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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Es dämmerte erst langsam, als der gute Hirte von St. Johann das Pfarrhaus verließ und den Kiesweg zur Straße hinunterging. Sebastian führte zwei Rucksäcke mit sich, aber lange würde er beide nicht tragen müssen. Pfarrer Trenker war auf dem Weg zur Pension »Edelweiß«, um dort ein junges Paar abzuholen, das mit ihm eine Bergtour zur Kandereralm hinauf unternehmen wollte. Kathrin und Jochen Bergmann hatten ihn darum gebeten, nachdem Marion Trenker, die Frau seines Cousins Andreas, ihnen geraten hatte, sich an den Geistlichen zu wenden. Die Urlauber hatten versäumt, noch rechtzeitig eine Bergführung zu buchen und es deshalb vor Ort vergeblich versucht. Es gab zwar immer wieder die Möglichkeit, in eine Gruppe hineinzurutschen, doch die Bergtouren waren so gefragt, dass die Chancen dazu eher gering waren. Sebastian ging durch das noch schlafende Dorf. Die Pension, die Marion und Andreas erst seit einem guten Jahr betrieben, lag am anderen Ende von St. Johann. Sein Cousin hatte dort eine alte Villa gekauft und umgebaut. Die Nachfrage nach Fremdenzimmern war so riesig, dass das »Edelweiß« keine Konkurrenz für die bereits bestehenden Pensionen und Privatunterkünfte darstellte. Für das einzige Hotel am Platze schon gar nicht, denn im Hotel »Zum Löwen« stieg ohnehin eine andere Kundschaft ab. Pünktlich zur verabredeten Zeit stand der Bergpfarrer vor der Tür, die sich gerade öffnete. »Da seid ihr ja«, begrüßte er das Ehepaar. »Prima, dann kann's ja losgeh'n.«
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Seitenzahl: 122
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Es dämmerte erst langsam, als der gute Hirte von St. Johann das Pfarrhaus verließ und den Kiesweg zur Straße hinunterging. Sebastian führte zwei Rucksäcke mit sich, aber lange würde er beide nicht tragen müssen.
Pfarrer Trenker war auf dem Weg zur Pension »Edelweiß«, um dort ein junges Paar abzuholen, das mit ihm eine Bergtour zur Kandereralm hinauf unternehmen wollte. Kathrin und Jochen Bergmann hatten ihn darum gebeten, nachdem Marion Trenker, die Frau seines Cousins Andreas, ihnen geraten hatte, sich an den Geistlichen zu wenden. Die Urlauber hatten versäumt, noch rechtzeitig eine Bergführung zu buchen und es deshalb vor Ort vergeblich versucht. Es gab zwar immer wieder die Möglichkeit, in eine Gruppe hineinzurutschen, doch die Bergtouren waren so gefragt, dass die Chancen dazu eher gering waren.
Sebastian ging durch das noch schlafende Dorf. Die Pension, die Marion und Andreas erst seit einem guten Jahr betrieben, lag am anderen Ende von St. Johann.
Sein Cousin hatte dort eine alte Villa gekauft und umgebaut. Die Nachfrage nach Fremdenzimmern war so riesig, dass das »Edelweiß« keine Konkurrenz für die bereits bestehenden Pensionen und Privatunterkünfte darstellte. Für das einzige Hotel am Platze schon gar nicht, denn im Hotel »Zum Löwen« stieg ohnehin eine andere Kundschaft ab.
Pünktlich zur verabredeten Zeit stand der Bergpfarrer vor der Tür, die sich gerade öffnete.
»Da seid ihr ja«, begrüßte er das Ehepaar. »Prima, dann kann’s ja losgeh’n.«
Er reichte Jochen Bergmann einen Rucksack, den anderen schnallte er sich selbst um.
Kathrin fröstelte ein wenig, und sie zog den Reißverschluss ihres Anoraks nach oben.
»Noch recht kühl, gell«, meinte der Bergpfarrer. »Ja, die Nächte sind hier immer sehr kalt. Aber sollst mal seh’n, spätestens in zwei Stunden wird’s uns schon warm werden.«
Die junge Frau lächelte. Sie war schlank und hatte ein niedliches Gesicht. Jochen war einen Kopf größer als sie und hatte ebenfalls eine sportliche Statur.
»Und wenn alle Stricke reißen, bekommst du einen heißen Kaffee oder Tee«, meinte er. »Das hilft immer!«
Sebastian lächelte. Er mochte die beiden. Wie sie erzählt hatten, waren sie aus Norddeutschland, wo Jochen einen eigenen Betrieb hatte, in dem Zubehör für den Heizungsbau fabriziert wurde. Kathrin arbeitete in der Firma mit und war dort für die Buchführung zuständig.
Die Wanderer schritten kräftig aus und erreichten schon bald den »Höllenbruch«, ein Ausläufer des Ainringer Waldes.
»Keine Angst«, meinte der Bergpfarrer schmunzelnd, »der Name hört sich schauriger an, als es hier wirklich ist. Früher soll der ›Höllenbruch‹ tatsächlich mal eine
finstere Gegend gewesen sein, in der sich Räuber und Schmuggler herumgetrieben haben. Heutzutag’ trifft man hier nur noch junge
Leute, die ein bissel für sich sein wollen …«
Nachdem sie den Wald verlassen hatten, kamen sie zur »Hohen Riest«, von wo aus die einzelnen Wege zu den verschiedenen Almen abzweigten. Richtungsweiser zeigten die Entfernung an. Allerdings hatte Sebastian Trenker schon seit Jahren seine eigene Tour, die er ging.
Sie war nicht immer bequem, wenn man über Geröllhalden klettern oder Umwege machen musste, weil ein Felsabgang ein Weiterkommen unmöglich machte. Dafür war es aber eine Tour, auf der man viel zu sehen bekam, und das alleine entschädigte für die Mühen.
Allmählich zeigte sich die Sonne am Horizont und schickte ihre ersten Strahlen zur Erde hinunter. Vor ihnen stieg Morgennebel auf, und das Gras unter ihren Füßen dampfte. Es ging ein leichter Wind, der den Nebel schnell auflöste und in alle Richtungen zerstob. Über ihnen zog ein Adler seine Kreise. Allerdings war er zu hoch, als dass es gelohnt hätte, ein Foto zu machen.
»Ich habe mal gelesen, dass Adler immer wieder in ihren Horst zurückkehren«, bemerkte Jochen Bergmann.
»Das stimmt«, nickte Sebastian. »Auch nach Jahren noch. Und sie sind treu. Ihr Leben lang bleiben sie mit einem Partner zusammen.«
»Da können wir Menschen uns mal ein Beispiel dran nehmen«, sagte Kathrin.
Ihr Mann zog sie an sich.
»Was das angeht, da bin ich mit dem Adler verwandt«, sagte er lächelnd und gab ihr einen Kuss.
Nach gut drei Stunden Aufstieg hatten sie das Ziel ihrer ersten Etappe erreicht, ein Felsplateau, auf dem der Bergpfarrer immer eine Frühstückspause einlegte. Die Sonne schien inzwischen schon so stark, dass sie ihre Jacken ausziehen und als Unterlage beim Sitzen benutzen konnten. Der Geistliche achtete jedoch darauf, dass jedes Stückchen Haut dick mit einem Sonnenschutzmittel eingecremt wurde.
»Grad in solchen Höhen, in denen wir uns befinden, merkt man oft gar net, wie intensiv die Strahlen sind«, erklärte Sebastian seinen Begleitern. »Erst, wenn es zu spät ist.«
*
Kathrin und Jochen staunten. Der junge Unternehmer hatte den Rucksack, den er getragen hatte, geöffnet und ausgepackt.
»Lieber Himmel!«, rief seine Frau aus. »Soll das etwa alles für uns sein?«
Sebastian schmunzelte. Nur zu gut kannte er diese Reaktion. Sophie Tappert, seine Haushälterin, kam vor Sorge fast um, wenn der Geistliche auf Bergtour war. Sie hatte eine fürchterliche Angst, er könne sich verirren, gar abstürzen oder noch Schlimmeres – dann
sollte er wenigstens nicht verhungern …
Dabei war diese Angst völlig unbegründet. Schließlich nannte man den guten Hirten von St. Johann nicht von ungefähr den ›Bergpfarrer‹. Seit frühester Jugend hatte er Touren gemacht und sogar als Bergführer gearbeitet und sich so das Studium verdient. Es gab wohl niemanden, der sich hier oben besser auskannte, als Pfarrer Trenker.
Brotpäckchen um Brotpäckchen hatte Jochen Bergmann hervorgeholt. Die Scheiben waren lecker mit Wurst, Schinken und Käse belegt.
Bergkäse von der Kandereralm, selbstverständlich!
Herrlich schmeckte es in der freien Natur, und aromatisch duftete der heiße Kaffee in ihren Bechern.
Unterwegs hatten sie schon einige Tiere beobachten und fotografieren können. Jetzt hielt Jochen ihre Rast im Film fest. Während sie es sich schmecken ließen, unterhielten sie sich über die hinter ihnen liegende Strecke, und Sebastian erzählte, was sie noch alles erwartete.
Indes konnten sie ihre Rast nicht zu lange ausdehnen, wenn sie pünktlich zur Mittagsstunde ihr Ziel erreichen wollten. Sebastian mahnte also bald zum Aufbruch, und zumindest Jochens Rucksack war um einiges leichter geworden …
Wieder gab es viel zu sehen und zu fotografieren. An einem rauschenden Bergbach löschten sie ihren Durst mit dem eiskalten und kristallklaren Wasser und füllten ihre Flaschen auf. Als die Sonne am höchsten stand, kletterten sie ein Anhöhe hinauf, von wo aus sie in eine Senke hinabschauten. Dort unten lag die Kandererhütte.
Es war ein Bild wie von einer Ansichtskarte, das sich ihnen bot. Die majestätischen Berge ragten hoch in den Himmel, die Sennerhütte schien sich daran zu schmiegen. Auf den Bergwiesen standen Kühe und Ziegen, und zwei Hütehunde liefen um die Tiere herum und bewachten sie.
Unterwegs waren ihnen zahlreiche Wanderer begegnet, die sich inzwischen alle auf der Terrasse der Hütte versammelt zu haben schienen. Sie saßen unter den Sonnenschirmen auf einfachen Holzbänken und ließen sich schmecken, was der Thurecker-Franz ihnen auftischte.
Der alte Senner erkannte den guten Hirten von St. Johann schon von weitem und winkte ihm und seinen Begleitern zu. Sebastian winkte zurück.
»Schau, Franz, ich hab’ hungrige Wandersleut’ mitgebracht«, lächelte der Geistliche, als sie herangekommen waren.
Der Senner begrüßte das Ehepaar ebenso freundlich.
»Nehmen S’ nur Platz«, sagte Franz Thurecker. »Ich bring’ Ihnen gleich das Essen. Aber vorher möchten S’ doch bestimmt ein Glaserl frische Milch, gell?«
»Auf jeden Fall«, antwortete Sebastian.
»Und das Essen wie gehabt?«
Der Geistliche schmunzelte.
»Ist recht, Franz, von allem etwas.«
Sie stiegen zur Terrasse hinauf und grüßten. Die dort schon sitzenden Wanderer rückten bereitwillig zur Seite und machten Platz für die Neuankömmlinge.
Die Graupensuppe kam in einer großen Terrine auf den Tisch. Franz hatte kräftiges Rindfleisch in einer Brühe gekocht, später die Graupen dazugetan und noch viel später Gemüse und Kartoffeln hineingegeben. Das Ergebnis war ein deftiger Eintopf, der sättigte. Mit dem Brot, das der Senner am Morgen gebacken hatte, wurden die Teller sauber gewischt und am Ende gar noch die Suppenschüssel ausgekratzt.
»Lecker!«, sagte Jochen Bergmann und lehnte sich zufrieden zurück.
Doch schon gleich darauf brachte der Senner den nächsten Gang – seine berühmten Käsespätzle, die er von Hand schabte und mit Röstzwiebeln und geriebenem Käse im Rohr buk.
Sie aßen langsam und mit Genuss. Kathrin meinte, dass sie sich unbedingt die Rezepte für die Suppe und die Käsespätzle geben lassen müsse.
»Falls er sie überhaupt preisgibt.«
»Ach, da bin ich mir sicher«, meinte der Pfarrer.
Der Senner kam zu ihnen an den Tisch. Er wirkte irgendwie angestrengt und atmete schwer, als bekäme er keine Luft. Sebastian meinte, diese Kurzatmigkeit wäre ihm bei der Begrüßung schon aufgefallen, war dann aber doch nicht sicher. Beim Servieren jedenfalls war nichts zu bemerken gewesen.
»Was gibt’s Neues drunten im Tal?«, erkundigte sich Franz Thurecker, und setzte sich hinzu.
Auch wenn in der Saison jeden Tag zahlreiche Wanderer heraufkamen, so war Franz doch auf die Einheimischen angewiesen, wenn er erfahren wollte, was sich so im Wachnertal ereignete. Der Käse, den er produzierte, wurde einmal im Monat von einem Knecht abgeholt, der ihm dann vom Geschehen auf den Höfen erzählen konnte, wer seine Tochter reich verheiratet oder Schwierigkeiten mit seinen Angestellten hatte. Mehr aber erfuhr er erst, wenn der Bergpfarrer ihn besuchte und sie sich ausführlich unterhalten konnten.
Sebastian berichtete kurz das Neueste. Die anderen Gäste hatten schon gezahlt und waren inzwischen aufgebrochen.
»Dann räum’ ich mal ab«, meinte der Senner und wandte sich um.
»Wart’, ich helf’ dir«, rief der Geistliche.
Franz hatte schon ein Tablett mit leeren Gläsern beladen und wollte es anheben, als es seinen Fingern entglitt. Der Senner gab einen kurzen Schmerzlaut von sich und griff sich an die Brust.
Dann sackte er zusammen …
*
Sebastian war mit einem Satz bei ihm. Der alte Mann lag halb zusammengekrümmt auf der Terrasse. Jochen Bergmann war ebenfalls hinzu gesprungen. Der Geistliche schob Tische und Bänke beiseite, um Platz zu schaffen. Gemeinsam betteten sie den Senner auf das Holz.
»Franz! Kannst’ mich hören?«
Der Thurecker-Franz rührte sich nicht. Er hatte die Augen geschlossen, und sein Gesichtsausdruck war seltsam starr. Sebastian tastete nach dem Puls, der nur ganz schwach zu spüren war. Dann griff er in die Hosentasche und zog sein Handy heraus.
Der Bergpfarrer hatte sich lange Zeit geweigert, für sich ein Mobiltelefon anzuschaffen. Er konnte nicht verstehen, dass man immer und überall erreichbar sein musste. Doch inzwischen hatte er seine Meinung geändert. Er hatte zahlreiche Situationen erlebt, wo ein Handy nützliche Dienste leistete – sogar Leben rettete.
Während Kathrin und Jochen bei Franz hockten und sich bemühten, ihn ins Leben zurückzurufen, alarmierte Sebastian die Bergrettung. Der Diensthabende in der Zentrale versprach, gleich einen Hubschrauber loszuschicken, und tatsächlich dauerte es keine zehn Minuten, bis der Pilot auf dem Platz vor der Hütte landete.
Zwei Männer sprangen heraus und zogen eine Trage hinter sich her. Aus dem vorderen Teil der Kanzel kletterte der Notarzt. Es war Toni Wiesinger, aus St. Johann.
»Ausgerechnet Franz?«, rief der Arzt und schüttelte den Kopf. »Ich dachte immer, der hat eine Bärennatur!«
Sie eilten auf die Terrasse. Dr. Wiesinger öffnete seinen Koffer. Stethoskop, Blutdruckmessgerät, Kreislaufspritze, alles wurde von den Sanitätern bereitgelegt, während Toni den alten Senner untersuchte.
Nach ein paar Minuten erhob sich der Arzt. Pfarrer Trenker sah ihn fragend an.
»Und?«
Der Arzt machte ein sorgenvolles Gesicht.
»Es schaut mir alles nach einem Herzinfarkt aus«, antwortete er. »Obwohl ich mir das beim Franz nur schwer vorstellen kann. Ich hab’ erstmal seinen Kreislauf stabilisiert. Wir bringen in sofort in die ›Nonnenhöhe‹, das ist das nächstgelegene Krankenhaus. Der Pilot meldet schon unser Kommen.«
»Ich fliege mit«, erklärte Sebastian.
Sein Blick fiel auf das Ehepaar.
»Ach nein, das geht ja net«, schüttelte er den Kopf, »ich muss ja meine Wandergefährten wieder ins Tal hinunter bringen.«
»Ich ruf’ Sie an, sobald ein Ergebnis vorliegt«, versprach Toni Wiesinger.
Er lächelte aufmunternd.
»Machen S’ sich keine allzu großen Sorgen, Hochwürden«, setzte der Arzt hinzu. »Der Franz kommt schon wieder auf die Beine.«
Das wollte der Bergpfarrer nur zu gerne glauben, dennoch blickte er dem Hubschrauber mit Sorge hinterher.
Solange er zurückdenken konnte, war Franz Thurecker nicht einmal krank gewesen! Nicht einmal einen Schnupfen hatte er gehabt, und jetzt so etwas!
Abgesehen von der Sorge um den Zustand des Senners kamen noch andere Probleme dazu. Franz versorgte hier oben an die fünfzig Kühe, dazu etliche Ziegen. Die Tiere mussten gemolken, aus der Milch Butter und Käse hergestellt werden.
Wer sollte das jetzt übernehmen?
Bislang hatte sich kein Mensch darüber Gedanken gemacht, was aus der Almwirtschaft würde, wenn Franz einmal nicht mehr war.
Wie hatte Dr. Wiesinger gesagt: »Ich dachte, der hat eine Bärennatur!«
Das war genau das, was jeder gedacht hatte: Franz, der lebte ewig!
Kathrin und Jochen Bergmann zeigten sich immer noch erschüttert.
»Es tut mir leid, dass unsre Tour so ein Ende nehmen musste«, sagte der Geistliche.
»Es ist ja net Ihre Schuld, Hochwürden«, entgegnete der junge Mann.
»Hauptsache, der Franz wird wieder gesund«, ergänzte seine Frau.
Sie machten sich daran die Terrasse aufzuräumen. In der Hütte herrschte ohnehin Ordnung, weil die Wanderer bei diesem Wetter lieber draußen saßen, als drinnen. Lediglich in der Küche stapelte sich das Geschirr, das sie schnell abwuschen.
»Wir sollten uns an den Abstieg machen«, erklärte Sebastian, als sie fertig waren. »Ich muss auch noch einen der Bauern, denen die Kühe hier gehören, informieren, dass sich jemand um die Tiere kümmern muss.«
Nahm der Bergpfarrer für den Aufstieg immer »seine« Tour, so führte der Abstieg ins Tal über den Wirtschaftsweg, über den die Kandererhütte versorgt, und der fertige Käse nach unten transportiert wurde. Nach einer knappen Stunde erreichten sie den Brunnenmayrhof. Oswald Brunnenmayr war einer der Teilhaber an der Sennenwirtschaft auf der Kandereralm. Er war erschüttert, als er hörte, was geschehen war.
»Der Franz ist im Krankenhaus?«, rief er ungläubig. »Das hat’s ja noch nie gegeben!«
Der Bauer versprach, einen Knecht auf die Alm zu schicken, der sich dort erst einmal um alles kümmern würde.
»Aber es kann net für lange Zeit sein«, schränkte er gleich ein. »Ein Mann ist mir krank geworden, und der Florian ist noch bei der Bundeswehr, da wird hier auf dem Hof jede Hand gebraucht.«
Der Geistliche nickte verstehend.
»Am besten setzen wir uns nachher zusammen und besprechen alles«, schlug er vor. »Sag’ dem Tobias und dem Xaver Bescheid. Ich komm’ gegen sieben herauf. Dann weiß ich auch schon, wie es dem Franz geht.«
Der Anruf kam eine Viertelstunde später. Dr. Wiesinger rief Sebastian auf dem Handy an.
»Eine gute Nachricht«, sagte der Arzt, »es ist kein Herzinfarkt! Allerdings hat der Franz eine schlimme Entzündung am Herzbeutel. Die Kollegen hier haben ihn auf die Intensivstation gebracht. So weit geht es ihm den Umständen entsprechend gut. Aber es wird seine Zeit dauern, bis er wieder richtig auf den Beinen ist.«
Der gute Hirte von St. Johann war erst einmal froh darüber, dass keine unmittelbare Lebensgefahr bestand. Dennoch sorgte er sich.