Ein schwerer Weg für Angelina - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein schwerer Weg für Angelina E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Es hieß allgemein, daß es ein glücklicher Tag für die Familien Freiberg und Durand war, als die Verlobung von Alexander Freiberg und Angelina Durand gefeiert wurde. Selbstverständlich mit einem großen Empfang, wie man es von zwei so angesehenen Familien erwartete. Freilich waren manche auch recht skeptisch, ob diese Verbindung einen glücklichen Verlauf nehmen würde, da Alexander Freiberg bisher immer eine Vorliebe für ältere Frauen gehabt hatte, und Angelina war mit ihren zwanzig Jahren noch sehr mädchenhaft und schwärmerisch veranlagt. Ein liebenswertes Geschöpf, aber keineswegs besonders attraktiv, kurzsichtig und deshalb Brillenträgerin, weil sie Kontaktlinsen nicht vertrug und sie hatte auch einen leichten Sprachfehler, der sich vor allem dann bemerkbar machte, wenn sie aufgeregt oder traurig war. Aber an diesem Tag war Angelina glücklich. Sie trug keine Brille. Ihre Augen strahlten, und sie sah reizend aus in dem blauen Chiffonkleid. Fee Norden stellte für sich fest, daß Alexander Freibergs Lächeln gequält wirkte, als er mit Angelina tanzte, und vielleicht stellten das auch ein paar andere Gäste fest, aber Alexander war ohnehin so ein Männertyp, der leicht blasiert wirkte, für Fee Nordens Begriffe sogar weichlich, was er womöglich auch hinter dieser Miene verstecken wollte. Natürlich war auch Dr. Daniel Norden eingeladen, der schon Jahre Hausarzt bei den Durands war, aber er hatte wieder einmal eine Schwerkranke zu betreuen, und auch keine Neigung gezeigt, dieses Fest zu besuchen. »Ich würde meine Tochter warnen vor so einem Burschen«, hatte er grimmig gesagt, und da war Fee erst recht entschlossen gewesen, der Einladung zu folgen, um auch mal die Familie Freiberg unter die Lupe zu nehmen. Es war eine illustre Gesellschaft versammelt, unter der das Ehepaar Durand wohl zu den Zurückhaltendsten gehörte, wenngleich sie das Fest finanziert hatten. An Alexanders Eltern Karl Friedrich und Marianne Freiberg fand Fee auch nichts auszusetzen, denn sie schienen überaus erfreut zu sein, Angelina zur Schwiegertochter zu bekommen. Ebenso Alexanders Schwester Amelie, die mit Johannes Jacobsen, einem recht bekannten Drehbuchautor, verheiratet war. Amelie hatte Angelina besonders herzlich in die Arme geschlossen, als sie mit Verspätung eingetroffen war. Fee Norden konnte ihre Studien machen. In diesen Kreisen traf sie nur wenige Bekannte, aber Clarissa Durand gesellte sich dann zu ihr. »Schade, daß Dr. Norden nicht auch kommen konnte«

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Leseprobe: Jungbrunnen

Guten Tag! Da sind Sie ja wieder! Wie schön! Ich freue mich, liebe Leserin, ­geschätzter Leser, dass Sie mich erneut ins Krankenhaus St. Bernhard begleiten. Es sind ja doch noch ein paar Geschichten da zum Weitererzählen. Sie glauben bestimmt, dass ich mir das alles ausdenke, oder? Dass das alles pure Fantasie ist.

Falsch! Ich habe zehn Jahre in drei Kliniken gearbeitet. Und ich kann Ihnen, liebe Leserin, geschätzter Leser, versichern: So, wie ich es schreibe, ist es gewesen. Und es ist noch immer so. Und es wird immer so sein. Sie kennen den ersten Band noch nicht? Macht nichts. Obwohl – ich habe dort die wichtigsten Personen vorgestellt. Sehr sympathische Menschen. Auch den einen oder anderen Unsympathischen. Was sagen Sie? Die gibt es immer? Ihnen fallen jetzt bestimmt sogar Namen ein, oder? Vielleicht haben Sie ja doch Lust, dort einmal hineinzuschauen.

Schauen wir mal, was im zweiten Teil so passiert. Da lernen wir noch jemand ganz Wichtigen kennen, der … Moment mal! Was macht Frau Dr. Rommert denn in München? Hatte sie nicht bis 20 Uhr Dienst? Schon ziemlich spät für jemanden, der anderntags früh 'raus muss!

Sepandar

Ich komme mir vor wie in einer Folge einer in schwarz-weiß gedrehten Krimi-Serie der 70er Jahre, dachte Dagmar Rommert.

Nach dem Spätdienst in der Notaufnahme des Krankenhauses St. Bernhard in Schliersee gierte sie nach etwas Abwechslung. Deswegen hatte sie beschlossen, den Abend in München zu verbringen. Dort nieselte es. Einen Schirm aufzuspannen hätte sich nicht gelohnt. Die Tropfen schienen horizontal zu fallen. Die kühle Temperatur der Abendluft kroch durch den Stoff ihres schicken Tweed-Kostüms ohne Umwege auf ihre Haut. Das rhythmische Klack-klack ihrer Absätze auf dem nass-glänzenden Pflaster des Gehwegs hallte durch die Straße.

Die Frau Doktor spürte den Hunger, den sie tagsüber verdrängt hatte. Zum Essen war mal wieder keine Zeit gewesen heute, nur das Croissant und der Kaffee am Morgen. Vielleicht etwas Sushi? Futo-Maki und Nigiri … Proteine … gesund, kaum Kalorien, gut für die Linie. Oder vielleicht einen Salat aus dem Steakhouse?

Dr. Norden Bestseller – 317 –

Ein schwerer Weg für Angelina

Patricia Vandenberg

Es hieß allgemein, daß es ein glücklicher Tag für die Familien Freiberg und Durand war, als die Verlobung von Alexander Freiberg und Angelina Durand gefeiert wurde. Selbstverständlich mit einem großen Empfang, wie man es von zwei so angesehenen Familien erwartete.

Freilich waren manche auch recht skeptisch, ob diese Verbindung einen glücklichen Verlauf nehmen würde, da Alexander Freiberg bisher immer eine Vorliebe für ältere Frauen gehabt hatte, und Angelina war mit ihren zwanzig Jahren noch sehr mädchenhaft und schwärmerisch veranlagt. Ein liebenswertes Geschöpf, aber keineswegs besonders attraktiv, kurzsichtig und deshalb Brillenträgerin, weil sie Kontaktlinsen nicht vertrug und sie hatte auch einen leichten Sprachfehler, der sich vor allem dann bemerkbar machte, wenn sie aufgeregt oder traurig war.

Aber an diesem Tag war Angelina glücklich. Sie trug keine Brille. Ihre Augen strahlten, und sie sah reizend aus in dem blauen Chiffonkleid.

Fee Norden stellte für sich fest, daß Alexander Freibergs Lächeln gequält wirkte, als er mit Angelina tanzte, und vielleicht stellten das auch ein paar andere Gäste fest, aber Alexander war ohnehin so ein Männertyp, der leicht blasiert wirkte, für Fee Nordens Begriffe sogar weichlich, was er womöglich auch hinter dieser Miene verstecken wollte.

Natürlich war auch Dr. Daniel Norden eingeladen, der schon Jahre Hausarzt bei den Durands war, aber er hatte wieder einmal eine Schwerkranke zu betreuen, und auch keine Neigung gezeigt, dieses Fest zu besuchen.

»Ich würde meine Tochter warnen vor so einem Burschen«, hatte er grimmig gesagt, und da war Fee erst recht entschlossen gewesen, der Einladung zu folgen, um auch mal die Familie Freiberg unter die Lupe zu nehmen.

Es war eine illustre Gesellschaft versammelt, unter der das Ehepaar Durand wohl zu den Zurückhaltendsten gehörte, wenngleich sie das Fest finanziert hatten.

An Alexanders Eltern Karl Friedrich und Marianne Freiberg fand Fee auch nichts auszusetzen, denn sie schienen überaus erfreut zu sein, Angelina zur Schwiegertochter zu bekommen. Ebenso Alexanders Schwester Amelie, die mit Johannes Jacobsen, einem recht bekannten Drehbuchautor, verheiratet war. Amelie hatte Angelina besonders herzlich in die Arme geschlossen, als sie mit Verspätung eingetroffen war.

Fee Norden konnte ihre Studien machen. In diesen Kreisen traf sie nur wenige Bekannte, aber Clarissa Durand gesellte sich dann zu ihr.

»Schade, daß Dr. Norden nicht auch kommen konnte«, sagte sie, »aber er ist ja im Dauerstreß.«

»Leider«, sagte Fee.

Clarissa, eine sehr attraktive Frau von etwa vierzig Jahren, die man noch jünger schätzen konnte, die aber kaum Ähnlichkeit mit ihrer Tochter hatte, sah Fee forschend an.

»Wir hoffen ja, daß Angelina glücklich wird«, sagte sie gedämpft. »Sie ist doch unsere Einzige und ein so liebes Geschöpf.«

Es tönte in Fees Ohren nicht gerade froh und hoffnungsvoll, und sie dachte an Daniels Bemerkung.

»Junge Menschen brauchen oft Zeit, um ihre Vorstellungen von einer Ehe in Einklang bringen zu können«, erwiderte sie.

»Das ist auch meine Überzeugung, und da wir uns sehr gut mit den Freibergs verstehen, wird die Harmonie wohl nicht gefährdet werden.«

Hoffentlich nicht, dachte Fee, denn sie hatte schon so manches bei anderen Familien erlebt, bei denen man auch erst ein Ei und ein Kuchen war, wie es im Volksmund hieß.

Und dann fiel ihr Blick auf eine Frau, die gerade erst gekommen war, und die sie schon recht gut kannte, weil Daniel vor einem Jahr ganz beträchtlichen Ärger mit ihr gehabt hatte. Loretta Mayen erregte jedenfalls auch hier Aufsehen.

Die Männer hielten den Atem an, und Fees erster Gedanke war auch, daß sie wohl jeden um den Finger wickeln konnte, der sie nicht durchschaute, und sie war froh, daß ihr Mann zu jenen gehörte, die solchen Verführungen widerstanden, weil sie diese Art Frauen durchschauten.

Jedenfalls hatte Loretta Mayen sich die redlichste Mühe gegeben, Dr. Daniel Norden zu verführen, was ihr aber zu ihrem großen Bedauern nicht gelungen war. Mit einer Fee Norden konnte sie eben doch nicht konkurrieren. Und so vermied sie es auch, im Verlauf dieses Abends in Fees Nähe zu kommen, denn die Vergleiche zwischen ihnen konnten nur zu ihren Ungunsten ausfallen. Fee harrte jedenfalls bis Mitternacht aus, aber dann verschwand sie unauffällig.

*

»Du hast es aber lange ausgehalten«, mit diesen Worten wurde sie von ihrem Mann empfangen.

»Du hättest schon zu Bett gehen können, mein Schatz«, erwiderte sie mit ihrem unwiderstehlichen Lächeln und einem schrägen Blick zum Fernseher. »Aber es wird ja Tennis übertragen«, fügte sie verschmitzt hinzu.

»Ich mußte mir doch die Zeit vertreiben, bis du kommst. Wie soll ich denn schlafen, wenn du nicht da bist? Und ich bin schließlich auch neugierig.«

Sie küßte ihn auf die Nasenspitze. »Jedenfalls hat mir kein Mann so gut gefallen, daß ich fremdgegangen wäre«, lachte sie. »Und Alexander Freiberg könnte mir in Gold verpackt geschenkt werden, ich würde ihn nicht nehmen. Aber wie es scheint, hat ihn jetzt deine Freundin Loretta aufs Korn genommen.«

Daniel riß die müden Augen auf. »Das darf doch nicht wahr sein. Sie ist mindestens zehn Jahre älter als er.«

»Aber verdammt verführerisch, das muß man ihr lassen, und vielleicht hebt es ihre Eitelkeit noch mehr, wenn sie bei jüngeren Männern Erfolg hat.«

»Bei Frischverlobten aus bestem Hause?« fragte er anzüglich.

»Nichts gegen seine Eltern, sie sind sehr sympathisch, aber ihn möchte ich wirklich nicht geschenkt haben. Angelina ist leider sehr unerfahren.«

»Man muß seine Erfahrungen selbst machen, Fee. Sie hat sehr, sehr nette Eltern, die ihr bestimmt helfen, wenn es nicht gut ausgeht. Aber es ist besser, sie machen die Erfahrung vor der Ehe, als daß es Scheidungsknatsch gibt, der jedwede Illusionen zerstört. Und wenn sich Loretta den Alexander aufs Korn genommen hat, wird das dicke, unrühmliche Ende einer geplanten Ehe bald folgen, denn er ist nicht so eisern wie ich.«

»Aber warum sollte Lorettas Interesse ausgerechnet auf ihn fallen?« fragte Fee. »Es gibt doch wahrhaftig reichere und attraktivere Männer.«

»Aber doch nicht viele, die sich von einer Loretta Mayen einseifen lassen«, sagte Daniel gleichmütig. »Gestandene Männer, die reich sind, überlegen sich schon, wie weit sie gehen sollen oder können, sofern sie nicht schon deppert sind, wie man im schönen Bayernland sagt.«

Fee lachte. »Du bist jedenfalls müde, mein Schatz, und wir sollten uns über Loretta und Alexander Freiberg erst wieder unterhalten, wenn er sich als deppert erweist.«

»Recht hast du, aber so eine liebe Angelina bekommt er dann bestimmt nicht wieder. Das Mädchen hat Charakter, auch wenn sie jetzt bis über beide Ohren verliebt ist.«

»Und sie sah so reizend aus«, sagte Fee sinnend. »Sie verdiente einen anderen Mann.«

»Und ich wüßte einen, der viel besser zu ihr passen würde«, murmelte Daniel vor dem Einschlafen.

Aber Fee wollte keine Fragen mehr stellen, weil sie ihm einen tiefen, ruhigen Schlaf gönnte.

*

Im Hause Freiberg ging es schon zwei Tage später nicht mehr harmonisch zu. Es war Sonntag, und beim Frühstück fragte Marianne Freiberg ihren mürrischen Sohn, ob er etwas mit Angelina unternehmen würde an diesem sonnigen Herbsttag.

Karl Friedrich Freiberg ließ sich beim Frühstück noch nicht stören.

Er horchte erst auf, als Alexander ziemlich aggressiv sagte: »Ich möchte erst von Vater hören, welche Kompetenzen er mir einräumt und wieviel Geld mir künftig zur Verfügung steht, da ich euch ja euren sehnlichsten Wunsch erfüllt und mich mit Angelina verlobt habe.«

»Du wirst erst noch eine Menge lernen müssen, mein lieber Alexander«, sagte Karl Friedrich Freiberg ruhig. »Und über dein Mitspracherecht in der Firma reden wir erst, wenn du mit Angelina verheiratet bist. Zuerst wirst du mal deine Kenntnisse in der Firma deines zukünftigen Schwiegervaters erweitern.«

»Aber ich verstehe doch gar nichts von Computern«, sagte Alexander gereizt.

»Dann wirst du es eben lernen. Wir müssen dem Fortschritt Rechnung tragen, Alexander«, sagte sein Vater ruhig. »Und ich bin sehr froh, daß die Verbindung unserer beider Familien uns die Möglichkeit dazu gibt, für die Zukunft unserer künftigen Enkel zu arbeiten.«

Alexander starrte seinen Vater sprachlos an. »Deshalb wart ihr also so darauf erpicht, daß ich Angelina heirate«, stieß er hervor, »diese langweilige Person, die ein blindes Huhn ist und stottert, aber ihr werdet euch wundern. Eine Verlobung kann man lösen.«

Karl Friedrich sprang auf, Marianne wurde kreidebleich, als ihr Mann Alexander beim Kragen packte.

»Was hast du bisher überhaupt geleistet, du Tagedieb!« schrie er seinen Sohn an. »Du solltest dir alle zehn Finger schlecken, eine solche Frau zu bekommen, aber du redest bloß blöd daher. Und ich sage dir, daß du von mir keinen Heller bekommst, wenn du Angelina und damit auch ihre Eltern beleidigst.«

»Halt den Mund, Karl Friedrich«, sagte nun Marianne tonlos, »in diesem Fall kann man doch für Angelina nur wünschen, daß ihr bald die Augen aufgehen. Aber Alexander soll es ruhig wissen, daß er bei mir auch kein Verständnis mehr findet, wenn es soweit kommt.«

Alexander zuckte zusammen. »Warum regt ihr euch eigentlich gleich so auf! Ich habe doch nur gesagt, daß ich auch mal wissen möchte, was mir eigentlich zugetraut wird. Und ich muß feststellen, daß es nichts ist. Also werde ich mir erst einmal eine andere Stellung suchen und beweisen, was ich aus eigener Kraft leisten kann.«

»Als ob dich jemand nehmen würde«, spottete sein Vater.

»Das wirst du schon erleben«, sagte Alexander. »Ich werde heute nachmittag ein entsprechendes Gespräch führen, und sollte meine holde Verlobte Sehnsucht nach mir haben, dann erfindet eine Ausrede.«

Er sagte es und verschwand, und seine Eltern schauten ihm sprachlos nach.

»Ist etwa der Teufel in ihn gefahren?« fragte Karl Friedrich Freiberg erregt.

»Vielleicht in Gestalt von Loretta Mayen. Er war ja so fasziniert von ihr, daß es schon peinlich wurde. Ich hoffe nur, daß er sich überlegt, was er eben sagte, und ich hoffe auch, daß Angelina in ihrer Naivität gar nicht bemerkt hat, wie unmöglich sich Alexander benahm. Wir hätten ihn doch deswegen zur Rede stellen sollen, Friedel.« Sie nannte ihren Mann Friedel, denn er war im allgemeinen ein wahrhaft friedfertiger Mensch.

»Ich habe das wirklich nicht so ernst genommen, Marianne«, sagte er. »Sie, beziehungsweise ihre Firma, gehört ja zu unseren besten Kunden. Und was sollte sie für ein Interesse an so einem unbedarften Burschen wie Alexander haben.«

Marianne blickte auf. »Du hast wahrhaftig keine besonders gute Meinung über deinen Sohn«, sagte sie heiser.

»Er ist unser Sohn, aber ich wünschte, er hätte ein bißchen mehr von deiner Tochter.«

»Sie ist unsere Tochter, Friedel, aber wollen wir streiten? Ist es meine Schuld, daß er so wenig Rückgrat hat? Vielleicht braucht er wirklich eine Frau, die ihn unter Dampf setzt, nicht solch liebes Kind wie Angelina.«

»Etwa eine wie Loretta Mayen?« fragte er scharf.

»Es müßte ja nicht so extrem sein, aber ich werde mal mit Angelina sprechen.«

»Das wirst du hübsch bleiben lassen. Da mischen wir uns nicht mehr ein. Entweder merkt sie, daß sie mit ihm anders umspringen muß, oder es soll ihr erspart bleiben, von ihm gedemütigt zu werden. Das würde er ja doch nur bei einem Menschen wagen, der noch schwächer und sensibler ist als er. Aber sensibel ist er ja gar nicht, nur labil.«

Das war das Sonntagmorgengespräch im Hause Freiberg, und es wollte Marianne gar nicht gefallen. Aber für sie und ihren Mann war es schon beschlossen gewesen, daß sie Amelie und Johannes besuchen wollten. Sie wohnten in der Nähe von Wolfratshausen auf einem alten Bauernhof, den sie renoviert hatten, und es gefiel Marianne dort besonders gut. Aber auch Friedel hatte sich daran gewöhnt, daß seine Tochter und ihr Mann ganz andere Ambitionen hatten, als er von der recht flotten Amelie erwartet, vielleicht sogar befürchtet hatte.

Aber jetzt erwartete Amelie ihr erstes Kind und entsprechend aufgeregt waren die werdenden Großeltern.

Aber diese morgendliche Auseinandersetzung mit Alexander konnten sie doch nicht so einfach von sich abschütteln.

»Wir sagen Amelie lieber nichts, sonst regt sie sich auf«, sagte Marianne während der Fahrt. »Bis zum vierten Monat besteht immer noch die Gefahr einer Fehlgeburt.«

»Was nicht sein soll, soll nicht sein«, brummte ihr Mann.

»So was gefällt mir aber gar nicht, Friedrich«, sagte sie, und wenn sie nicht einverstanden war mit seinen Äußerungen, sagte sie immer Friedrich zu ihm.

»Ich meine doch nicht das Baby«, murmelte er, »ich meine Alexander und Angelina. Und glaube nur nicht, daß ich auf seiner Seite bin, wenn das schiefgeht.«

»Ich auch nicht, Friedel, dann soll er erst mal sehen, wie er zurechtkommt«, sagte Marianne. »Aber ich würde es schon sehr bedauern, wenn es zwischen uns und den Durands zum Bruch käme.«

»Es liegt ja wohl an uns Älteren, damit es nicht dazu kommt. Wir haben ja den Verstand, den die Jungen nicht haben.«

»Sag das nicht, Friedel, dabei geht es nicht um den Verstand.«

*