Taste of Love: 2. Gang - Andrew Grey - E-Book

Taste of Love: 2. Gang E-Book

Andrew Grey

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Beschreibung

Als Restaurantleiter im Café Belgie hat Sebastian sein berufliches Ziel erreicht, auch wenn es privat eher einsam für ihn aussieht. Als er eines Abends im Restaurant überfallen wird, kommt ihm ein Gast zu Hilfe – indem er den Räuber unbeabsichtigt über den Haufen rennt. Und nicht nur Roberts tollpatschige Rettungsaktion, auch seine liebenswerte Art lässt Sebastians Herz höher schlagen. Doch Robert ist gerade erst zum Richter berufen worden und eine Beziehung zu einem anderen Mann könnte nicht nur seine Karrierechancen, sondern auch ihre gemeinsame Zukunft bedrohen... Buch 2 der »Taste of Love«-Reihe

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Seitenzahl: 323

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Deutsche Erstausgabe (ePub) Juni 2016

Für die Originalausgabe:

© 2011 by Andrew Grey

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»A Serving of Love«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2016 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN ePub: 978-3-95823-599-1

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

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Klappentext:

Als Restaurantleiter im Café Belgie hat Sebastian sein berufliches Ziel erreicht, auch wenn es privat eher einsam für ihn aussieht. Als er eines Abends im Restaurant überfallen wird, kommt ihm ein Gast zu Hilfe – indem er den Räuber unbeabsichtigt über den Haufen rennt. Und nicht nur Roberts tollpatschige Rettungsaktion, auch seine liebenswerte Art lässt Sebastians Herz höher schlagen. Doch Robert ist gerade erst zum Richter berufen worden und eine Beziehung zu einem anderen Mann könnte nicht nur seine Karrierechancen, sondern auch ihre gemeinsame Zukunft bedrohen...

Aus dem Englischen von Bianca Srubar

Für Jennifer E., Skip E. und Dick M.

Ohne ihre Hilfe hätte ich diese Geschichte nie schreiben können.

Kapitel 1

Sebastian hasste es, zur Arbeit zu gehen, wenn es dunkel war, denn das bedeutete, dass es ebenfalls dunkel sein würde, wenn er wieder ging. Nicht, dass das ungewöhnlich wäre – sein Job brachte das mit sich –, aber es war das Einzige, was ihm daran nicht gefiel. Die Arbeitszeiten in Restaurants waren schrecklich. Wenn alle anderen an Feiertagen oder am Wochenende freihatten, lief das Geschäft am besten, also musste man an diesen Tagen arbeiten. Nicht, dass ihn das wirklich störte. Sicher, es wäre nett, einen dieser Bürojobs von neun bis fünf zu haben, aber er war gut in dem, was er tat, und das Café Belgie verdankte einen Teil seines Erfolgs ihm – zumindest wollte er das gerne glauben.

Leicht fröstelnd angesichts der frühen Morgenluft schlang Sebastian seine Jacke etwas enger um sich, als er den Knopf an der Fußgängerampel in Carlisle, Pennsylvania, drückte, während die Blätter zu seinen Füßen in der frischen Herbstbrise raschelten. Schon zu dieser Uhrzeit rauschten Autos und Lkws vorbei und Sebastian sah sich um, um sicher zu gehen, dass alles in Ordnung war.

Endlich schaltete die Ampel um und der Verkehr kam zum Stehen. Sebastian überquerte schnellen Schrittes die Kreuzung, bevor er den Gehweg entlang zur Eingangstür des Restaurants ging. Er steckte den Schlüssel hinein, schloss die Tür auf und trat ein, wobei er sicher ging, dass er keinen Dreck hineintrug. Ansonsten müsste er den Teppich reinigen und heute brauchte er keine zusätzliche Arbeit, vor allem keine, die er selbst verursachte. Er warf die Tür hinter sich ins Schloss und ging vorsichtig an den bereits für den Mittagsservice gedeckten Tischen vorbei in den hinteren Teil des Restaurants, wo er einen einzigen Schalter betätigte, um mehrere Lichter anzumachen.

Er war selten der Erste, aber an diesem Morgen schien er es zu sein. Da er wusste, was er zu tun hatte, ging er zielstrebig in die Küche und schaltete das Licht ein, bevor er die Hintertür aufschloss und sich an die Arbeit machte.

Heute war Freitag und es würde viel los sein, vor allem bei dem kalten Herbstwetter und mit den Feiertagen vor der Tür. Sebastian ging in den Wirtschaftsraum, wo er sauberes Besteck und ein paar Servietten holte, die gefaltet werden mussten. Es musste noch eine Menge erledigt werden.

Sebastian saß an einem der hinteren Tische und hatte angefangen, die Servietten zu falten, als er hörte, wie sich die Hintertür öffnete und wieder schloss. »Morgen«, rief Kelly laut durch die Küche.

»Morgen, Kelly«, rief Sebastian zurück, während er weiterarbeitete. Die Küchentür schwang auf.

»Du bist früh dran«, sagte Kelly lächelnd. »Ich hatte erwartet, dass ich heute Morgen aufschließe.«

»Mir ist gestern Abend aufgefallen, dass uns einiges ausgeht, aber da wollte ich nicht noch länger bleiben, weil ich zu müde war. Also bin ich heute Morgen ein bisschen früher gekommen«, sagte Sebastian, wobei er weiterhin Servietten faltete. »Außerdem will ich, dass alles glatt läuft, während Billy und Darryl im Urlaub sind.«

Kelly grinste. »Das hat nicht zufällig etwas damit zu tun, dass Darryl dir in seiner Abwesenheit die Leitung übertragen hat?« Sie zwinkerte ihm zu, bevor sie lachte. »Du wirst das schon meistern«, ermutigte sie ihn.

»Was denkst du?« Er hielt eine Serviette hoch, damit sie sie sehen konnte. »Ich dachte, ich probiere mal eine neue Technik aus. Die hab ich im Internet gefunden.«

Kelly lächelte, als sie die Serviette betrachtete. »Nett, irgendwie geriffelt wie die Weingläser.« Kelly zog die Jacke aus, die sie über ihrer weißen Kochkleidung trug. »Ich kümmere mich dann um den Kaffee. Sobald er fertig ist, rufe ich.«

»Danke«, erwiderte Sebastian. Kaffee war zu dieser Morgenstunde dringend nötig, um ihn munter zu machen. Wenige Minuten später brachte Kelly ihm eine Tasse und stellte sie auf den Tisch, als er gerade die letzten Servietten faltete. Diejenigen auf den Tischen tauschte er gegen die neuen aus, bevor er die vorherigen auseinanderfaltete und zusammen mit dem Reservebesteck in den Behälter hinter der Kellnerstation legte.

Er nahm seine Tasse und trank einen Schluck, bevor er einen Blick hinter die Bar warf, um sicher zu gehen, dass alles aufgefüllt und bereit war. Anschließend überprüfte er die übrigen morgendlichen Aufgaben auf seiner Liste.

Nachdem alles bereit zu sein schien, ging er in die Küche. Inzwischen war Maureen angekommen und bereitete ihre Desserts vor, bevor sie die Türen für den Mittagsservice öffneten. Heute Nachmittag würde sie während des Mittagsservices Kellys Souschefin sein. Da Darryl Urlaub hatte, mussten alle in der Küche doppelt so hart arbeiten und aushelfen. Sebastian machte im Servicebereich dasselbe, aber sie würden es schon schaffen. Es kam nicht oft vor, dass Darryl und Billy Urlaub machten. Beide hatten ihn redlich verdient und Sebastian würde dafür sorgen, dass in ihrer Abwesenheit alles so glatt wie möglich lief.

Eine Stunde vor Öffnung trudelten die Kellner ein. Sebastian verteilte Aufgaben und überprüfte, ob alles blitzsauber und bereit für die Gäste war. »Hey, Peter«, sagte Sebastian, als der junge Mann unter den letzten Tischen gekehrt hatte, »geh doch bitte in die Küche und sieh nach, ob sie Hilfe brauchen. Wir sind hier so weit fertig.«

»Natürlich«, sagte der dunkelhaarige Mann lächelnd und stellte den Besen weg, bevor er in der Küche verschwand. Da er nicht gleich wieder zurückkam, nahm Sebastian an, dass Kelly seine Hilfe in Anspruch nahm.

Nachdem er kurz vor Öffnung noch einmal alles überprüft hatte, warnte er die Küche vor und schloss das Restaurant auf. Wenige Minuten später traten die ersten Gäste ein, Sebastian wies ihnen einen Tisch zu und der Arbeitstag begann.

***

Zu Sebastians Erleichterung verlief der Mittagsservice reibungslos. Den Großteil des Nachmittags verbrachte er damit, den Essbereich für den Abendservice herzurichten und den Papierkram zu erledigen, wie Darryl es ihm gezeigt hatte.

»Ich gehe mal eben zur Bank«, sagte er zu Kelly und Maureen. »Peter nehme ich mit. Wird nicht lange dauern.«

»Klar«, sagte Maureen. »Ich werde ein Auge auf die Gäste haben. Kelly hat die Dinge hier im Griff.«

»Danke«, sagte Sebastian lächelnd und holte Peter, bevor er mit ihm hinaustrat und den Gehweg entlangging.

»Ich liebe diese Jahreszeit«, meinte Peter. »Die Sonne spendet noch genügend Wärme, aber es ist nicht so heiß und schwül.« Blätter regneten von den Bäumen, während die strahlende Sonne die Luft aufwärmte. Es war eine großartige Jahreszeit. Das Einzige, das Sebastian daran hasste, war, dass sie den Winter mit Schnee, Matsch und Kälte einläutete.

»Das heißt wohl, dass du keine Blätter zusammenharken musst«, sagte Sebastian mit einem Blick auf den jüngeren Mann.

Peter schüttelte lächelnd den Kopf. »Das ist einer der Vorteile, wenn man aufs College geht – keine Pflichten im Garten. Mein kleiner Bruder ist jetzt fürs Laubharken zuständig«, sagte er grinsend, während sie die Straße überquerten und hinter der nächsten Ecke die Bank betraten.

»Danke, Peter. Wir sehen uns dann im Restaurant«, sagte Sebastian zu seinem Begleiter. Peter eilte über den Gehweg zurück, während Sebastian sich am Schalter anstellte. Es dauerte eine Weile, aber schließlich tätigte er die Einzahlung und bekam das benötigte Wechselgeld, bevor er zurückging. Der Tag war so umwerfend, dass er nicht gleich wieder reinwollte, also nahm er sich noch ein paar Minuten auf dem Gehweg und atmete die frische Luft ein, bevor er eintrat und zurück an die Arbeit ging.

***

Der Nachmittag verlief ruhig, während sie den Essbereich für den Abendservice vorbereiteten. Die ganze Zeit über hatten sie eine Handvoll Gäste, die sie gut beschäftigt hielten, dennoch war das Restaurant kurz vor dem Abendservice sauber und bereit. Sie waren fast ausgebucht und die Gäste hielten Sebastian und seine Kellner stundenlang auf Trab. Sebastian war nie so glücklich gewesen, als er auf die Uhr sah und merkte, dass es schon neun war. Er fühlte sich verschwitzt und erschöpft.

Er ging gerade nach vorne, um die Eingangstür abzuschließen, während die letzten Gäste noch verweilten und die Kellner bereits aufräumten, als er sah, wie ein Mann in einem Kapuzenpullover hereingehastet kam. Er ging auf ihn zu, um zu fragen, ob er einen Tisch wollte. Doch stattdessen holte der Mann ein Messer hervor und Sebastian wich eilig zurück. »Wo ist das Bargeld?«

Sebastians Knie wurden weich. »In der Kellnerstation«, erwiderte er, holte tief Luft und sah sich im fast leeren Essbereich um.

»Keine falsche Bewegung!«, knurrte der Mann, packte Sebastians Arm so fest, dass sich die Fingernägel in seine Haut bohrten, und zerrte ihn zur Kasse. Sebastian öffnete die Lade und trat zurück, während der Mann die größeren Scheine herausnahm. »Ist das alles?«, fragte der Mann mit gehetzter, heiserer Stimme.

Sebastian nickte langsam. Der Mann ließ ihn los und eilte zurück zur Restauranttür. Sebastian rührte sich nicht und hoffte, dass alle anderen dasselbe taten. Darryl hatte allen gesagt, dass sie das Geld im Falle eines Überfalls herausgeben sollten. Während er zusah, wie der Mann sich davonmachte, versuchte Sebastian, sich so viele Details wie möglich zu merken.

Als der Dieb die Eingangstür erreichte, schien sie sich von selbst zu öffnen und es wirkte, als würde er durch die Luft fliegen, bevor Sebastian einen dumpfen Aufschlag hörte.

»Ruf die Polizei«, wies Sebastian den Kellner an, der ihm am nächsten war, und blieb nicht einmal stehen, um zu sehen, wer es war, bevor er zur Tür eilte. Sebastian sah den Mann im Pullover auf dem Gehweg liegen und einen anderen Mann an seiner Seite knien.

»Es tut mir leid«, sagte der kniende Mann gerade. »Geht es Ihnen gut? Ich habe Sie nicht kommen sehen.«

»Der Mann hat uns ausgeraubt«, sagte Sebastian und deutete mit dem Finger auf Besagten. Sofort wich der andere Mann zurück. »Wir haben die Polizei gerufen«, erklärte Sebastian, als die Sirenen hörbar lauter wurden und näher kamen.

Der Dieb begann, sich zu rühren. Sebastian machte einige Schritte rückwärts, als der andere Mann auf die Füße kam. Sebastians Augen weiteten sich, da der Mann ihn deutlich überragte. Die Sirenen kamen näher. Sebastian wich weiter zurück, während sich der Dieb am Boden bewegte und sein Stöhnen lauter wurde. Polizisten kamen den Gehweg entlanggeeilt und Sebastian trat noch etwas weiter zurück.

»Keiner rührt sich!«, befahl der erste Polizist.

Sebastian erstarrte und setzte zu einer Erklärung an. »Dieser Mann hat das Restaurant ausgeraubt«, stieß Sebastian hervor, als der Mann am Boden tatsächlich versuchte, auf die Füße zu kommen. Einer der Polizisten zwang ihn zurück auf den Boden und legte ihm Handschellen an, während der zweite zu Sebastian und dem anderen Mann ging, die alles verfolgten.

»Er hat ein Messer gezogen und mich gezwungen, ihm das Geld aus der Kasse zu geben«, sagte Sebastian hastig und begann zu zittern.

»Nur die Ruhe, Sir, nehmen Sie sich Zeit. Der geht nirgendwohin«, sagte der Polizist, bevor er sich an seinen Kollegen wandte. »Hast du ein Messer gefunden?«

»Ja, ist schon konfisziert und das Geld hab ich ebenfalls sichergestellt. Verstärkung ist auch auf dem Weg«, fügte er hinzu, ehe er den Kerl hochzog und ihn unsanft auf den Rücksitz des Polizeiwagens verfrachtete. Ein weiteres Auto hielt, dann ein drittes.

»Dürfte ich Sie bitten hineinzugehen? Ich bin in ein paar Minuten bei Ihnen«, sagte der Polizist. Sebastian nickte und spürte auf einmal die Kälte. Er öffnete die Tür und hielt sie für den anderen Mann auf. Sebastian bemerkte, dass er sich ein wenig ducken musste, damit er sich den Kopf nicht am oberen Türrahmen stieß.

Im Essbereich lungerten immer noch ein paar Gästen an ihren Tischen und beobachteten die Geschehnisse vor dem Fenster. »Möchten Sie irgendetwas?«, fragte Sebastian, als der Mann sich an einen Tisch setzte.

»Ich wollte eigentlich hier zu Abend essen, aber es sieht so aus, als würden Sie gerade schließen«, sagte er und sah sich um.

Sebastian reichte ihm eine Speisekarte. »Bestellen Sie, was immer Sie wollen. Das Essen geht aufs Haus.«

Der große Mann lächelte und sein Gesicht verwandelte sich umgehend von durchschnittlich zu außergewöhnlich. »Das ist nicht nötig«, erwiderte er und warf einen Blick auf die Speisekarte. »Könnte ich das Steak mit Pommes bekommen, medium, und eine Tasse Kaffee?«

»Kein Problem. Ich bin gleich zurück.« Sebastian eilte hinüber zu Jane, die gerade einen Tisch abräumte. »Eine Tasse Kaffee für den Herrn neben der Tür.« Sie nickte und Sebastian hastete in die Küche. »Kelly, ich brauche ein Steak mit Pommes, medium.«

Sie hielt beim Aufräumen inne. »Was zur Hölle ist passiert?«

»Wir wurden ausgeraubt«, erwiderte er und atmete tief ein, um sich zu beruhigen. »Die Polizei hat den Kerl geschnappt, dank eines Gastes.« Sebastian zwang sich dazu, langsamer zu sprechen. »Das ist übrigens seine Bestellung. Hast du auch noch einen Spezialsalat? Oh, und stell eine von Maureens Mousses für ihn zur Seite.« Aufregung durchströmte ihn, aber er kämpfte sie nieder und konzentrierte sich auf seine Atmung.

»Eins nach dem anderen.« Kelly machte sich mit geübter Leichtigkeit zurück an die Arbeit. »Wir wurden ausgeraubt?«

»Ja.« Er gab Kelly die Kurzversion, während sie den Salat vorbereitete. »Er hat den Kerl umgerannt oder etwas in der Art und der Dieb ist mit dem Kopf gegen ein geparktes Auto gestoßen. Da war so eine große Delle drin«, sagte Sebastian und zeigte es mit seinen Händen, bevor er den Salat nahm. »Ich werd mich wahrscheinlich mit der Polizei unterhalten müssen, weil ich den Kerl gesehen hab.«

»Dann trag den Salat raus und rede mit der Polizei. Ich bringe die Bestellung, sobald sie fertig ist.«

»Danke, Kelly, du bist die Beste.« Er verließ die Küche und trug den Salat zum Tisch, an dem ein Polizist und der große Mann saßen. Sebastian stellte den Salat vor den Mann, bevor er den Polizisten fragte, ob er ihm etwas bringen konnte.

Er lehnte ab und bedeutete Sebastian, sich zu setzen. »Ich bin Officer Cloud. Würden Sie mir bitte erzählen, was passiert ist?«

Sebastian erstattete dem Polizisten Bericht und tat sein Bestes, dabei langsam zu sprechen und ruhig zu bleiben, aber das Herz pochte ihm immer noch heftig in der Brust. »Es ist alles so schnell gegangen«, fügte er schließlich hinzu. »Ich hatte kaum Zeit zum Nachdenken.«

»Sie haben genau richtig gehandelt, Sir«, sagte der Polizist. »Ihm einfach das Geld zu geben und die Polizei zu rufen. Ihr Leben ist mehr wert als ein paar Dollar.« Der Polizist prüfte seine Notizen. »Wir hatten in den letzten Wochen einige Überfälle nach dem gleichen Schema. Ich hoffe, damit haben wir unseren Täter«, sagte der Polizist, bevor er nach Sebastians Namen, Telefonnummer und Adresse sowie der Adresse und Telefonnummer des Restaurants fragte.

Kelly kam mit einem Steak und Pommes an den Tisch, stellte den Teller und das Mousse ab und bedankte sich bei dem Mann für seine Hilfe, bevor sie in die Küche zurückkehrte.

»Danke Ihnen beiden«, sagte der Polizist und schob seinen Stuhl zurück. »Ich werde Sie in den nächsten Tagen kontaktieren. Wir haben das Geld, das er gestohlen hat, und sollten es Ihnen in den nächsten Tagen zurückgeben können. Ich werde morgen einen Beleg dafür vorbeibringen.«

Sebastian stand ebenfalls auf und schüttelte die Hand des Polizisten. »Danke für Ihre Hilfe«, sagte Sebastian, begleitete den Polizisten zur Tür und schloss sie hinter ihm ab, ehe er zum Tisch zurückging. »Ist alles in Ordnung?«

Der große Mann schluckte, bevor er antwortete. »Perfekt, danke. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen«, wiederholte er und legte sein Besteck auf den Teller, bevor er einen Schluck Kaffee trank.

»Das ist das Mindeste, was wir für Ihre Hilfe tun können.«

»Ich habe wirklich nichts getan, außer über meine eigenen Füße zu stolpern und ihn ebenfalls aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das Auto, an dem er sich den Kopf gestoßen hat, hat den Rest erledigt.« Der Mann lächelte wieder und gluckste leicht. »Es gibt einige Dinge auf der Welt, die definitiv nicht für jemanden mit meiner Größe gemacht sind. Türrahmen zum Beispiel«, fügte er hinzu und lächelte breit.

»Bitte sagen Sie Bescheid, wenn Sie noch etwas brauchen«, sagte Sebastian. Sein Blick wanderte durch den Raum, um sicher zu gehen, dass die anderen alles aufräumten.

»Ich könnte etwas Gesellschaft vertragen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich weiß, es ist spät, aber ich esse nicht gerne allein.«

Alles schien in guten Händen zu sein, also holte Sebastian sich eine Tasse Kaffee und kehrte zum Tisch zurück. »Ich bin übrigens Sebastian Franklin«, sagte er, während er einen Stuhl zurückzog.

»Robert Fortier«, sagte der große Mann und streckte die Hand aus. Sebastian schüttelte sie. »Schön, dich kennenzulernen, Sebastian, und vielen Dank für das hervorragende Essen. Das war wirklich nicht notwendig, aber ich weiß es sehr zu schätzen.«

»Gern geschehen«, sagte Sebastian, warf einen weiteren Blick durch den Raum und fragte sich, worüber sie reden sollten. »Beehrst du uns das erste Mal?«

»Ja, das tu ich tatsächlich. Ich habe viel Gutes über das Restaurant gehört, aber bisher hatte ich noch keine Gelegenheit vorbeizuschauen.« Robert aß zu Ende und schob den Teller weg, bevor er sich die Mousse nahm. »Ich esse normalerweise kein Dessert«, fügte er hinzu, ehe er einen Bissen nahm und leise seufzte.

»Ich weiß. Maureen, unsere Patissière, macht die unglaublichsten Desserts. Das ist eine ihrer Spezialitäten«, verkündete Sebastian stolz. Obwohl weder der Chefkoch noch der Besitzer, war er stolz auf das Café Belgie und schämte sich nicht, das zu zeigen. Er trank seinen Kaffee aus, während Robert seine Mousse aß. Danach schob Sebastian seinen Stuhl zurück, stand auf und nahm das Geschirr. »Ich bin gleich zurück. Möchtest du noch Kaffee?«, fragte Sebastian.

»Nur, wenn er entkoffeiniert ist. Für das starke Zeug ist es langsam etwas spät.«

»Natürlich. Bin gleich zurück.« Sebastian verließ den Tisch und trug das Geschirr in den Wirtschaftsraum, wo schon fast alles gereinigt und aufgeräumt war. Sebastian ging durch die Küche zurück und lächelte, als er sah, dass Kelly ebenfalls fast fertig war.

»Ich bin dann bald weg«, sagte sie.

»Klar. Ich sperre nachher ab. Bis morgen Nachmittag«, sagte Sebastian und winkte, bevor er die Küche verließ. Auf dem Weg zum Tisch nahm er die Kanne mit entkoffeiniertem Kaffee mit.

»Ich halte dich nicht auf, oder?«, fragte Robert, als Sebastian seine Tasse auffüllte. »Sieht so aus, als würden alle gehen.«

»Ich habe noch ein bisschen Zeit«, erwiderte Sebastian und füllte seine eigene Tasse auf, bevor er die anderen Gäste hinausließ und die Tür wieder hinter ihnen verschloss.

Er setzte sich zurück an den Tisch und trank seinen Kaffee, was Robert ihm gleichtat. Auf den zweiten Blick bemerkte er, dass der Mann ziemlich attraktiv war. Mittellange, wellige, kastanienbraune Haare, die bis zum Hemdkragen fielen, strahlend blaue Augen, schöne Lippen und ein ansprechendes Gesicht. Einen Moment lang begriff Sebastian nicht, warum er Robert nicht von Anfang an attraktiv gefunden hatte. Dann wanderte sein Blick zu den Klamotten. Sie hingen an ihm herab, als wären sie zwei Nummern zu groß. Für jemanden wie ihn musste es schwierig sein, Kleidung zu finden, die wirklich passte.

»Was machst du eigentlich beruflich?«, fragte Sebastian und hob seine Tasse an die Lippen.

»Im Moment bin ich für das County tätig«, sagte Robert. »Wie lange arbeitest du schon hier?«

Sebastian ließ noch einmal den Blick durch den Raum schweifen. »Seit wir vor ein paar Jahren eröffnet haben. Ich war einer der Ersten, die Darryl angestellt hat. Er ist der Chefkoch und Besitzer. Wie auch immer, ich war einer seiner ersten Angestellten und vor etwa einem Jahr hat er mich zum Restaurantmanager ernannt. Ich leite alles außerhalb der Küche und er leitet Küche und Betrieb. Sein Lebenspartner, Billy, arbeitet hier als Kellner. Wahrscheinlich ist er sogar unser bester Kellner.« Sebastian sah, wie Robert ein bisschen blass wurde. »Tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du dich unwohl fühlst.«

Robert stellte seine Tasse auf die Untertasse. »Tu ich nicht. Ich habe nur nicht erwartet, dass ich so tolerante Menschen in Zentralpennsylvania finde. Vielleicht in Philly oder Pittsburgh, aber nicht hier.«

Sebastian war der Mann zwar aufgefallen, ohne dass er jedoch einen wirklichen Gedanken an die Frage verschwendet hatte, ob dieser vielleicht schwul sein könnte, aber dessen Reaktion, der verwunderte Blick und das harte Schlucken deuteten in diese Richtung. »Wohnst du hier in der Stadt?«

»Ja, ich besitze ein kleines Haus in der Louther Street, nur ein paar Blocks weiter.« Robert betrachtete ihn neugierig, als versuchte er Sebastian einzuschätzen, aber dann verschwand der Ausdruck aus seinem Gesicht und er ergriff erneut die Tasse, um den Rest seines Kaffees zu trinken. »Ich sollte dich nicht weiter aufhalten. Es wird spät und ich halte dich davon ab, nach Hause zu gehen.« Robert stand auf und legte seine Serviette auf den Tisch.

»Es war schön dich kennenzulernen, Robert. Und vielen Dank für deine Hilfe heute Abend. Wir wissen das wirklich zu schätzen.« Sebastian streckte seine Hand aus und Robert schüttelte sie fest.

»Das war überhaupt kein Problem, ernsthaft«, sagte Robert mit einem selbstironischen Lächeln, während er zur Eingangstür ging.

Sebastian schloss auf und hielt die Tür fest, bis Robert hinausgetreten war. Nachdem er hinter ihm zugesperrt hatte, lächelte Sebastian, während Robert seinen Mantel überwarf und den Gehweg entlangmarschierte. Sebastian beobachtete ihn unauffällig aus den Augenwinkeln und tatsächlich drehte sich Robert nach ihm um, bevor er aus seinem Blickfeld verschwand. Er lächelte. Offensichtlich hatte sich seine Ahnung bestätigt. Sebastian ging durch das Restaurant und prüfte, ob die Kasse verschlossen und alles im Safe war, bevor er das Licht ausschaltete. Er ging durch die Eingangstür hinaus, drehte den Schlüssel im Schloss und trat seinen kurzen Spaziergang an.

***

Sein Zuhause war ein Reihenhaus in der Pomfret Street, einer der ältesten Straßen der Stadt. Es war das Haus seiner Eltern gewesen und nach ihrem Tod hatte er es nicht über sich gebracht, es zu verkaufen. Also hatte er es behalten. An seinen freien Tagen arbeitete er an dem alten Haus und versuchte, es zu renovieren. Wenn man ein zweihundert Jahre altes Haus besaß, war eins sicher: Es gab immer etwas zu tun. Aber er liebte es, darin zu wohnen. Seine Mom, die eine Vorliebe für Antiquitäten gehegt hatte, hatte darauf bestanden, das Haus mit Möbeln aus der Erbauungszeit einzurichten. Sie und sein Dad hatten während ihrer ganzen Ehe Stücke gesammelt. Das Haus war wunderschön eingerichtet.

Er schloss die Haustür auf, betrat die Eingangshalle mit der Standuhr, die seine Mutter gekauft und Sebastians Vater als Geschenk zum dreißigsten Hochzeitstag liebevoll restauriert hatte, und hob die Post vom Boden auf.

Nachdem er die Schlüssel in die Schale auf dem kleinen Tisch gelegt hatte, ging er durch das Esszimmer mit dem großen Sideboard im Empire-Stil. Sebastian hängte seinen Mantel über einen Stuhl, blätterte die Post durch und legte zur Seite, wonach ihm gerade nicht der Sinn stand, bevor er die kleine Lokalzeitung ergriff, die er diesen Morgen hereingeholt hatte. Er nahm sie mit sich, als er durch mehrere Zimmer in den hinteren Teil des Hauses ging, wo vor ein paar Jahren ein kleiner Raum angebaut worden war. Seine Mom hatte es geliebt, über die Jahre hinweg den Großteil des Hauses zu renovieren, aber dank seines Vaters waren dieses Zimmer, die Küche und die Badezimmer modern.

Nachdem er das Licht eingeschaltet hatte, setzte Sebastian sich in den großen, gemütlichen Sessel, legte seine Füße auf den Hocker und schlug die Zeitung auf. Er liebte diese Tageszeit. Sebastian wusste, dass die meisten Menschen dachten, dass er ein wenig extravagant und ein Partymensch war, aber in Wirklichkeit führte er ein ziemlich ruhiges Leben.

Er blätterte die Zeitung durch, entdeckte aber nichts Interessantes und wollte sie schon wegwerfen, als ein Bild seine Aufmerksamkeit erregte. Als er es genauer betrachtete, weiteten sich seine Augen und er begann, den Artikel zu lesen.

»Tja, verdammt«, sagte Sebastian lächelnd und schüttelte langsam den Kopf. Die Überschrift war Cumberland Countys neuester Richter und darunter befand sich ein Bild von Robert Fortier.

Sebastian las den ganzen Artikel mit einem Lächeln auf dem Gesicht, bevor er die Zeitung weglegte und den Fernseher einschaltete. Er versuchte, dem Programm zu folgen, erwischte sich jedoch dabei, wie er wieder die Zeitung nahm und das Bild von Robert ansah. Der Mann war nett gewesen, wirklich nett, und es war lange her, dass Sebastian so jemanden kennengelernt hatte. Als er angefangen hatte, im Restaurant zu arbeiten, hatte er für Darryl geschwärmt, aber seine Gefühle waren nicht erwidert worden, egal, wie sehr Sebastian versucht hatte, Darryls Aufmerksamkeit zu erregen.

Sebastian schaltete den Fernseher und das Licht aus, bevor er durch das Haus hinauf in sein Schlafzimmer ging. Wer weiß? Sebastian wollte sich keine Hoffnungen machen, aber Carlisle war eine kleine Stadt; wahrscheinlich würde er Robert wieder über den Weg laufen. Verdammt, er hoffte es. Nachdem er sich gewaschen hatte, schlüpfte Sebastian unter die Decke, bevor er das Licht ausschaltete. Er gab sein Bestes, nicht an Robert zu denken… jedenfalls nicht allzu sehr.

Kapitel 2

Sobald Robert aufwachte, waren seine Gedanken bei dem gestrigen Abendessen… und bei dem Kellner. Er fühlte sich nicht allzu wohl mit den Gefühlen, die Sebastian in ihm geweckt hatte, aber der Mann war sehr nett gewesen und er war unbestreitbar süß.

Robert stieg aus dem Bett und tapste den Flur seines kleinen Hauses entlang zum Badezimmer. Nachdem er sich gewaschen hatte, zog er sich an und ging in die winzige Küche, um sich die dringend benötigte Tasse Kaffee zu machen. Er nahm die Post von gestern vom Tisch, wo er sie abgelegt hatte, und ging die Rechnungen und das restliche Zeug durch, bevor er sich der Zeitung widmete. Es war die von gestern, aber das kümmerte ihn nicht. Er blätterte sie durch und sah sein Bild unter der Überschrift Cumberland Countys neuester Richter.

Robert las den Artikel und schnaubte. Das Letzte, was er erwartet hatte, war, zum Richter gewählt zu werden. Er hatte nur aus einer Laune heraus kandidiert, weil eine der lokalen Rechtsvertretungen ihn darum gebeten hatte, den Platz auf der Wahlliste zu füllen. Immerhin war er gegen einen Amtierenden angetreten, der seit Jahren einen Platz auf der Richterbank innehatte. Er hatte nicht vorhergesehen, dass ein Skandal um seinen Gegner ausbrechen würde, dessen Rechtsgutachten betreffend. Es war strittig, ob einige davon wirklich von ihm selbst oder stattdessen von einem seiner Freunde verfasst worden waren.

Diese Sache war wenige Wochen vor der Wahl ans Licht gekommen und hatte ausgereicht, dass Robert gewählt worden war. Oder dass sein Gegner nicht gewählt worden war – je nachdem, wie man es betrachtete. Robert war zum Richter gewählt worden. Es waren schon merkwürdigere Dinge passiert.

Nachdem er die Zeitung, die die Geschichte bis ins kleinste Detail berichtete, weggelegt hatte, nippte Robert an seinem Kaffee und fragte sich – nicht zum ersten Mal –, was er tun sollte.

Robert hatte Anwalt werden wollen, solange er denken konnte. Seine Mutter hatte ihm oft Geschichten über seinen Großvater erzählt, der ihren Worten nach eine Art heldenhafter Super-Anwalt gewesen war, und genau das hatte Robert auch werden wollen. Während des Studiums hatte er herausgefunden, wie Anwälte tatsächlich waren, und das unterschied sich sehr von dem Bild, das seine Mutter in ihren Geschichten gezeichnet hatte.

»Vielleicht kann ich als Richter Gutes bewirken«, hatte er sich gesagt, als er der Kandidatur zugestimmt hatte, obwohl er nicht wirklich darauf zu hoffen gewagt hatte. Und jetzt hatte er gewonnen und hatte Angst. Nicht, weil ihm die nötigen Fähigkeiten fehlten – Robert wusste, er würde ein guter und fairer Richter sein –, aber wie der letzte Abend bewiesen hatte, besaß er eine Schwachstelle. Der einzige Mensch auf der Welt, der wusste, dass er schwul war, war seine Mutter. Er hatte es ihr vor ein paar Jahren gesagt und seitdem hatten sie nie mehr darüber geredet. Robert wusste nur, dass er nicht mehr länger leugnen konnte, wer er war. So viel war sicher.

Nachdem Robert seinen Kaffee ausgetrunken hatte, stellte er die Tasse in die Spüle und überprüfte im Spiegel, ob sein Outfit zusammenpasste und es nicht dumm aussah, bevor er das Haus verließ. Robert ging durch die Straßen der Stadt, in der er aufgewachsen war, zum Hauptplatz und überquerte die Straße vor dem Gericht, das sein neuer Arbeitsplatz sein würde, ging jedoch weiter zu dem Gebäude mit der historischen Fassade, das die kleine Anwaltskanzlei beherbergte, in der er während der letzten Jahre gearbeitet hatte.

»Morgen, Robert«, sagte Millicent, seine Anwaltsgehilfin, freundlich, als er auf dem Weg zu seinem Büro an ihrem Tisch vorbeikam. »Ich hab gehört, dass du gestern Nacht ein wenig Aufregung hattest.«

»Das hat sich ja erstaunlich schnell herumgesprochen«, erwiderte er und nahm die Tasse Kaffee entgegen, den sie für ihn eingegossen hatte. »Selbst für diese Stadt.«

»Hat es sich nicht. Du weißt doch, dass mein Dad bei der Polizei ist. Er hat angerufen und mir erzählt, dass du einen Überfall vereitelt hast.« Sie klang sehr zufrieden.

»Hab ich nicht wirklich«, erwiderte er und warf einen Blick auf seinen Tisch, bevor er sich wieder zu ihr drehte. »Millie, du kennst mich. Kannst du dir wirklich vorstellen, wie ich einen Überfall vereitle? Ich bin ins Restaurant gegangen und wie immer über meine eigenen Füße gestolpert, wobei ich den Kerl mitgerissen habe. Wenn er nicht eine Straftat begangen hätte, würde er mich wahrscheinlich verklagen.«

Robert beobachtete, wie sie ihren Tisch verließ, sein Büro betrat und die Tür schloss. »Jetzt hör mir mal zu, Robby. Ich war dein Babysitter und wir waren Freunde, bevor ich zugestimmt hab, für dich zu arbeiten, also rede gefälligst nicht so. Du bist etwas Besseres und das weißt du.«

»Millie, ich bin ein richtiger Tollpatsch!«

Sie schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, genug davon. Du bist der netteste Mann überhaupt und ein lieber Freund und die Menschen dieser Stadt haben dich gerade zum Richter gewählt«, fuhr sie fort und wiegelte seinen Protest mit einer Handbewegung ab. »Du bist Richter geworden, weil du der beste Mann für den Job bist – Punkt. Und es ist an der Zeit, dass du das erkennst.« Sie trat näher. »Hast du mich gehört? Du willst doch nicht, dass ich das mache, was ich getan habe, als wir Kinder gewesen sind…« Robert legte reflexartig die Hände über seine Ohren und Millie lächelte. »Gut, ich weiß nicht, ob ich überhaupt so hoch gekommen wäre, aber du verstehst das Prinzip.« Sie wandte sich zur Tür.

»Wann steht mein erster Termin an?«

Sie sah auf die Uhr an der Wand, bevor sie die Augen verdrehte. »Um neun, du hast eine halbe Stunde«, antwortete sie und öffnete grinsend die Tür. »Du bist so was wie mein kleiner Bruder und ich weiß, dass du alles schaffen kannst.«

»Danke, Millie«, erwiderte er und setzte sich auf seinen Stuhl. »Und du bist wie eine große nervige Schwester für mich«, fügte er grinsend hinzu.

»Ich weiß«, sagte sie, bevor sie das Büro verließ, »und vergiss das nicht.«

Robert beobachtete, wie sie ging, ehe er seinen Kalender und die ordentlich gestapelten Akten auf seinem Tisch durchsah. Dann zog er die Akte für seinen ersten Termin mit einem Paar hervor, das sein Testament erneuern wollte, und machte sich damit vertraut, bevor er etwas Zeit für die Organisation des restlichen Tages aufwandte.

***

Einige Termine und Telefonate später hatte Robert ein paar freie Minuten. Als er aus seinem Büro kam, konnte er Jon Grant telefonieren hören, also ging er den Flur entlang zum Tisch von Jons Assistentin. Er wollte Sylvia gerade fragen, ob Jon Zeit hatte, als dieser ihm bedeutete einzutreten.

»Was ist los, Robert?«, fragte Jon in seinem typischen, ruhigen Tonfall.

In all den Jahren, die Robert ihn schon kannte, sowohl als Anwalt als auch aus Roberts Studentenzeit, während er als Anwaltsgehilfe für Jon gearbeitet hatte, hatte er nie gehört, wie Jon irgendjemandem gegenüber die Stimme erhoben hatte. Im Gerichtssaal konnte das erstaunlich zermürbend sein.

»Du wirkst schon seit ein paar Tagen abgelenkt«, fuhr Jon fort und lud ihn mit einer Handbewegung ein, in einem der großen, gemütlichen Ohrensessel vor seinem Tisch Platz zu nehmen. »Ich weiß, diese Wahl kam ein bisschen überraschend für dich. Das war sie für uns alle, politisch gesehen. Aber ich habe keine Zweifel, dass du zu diesem Job fähig bist und ihn meistern wirst.«

Robert setzte sich, merkte jedoch, dass er sich unruhig wand. »Aber ich habe sehr wenig Zeit als wirklicher Prozessanwalt im Gerichtssaal verbracht.«

»Und wir haben einen obersten Richter im Supreme Court, der noch nie zuvor Richter war.« Jon stand auf, ging um den Tisch herum und schloss die Tür, bevor er sich auf den Stuhl neben Robert setzte. »Ein guter Richter zu sein, hat nicht zwingend etwas damit zu tun, ein guter Anwalt zu sein. Ich habe unglaubliche Strafverteidiger gesehen, die komplett versagt haben, sobald sie auf dem Richterstuhl saßen. Diese zwei Dinge sind nicht zwangsläufig kompatibel. Ein guter Richter zu sein, verlangt juristisches Wissen, das du unglaublich gut abrufen kannst. Aber mehr als das erfordert es Logik und die Fähigkeit, Argumente abzuwägen, und das kannst du sehr gut. Viele Anwälte können das. Dazu werden wir ausgebildet.«

»Warum kann dann nicht jeder Anwalt gleichzeitig ein guter Richter sein?«

»Weil es da noch etwas anderes gibt«, fuhr Jon geduldig fort. »Man braucht einen Hauch von Mitgefühl und außerdem – wie ich zu behaupten wage – Bescheidenheit und Weisheit. Arrogante Richter sorgen vielleicht für Aufruhr, aber sie treffen keine guten Entscheidungen. Du jedoch bist einer der bescheidensten, selbstkritischsten Menschen, die ich je kennengelernt habe, und du hast auch bei Weitem am meisten Potenzial von allen, denen ich begegnet bin.« Robert suchte in Jons Augen nach irgendeinem Hinweis auf Unaufrichtigkeit, entdeckte jedoch nichts dergleichen. Nicht, dass er überrascht wäre – Jon sagte nie etwas, das er nicht auch meinte. »Wir alle finden es schade, dich hier zu verlieren, das kann ich dir sagen. Aber wir werden immer da sein, um zuzuhören, und wir werden vor allem deine Freunde sein.«

»Das weiß ich, Jon, vielen Dank.« Robert bewegte sich nervös auf dem Stuhl, bevor er seine Hände auf die Armlehnen legte, um sich selbst auf die Füße zu helfen.

»Was wolltest du noch fragen?«, wollte Jon ernst wissen. Robert ließ sich zurück in den Stuhl fallen.

»Das machst du immer«, sagte Robert lächelnd. »Wie…?«

»Erinnerst du dich noch an den Tag, an dem du mein Büro zum ersten Mal betreten hast?« Robert nickte, ehe Jon fortfuhr: »Du warst Jurastudent im ersten Jahr und auf der Suche nach einem Job als Kanzleikraft. Es ist so: Dutzende Studenten sind durch meine Tür stolziert, wie jedes Jahr, und ich habe sie alle weggeschickt. Weißt du, warum?«

»Nein.«

»Jeder von ihnen ist mit einer Menge Energie zu mir gekommen. Sie wollten die Welt verändern, aber am Ende haben sie nichts erreicht, außer mein Büro in ein komplettes Chaos zu verwandeln. Aber als du gekommen bist, hast du um einen Termin gebeten und gewartet. Als ich mit dir gesprochen habe, hast du mir gesagt, dass du hart arbeiten und dein Bestes tun würdest, um gute Arbeit zu leisten. In dieser Hinsicht sind wir uns sehr ähnlich. Und wenn uns etwas plagt, dann nagen wir beide so lange daran, dass wir uns selbst fast verrückt machen. Das hast du in den letzten Tagen getan. Ich habe gedacht, es liegt an der Wahl, aber es gibt noch etwas anderes, oder?«

Robert nickte langsam. »Ich bin nicht sicher, was ich tun soll.«

»In Bezug auf was? Wenn du es mir nicht sagst, kann ich dir nicht helfen.«

Robert zappelte wieder etwas, bevor er seine Entscheidung traf. »Jon, ich bin schwul«, platzte er leise heraus.

»Und?« Jon zuckte tatsächlich mit den Schultern. »Ist das alles?«

»Nun ja, ich denke schon«, stammelte Robert einen Moment lang, bevor er die Fassung wiedererlangte.

»Dein Privatleben geht niemanden etwas an. Die Leute im Cumberland County haben dich zum Richter gewählt. Es ist doch egal, in wen du dich verliebst, und offen gestanden geht sie das überhaupt nichts an.«

»Wie kannst du das nur so ruhig aufnehmen? Wir sind hier im konservativen Zentralpennsylvania. Wie kann es kein Problem sein, dass ich schwul bin?«

»Ja, das ist der konservative Teil des Landes, aber die Menschen hier sind auch herzlich und fürsorglich, das weißt du. Ich nehme an, du wirst nicht in irgendwelchen Paraden mitmarschieren und Regenbogenflaggen schwenken?« Robert schüttelte den Kopf und lächelte sogar. »Dann mach dir keine Sorgen deswegen. Du verdienst ein Leben genau wie jeder andere. Sei ein guter, fairer Richter und der Rest wird niemanden interessieren. Die meisten Menschen hier haben die Einstellung, zu leben und leben zu lassen, und meiner Erfahrung nach werden sie jeden fair beurteilen.«

Robert stand auf und ging zur Tür. »Wie kannst du das so einfach akzeptieren?« Nicht, dass er genau gewusst hätte, wie Jon reagieren würde, aber dass dieses Gespräch so glatt verlief, hätte er nie erwartet.

»Mein Jüngster, Peter, hat mir vor ungefähr…« Jon dachte eine Sekunde lang nach und sagte dann: »Sechs Monaten gesagt, dass er schwul ist. Daraufhin hat er seinen Freund mit nach Hause gebracht. Der Junge hatte so viele Löcher in seinem Gesicht, dass ich ihn für eine Voodoo-Puppe gehalten habe.« Jon grinste. »Du verstehst also, dass dein Geständnis, schwul zu sein, nicht annähernd dieselbe einschlagende Wirkung hat.« Jon sah zur Tür in Roberts Rücken. »Ich nehme an, du hast momentan niemanden?« Robert schüttelte erneut den Kopf und fragte sich, was als Nächstes kam. »Gut, denn Peter ist ein netter Junge…«

Zuerst öffnete Robert den Mund, um zu protestieren, aber dann sah er Jons schiefes Grinsen und wusste, dass er ihn neckte. »Danke, Jon, ich werde es mir merken«, scherzte Robert, während er die Tür öffnete. »Vielen Dank.« Als er zu seinem Büro zurückging, reichte Millie ihm ein paar Nachrichten. Robert nahm sie dankend entgegen, ehe er sich wieder an seinen Tisch setzte und in die Arbeit abtauchte.

***

»Robert.« Nachdem er die Details eines wirklich komplizierten Treuhands durchgegangen war, hörte er Millies Stimme von seiner Tür.

»Gehst du Mittag essen?«, fragte Robert und sah von den Papieren hoch.