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Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Dr. Norden – Unveröffentlichte Romane Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. »Eines musst du mir versprechen.« Sasa Schulze saß aufrecht wie lange nicht im Krankenhausbett der Behnisch-Klinik und sah ihre Freundin Mikkeline aufmerksam an. »Was denn?« Mikkeline unterdrückte ein Schaudern. Was konnte Sasa noch von ihr verlangen, nach alldem, was sie für sie getan hatte? »Ich möchte nicht, dass jemand von den Umständen unserer Be-kanntschaft erfährt. Am besten weiß niemand, dass wir uns überhaupt kennen. Ich bin in der Szene bekannt und möchte nicht, dass dein Ruf irgendwie leidet.« Diese Worte fielen Sasa sichtlich schwer. Trotzdem war ihre Stimme fest. »Glaub mir, ich weiß, wie die Leute sind, auch wenn sich die Zeiten scheinbar geändert haben. Manche Dinge stecken einfach in den Köpfen fest. Es wird noch lange dauern, bis unsere Gesellschaft wirklich tolerant ist.« Einen Moment lang war Mikkeline Jacobsen vollkommen perplex. Sie hatte mit vielem gerechnet. Aber damit nicht, selbst wenn ihr die Gründe für Sasas Forderung sofort klar waren. Gerührt fasste sie nach der Hand ihrer neuen Freundin, mit der sie selbst nach so kurzer Zeit eine ungewöhnliche Vertrautheit verband. Es mochte an den ungewöhnlichen Umständen ihrer Begegnung liegen. Aber genau wusste Mikkeline es nicht. »Ich verspreche es dir«
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»Eines musst du mir versprechen.« Sasa Schulze saß aufrecht wie lange nicht im Krankenhausbett der Behnisch-Klinik und sah ihre Freundin Mikkeline aufmerksam an.
»Was denn?« Mikkeline unterdrückte ein Schaudern. Was konnte Sasa noch von ihr verlangen, nach alldem, was sie für sie getan hatte?
»Ich möchte nicht, dass jemand von den Umständen unserer Be-kanntschaft erfährt. Am besten weiß niemand, dass wir uns überhaupt kennen. Ich bin in der Szene bekannt und möchte nicht, dass dein Ruf irgendwie leidet.« Diese Worte fielen Sasa sichtlich schwer. Trotzdem war ihre Stimme fest.
Als Mikkeline die Hand hob und protestieren wollte, fügte sie hinzu:
»Glaub mir, ich weiß, wie die Leute sind, auch wenn sich die Zeiten scheinbar geändert haben. Manche Dinge stecken einfach in den Köpfen fest. Es wird noch lange dauern, bis unsere Gesellschaft wirklich tolerant ist.«
Einen Moment lang war Mikkeline Jacobsen vollkommen perplex. Sie hatte mit vielem gerechnet. Aber damit nicht, selbst wenn ihr die Gründe für Sasas Forderung sofort klar waren. Gerührt fasste sie nach der Hand ihrer neuen Freundin, mit der sie selbst nach so kurzer Zeit eine ungewöhnliche Vertrautheit verband. Es mochte an den ungewöhnlichen Umständen ihrer Begegnung liegen. Aber genau wusste Mikkeline es nicht.
»Ich verspreche es dir«, sagte sie leise und drückte Sasas Hand dankbar. Einen Moment lang schien es, als wollte die Kranke diese Hand an ihre Lippen ziehen und zärtlich küssen. Doch der Augenblick ging vorbei. Rasch zog Sasa ihre Hand zurück und wechselte das Thema.
»Die Ärzte sprechen davon, dass ich in ein bis zwei Wochen entlassen werde.« Ihr Blick wurde skeptisch. »Wenn bis dahin keine Immunreaktion oder Infektion auftritt.«
»Aber das sind doch tolle Neuigkeiten!« Mikkeline wunderte sich. »Freust du dich denn nicht darüber? Vor ein paar Wochen stand es in den Sternen, wann du die Klinik wieder verlassen kannst. Und ob du gesund sein würdest.«
Sasa seufzte und strich sich über den weichen Flaum auf ihrem Kopf. Die Chemotherapie hatte ihren Tribut gefordert. Doch die Klinikchefin Jenny Behnisch hatte ihre junge Patientin getröstet: Innerhalb kurzer Zeit würde ihre Haarpracht kräftiger und voller denn je nachwachsen.
»Klar freue ich mich. Trotzdem bin ich ein bisschen unsicher. Hier in der Klinik werde ich von den netten Schwestern bestens versorgt, ohne ein unnötiges Risiko auf mich zu nehmen. Daheim ist das anders. Da muss ich auf alles selbst aufpassen.«
»Du schaffst das schon. Da bin ich ganz sicher.«
Sasas sinnender Blick wanderte hinaus in den Garten der Behnisch-Klinik. So schön dieser Ausblick auch war, so sehr freute sie sich andererseits auch darauf, wieder etwas anderes zu Gesicht zu bekommen. Dennoch saßen die Zweifel tief.
»Durch die Immunsuppressiva, die ich nehmen muss, besteht in den nächsten drei Monaten ein stark erhöhtes Infektionsrisiko. Früher waren verständnislose Männer meine größten Feinde. Heute sind es Bakterien, Viren und Pilzsporen. Zumindest momentan«, scherzte Sasa und verzog die vollen Lippen zu einem freudlosen Lächeln.
Allein der Gedanke daran, so vorsichtig sein, zu viele menschliche Kontakte meiden zu müssen, verursachte Mikkeline Magenschmerzen.
»Wieso sind all diese Medikamente notwendig?«, fragte sie mitfühlend.
»Wegen der Abstoßungsreaktionen. Ich bin immer noch nicht auf der sicheren Seite«, erklärte Sasa bereitwillig. Obwohl sich die beiden Frauen noch nicht lange kannten, herrschte eine ungewöhnliche Vertrautheit und ein beinahe blindes Vertrauen zwischen ihnen.
Erneut nahm Mikkeline die Hand ihrer neuen Freundin, die sie auf so ungewöhnliche Weise gewonnen hatte, und drückte sie fest.
»Du wirst sehen: Wenn die Kraft erst zurückkehrt, kommt auch dein Selbstvertrauen Stück für Stück wieder. Schon bald wirst du wieder die strahlende, selbstbewusste Frau sein, die ich von den Fotos kenne.«
»Dein Wort in Gottes Ohr«, seufzte Sasa. Gedankenlos streichelte sie Mikkelines Hand, bis sie sie ihr sanft entzog und aufstand.
»Wenigstens kann ich jetzt einigermaßen beruhigt nach Kopenhagen fliegen und mir die Objekte in Dänemark ansehen, die Jesper für den deutschen Immobilienmarkt ins Auge gefasst hat.« Mikkeline freute sich auf diese Reise, die sie wieder einmal in die Heimat ihres Vaters führen würde.
Diese Freude konnte Sasa verständlicherweise nicht ganz teilen, auch wenn sie sich redlich bemühte. »Der Gedanke daran, eine ganze Woche lang ohne dich auszukommen, ohne deine Stimme und dein Lachen, ohne deine Fürsorge, macht mich jetzt schon traurig.« Sasa wusste, dass sie diese Worte nicht aussprechen sollte.
Tatsächlich verflog das freundliche Lächeln auf Mikkelines Gesicht sofort. Die Freundschaft zu Sasa war eine beständige Gratwanderung für sie. Sie stand an der Kliniktür und sah skeptisch zu ihr hinüber.
»Vielleicht ist es nicht schlecht, wenn wir eine Weile keinen Kontakt haben.«
»Möglich«, zeigte sich Sasa einsichtig. Sie wusste, dass sie die Freundschaft aufs Spiel setzte, wenn sie sich allzu sehr öffnete und ihre Gefühle preisgab.
»Na dann…«, Mikkeline hob die Hand zum Gruß. »In ein paar Tagen bin ich ja wieder da.« Sie öffnete die Tür, als Sasa ihr nachrief:
»Vergiss nicht, was du mir versprochen hast!« Doch da war die Tür hinter Mikkeline schon leise ins Schloss gefallen.
Dafür hörte ein anderer diesen Satz, für dessen Ohren er nicht bestimmt gewesen war. Während seine Freundin einen weiteren ihrer ominösen Klinikbesuche getätigt hatte, hatte er sich möglichst unauffällig auf dem Flur vor dem Zimmer herumgedrückt. Als Mikkeline herausgekommen war, hatte er sich rasch abgewandt. Doch sie war ohnehin zu konzentriert und in ihre Pläne versunken, als dass sie ihn bemerkt hätte. Das war Linus nur recht. Und Sasas Bemerkung bestätigte nur seinen Verdacht, dass mit Mikkeline in letzter Zeit etwas ganz und gar nicht mehr in Ordnung war. Mit Sicherheit hatte diese fremde Frau in der Klinik, die nur ausgewählte Besucher empfing, etwas damit zu tun. Aber auch das würde er noch herausfinden. Linus lächelte siegessicher.
»Sie müssen mir unbedingt helfen, Herr Dr. Norden!« Dieser Ausruf klang wie ein kläglicher Hilfeschrei und wollte nicht recht zu dem Hünen passen, der ihn ausstieß, als er ins Behandlungszimmer seines Hausarztes Dr. Daniel Norden stürzte. Hätte nicht echte Verzweiflung in Matthias Lücks ungewöhnlich blassen Gesicht gestanden, so hätte sich Daniel ein Lachen kaum verkneifen können. So aber wandte er sich seinem Patienten mit dem ihm eigenen Respekt und der gebührenden Sorgfalt zu.
»Setzen Sie sich bitte.«
Mathias schwankte. Rasch rückte Daniel ihm einen Stuhl zurecht und sorgte dafür, dass er sicher auf der Sitzfläche landete. Er musterte Mathias Lück eingehend. Feine Schweißperlen standen auf der Stirn des Mannes. »Was fehlt Ihnen?«
»Seit heute Nacht ist mir hundeelend. Davon bin ich sogar aufgewacht. Dabei schlafe ich normalerweise wie ein Bär.«
»Haben Sie sich übergeben?«
Allein beim Gedanken daran verdrehte Matthias die Augen.
»Der Rest der Nacht war gelaufen. Ich bin froh, ohne peinlichen Unfall hierher gekommen zu sein.«
Daniel verstand, was sein Patient meinte und verzichtete auf eine intensivere Befragung zu diesem Thema.
»Haben Sie Fieber gemessen?«
»Mein Thermometer ist schon seit Jahren verschwunden.« Trotz seiner Magenschmerzen grinste Matthias schief. »Ich lebe in einem klassischen Junggesellenhaushalt. Wenn Sie wissen, was das bedeutet.«
»Zum Glück ist mir diese Erfahrung erspart geblieben.« Nur ungern wollte Daniel Norden gestehen, dass er seit jeher mit einer Haushälterin gesegnet war, die ihm schon in jungen Jahren diese lästigen Pflichten vom Leib gehalten hatte, damit er sich voll und ganz seiner Berufung widmen konnte. »Können Sie aufstehen? Ich würde Sie gerne auf die Liege verfrachten und ein paar Tests machen.«
»Haben Sie einen Verdacht?« Matthias erhob sich vorsichtig und wagte ein paar unsichere Schritte.
Daniel geleitete ihn umsichtig hinüber zur Patientenliege, bettete den Leidenden darauf und machte dessen Bauch frei.
Als er die feine Blinddarmnarbe entdeckte, runzelte er die Stirn.
»Mein erster Verdacht scheidet glücklicherweise aus. Ihren Blinddarm sind Sie bereits losgeworden.«
»Vor Jahren schon. Gott war das peinlich. Ausgerechnet beim Verlobungsessen meiner Schwester wurde mir entsetzlich schlecht. Damals gab es Weinbergschnecken als Vorspeise.«
»Und? War es ein gutes oder schlechtes Omen?«, versuchte Daniel, Mathias abzulenken, während er den verhärteten Leib abtastete.
»Geschmackssache.« Trotz seiner Schmerzen schien Matthias seinen Humor nicht verloren zu haben. »Die beiden sind seit dreizehn Jahren verheiratet und haben drei Kinder.«
»Ein gutes also«, stellte Daniel lächelnd fest. »Ich bin neugierig zu erfahren, wo Sie gestern Abend waren und den Glücksbringer gespielt haben.«
Matthias winkte ab.
»Das war nur die Einladung eines Sportartikelherstellers. Und ausnahmsweise war das Essen wirklich delikat. Das Thema lautete »Meer und Mehr«. Es gab Hummer und Muscheln und Garnelen in allen Variationen und rauen Mengen. Ein Festschmaus mit unerfreulichem Ende. Dabei muss ich heute Nachmittag unter allen Umständen fit sein. Glauben Sie, das bekommen Sie hin?«
Während der Untersuchung hatte Dr. Norden aufmerksam gelauscht. Sein zweiter und dritter Gedanke hatte einem Magen-Darm-Infekt und einer stressbedingten Gastritis gegolten. Doch Matthias’ Schilderung brachte ihn auf eine andere Idee.
»Ist es möglich, dass Sie unter einer Krustentierallergie leiden? Weinbergschnecken, Krustentiere, das klingt eher nach einer Kreuzallergie denn nach einer Blinddarmentzündung«, wagte er eine rückwirkende Diagnose.
»Wie auch immer: Das Ding ist raus und kann somit keinen Ärger mehr machen. Und eine Allergie? Ich bitte Sie!« Matthias lachte verächtlich. »Das ist doch nur was für Hypochonder.«
»Keineswegs«, korrigierte Daniel ernsthaft. »Vor allen Dingen ist mit solchen Reaktionen des Körpers nicht zu spaßen.«
Doch davon wollte Matthias Lück nichts wissen.
»Ist es nicht möglich, dass ich mir schlicht und ergreifend den Magen verdorben habe mit einer ungenießbaren Muschel?«
»Auch das ist denkbar«, gab Daniel unumwunden zu. »Um eine Allergie festzustellen, wären zudem eingehende Tests nötig.«
»So viel Zeit habe ich nicht. Ich muss spätestens morgen früh wieder auf der Höhe sein.« Matthias sah Dr. Norden flehend an. »Bitte helfen Sie mir. Wenn ich nicht zu diesem Surfcontest in Dänemark antreten kann, leidet mein guter Name und somit das Geschäft.« Für ihn als selbständigen Sportlehrer bedeutete jeder Verlust ein erhebliches Risiko für seine Existenz.
Daniel dachte nach, was unter diesen Umständen zu tun war.
»Haben Sie öfter Magenbeschwerden?«
»So gut wie nie. Außer wenn ich zu viel Weißwein trinke. Seit ich das weiß, lasse ich lieber die Finger davon.« Ein erneuter Magenkrampf brachte Matthias zum Schweigen.
Daniel musste eine Entscheidung treffen.
»Wir haben keine Zeit für aufwändige Tests. Es erscheint mir plausibel, dass Sie tatsächlich unter einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leiden. Bis wir das mit letzter Sicherheit durch diverse Tests feststellen können, werde ich Ihnen ein Antiallergikum verabreichen. Wenn die Beschwerden damit verschwinden, haben wir ziemlich große Sicherheit, dass ich mit meinem Verdacht richtig liege.« Während er sprach, hatte er eine Injektion vorbereitet, die er Matthias Lück nun verabreichte. Der war viel zu sehr mit seinen Schmerzen beschäftigt, als dass er etwas von dem Einstich bemerkt hätte.
»Jetzt fangen Sie endlich an!«, forderte er Dr. Norden ungeduldig auf, als sich sein Magen wieder beruhigt hatte.
Daniel lächelte.
»Es scheint bereits zu wirken, wenn Sie schon wieder so forsch sein können.« Er reichte Matthias Lück die Hand, um ihm beim Aufstehen behilflich zu sein. Tatsächlich war das Gesicht des Patienten schon nicht mehr ganz so bleich wie noch zu Beginn seines Besuchs. »Ich schreibe Ihnen noch ein Mittel auf gegen die Magenkrämpfe und das Unwohlsein. Damit sollten Sie über die nächsten Tage kommen. Trotzdem möchte ich Sie bitten, nach Ihrem Aufenthalt in Dänemark noch einmal in die Praxis zu kommen.« Er reichte Matthias Lück das Rezept, das er inzwischen ausgedruckt hatte.
»Wird gemacht. Und vielen Dank auch für Ihre schnelle Hilfe. Ich glaube, mir geht es schon besser.« Der Sportler lächelte tapfer.
»Freut mich zu hören. Allerdings sollten Sie nicht zu enttäuscht sein, wenn die Krämpfe nicht sofort wie weggeblasen sind«, gab der Arzt seinem Patienten mit auf den Nachhauseweg, den Matthias Lück nach eindringlicher Versicherung selbst antreten konnte. Nachdem sein Patient aber schon bedeutend munterer wirkte, ließ Daniel Norden ihn guten Gewissens gehen.
Nicht nur wegen ihrer schwierigen Freundschaft zu Sasa kam Mikkeline Jacobsen der geplante Auslandsaufenthalt gerade recht. Auch die Beziehung zu ihrem Freund Linus gestaltete sich in den vergangenen Monaten immer schwieriger.
»Seit ein paar Monaten bekommen wir aus den nichtigsten Anlässen heraus Streit«, klagte Mikkeline ihrem Bruder Jesper ihr Leid, während sie in der Agentur ihre Siebensachen für die bevorstehende Reise zusammensuchte. »Linus ist so unglaublich eifersüchtig. Er ist pedantisch und altmodisch und geht mir mit seinen konservativen Ansichten inzwischen richtig auf die Nerven. Dabei verstehe ich das gar nicht.« Sie sah tatsächlich mitleiderregend aus, als sie ihren blonden Haartraum über die Schulter warf und Jesper ratlos ansah, einen Ordner in der Hand. »So war er doch früher nicht.«
»Hast du nicht nach jeder Trennung und glücklichen Wiedervereinigung erzählt, es wäre endlich besser geworden?«, forschte Jesper, der diese Klagen zu Genüge kannte.
»Schon. Aber die Veränderung hielt nie lange an. Und ehrlich gesagt zweifle ich langsam aber sicher daran, ob das alles noch einen Sinn hat.« Mikkeline zwirbelte eine blonde Strähne in ihren Fingern. »Weißt du: Ich will nicht meine Zeit mit einem Mann verschwenden, von dem ich mir sicher sein kann, dass er nicht meine große Liebe ist. Nicht mehr. Schließlich will ich irgendwann heiraten und Kinder bekommen.«
»Wenn ich Linus neulich richtig verstanden habe, hat er dieselben Pläne wie du.«
Mikkeline zuckte mit den Schultern und sah sich forschend um.
»Mag sein. Aber bei dem Gedanken, ihn zu heiraten, wird mir ganz anders.«
»Wenn das kein Alarmsignal ist!«, kam Jesper nicht umhin, zuzugeben.
Mikkeline lächelte ihn aufreizend an.
»Das sagt mir der Richtige. Was ist denn mit Nina und dir? Warum wohnt ihr nicht längst zusammen und seid glücklich verheiratet? Und das, obwohl ihr seit Jahren das Traumpaar schlechthin seid und sogar miteinander arbeitet. Ihr passt augenscheinlich zusammen wie die Faust aufs Auge. Und trotzdem scheint es einen Haken an eurer Beziehung zu geben.« Sie betrachtete eingehend ihren Bruder mit ihrem eisgrauen Blick.
Jesper lachte und schob verle- gen ein paar Unterlagen auf dem Schreibtisch der Immobilien-Agentur hin und her.
»Es gibt keinen Haken. Wir sind nur beide der Überzeugung, dass Alltag der Liebestöter Nummer Eins ist. Deshalb haben wir beschlossen, darauf zu verzichten.«
»Linus und ich bekommen unsere Beziehung noch nicht mal ohne Alltag auf die Reihe«, gestand Mikkeline unzufrieden und steckte den Ordner in ihre große Handtasche.
»So, fertig. Bist du so lieb und fährst mich zum Flughafen? Nina übernimmt bestimmt so lange das Telefon.«
»Linus wird stocksauer sein.« Jesper griff trotzdem nach den Wagenschlüsseln.