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Der ältere, gut situierte Sganarelle will die junge schöne Dorimène heiraten. Sein Freund Geronimo rät ihm von dieser Eheschließung ab. Zwei gelehrte Philosophen, von denen der eine ein Vertreter des Aristotelismus, der andere ein Anhänger des Pyrrhonismus ist, sowie zwei musizierende Zigeunerinnen steigern die Unsicherheit des Heiratskandidaten. Nachdem ihm Dorimène angekündigt hat, dass sie es mit der ehelichen Treue nicht so genau zu halten gedenkt, und auch noch ihr Liebhaber Lycaste die Bühne betritt, will Sganarelle sein Eheversprechen bei seinem Schwiegervater zurücknehmen. Er wird aber durch Dorimènes streitlustigen Bruder daran gehindert, der den Unglücklichen zu einem Duell herausfordert. Wohl oder übel muss Sganarelle schließlich in die Heirat einwilligen.
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Seitenzahl: 34
LUNATA
Die Zwangsheirat
© 1664 Molière
Originaltitel Le mariage forcé
Aus dem Französischen von Wolf Heinrich Graf von Baudissin
Umschlagbild David Wilkie
© Lunata Berlin 2020
Personen
Die Zwangsheirat
Sganarelle
Geronimo
Dorimene, Sganarelles Verlobte
Alcantor, Dorimenes Vater
Alcidas, ihr Bruder
Lycaste, ihr Liebhaber
Pancratius, ein aristotelischer Philosoph
Marphurius, ein pyrrhonischer Philosoph
Zwei Zigeunerinnen
Der Schauplatz ist auf der Straße
Erster Aufzug
Sganarelle(spricht zu den Leuten in seinem Hause). Ich bin im Augenblick wieder da; gebt nur Acht auf das Haus, und daß Alles ordentlich zugeht. Wenn Jemand Geld bringt, so holt mich bei dem Herrn Geronimo; und verlangt man etwas von mir, so sagt, ich sei ausgegangen und käme heut den ganzen Tag nicht wieder.
Zweiter Aufzug
Sganarelle. Geronimo.
Geronimo(der die letzten Worte gehört hat). Das ist ein sehr verständiger Befehl.
Sganarelle. Ah, bester Herr Geronimo, ich treffe Euch zur guten Stunde; ich ging gerade aus, Euch aufzusuchen.
Geronimo. Und in welcher Veranlassung, wenn ich fragen darf?
Sganarelle. Um Euch etwas mitzuteilen, was mir im Kopfe herumgeht, und Euch zu bitten, mir Euren Rat in dieser Angelegenheit zu geben.
Geronino. Von Herzen gern. Es ist mir lieb, daß wir uns begegnet sind; und wir können hier ungestört mit einander reden.
Sganarelle. Setzt doch auf, ich bitte Euch! – Es handelt sich um eine Sache von Wichtigkeit, die man mir vorgeschlagen hat; und man tut immer besser, nichts ohne den Rat seiner Freunde zu unternehmen.
Geronimo. Ich danke Euch, daß Ihr mich dazu gewählt habt. Sagt mir also nur wovon die Rede ist.
Sganarelle. Aber vor allen Dingen beschwöre ich Euch mir durchaus nicht zu schmeicheln, und mir Eure Gedanken ganz offenherzig auszusprechen.
Geronimo. Das werde ich tun, weil Ihr’s verlangt.
Sganarelle. Ich wüßte nichts in der Welt, was mehr Tadel verdiente, als ein Freund, der nicht rundheraus spricht.
Geronimo. Da habt Ihr Recht.
Sganarelle. Und man findet in unsern Tagen wenig aufrichtige Freunde!
Geronimo. Das ist wahr.
Sganarelle. Versprecht mir also, lieber Herr Geronimo, recht frei und unumwunden zu sagen, was Ihr denkt.
Geronimo. Das verspreche ich.
Sganarelle. Schwört mir’s bei Eurer Ehre.
Geronimo. Bei meiner Freundschaft! Sagt mir nur was es ist.
Sganarelle. Ich möchte von Euch hören, ob ich wohltun würde mich zu verheiraten.
Geronimo. Wer, Ihr?
Sganarelle. Ja, ich selbst, in eigener Person. Was meint Ihr dazu?
Geronimo. Ich bitte Euch nur, mir vorher noch eine Frage zu beantworten.
Sganarelle. Und welche?
Geronimo. Wie alt mögt Ihr jetzt wohl sein?
Sganarelle. Ich?
Geronimo. Ja.
Sganarelle. Meiner Treu’, das weiß ich nicht; aber ich befinde mich vortrefflich.
Geronimo. Wie, Ihr wißt nicht ungefähr, wie alt Ihr seid?
Sganarelle. Nein. Wer denkt denn an so etwas?
Geronimo. Ei! Sagt mir doch einmal, ich bitte, wie alt war’t Ihr, als ich Eure Bekanntschaft machte?
Sganarelle. Meiner Treu’, da werde ich etwa zwanzig Jahre gewesen sein.
Geronimo. Wie lange waren wir dann in Rom zusammen?
Sganarelle. Acht Jahre.
Geronimo. Wie lange seid Ihr in England gewesen?
Sganarelle. Sieben Jahr.
Geronimo. Und in Holland, wo Ihr Euch hernach aufhieltet?
Sganarelle. Fünf und ein halbes Jahr.
Geronimo. Und seit wann seid Ihr wieder zurückgekehrt?
Sganarelle. Seit Anno sechs und fünfzig.
Geronimo. Von sechs und fünfzig bis acht und sechzig sind, denke ich, zwölf Jahre. Fünf Jahre in Holland, macht siebzehn; sieben in England, macht vier und zwanzig; acht während wir in Rom waren, zwei und dreißig; und zwanzig, die Ihr zähltet als wir uns kennen lernten, machen Alles in Allem genau zwei und fünfzig. Woraus folgt, Herr Sganarelle, daß Ihr nach Eurem eigenen Geständnis in Eurem zwei und fünfzigsten oder drei und fünfzigsten Jahre steht.
Sganarelle. Wer, ich? Das kann nicht sein.
Geronimo.