Drango und die Treckhyänen: Western - Luke Sinclair - E-Book

Drango und die Treckhyänen: Western E-Book

Luke Sinclair

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Beschreibung

„Umzingelt in der Hölle des Indianerlandes“ Clint Drango merkte erst spät, dass er in die Falle geraten war. In den Felsklippen, zweihundert Yards von ihm entfernt, blinkte verräterisch ein Gewehrlauf auf. Drango ließ sich flach auf den Rücken seines Pferdes fallen. Im gleichen Sekundenbruchteil peitschte zwischen den Felsen ein Schuss auf. Haarscharf raste die Kugel über den Kopf des einsamen Reiters hinweg. Drango warf sich aus dem Sattel, ohne darauf zu achten, wohin er fiel. Hart schlug er auf Schotter und rollte über die Kante des Geröllhanges nach unten. Sein Körper polterte in einer Lawine von losem Gestein und Staub abwärts. Ein lebloses Bündel Mensch, mitgerissen von der Gewalt der Felstrümmer...

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Luke Sinclair

Drango und die Treckhyänen: Western

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Inhaltsverzeichnis

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Drango und die Treckhyänen: Western

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Drango und die Treckhyänen: Western

Luke Sinclair

„Umzingelt in der Hölle des Indianerlandes“

Clint Drango merkte erst spät, dass er in die Falle geraten war. In den Felsklippen, zweihundert Yards von ihm entfernt, blinkte verräterisch ein Gewehrlauf auf. Drango ließ sich flach auf den Rücken seines Pferdes fallen. Im gleichen Sekundenbruchteil peitschte zwischen den Felsen ein Schuss auf. Haarscharf raste die Kugel über den Kopf des einsamen Reiters hinweg. Drango warf sich aus dem Sattel, ohne darauf zu achten, wohin er fiel. Hart schlug er auf Schotter und rollte über die Kante des Geröllhanges nach unten. Sein Körper polterte in einer Lawine von losem Gestein und Staub abwärts. Ein lebloses Bündel Mensch, mitgerissen von der Gewalt der Felstrümmer...

*

Dürres Gesträuch fing seinen Körper auf.

Halb betäubt und mit schmerzenden Gliedern blieb Clint Drango liegen. In den Hautabschürfungen brannte der Staub.

Vorsichtig hob Clint den Kopf. Dann versuchte er aufzustehen und fiel nach der Seite. In seinem Kopf schien sich ein Karussell zu drehen. Aber es schien nichts gebrochen zu sein. Langsam setzte sein Denken wieder ein, und seine Hand tastete nach der Hüfte. Der Revolver war noch da.

Er hatte sich zu sehr auf Lee Vallons Fährte konzentriert. Aber Vallon war ein gerissener Bursche. Er hatte wohl längst bemerkt, dass Clint Drango hinter ihm her war.

Drango hustete den Staub aus seiner Lunge. An seiner Stirn fühlte er klebriges Blut. Aber er hatte verdammtes Glück gehabt. Lee Vallon musste überzeugt sein, ihn getroffen zu haben. Sein Sturz vom Pferd hatte überzeugend ausgesehen.

Vallon würde nun Drangos Pferd, den Sattel und das Gewehr holen.

Vielleicht konnte er ihn dabei erwischen. Zuerst aber musste er von hier verschwinden, bevor Lee Vallon den Rand des Abhanges erreichte und ihn bemerkte.

Clint Drango arbeitete sich durch die Büsche. Fünfzig Yards von ihm zog sich eine Erosionsrinne von oben herab, die die Sturzbäche unzähliger Schneeschmelzen und Unwetter gegraben haben mochten. Die Rinne war von verkrüppelten Kiefern und freigespültem Wurzel werk gesäumt. In ihr gelangte er ungesehen hinauf. Sein Pferd war von dem Schuss erschreckt ein Stück weitergelaufen. Es hob den Kopf und spielte mit den Ohren zu jenen Felsklippen hinüber, zwischen denen ein Mann mit einem Gewehr auftauchte.

Lee Vallon ging zunächst zu der Stelle, an der Drangos Absturz begonnen hatte,

und spähte hinunter. Aber in dem Buschwerk da unten würde man einen Toten schwerlich erkennen können. Schließlich drehte Vallon sich um und kam langsam auf das Pferd zu. Er ging um das Tier herum und betrachtete es von allen Seiten. Für das Gewehr im Scabbard schien er sich besonders zu interessieren.

Drango richtete den Revolver auf seinen Rücken und kam lautlos aus der Deckung heraus.

„Vallon“, sagte er sanft.

Etwas im Rücken des anderen Mannes schien sich zu versteifen. Die Hand, die das Gewehr hielt, verkrampfte sich leicht.

„Versuch es nicht!“, warnte Clint Drango und kam langsam näher. Lee Vallon ließ das Gewehr fallen und hielt beide Hände von seinem Körper fort. Mit einem Fluch wandte er den Kopf. Die Narbe auf der Stirn schimmerte rot.

„Verdammt, Drango, hast du mich doch tatsächlich erwischt.“ Fast gleichgültig fuhr er fort: „Aber es wird dir nicht viel nützen.“

„Versuch keine Tricks, Vallon!“

„Bin ja nicht blind“, knurrte er mit einem Blick auf Drangos Revolver. „Außerdem habe ich das nicht nötig. Ich schätze, du wirst ohnehin nicht weit mit mir kommen.“

Auf Drangos Zügen zeigte sich ein kaltes, unfreundliches Lächeln.

„Du warst schon immer zu optimistisch“, sagte er. „Immer geht das aber nicht gut.“

Lee Vallon zuckte mit den Schultern.

„Wir wollen uns darüber nicht streiten.“ Seine Augen waren dunkel und unerforschlich, aber sie belauerten Drango unablässig. Hinter seiner uninteressierten Gelassenheit verbarg sich die Suche nach einem Ausweg.

Aber Clint Drango konnte er nicht täuschen. Er wusste, wenn er den geringsten Fehler beging, war es um ihn geschehen. Lee Vallon war ein Mann, der zwar mit seinen Leuten rechnete, sich aber nicht ausschließlich auf sie verließ. Dazu war er zu klug.

„Schnall lieber deinen Revolver ab“, sagte Drango, „ich sehe, wie es dir in den Fingern juckt.“

Vallon ärgerte sich, dass der andere seine Gleichgültigkeit durchschaut hatte. Aber er verstand es, sich zu beherrschen. Immer noch lag jenes Grinsen auf seinem Gesicht, aber es wirkte bereits eingefressen.

Langsam senkten sich seine Hände zur Gürtelschnalle, dann fiel der Gurt hinter ihm auf den Boden.

„Geh da rüber!“, befahl Drango und machte eine schwache Bewegung mit dem Revolver.

Lee Vallon gehorchte, und er selbst trat zu seinem Pferd und nahm das Lasso.

Vallon streckte unaufgefordert die Hände vor.

„Bediene dich, Drango“, sagte er, „ich lasse dir den Spaß, bevor du in die Hölle fährst.“

Drango steckte den Revolver ein und band Vallons Handgelenke zusammen.

„Jetzt kannst du dich hinsetzen.“

Das übriggebliebene Ende des Lassos schlang Drango um einen Baumstamm. „Wo hast du deinen Gaul?“

Vallon machte eine stumme Kopfbewegung zu den Felsklippen hin, und Drango machte sich auf die Suche. Wenig später kam er mit Vallons Pferd zurück. Er war zufrieden. Er hatte Vallon erwischt und konnte unverzüglich nach Fort Robinson aufbrechen. Nur etwas hielt ihn davon ab. Es war der Gedanke an die Männer des Wagenzuges, dem er zwei Tage zuvor begegnet war, an eine Frau mit grünen Augen und an einen kleinen Jungen, der Pete hieß. Alles eigensinnige und unerfahrene Leute. Und General Crook befand sich in den Black Hills, und Custer war zum Little Bighorn aufgebrochen, um den Sioux eine Lektion zu erteilen. Der Krieg mit den Sioux war in vollem Gange, und da wollten ein paar Leute mit ihren Wagen nach Westen.

Es widerstrebte Drango, sie ihrem Schicksal zu überlassen. Bis Scottsbluff war es nur ein Katzensprung, und er würde nicht viel Zeit verlieren, wenn er dort Station machte. Das Dumme war nur, dass sich Vallons Männer in der Nähe dieser Siedlung aufhielten.

Lee Vallon hatte in Fort Fetterman einen Freund von Drango umgebracht. Dafür würde man ihn hängen, wenn nicht Drango vorher Vallons Männern in die Hände fiel.

„Du könntest mir gleich sagen, wo du das Geld aus Fort Fetterman versteckt hast“, wandte er sich an Vallon. „Ich will nicht unken, aber es könnte doch sein, dass dir etwas zustößt, bis wir in Fort Robinson sind.“

Vallon entblößte seine gelben Zähne und ließ ein hässliches Lachen hören.

„Wenn du vorhast, mich für die Hälfte laufen zu lassen, so sitzt du auf dem falschen Gaul. Ich werde dir entwischen, ohne dafür zu bezahlen. Was willst du auch mit dem Geld? Den Haarschnitt, den dir die Rothäute verpassen, bekommst du kostenlos.“

„Mir scheint fast, du bist ein Witzbold“, sagte Drango mit unnatürlicher Freundlichkeit. Dann packte er den Strick und riss Vallon mit einem harten Ruck hoch. „Wir brechen auf!“ Vallons Gesicht kam dicht an das seine. In den dunklen Augen flammte der Hass, und die Narbe auf seiner Stirn wurde fast violett.

„Du wirst sehr bald bereuen, dass du dich so unbeliebt gemacht hast“, stieß er zwischen schmalen Lippen hervor.

„Ich werde dabeistehen, wenn man dich hängt“, sagte Drango kalt. Dann löste er das Lasso von dem Baum und ließ Lee Vallon aufsitzen.

Vallons Schecke schien ein guter Renner zu sein, und um sicher zu gehen, verband Drango die beiden Pferde mit einer langen Leine, die er bei Vallons Sachen fand.

Dann ritten sie los. Vallon saß geduldig im Sattel und fluchte nicht ein einziges Mal. Nur der dumpfe Hufschlag schräg hinter ihm und das zeitweilige Spannen der Leine erinnerten Drango daran, dass er einen Gefangenen bei sich hatte.

*

Er hatte scharf aufpassen müssen, damit sie nicht Vallons Männern in die Arme ritten. Und als sie endlich Scottsbluff erreicht hatten, atmete Drango erleichtert auf.

Die Siedlung bestand nur aus einer einzigen Straße, die von wenigen Häusern flankiert war. Die Leute hier lebten hauptsächlich von den Wagentrecks nach Oregon. Diese machten hier Station und versorgten sich mit neuen Vorräten.

Im Moment herrschte hier eine leichte Nervosität wegen der Indianer. Scottsbluff lag nicht im eigentlichen Gefahrenbereich, aber es war dennoch möglich, dass einzelne Horden sogar bis hierher kamen.

Vor dem Büro des Marshals hielt Clint Drango an und stieg aus dem Sattel. Als er das Pferd festband, erschien ein kleiner, dürrer Mann im Türrahmen. Er hatte einen Stern an seiner Weste. Zwei tiefliegende Augen musterten Drango scharf und glitten dann zu Vallon hin. Aber er sagte nichts.

„Mein Name ist Drango. Ich bin Zivilscout bei General Crook und habe einen Mörder nach Fort Robinson zu bringen. Der Mann hat außerdem Gelder der Armee gestohlen. Ich möchte ihn in Ihren Gewahrsam geben, bis ich Scottsbluff wieder verlasse.“

Der Adamsapfel hüpfte in dem mageren Hals des Marshals.

„Das ist Sache der Armee“, schnarrte er, „ich habe damit nichts zu tun.“

„Auf welcher Seite stehen Sie denn, Marshal?“, fragte Drango aggressiv.

„Dieser Mann ist Lee Vallon, und wenn ich ihn einsperre, dann ist morgen früh hier der Teufel los. Vallons Männer waren gestern hier. Sie müssen noch in der Gegend sein.“

„Das weiß ich“, knurrte Drango. „Der Mann, den er umgebracht hat, war ein Freund von mir.“

Der Marshal zuckte mit den knochigen Schultern. „Das ist Ihre Sache.“

Drango sah aus den Augenwinkeln, wie Lee Vallon ihn unverschämt angrinste.

„Sieht so aus, als ob du Schwierigkeiten bekommst, Drango.“

„Ich will hier keinen Ärger“, sagte der Marshal. „Meine Aufgabe ist es, für Ordnung zu sorgen, und das Leben der Bürger hier zu schützen. Vallon hat sich in Scottsbluff nie etwas zuschulden kommen lassen, aber wenn ich ihn hier einsperre, wird es Tote und Verletzte geben. Diese Bürde kann ich nicht auf mich nehmen.“

Drango nickte. „Ja, ich glaube, die Sache ist klar.“ Er fasste nach den Zügeln von Vallons Pferd und wandte sich zum Gehen.

„Wenn Sie mir Ihr Wort geben, bis morgen Mittag Scottsbluff zu verlassen, dann bin ich bereit, Vallon für zwei Stunden hier aufzubewahren.“

Drango dachte nach. Zwei Stunden. Dieser Vorschlag war lächerlich, aber da er morgen sowieso weiter wollte, konnte er darauf eingehen.

„Gut“, sagte er. „Sollte Vallon Ihnen aber in dieser Zeit abhanden kommen, dann mache ich Ihnen die Hölle heiß, Marshal.“ Er zog Vallon unsanft vom Pferd herunter und schob ihn zur Tür.

„Aber vergessen Sie nicht, nur zwei Stunden.“

Drango nickte. „Zwei Stunden.“

Auf der Straße standen sechs Conestoga-Wagen mit Ochsengespannen. Drango kannte sie. Er wusste, dass die meisten Siedler zu John Frame gingen. Dort gab es keinen Komfort und keine Auswahl, aber man konnte billig essen. Es war das richtige für die schmalen Geldbeutel der Siedler.

Drango lenkte seine Schritte dorthin und betrat den länglichen Raum. Es gab dort nur lange rohe Holztische, die zu beiden Seiten von ebenso rohen Bänken ohne Rückenlehne flankiert wurden. In der Ecke befand sich eine einfache, kleine Bar, an der man einen schlechten Whisky bekam, aber er war ebenfalls billig. Mitten im Raum stand ein großer eiserner Ofen, aber es war Sommer, und somit war er ohne Bedeutung.

Es gab Bohnen mit Fleisch. Es roch gut, und wenn man Hunger hatte, schmeckte es sogar ausgezeichnet.

Der Raum war noch leer. Die Leute des Trecks schienen noch mit Einkäufen beschäftigt zu sein.

Drango löffelte seinen Bohnenbrei und blickte von Zeit zu Zeit zur Tür. Das Gewehr lehnte neben ihm am Tisch.

Als die Siedler kamen, füllte sich der Raum schnell. Sie grüßten ihn reserviert, mit Ausnahme eines Burschen namens Sandy Spiller, der ihm einen finsteren Blick zuwarf. Die Plätze rechts und links neben Drango blieben frei. Der Mann, der ihm gegenüber saß, hieß Bryan Hooks. Rechts neben diesem hatten sich seine Frau Alice und sein Sohn Bill niedergelassen. Und an der anderen Seite waren der kleine Pete und seine Mutter.

„Wir hatten nicht erwartet, Sie hier wiederzutreffen“, sagte Hooks, nachdem das Schweigen unbehaglich wurde.

Drango sagte nichts und sah zu Hooks hinüber. Dieser Mann war ihm irgendwie sympathisch. Vor allem war er zugänglicher als die meisten anderen. Er musste sich um diesen Treck kümmern, und wenn es nur wegen dieses einen Mannes war. Aber da waren noch Pete und seine Mutter. Auch sie würden ahnungslos in den Tod gehen unter der Führung dieses Major Dundee, der es sich nach seiner Pensionierung zur Aufgabe gemacht hatte, Zivilisten zu kommandieren.

Bryan Hooks hob den Blick und sah ihn an.

„Wir haben ihre Warnung bestätigt bekommen, dass es gefährlich ist, weiterzureisen. Auch der Major ist nun davon überzeugt.“

Drango war erstaunt über die Erleichterung, die er nach diesen Worten in sich verspürte. Er schob seinen leeren Teller ein Stück zurück und stützte sich mit den Unterarmen auf den Tisch.

„Fahren Sie nach Fort Robinson?“, fragte er.

Hooks nickte.

„Dann haben wir den gleichen Weg, wann brechen Sie auf?“

„Morgen früh“, sagte Hooks.

Einen Moment hatte Drango daran gedacht, den Leuten seine Führung anzubieten. Aber er hatte einen Gefangenen bei sich und wollte diese Leute nicht der Gefahr aussetzen, die damit verbunden war. Außerdem würde der Major dem niemals zugestimmt haben.

„Gute Reise“, sagte er deshalb nur, nahm sein Gewehr und wandte sich der Tür zu. Kurz davor stockte sein Fuß. Er bemerkte, wie Petes Mutter auf ihn zutrat.

„Einen Moment, Mister Drango.“

Er blieb stehen und blickte sie fragend an.

„Gibt es wirklich keine Chance, nach Fort Fetterman zu kommen?“

Drango sah flüchtig zu Pete hinüber, der noch am Tisch saß.

„Es ist gefährlich.“ Er konnte sich nicht erklären, was diese Frau mit ihrer Frage bezweckte.

„Wären Sie bereit, mich dorthin zu führen?“

Er blickte in ihre grünen Augen.

„Nein“, sagte er bestimmt. „Das ist für Sie und den Jungen zu riskant. Außerdem habe ich einen Gefangenen nach Fort Robinson zu bringen.“

Ihre Hände kneteten ein kleines, weißes Taschentuch.

„Ich bin Angie Nolan. Mein Mann ist Lieutenant beim siebenten Kavallerieregiment. Ich möchte zu ihm.“

Drangos Stirn zog sich in leichte Falten, und sein Blick verdunkelte sich etwas.

„Dann gehört er zu Custers Truppe“, sagte er nachdenklich. „Wissen Sie nicht, dass es zur Zeit verboten ist, Familien der Offiziere ins Fort kommen zu lassen?“

„Er hat uns nicht kommen lassen. Er weiß nichts davon. Aber Pete kennt seinen Vater nur von einem Bild her. Wir waren seit fünf Jahren nicht mehr zusammen.“

„Dann hätten Sie auch noch ein paar Monate mehr warten können. Sie haben sich auf ein ungewisses Abenteuer eingelassen.“ Drangos Stimme war ärgerlich. „Und außerdem befindet sich Custers Truppe jetzt am Little Bighorn. Für Sie ist es besser, wenn Sie bei dem Treck bleiben. Ich hoffe, wir sehen uns in Fort Robinson, Ma’am.“

Ehe sie noch etwas sagen konnte, war er draußen und ging die Straße hinunter. Er kannte Lieutenant Nolan, einen ehrgeizigen, arroganten Offizier. Er war ihm ein paarmal begegnet. Nachdem er seine Frau kennengelernt hatte, verspürte er noch weniger Sympathie für ihn. Er konnte sich nicht vorstellen, dass diese Frau zu Nolan passte. Aber was ging es ihn an. Er musste zusehen, wie er seinen Gefangenen nach Fort Robinson brachte.

Nachdem er seine Vorräte für den Ritt ergänzt hatte, kehrte er zum Marshal-Büro zurück.

Der kleine, drahtige Mann war erstaunt, Drango so bald zurückzusehen. Aber es schien, als wäre er irgendwie erleichtert, den Gefangenen wieder loszuwerden.

„Reiten Sie mit dem Treck dieses Majors? Er will auch nach Robinson.“

„Nein. Ich reite mit einem Pulverfass in der Gegend herum, und da ist es besser, allein zu reiten.“

„Der Major ist ein Narr“, sagte der Marshal. „Er wird nicht einmal bis Fort Robinson durchkommen. Aber in Ihrer Haut möchte ich auch nicht stecken. Man sagt, Vallons Männer schießen gut.“

„Ich werde daran denken.“

Der Schlüssel drehte sich quietschend im Schloss, und der Marshal öffnete die Zellentür. Vallon grinste selbstsicher.

Der Marshal räusperte sich. „Ich habe Informationen, nach denen sich Butch Vallon, der Bruder Ihres Gefangenen, vor der Stadt aufhält, um Sie abzufangen. Das sollten Sie vielleicht wissen.“

„Hast du gehört, Drango?“, grinste Lee Vallon. „Morgen wird es verdammt mulmig.“

Über Drangos Gesicht glitt ein hartes Lächeln. „Ja, für uns beide.“ Drango schob den Gefangenen vor sich her. An der Tür wandte er sich noch einmal um. „Danke für den Tipp.“

In dem einzigen Hotel, das es hier gab, nahm er ein Zimmer. Der Besitzer war ein dicker Mann mit einer Glatze und fleischigen Gesichtszügen. Er warf einen ängstlichen Blick auf Vallon.

Das Zimmer war nicht komfortabel, die Luft abgestanden und dumpf. Drango öffnete weit das Fenster und legte seine Deckenrolle, die beiden Gewehre und Vallons Revolver darauf.

Es war noch ein paar Stunden hell, aber die Ruhepause konnte er gebrauchen. Er richtete sein Lager auf der Pritsche ein, da er Lee Vallon besser an dem eisernen Bettgestell festbinden konnte.

„Was wirst du morgen tun?“, fragte Vallon, der auf der Kante des Bettes saß.

Drango sah ihn nicht an. „Weshalb interessiert dich das?“

„Du willst doch nicht im Ernst mit mir da hinausreiten? Sie werden nicht lange fackeln.“

Drango wandte sich langsam zu ihm um.

„Machst du dir etwa Sorgen um mich?“, fragte er.

„Es wäre niemandem geholfen, wenn du dabei draufgehst, wo du mich doch sowieso nicht halten kannst“, antwortete Vallon.

Drango ging über die knarrenden Dielen, setzte sich auf die Pritsche und zog seine Stiefel aus.

„Du scheinst ziemlich sicher zu sein, dass deine Leute für dich kämpfen“, sagte er dabei. „Wie nun, wenn sie froh sind, dich los zu sein? Vielleicht wird dein Bruder Butch lieber dich treffen als mich, um endlich deine Stelle einnehmen zu können.“

„Probier es nur aus.“ Vallon war seiner Sache sehr sicher. In seinen Augen war keine Spur von Unsicherheit zu erkennen. Für ihn gab es keinen Zweifel an seinen Leuten. Drango registrierte es mit einer gewissen Beruhigung. Bei dem, was er morgen vorhatte, konnte es ihm eine böse Überraschung ersparen.

Als es dunkel wurde, band er Vallons Hände am Kopfende des Bettgestells fest. Aber so, dass er noch etwas Bewegungsfreiheit besaß. Das gleiche tat er mit den Füßen, um zu verhindern, dass Vallon die Verknotung des Strickes am Bettgestellt mit den Händen erreichen konnte.

Dann legte er sich auf seine Pritsche und schlief mit dem Revolver in der Hand ein.

*

Der Morgen brachte einen kühlen Luftzug zum offenen Fenster herein.

Drango erhob sich und blickte hinaus. Es war noch dunkel und still zwischen den Häusern. Irgendwo in der klaren Luft schrie ein Vogel.

Er zog das Hemd aus und vertrieb mit dem kühlen Wasser den letzten Rest von Schläfrigkeit. Dann band er Vallon los und löste auch die Fesselung an seinen Händen. Mit dem Revolver hielt er ihn in Schach und befahl: „Zieh dich aus!“