Hemd. »Du musst dir keine Sorgen machen.«

Peter hatte erzählt, dass er und sein vorheriger Mitbewohner geplant hatten, auch dieses Jahr ein Zimmer zu teilen, aber Peters Mitbewohner hatte wechseln müssen, da seine Familie sich die Studiengebühren nicht länger leisten konnte.

Kurts Umstände waren genau umgekehrt. Er war im ersten Jahr von der Dickinson angenommen worden, aber seine Eltern hatten es sich nicht leisten können und er hatte beschlossen, dass es die Schulden nicht wert war. Stattdessen war er nach Shippensburg gegangen, hatte hart gearbeitet und sehr gute Noten bekommen. Danach hatte er sich für das dritte Jahr beworben und sie hatten ihn nicht nur genommen, sondern ihm auch finanzielle Unterstützung und außerdem ein Stipendium zugesprochen. Das Stipendium hing zwar von seinem Notendurchschnitt ab, aber er hatte vor, die Anforderungen bei Weitem zu übertreffen. Mit Peter verstand er sich bisher ganz gut. Anfangs war Kurt nervös gewesen und hatte befürchtet, einen homophoben Fundamentalisten als Mitbewohner zu bekommen. Er hatte Glück gehabt. Er hatte bereits einige von Peters Freunden kennengelernt, zwei davon schwul, folglich war sein eigenes Coming-out okay und keine große Sache gewesen.

»Schreib mir, wenn du mit deinen Kursen fertig bist, dann können wir uns zum Mittagessen treffen«, sagte Peter.

»Klingt gut, mach ich«, sagte Kurt, öffnete dann die Tür und verließ das Zimmer. Er eilte die Treppe hinunter, stieß die Haustür auf und trat in den frühherbstlichen Sonnenschein. Lächelnd ging er über das Gelände an Studenten vorbei, die zu Vorlesungen eilten, Freunde trafen oder in den großen Adirondack-Stühlen saßen, die über die Wiese am Gelände verteilt waren.

Zwei Typen in Football-Trikots kamen ihm nebeneinander gehend entgegen. Kurt wich zur Seite des Wegs aus und ging weiter. Sie schienen ihn nicht zu bemerken, während sie näher kamen, und der, der Kurt am nächsten war, stieß ihn mit der Schulter an, als er vorbeiging. Kurts Füße glitten in dem taufeuchten Gras fast unter ihm weg. Er konnte sich wieder fangen, verdrehte sich aber den Knöchel ein wenig.

»Pass auf, wo du hingehst, Kurzer«, rief der Typ ihm zu. Dann drehte er sich zu seinem Freund um und die beiden gingen lachend weiter.

»Alles in Ordnung?«, fragte ein Mädchen und hastete auf ihn zu. »Ich hab alles gesehen und kann als Zeugin aussagen, wenn du willst«, fügte sie ernst hinzu. »Ich heiße Cathy und studiere Jura.«

»Das hab ich mir gedacht. Das mit Jura, nicht der Name. Und alles in Ordnung, danke.« Sein Knöchel tat ein bisschen weh, aber er würde es überleben. Seine Mutter hatte ihm ein Erste-Hilfe-Set mitgegeben, bei dem die Arztpraxen von vier Countys grün vor Neid werden würden. Sie machte um jeden Kratzer großes Theater und diese Tendenz schloss ihr einziges Kind mit ein. »Danke schön.« Er vergewisserte sich, dass er noch alle seine Sachen hatte.

»Wo musst du hin?«, fragte Cathy mit einem breiten Lächeln.

»Ich habe eine Biochemie-Vorlesung im Gebäude für Naturwissenschaften. Das ist mein erstes Semester hier, deswegen kenne ich mich noch nicht so gut aus.« Er wischte seine Hose sauber. »Wohin gehst du?«

»Infinitesimalrechnung«, antwortete sie und zeigte auf eins der älteren Gebäude. »Wir sehen uns«, sagte sie lächelnd und eilte davon.

Kurt marschierte deutlich langsamer zum Komplex für Naturwissenschaften hinüber. Er fand ihn problemlos und stieg die Treppen zu dem Raum hoch, der auf seinem Stundenplan stand. Er hatte einen Hörsaal erwartet, aber er fand einen normalen Seminarraum mit langen, U-förmig aufgestellten Tischreihen und Stühlen vor. Er setzte sich und begann, seine Unterlagen für die Vorlesung herauszuholen.

Weitere Studenten kamen und der Raum füllte sich schnell. Natürlich kannte er niemanden, aber er lächelte einem Mädchen zu, das sich neben ihn setzte. Sie lächelte zurück und bereitete sich auf den Unterricht vor. Die Studenten wurden still, als die Tür vorne im Raum aufging und ein Studienassistent ans Pult trat.

»Guten Morgen. Ich bin Professor Brendon Marcus.«

Kurt blickte in die Runde, um zu sehen, ob der Mann einen Witz gemacht hatte, aber die anderen Studenten reagierten nicht.

»Hier findet Einführung in die Biochemie statt, wir werden uns mit der Chemie des Lebens beschäftigen.« Er reichte einen Papierstapel an ein Mädchen in der ersten Reihe weiter. »Der Ablaufplan wird gerade durchgegeben. Darin finden Sie Pflichtlektüre sowie nötige Experimente, Feldforschung und die Anforderungen für die Semesterarbeit.« Der Professor drehte sich zu Kurt, während er sprach, und Kurts Herzschlag setzte aus. Er sah hinreißend aus und hatte unglaublich blaue Augen. Kurt blickte weg und schimpfte innerlich mit sich selbst.

Der Ablaufplan war gerade bei ihm angekommen, als die hintere Tür aufging und jemand hereinkam. Der Typ kam die Reihe entlang und setzte sich neben Kurt, also nahm Kurt eine weitere Kopie des Ablaufplans und gab sie ihm. Es war der Kerl, der ihn vom Gehweg gestoßen hatte.

»Hey, Kurzer«, flüsterte der riesige Typ, als er die gehefteten Seiten entgegennahm.

Kurt sah sich mit übertriebener Geste um.

»Was ist los?«

»Nichts«, sagte Kurt und drehte sich zu dem Footballspieler. »Wollte nur sichergehen, dass das hier nicht Planet der Affen ist.« Dann drehte er sich mit einem kleinen Lächeln nach vorne, während der Professor mit seiner Einleitung fortfuhr und dann mit der Vorlesung begann.

Kurt schrieb mit und versuchte mit aller Macht, den Kerl neben sich zu ignorieren. Sobald die Vorlesung endete, packte Kurt seine Sachen und machte sich lange vor dem plumpen Gorilla ohne Manieren in Richtung Tür auf. Er eilte den Korridor entlang zum Laborraum. Es gab zwei Labortermine für die Vorlesung und der direkt nach der Vorlesung hatte in seinen Stundenplan gepasst. Er nahm sein Übungsbuch und einen Notizblock heraus. Dann holte er seinen Laborkittel aus seinem Rucksack und zog ihn an.

Dr. Marcus kam einige Minuten später herein. »Viele Professoren haben Assistenten, die ihre Labors abhalten. Ich nicht.« Die hintere Tür wurde geöffnet. »Schön, dass Sie zu uns stoßen, Mr. Samuelson«, sagte der Professor. »Fangen wir an.« Kurt wandte sich um und stöhnte innerlich, da der Gorilla an der Station neben seiner stand. »Bildet Zweierteams.« Niemand bewegte sich und Kurt ächzte.

»Sieht aus, als wären wir zusammen, Kurzer«, sagte der Gorilla mit einem Lächeln, das Kurt ihm aus dem Gesicht schlagen wollte.

»Schön«, sagte Kurt und drehte sich weg, um sich auf den Professor zu konzentrieren. Er konnte nichts gegen seinen Partner tun, aber er würde auf jeden Fall sichergehen, dass seine Arbeit richtig und vollständig war.

Das Labor endete nicht nur einmal, sondern gleich dreimal fast in einer Katastrophe. Sie mussten zusammenarbeiten, aber der Gorilla schien sich mehr für seine Umgebung als für die Laborarbeit zu interessieren, und als Kurt ein weiteres Paar Hände brauchte, goss er beinahe die Lösung zu schnell in das Glas. Einzig, dass Kurt den Verschluss im letzten Moment zudrehte, bewahrte sie davor, noch einmal von vorne beginnen zu müssen. Am Ende der Einheit hatte Kurt seine Ergebnisse und genug Notizen für den Bericht gemacht. Er räumte ihre Station auf.

»Du hast nicht mitgeschrieben«, sagte Kurt zu seinem Partner. »Wie willst du den Bericht schreiben?«

»Ich nehme deine Mitschrift, Kurzer.«

»Vergiss es, Affe«, sagte Kurt. Er steckte die letzten Zettel in seinen Rucksack und verließ den Raum. Wenn er Glück hatte, würde der Typ vielleicht die Vorlesung schmeißen. Kurt wäre besser dran, wenn er alles allein erledigte. Die Klingel läutete und Kurt eilte zu seiner nächsten Vorlesung. Sie konnte nur besser werden als die, aus der er gerade kam.

Nach zwei weiteren Vorlesungen schrieb er Peter eine Nachricht und bekam zur Antwort, dass sie sich im Gebäude der Studentenvereinigung treffen konnten. Kurt ging langsam hinüber. Bis er beim Speisesaal ankam, schmerzte sein Knöchel ein wenig. Er fand Peter und setzte sich, um den Knöchel zu untersuchen. Er sah nicht geschwollen aus, aber Kurt nahm sich vor, nach dem Mittagessen auf sein Zimmer zu gehen, um ihn vor der nächsten Vorlesung zu verbinden.

»Was ist passiert?«, fragte Jamie, Peters süßer, blonder Kumpel, und drehte sich dann um, als Luka, sein Partner, sich neben ihn setzte. Sie rückten nahe zusammen, dann warf Jamie einen Blick über den Tisch. »Du bist gehumpelt.«

»Irgend so ein Gorilla wollte mir auf dem Gehweg nicht ausweichen und ich hab mir auf dem feuchten Gras den Knöchel verdreht. Keine große Sache.« Kurt stellte den Rucksack neben seinen Füßen ab. »Das Problem ist, dass der Gorilla in meiner Biochemie-Vorlesung sitzt und jetzt hab ich ihn im Labor als Teampartner.« Die anderen begannen zu lachen. »Das ist nicht witzig. Er hat sich nicht mal die Mühe gemacht mitzuschreiben und als ich ihn danach gefragt hab, sagte er, er würde einfach meine Mitschrift benutzen. Als würde ich ihn lassen. Er ist einer dieser hohlen Footballspieler. Wenn der denkt, er kann sich zurücklehnen, während ich die ganze Arbeit mache, hat er sich geschnitten.« Kurt bemerkte, dass keiner der beiden ihn ansah, und folgte ihren Blicken. »Der, der sich gerade angestellt hat, das ist der Gorilla.«

Luka lachte. »Als du Gorilla gesagt hast, dachte ich, es wäre ein dicker Typ. Das ist Freddie Samuelson. Er spielt Football, aber was viel wichtiger ist...« Luka starrte ihn an, während sein Lachen verklang. »In welchem Wohngebäude bist du?«

»Samuelson Hall... nein!«, rief Kurt aus und schlug dann die Hand vor den Mund. »Du machst Witze!«

»Nö – das ist sein Daddy«, sagte Jamie.

»Dann bezieht sich die Bezeichnung mehr Geld als Verstand also auf ihn«, meinte Kurt gehässig und die anderen lachten. »Interessiert mich nicht. Ich erledige seine Arbeit nicht für ihn«, verkündete er. »Holt euch ruhig was zu essen. Ich besetze den Tisch, bis ihr wieder da seid.«

Die Cafeteria begann sich zu füllen und er hatte nichts dagegen, eine Weile zu sitzen und seinen Knöchel zu schonen. Kurt ließ seinen Blick durch den großen Saal schweifen, bis dieser bei dem Gorilla... äh, Freddie ankam. Bei dem Gedanken lächelte er. Er konnte die Augen nicht von ihm lassen. Aus der Ferne sah er gar nicht so bedrohlich aus und Kurt hatte die Gelegenheit, die lockigen, schwarzen Haare, breiten Schultern, schmalen Hüften und, als er sich umdrehte, das stählerne Hinterteil in seiner engen Jeans zu betrachten.

»Was starrst du so?«, fragte Luka, während er sein Tablett abstellte.

»Nichts«, gab Kurt hastig zurück. »Ich warte nur und beobachte die Menschen.« Er stand auf und ging zur Schlange. Glücklicherweise bewegte sie sich schnell voran und er bekam ein Tablett. Er stellte sich einen Salat zusammen und nahm ein Deli-Sandwich, um frittierte Speisen zu vermeiden. Seine Haut war endlich rein geworden und er wollte, dass sie so blieb. Kurt nahm zwei Gläser Diätlimonade, da diese ziemlich klein waren, und ging dann zurück zum Tisch.

»Was ist mit dir passiert, Kurzer?«, fragte Freddie, während er fast in ihn hineinlief. Schon wieder.

»Du, Affe«, schoss Kurt zurück. »Du hast mich vom Gehweg geschubst und ich hab mir den Knöchel verdreht. Ich muss dich als Laborpartner ertragen und jetzt versuchst du, mich beim Mittagessen über den Haufen zu rennen.« Kurt kochte und trat näher. »Es kümmert mich einen feuchten Dreck, wie viele Muskeln du hast oder wer dein Daddy ist. Mach deine Arbeit selbst und halt dich von mir fern.« Kurt tat sein Bestes, um zum Tisch zu stolzieren, und knallte das Tablett hin, bevor er sich setzte.

»Wer hat dir denn in den Kakao gepinkelt?«, fragte Peter, als er zu ihnen stieß.

»Er und Freddie haben geredet und anscheinend hat unser Junge hier das letzte Wort behalten. Als er weggegangen ist, hat Freddie völlig verwirrt und vielleicht ein bisschen erschüttert aus der Wäsche geguckt«, erklärte Luka grinsend. »Wird auch Zeit, dass jemand diesen Kerl in seine Schranken weist. Ich hatte letztes Semester eine Vorlesung mit ihm. Er hat die ganze Zeit damit verbracht, jemand anderen dazu zu bringen, seine Hausaufgaben für ihn zu machen, oder auf die Arbeit seines Nachbarn zu schielen. Anscheinend ist er wirklich nur beim Football gut.«

Jamie kam dazu und alle aßen und redeten miteinander. Glücklicherweise hatte die Unterhaltung sich von Freddie Wer-auch-immer entfernt und interessanteren Themen zugewandt.

»Warum kommt ihr nicht heute Abend nach der Uni vorbei?«, schlug Luka vor. »Jamie hat gerade ein echt cooles Xbox-Spiel bekommen, wir könnten ein bisschen zocken.«

Kurt schüttelte den Kopf. »Hört sich gut an, aber ich muss lernen. Ich hab jetzt schon einen Haufen Pflichtlektüre zu lesen und einen Laborbericht zu schreiben. Und das nur von den Vorlesungen heute Vormittag. Die am Nachmittag kommen noch dazu.«

»Nimm deinen Kram mit. Wir haben alle zu tun, aber so können wir uns ein bisschen entspannen. Wir zocken nach dem Abendessen eine Stunde Xbox und verbringen den restlichen Abend mit Lernen.« Luka lehnte sich an Jamie. »Du kannst doch nicht immer arbeiten.«

»Okay, überredet, aber nicht lange«, stimmte Kurt zu. Sie aßen zu Ende und Kurt ging zurück zum Wohnheim. Er nahm eine Stützbinde aus dem Erste-Hilfe-Koffer, den er unter dem Bett verstaut hatte, zog Schuh und Socke aus und verband seinen Knöchel. Er fühlte sich sofort besser an. Nachdem er Socke und Schuh wieder angezogen hatte, machte er sich erneut auf den Weg.

Glücklicherweise gab es in seinen Vorlesungen am Nachmittag keine Spur von Gorillas und nach der letzten, die um vier endete, ging er zurück zum Wohnheim.

»Kurzer«, hörte er es über den Hof schallen, gefolgt von Gelächter. Kurt sah auf und warf einen Blick hinüber zu Freddie, der mit ein paar Kumpels zusammenstand.

»Affe«, rief Kurt zurück und ging weiter, ohne sich umzusehen. Der Kerl war ein richtiger Arsch. Kurt umklammerte den Riemen seines Rucksacks fester.

Beim Wohnheim angekommen riss er die Tür auf, stapfte hinein und murmelte den ganzen Weg durch die Eingangshalle, die Treppe hinauf und in sein Zimmer vor sich hin.

Peter sah von seinem Platz am Schreibtisch auf, als Kurt hereinkam. Er zog die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Kurt stellte seinen Rucksack neben seinem Tisch ab und begann, Bücher und Notizen herauszuholen. Er ordnete seine Aufgaben nach Abgabedatum und sank auf den gemütlicheren Sessel, um zu lesen. Er hatte sechs Kapitel zu studieren und zwei Vorlesungen für den nächsten Tag vorzubereiten. Er nahm sich vor, die Kapitel vor dem Abendessen zu erledigen und danach mit der restlichen Arbeit zu beginnen.

»Warum regst du dich überhaupt auf?«, sagte Peter. »Das Gelände ist nicht groß, du wirst ihm noch öfter über den Weg laufen.«

Kurt schlug sein Biochemiebuch auf und nahm es auf den Schoß.

»Mein Biochemie-Prof sieht aus wie ein Student«, erzählte er und Peter lachte.

»Du musst Dr. Marcus haben«, erklärte Peter. »Ich hatte ihn letztes Jahr in Einführung in die Chemie. Er ist ein guter Lehrer, sehr fair. Er hat sein Doktorat mit zweiundzwanzig oder so gemacht und wenn die Gerüchte stimmen, ist er von deinem Ufer. Angeblich ist er mit einem der Football-Assistenz-Coaches zusammen.« Peter wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Kurt nahm an, dass das Gespräch damit beendet war, daher widmete er sich wieder seinem Buch.

Als die Jungs anklopften, um sie zum Essen abzuholen, hatte Kurt seinen Stoff für Biochemie gelesen und den Laborbericht geschrieben. Außerdem hatte er die Lektüre für eine der anderen Vorlesungen geschafft, lag also gut in der Zeit. Eine seiner Vorlesungen hatte er am nächsten Tag nicht, also schob er diese Aufgabe in seinem Stapel ganz nach unten.

»Seid ihr fertig?«, fragte Luka.

Kurt markierte die Seite in seinem Buch, stand auf und dehnte seinen Rücken und Nacken. Sie verließen das Zimmer und gingen alle zusammen die Stufen hinunter und über den Rasen zur Mensa.

Die Geräuschkulisse der vielen, sich überlappenden Gespräche war überwältigend. Hunderte Studenten drängten sich im Raum und alle redeten durcheinander. Da er von seinem Stipendium lebte, musste Kurt bei seiner Essensplanung aufpassen. Er bekam fünfzehn Mahlzeiten die Woche, aber glücklicherweise frühstückte er eher selten, daher hoffte er, dass es unterm Strich auch für die Wochenenden reichte.

An der Tür zog einer der studentischen Mitarbeiter seine Karte durch den Schlitz, was ihn daran erinnerte, dass er am nächsten Tag für einen Nebenjob in der Bibliothek vorbeischauen wollte. Er machte sich eine kurze Notiz auf einem Stück Papier, das er zusammen mit seiner Karte in sein Portemonnaie steckte, und reihte sich in die Schlange ein.

Sie bewegte sich ziemlich schnell voran. Er redete mit den Jungs, während sie Tische passierten und Gesprächsfetzen aufschnappten.

»Kurzer.«

Kurt stöhnte und drehte sich langsam um.

»Bist du mit dem Laborbericht fertig?«

»Ja«, antwortete er, drehte sich um und ignorierte alles, was danach gesagt wurde. Die Schlange entfernte sich vom Tisch des Gorillas und Kurt sah sich bewusst nicht nach ihm um. »Der Kerl ist ein Idiot«, sagte Kurt und Luka kicherte. »Was?«

»Er sieht immer wieder zu dir rüber. Er will nicht, dass irgendjemand es merkt, aber er macht es«, sagte Luka.

»Ach, komm«, tat Kurt die Behauptung spöttisch ab.

»Er hält den Kopf geradeaus gerichtet, aber ich kann sehen, dass er zu dir herschielt.«

»Wahrscheinlich denkt er darüber nach, wie er am besten an eine Kopie meines Berichts kommt.« Kurt griff nach einem Tablett und ging an den verschiedenen Essensausgaben vorbei. Er wusste nicht genau, was er wollte. Am Ende hatte er wieder Salat, etwas Schinken und Kartoffeln. Er konnte sich Nachschlag holen, wenn er wollte, daher wandte er sich ab, um einen Tisch zu suchen.

Sie aßen und redeten. Sobald sie fertig waren, luden Peter und er ihre Sachen in ihrem Zimmer ab, bevor sie zu Luka und Jamie hinübergingen. Sie spielten eine Stunde Xbox und machten sich dann an die Arbeit. Alle mussten noch Lernstoff lesen und zusammenfassen, also sprachen sie nicht viel. Als sie das später am Abend geschafft hatten, schaltete Jamie den Fernseher ein. Sie lümmelten sich auf den weichen Teppichboden und lachten eine Stunde lang über Wiederholungen von The Big Bang Theory.

Kurt entspannte sich zunehmend und begann schließlich zu gähnen, ebenso wie alle. Peter und er wünschten den anderen eine gute Nacht und kehrten zu ihrem Zimmer zurück. Kurt benutzte das Badezimmer auf dem Flur und stieg dann in sein Stockbett. Peter schaltete das Licht aus und schlüpfte in sein Bett und das war das Letzte, woran Kurt sich erinnerte, bis er Peter am nächsten Morgen herumgehen hörte.

***

Kurt sah auf die Uhr, sprang aus dem Bett und rannte ins Badezimmer. Wenn er sich nicht beeilte, würde er zu spät zu seinem Termin in der Bibliothek kommen, dabei wollte er bei seinem Arbeitgeber einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Nachdem er sich rasiert und geduscht hatte, zog er sich hastig an und war erleichtert, dass er seinen Rucksack schon am vorigen Abend gepackt hatte. Er verließ eilig sein Zimmer, eilte die Stufen hinab und über das Gelände. Ein paar langsame Studenten zwangen ihn, einen Haken über das Gras zu schlagen. Er versuchte, an einer schlammigen Stelle neben einem kaputten Sprinklerkopf zum Stehen zu kommen, aber seine Füße bewegten sich unter ihm weiter. Kurt konnte sich noch drehen, um nicht auf seinen Rucksack zu fallen, landete jedoch hart auf der Seite.

»Verdammt!«, fluchte er und versuchte, wieder hochzukommen. Bevor er wusste, was los war, wurde er auf die Füße gestellt. Seine Hose war nass und nicht nur die.

»Du solltest besser aufpassen, Kurzer.«

Kurt stöhnte auf und drehte sich um. Freddie Samuelson sah ihn mit einem kleinen Lächeln an.

»Danke«, sagte Kurt und zog seine durchweichte Regenjacke aus. Glücklicherweise hatte sie den Großteil abgefangen, weshalb er nicht ganz so schlimm aussah.

»Keine Ursache«, sagte Freddie. Kurt überprüfte, ob er alle seine Sachen hatte, und setzte sich wieder in Richtung Bibliothek in Bewegung. »Und wohin musst du so dringend, Kurzer?«

Kurt blieb stehen und drehte sich um. »Könntest du aufhören, mich so zu nennen? Mein Name ist Kurt. Kurt Maxwell. Wie wäre es mit einem Deal: Ich höre auf, dich Affe zu nennen, wenn du diesen Kurzer-Mist sein lässt.« Kurt ging wieder in Richtung Bibliothek und verdammt noch mal, Freddie hielt mit ihm Schritt. »Was willst du? Ich hab einen Termin und bin spät dran.«

»Ich brauche deine Mitschrift vom Labor«, sagte Freddie.

»Okay.« Kurt hielt inne. »Ich gebe sie dir, aber den Rest musst du selbst erledigen, und ich mache das nicht noch mal.« Kurt seufzte. Er wollte kein Spielverderber sein. »Du bist mein Laborpartner, also wird es besser laufen, wenn wir zusammenarbeiten. Aber ich erledige nicht die ganze Arbeit für dich.«

»Was, wenn ich Hilfe brauche?«, fragte Freddie und biss sich auf die Unterlippe.

»Damit beschäftigen wir uns, wenn es so weit ist«, sagte Kurt. »Ich muss jetzt los.« Kurt drehte sich um und hastete zur Bibliothek, wo er gerade rechtzeitig für sein Vorstellungsgespräch ankam. Es dauerte nicht lange und er verließ das Gebäude mit einem Job in der Tasche und einem Termin für seine Schulung. Zufrieden ging Kurt zu seiner Biochemie-Vorlesung.

Da er früh ankam, setzte er sich an einen anderen Platz und hoffte, dass jemand anderes sich neben ihn setzen würde. Die übrigen Studenten kamen herein und Kurt entspannte sich, als die Plätze sich füllten. Seine Hoffnung hielt jedoch nicht an – Freddie setzte sich trotzdem neben ihn.

»Hey, Kurz... ich meine, Kurt«, fing er an. Kurt drehte sich knurrend weg. »Komm schon, ich sag das doch nur so.«

Kurt schüttelte den Kopf. Glücklicherweise betrat Dr. Marcus den Raum und begann mit seinem Vortrag. Kurt hörte aufmerksam zu und schrieb die Formeln und Verfahren, die auf diese angewandt wurden, mit. Er schielte zu Freddie hinüber. Dieser hatte einen Block vor sich, aber nach der Hälfte der Vorlesung hatte er sich kaum Notizen gemacht und schien abwesend auf die Tafel zu starren.

»Kannst du dir das alles merken?«, flüsterte Kurt und Freddie zuckte mit den Schultern. »Du musst doch mitschreiben.« Die Vorlesung schritt voran und Freddie schrieb hin und wieder etwas. Kurt schenkte ihm weniger Aufmerksamkeit und arbeitete während der restlichen Vorlesung weiterhin mit.

Sobald die Klingel läutete, verließ er das Gebäude und marschierte über den Hof. Er hatte nur zweimal die Woche Labor, also war heute Pause und er beschloss, die Zeit sinnvoll zu nutzen.