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Nach der Apokalypse und der Besiedlung des roten Planeten, dem Mars, geht der Kampf der Menschheit ums Überleben weiter. Neben alltäglichen Problemen zeichnet sich neuerlich ein Krieg ab. Diesmal sind die Feinde keine Menschen aus irgendeinem Staat auf der inzwischen unbewohnbaren Erde, sondern die vom Mond geflüchteten technischen Errungenschaften und die Nachkommen der Menschheit auf dem einst blauen Planeten. Die hochintelligenten Androiden namens "Synandros" und die von ihnen missbrauchte Abart des Menschen, die "Saprobien", kennen wie ihre Schöpfer keine Gnade!
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Inhaltsverzeichnis
Über den Autor
Einleitung
Schritte in eine dunkle Zeit
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
Schritte in eine neue Zeit
Hinweis:
Impressum
Eine dunkle Zeit
Zukunftsroman
von
Roman Just
Roman Just ist in der Welt der Literatur in verschiedenen Genres unterwegs. Mit den Thrillern der "Tatort-Boston-Reihe" hat er den Einstieg in die Literaturwelt begonnen, sie dann mit den "Gelsenkrimis" fortgesetzt. Neben den Thrillern und Krimis arbeitet er an dieser mehrteiligen Dystopie und einer historischen Familiensaga, hinzu kommen Ausflüge in andere Genres.
Der Autor und bekennender Selfpublisher ist Jahrgang 1961, lebt in Gelsenkirchen, leidet mit dem vor Ort ansässigen Fußballclub zu allen Zeiten mit, spielt außerdem gerne Schach und beschäftigt sich gelegentlich mit der Astronomie.
Zur Person:
Sternzeichen: Jungfrau
Gewicht: Im Moment viel zu viel
Erlernter Beruf: Kellner
Derzeit tätig als: Autor/Selfpublisher
Charaktereigenschaften: Impulsiv/Hilfsbereit
Laster: Nie zufrieden mit einem Ergebnis
Vorteil: Meistens sehr geduldig
Er mag: Klare Aussagen
Er mag nicht: Gier und Neid
Er kann nicht: Den Mund halten
Er kann: Zuhören
Er hasst: Wagenknecht, Putin, Schwarzer, Trump, Musk, usw.
Er liebt: Das Leben
Er will: Ziele erreichen
Er will nicht: Unterordnen
Er steht für: Menschlichkeit
Er verachtet: Hass, Mobbing, Eitelkeit und Selbstverliebtheit
Er denkt: Auch Einfaches ist nicht einfach zu erledigen
Er meint: Die Achtung und der Respekt vor der Würde eines Menschen werden durch das Gendern nicht gestärkt.
Einleitung
E
s begann nicht heute, es begann nicht gestern, es begann, als es die Zeit noch gar nicht gab. Eine gewaltige Explosion ließ den Raum entstehen. Der Urknall verursachte ein Chaos, das bis heute anhält, doch die Kräfte der Zeit, der Seelen und des Lebens drifteten auseinander. Bis zum Beginn der Zeitrechnung hatte es keine Spezies geschafft, ihren Planeten zu zerstören und die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren, außer einer Rasse: Sie nannte sich Mensch, bezeichnete sich als intelligent, dabei war es ihr entgangen, dass sie sich längst selbst versklavt hatte.
Nicht jeder Irrtum muss zwangsläufig zu einem Fehler führen, es sei denn, man weigert sich konsequent, ihn zu korrigieren!
(John F. Kennedy)
Die Menschheit hatte unfassbares vollbracht, nur war nicht sie dafür verantwortlich, sondern ihre Vision. Die Rasse war nie eine Einheit gewesen, sondern versuchte stets, sich ihresgleichen Untertan zu machen. Irgendwann geriet alles außer Kontrolle, nur der Wahnsinn nicht. Sehend, dennoch blinden Auges, rannte die Spezies frohen Mutes ihrem Verderben entgegen, dennoch entging sie ihrem wohlverdienten und selbst eingeleiteten Untergang. Schuld daran war eine künstlich entwickelte Intelligenz, die alsbald die Dominanz der Menschheit zu untergraben verstand, obwohl sie über keinerlei Emotionen verfügte. Was ihr jedoch gegeben worden war, bestand aus der Nachempfindung von menschlichen Gefühlen, die sich in den Maschinen zu entwickeln begannen, da diese Apparate selbständig dazu lernen konnten. Wozu ein biologisches Lebewesen imstande war, insbesondere ein Säugetier, nämlich Empfindungen verarbeiten zu können, wurde eine Eigenschaft, die von den herrschenden Robotern leicht zu erlernen war. Liebe, Hass, Tod, Leben, es entwickelten sich durch die Fähigkeit des selbständigen Lernens Algorithmen, die den Menschen durchschaubar machten, ihm ebenso für alle Zeit verborgen bleiben sollten. Dennoch hätte die Rasse der Menschheit nicht überlebt, wenn es nicht geschafft worden wäre, die selbstlernenden Androiden zu erschaffen. Doch die Vergangenheit ließ sich nicht begraben, schon gar nicht in den Weiten des irdischen Sonnensystems, auf das der Mensch angewiesen war, nachdem er aus Selbstverschulden den blauen Planeten unbewohnbar gemacht hatte. Im Jahr 2136 gab es fast keine Geschichtsbücher mehr und in denen, die noch existierten, waren Namen, die Geschichte schreiben wollten, nicht existent. Die Hitlers, Stalins, Putins der Vergangenheit besaßen schon zu Lebzeiten keine Zukunft mehr, auch nicht der Osten oder Westen, wenn überhaupt jemand, dann die Algorithmen, denen die Bewohner der Erde nicht zugänglich waren: Eine Rasse, eine Menschheit, ein Volk!
Schritte in eine dunkle Zeit
A
ndy hatte seit seiner Rückkehr von der Erde genügend Zeit gehabt, um sich ein Bild von den Fortschritten in den Kolonien und auf den Raumstationen zu machen. Es war unbestritten: Viel war passiert, doch insgesamt war zu wenig geschehen. Nach dem Tod Patrick Mars` wurden die Ausbaumaßnahmen in Terra City kurzfristig eingestellt. Kurz darauf kam es unter Andys Federführung zur zweiten Grundsteinlegung der Stadt. Der Mittelpunkt der Kolonie sollte das Grabmal Patrick Mars` sein, und die künftige Hauptstadt der »Vereinten Menschheit« erhielt einen neuen Namen: Patrick-City.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2080 kamen auf der riesigen Baustelle auch Andys baugleiche Androidenkollegen zum Einsatz, die durch menschliche Piloten ersetzt werden konnten. Es waren zwölf Stück. Sie lernten schnell und wurden mit der Zeit unentbehrlich. Schließlich konnten sie rund um die Uhr arbeiten und an Stellen eingesetzt werden, die den Menschen nur mit Raumanzügen zugänglich waren. Natürlich waren die Roboter nur so zum Einsatz gekommen, dass niemand den Gedanken hegte, dass es sich bei den eifrigen Kollegen um Maschinen handeln könnte.
Durch die Arbeitseinteilung war es möglich, im Eilverfahren Vorarbeiten zu erledigen, die ansonsten einige Monate oder sogar Jahre in Anspruch genommen hätten. Vor der Einstellung der Tätigkeiten in Terra City und dem Baubeginn von Patrick-City hatte die Stadt wahrlich nichts inne, wovon die Menschen auf der Erde in der Vergangenheit geträumt hatten. Was in Filmen und auf fantasievollen Zeichnungen oder digitalen Bildern zu sehen war, hatte mit der Realität auf dem Mars keine Ähnlichkeit. Es gab weder moderne Hochhäuser oder herrliche Grünanlagen noch wunderschöne Straßen oder irgendeinen Komfort. Stattdessen bestand die Stadt aus Containern, die wie Dominosteine an- und übereinander gereiht wurden. Die Wände aus Stahl beinhalteten zwar die für Menschen lebensnotwendigen Einrichtungen, ebenso diverse Freizeitmöglichkeiten und sogar so etwas wie ein nostalgisches Kino, aber einen komfortablen Standard gab es nicht.
Es ging zwar nicht von heute auf morgen, doch im Vergleich zur menschlichen Arbeitsleistung, noch dazu unter den gegebenen Umständen, geschah es in einer rasenden Geschwindigkeit. Andy hatte die Hälfte der Arbeitsroboter nach ihrem ersten Lernprozess von der Baustelle abgezogen. Mit seinen Artgenossen begann er, die Außengrenzen von Patrick-City zu bestimmen, und wies sie danach an, die Baupläne umzusetzen, die er ihnen übergeben hatte. Die Belohnung für das Unterfangen war nicht sofort ersichtlich oder spürbar, aber sie stellte sich schneller ein als gedacht. An einem sonnigen und dennoch kalten Marstag hatte Andy allen Arbeitern einen freien Tag zugestanden und sie auf dem Platz mit Patricks Grab versammeln lassen. Wie die in der ersten Reihe stehenden Androiden trug er einen Raumanzug. Was keiner der Anwesenden verstehen konnte, war, dass sich Andy hinter einem Pult aus Baumaterialen positioniert hatte. Schließlich trat er vor den Aufbau und gab einem der baugleichen Roboter ein Zeichen. Andy wusste, dass sich dadurch an den Horizonten rund um seinen Standort etwas in Bewegung setzen würde. Er wartete und wartete. Es vergingen Minuten, und er bemerkte, dass die Menschenmenge zunehmend ungeduldiger wurde. Erneut erteilte er dem Androiden mit einer Geste einen Befehl. Die Menschen erschraken, als sie ohne Vorwarnung ein Geräusch vernahmen, das ihnen völlig fremd war. Sie ahnten nicht, dass sich in allen Himmelsrichtungen in gleicher Entfernung eine Stahlwand aus dem Marsboden erhob. Fortan war Patrick-City in einem Durchmesser von fünf Kilometern von einer Stahlmauer umschlossen, die überall gleich hoch war, fünf Meter aus dem Boden ragte und einen Kreis bildete. Erneut begann Andy zu warten, und diesmal stellte er die Anwesenden auf eine noch länger andauernde Geduldsprobe. Zuerst war es nur eine Person, die zum Himmel deutete. Kurz darauf sahen die meisten Leute unschlüssig und fragend zum Himmel. Obwohl die Sonne schien, waren ein paar Blitze zu sehen, und über den Köpfen der Anwesenden wölbte sich deutlich sichtbar eine durchsichtige Kuppel, die sich niemand erklären konnte.
Nachdem sich diese in mehreren hundert Metern Höhe über dem kreisförmigen Areal ausgebreitet hatte, fing Andy an, sich des Raumanzugs zu entledigen. Bewusst ging er behäbig vor und fing damit bei seinen Händen an. Binnen einer Minute war ihm das Interesse aller Leute sicher. Nur noch den Helm tragend, begab sich der ehemalige Pilot hinter das provisorische Rednerpult und nahm mit eindrucksvoller Gestik die Kopfbedeckung ab. Die Menge kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und hörte, wie sie vom Sprecher der »Vereinten Menschheit« dazu aufgefordert wurde, es ihm gleichzutun. Als Erstes legten die anderen Roboter die Helme ab. Zögernd folgte ein Mensch dem Beispiel, danach der nächste und schließlich der Rest der Menge.
»So sieht die Zukunft aus!«, rief Andy ins Mikrofon. »Wir werden nicht frieren, wir können atmen und in Zukunft ohne Raumanzüge arbeiten. So sieht die Zukunft von Patrick-City aus, und bald wird jede Kolonie davon profitieren. Morgen werdet Ihr alle wieder an die Arbeit gehen. Wir werden die Container noch für längere Zeit als Unterkünfte benutzen müssen, aber wenn wir Patrick-City fertiggestellt haben, wird es die fortschrittlichste und schönste Stadt sein, die je von Menschen gebaut wurde!«
Zunächst ertönte verhaltener Applaus, vereinzelt wurden lobende und erfreute Rufe laut, doch dann geschah es: Wie auf Kommando fing die Menschenmenge an zu jubeln, und die Begeisterung nahm kein Ende. Die Menschen liefen umher, spielten Fangen, tanzten ohne Musik und umarmten sich vor Freude.
Ω
U
nter der Kuppel von Patrick-City entstanden ein Weltraumbahnhof, Parks, ein Regierungsviertel, ein Areal für sportliche Aktivitäten, und es wurde auch an eine medizinische Anlage gedacht. Auf dem Areal wurden Bäume gepflanzt, die an die Örtlichkeit und die Bedingungen angepasst waren. Fortwährend wurde in der Stadt gearbeitet, die den Menschen einen Blick zum Marshimmel bot.
Endgültig vorbei sollte das Leben in Containern und Gängen sein, die den Menschen zwar eine Zuflucht geboten und das Fortbestehen ermöglicht, aber ihre Freiheit und ihr Wohlgefühl erheblich eingeschränkt hatten. Die Kuppel über Patrick-City war eine neuartige technische Einrichtung. Sensoren, die miteinander verbunden waren, erzeugten ein Energiefeld, aus dem keine Luft entweichen und in das nichts eindringen konnte. Die Hülle war Li Mings erster Nachlass, den Andy zu Ende gedacht, funktionsfähig gemacht und an die Menschen weitergereicht hatte. Patrick Mars wäre bereits wegen des Erreichten mächtig stolz auf seinen Nachfolger gewesen, doch es wurden noch viele weitere Fortschritte realisiert. Patrick-City wuchs im Rekordtempo. Es war, als ob aus einem Slum eine Metropole werden würde. Die Fortschritte in der Stadt, wie das Energiefeld, waren für alle Kolonien vorgesehen, aber Andy wollte nichts überstürzen, sondern alles genau planen. Die Zeit verging. Nach ein paar Jahren war das irdische Sonnensystem vom Menschen noch nicht erobert, aber auf jeden Fall bereits umfangreich besiedelt worden. Auf dem Merkur waren Obst- und Gemüseplantagen errichtet worden, die sich als äußerst rentabel erwiesen. Der zerfurchte Planet war eine Wüste voller Krater aus Stein und Staub, doch der Wissenschaft war bereits seit langer Zeit bekannt, dass der Planet über Eigenschaften verfügte, die der Errichtung von Plantagen entgegenkamen. Unter Einbeziehung seiner Umlaufbahn um die Sonne und der Rotation des Planeten wurden auf dem Merkur Plätze berechnet, an denen es möglich war, die Gewächshäuser zu bauen. Das ermöglichte den Früchten ein schnelles Wachstum. Das traf auf alle Pflanzensorten zu, und die Verhältnisse begünstigten, dass die Plantagen mit entstandenem Kondenswasser bewässert werden konnten.
Das Energiefeld schützte vor der UV-Strahlung. Die Bauart der Gewächshäuser ließ nur die Sonneneinstrahlung zu, die benötigt wurde. Nicht ein Mensch lebte oder arbeitete auf dem sonnennächsten Planeten, alles wurde von zwei Arbeitsrobotern erledigt, die für Andy so etwas wie Brüder waren. Eine Weltraumstation, die sich im Orbit des Merkurs befand und gleichzeitig ein Weltraumbahnhof war, überwachte die Abläufe. Jede Ernte wurde von neuartigen Transportdrohnen abgeholt, zu der Station im Orbit gebracht und von dort zu den Kolonien geflogen.
Die Venus geriet auch in das Blickfeld des Sprechers der »Vereinten Menschheit«, und von da an stand sie unter intensiver Beobachtung. Nachdem sich Andy mit dem Planeten auseinandergesetzt hatte, ließ er auf dessen Oberfläche in regelmäßigen Abständen Algen aussetzen. Kein Mensch wusste, wozu das gut sein sollte. Auf Phobos und Deimos, den zwei Marsmonden, entstanden Produktionsstätten, die ausnahmslos für die irdische Raumflotte vorgesehen waren. Die Anlagen befanden sich im stetigen Ausbau, verliefen unter und auf den Oberflächen der Trabanten, aber das Geniale daran war, dass alle Raumschiffe hier starten oder in Hangars landen konnten. Auf Wartungen, Reparaturen oder eine Modernisierung konnte auch in diesen Zeiten nicht verzichtet werden.
Fast überall im irdischen Sonnensystem, wo der Mensch seinen Fuß auf die Oberfläche eines Himmelskörpers setzen konnte, war er zugegen. Auf besonders instabilen und lebensfeindlichen Planeten übernahmen die Arbeitsroboter die Aufgaben der Menschen, doch fast auf jedem Mond existierten kleine oder größere menschliche Kolonien. Auf Monden wie Triton, Ganymed, Titan, Io, Europa, Oberon und vielen mehr wurde geforscht, gebaut und nach immer neuen Möglichkeiten gesucht. Die "Vereinte Menschheit", die das irdische Sonnensystem inzwischen von Kampfstationen kontrollieren und bewachen ließ, hatte es geschafft, auf Pluto einen Außenposten zu erschaffen. Inzwischen lebten einhundert Menschen auf dem Himmelskörper, über dessen Status sich Astronomen vor der Apokalypse gestritten hatten. Die Frage, ob Pluto den Planeten oder Zwergplaneten zugeordnet werden sollte, war für die Regierung der »Vereinten Menschheit« unerheblich. Viel wichtiger war, dass Pluto den Menschen eine Oberfläche bot, die betreten werden konnte. Entgegen allen Spekulationen und Annahmen im 21. Jahrhundert handelte es sich bei Pluto um einen lebendigen Planeten. Der von der Sonne am weitesten entfernter Planet war zwar kalt, aber er besaß eine dünne Atmosphäre, unter der sich viele Geheimnisse verbargen. Plutos Boden bebte, es existierten aktive Vulkane, und trotz der großen Entfernung zu seinem Hauptstern gab es auf Pluto, wenn auch unmerklich, einen Tag und eine Nacht. Lange wurde darüber nachgedacht, wie Pluto am besten genutzt werden konnte. Darüber war noch keine Entscheidung gefallen.
Hingegen war man sich einig, wie man Charon, den größten Mond Plutos, fortan nutzen wollte. Diesen Trabanten mit einem Durchmesser von 1208 Kilometern machte man zu einem Gefängnismond. Idealerweise besaß Charon unter der Oberfläche ein natürliches Tunnelsystem, das weitläufig ausgebaut wurde. Während auf der Oberfläche ein Belüftungssystem entstand, das die Gänge später mit Sauerstoff versorgte, bauten Menschen mit der Hilfe von Arbeitsrobotern den Höhlenkomplex immer weiter aus. Auf diese Weise entstand ein Labyrinth aus langen Tunneln sowie großen und kleinen Räumen. Es wurde sehr lange darüber diskutiert, wie mit den Menschen verfahren werden sollte, die sich eines Verbrechens schuldig gemacht hatten oder jeden Willen der Gemeinschaftszugehörigkeit vermissen ließen. Es war nicht zu ändern: In der Gegenwart wurden wie in den Jahrtausenden davor Delikte und Kapitalverbrechen begangen. Es wurde weiterhin gestohlen, betrogen, gelogen, manipuliert und sabotiert, aber die Gründe für die Straftaten hatten sich geändert, außer im privaten Bereich. Auf der ersten Position der Kapitalverbrechen stand Mord aus Eifersucht. Oft kam es zu Vergewaltigungen, während Sabotage und Terror eher selten vorkamen. So absurd es klang, das häufigste Verbrechen bestand darin, dass sich jemand dem Gemeinwohl mit allen Mitteln entziehen wollte. Leben auf Kosten der anderen, so lautete das Motto dieser Individuen. Sie verweigerten jede Arbeit, verlangten jedoch im Gegenzug, ernährt zu werden. Eine Folge davon war, dass die Zukunft der »Vereinten Menschheit« in Gefahr geriet. Überall, an allen Ecken, fehlte es an Arbeitskräften und Leuten, die bereit waren, an ihr Limit zu gehen. Die Situation wurde für die Arbeiter, die alles gaben, immer unerträglicher. Sie opferten sich für Menschen auf, die noch nicht einmal dazu bereit waren, den kleinen Finger zu krümmen. Mit Inkrafttreten neuer Gesetze in einer sogenannten Zukunftsliste wurden Faulheit, Bequemlichkeit und Ausbeuterei des Mitmenschen zwar offiziell verboten, aber damit gelang es nicht, die schändlichen Eigenschaften für immer zu vernichten. Jede Person war dazu verpflichtet, einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten, wobei die Art und Weise und die Talente eines Menschen berücksichtigt wurden. Niemand musste in den Weltraum, wenn er dazu körperlich, geistig oder moralisch nicht geeignet war. Allerdings stand es außer Frage, dass jedes menschliche Lebewesen irgendein Talent besaß. Deswegen bekam jeder eine Tätigkeit zugewiesen, die seinen Fähigkeiten und Interessen entsprach oder diesen wenigstens nahekam. Diese Vorgehensweise konnte jedoch nicht verhindern, dass es Menschen gab, die nichts taten oder nur meckerten. Gab es keine Gründe für eine Arbeitsverweigerung, wurde die Person zunächst ermahnt, dann abgemahnt, danach disziplinarisch protokolliert. Schließlich erhielt sie einen Verweis, wenn das alles nicht fruchtete, wurde der oder die Betreffende aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Eine Verbannung aus der Gesellschaft bedeutete Exil auf Charon. Wer zu einem Aufenthalt auf Charon verurteilt wurde, verschwand in der Regel für immer. Ging es um eine Verbannung wegen Arbeitsverweigerung, erhielt jeder nach einem Jahr eine zweite Chance, doch selten kam es dazu. Auf Charon wurden nicht die Gefangenen bewacht, sondern nur die Anlage. Ein Entkommen gab es nicht, denn dieser Mond verfügte nicht über Bedingungen, in denen ein Mensch existieren konnte. Es gab zwar Wasser in gefrorener Form, aber es war eher ungenießbar, und vor allem gab es auf der Oberfläche Charons keinen Sauerstoff. Die Gefangenen bekamen weder einen Wärter zu sehen noch kamen sie mit einem solchen in Kontakt. Aus diesem Grund war es nachvollziehbar, dass auf Charon das Gesetz des Stärkeren herrschte. Diese Gegebenheiten und schlimmen Zustände sollten irgendwann geändert werden, doch das war nicht heute und würde es nicht morgen sein. Die Stärkeren auf Charon waren keine Arbeitsverweigerer, sondern deutlich häufiger unerziehbare Personen, die zur Gewalt neigten. Als das Gesetz des Stärkeren unter den Gefangenen offensichtlich geworden war, wurde das Höhlensystem in zwei Bereiche geteilt: in den der kleinen Straftaten und in den der Kapitalverbrechen. Die erhoffte Verbesserung der Umstände trat zum Erstaunen aller Verantwortlichen jedoch nicht ein. Das Gesetz des Stärkeren hielt nach kurzer Zeit in der Ebene der Arbeitsverweigerer ebenfalls Einzug. Unabhängig von der begangenen Straftat stand für jeden Häftling somit fest, dass eine Rückkehr in die Gesellschaft ausgeschlossen war. Es sei denn, jemand bekam eine zweite Chance. Das passierte in der Strafkolonie allerdings sehr selten. Sogar die friedlichste Natur musste sich in dem Gefängnis auf Charon Angriffen von Mitgefangenen erwehren, und wenn sie diese überlebte, tat es der Angreifer in der Regel nicht. Aus jemandem, der wegen eines Vergehens in diesem Gefängnis saß, wurde jemand, der einen Menschen getötet hatte. Da dies aus Notwehr geschehen war, wurde die Strafe zwar nicht erhöht, aber der Überlebende wurde zu einem bevorzugten Angriffsziel. Es ging auf Charon nämlich nicht allein ums Überleben, sondern auch um Hierarchien, die für das weitere Dasein entscheidend waren. Mord aus Notwehr gehörte auf Charon zum Alltag. Gelegentlich gelang es einem Häftling, sich jedem Konflikt in dem Gefängnis zu entziehen, doch die Wiedereingliederung in die Zivilisation gelang ihm nicht. Bis in die Gegenwart war es keinem der Rückkehrer gelungen, wieder ein Teil der "Vereinten Menschheit" zu werden. Die Verhältnisse auf Charon wurden gelegentlich besprochen, aber Verbesserungen ließen sich aus vielerlei Gründen schwer umsetzen. Charon wurde von der Bevölkerung als Hölle ohne Wiederkehr bezeichnet, und diese Äußerung traf den Nagel auf den Kopf. Doch es gab noch ein anderes Projekt, das in aller Munde war und das sich mit dem Gefängnis nicht vergleichen ließ. Es trug den Namen Oase. Bei der Oase handelte es sich um eine Weltraumstation, die nach der Fertigstellung von der Mars-, Mond- und Erdoberfläche mit bloßen Augen zu erkennen sein würde. Diese Raumstation sollte das Hawaii des irdischen Sonnensystems darstellen. Die Oase war ein rechteckiges Gebilde, das durch Steuerelemente stets die gleiche Position zum Mars, zur Erde und zum Mond einnahm. Es war geplant, den Menschen auf vier Etagen mit gigantischen Ausmaßen Erholung zu bieten. Natur, Sportmöglichkeiten, Freizeitvergnügen in Form eines Parks mit Achterbahn, es befand sich ein Wunderwerk im Bau, das längst noch nicht fertiggestellt war. Die Oase sollte eine Mischung aus Disney-World und dem Yellowstone Nationalpark werden, und obwohl erst eine Etage genutzt werden konnte, waren die Menschen von der Einrichtung begeistert. Sie stand jedem nach einem halben Jahr Arbeit für vier Wochen zu. Menschen, die der Gesellschaft gegenüber ihren Arbeitsbeitrag erbracht hatten, durften drei Monate im Jahr auf der Station verbringen. Es ging vorwärts, überall im irdischen Sonnensystem. Auch die Erde wurde nicht aus den Augen gelassen. Immer wieder kam es zu kleineren Angriffen der Saprobien, mehr aber noch nicht. Auf der Erde hatte sich wegen der Apokalypse fast alles verändert, doch seit die Überlebenden und ihre Nachkommen in Kolonien im Weltraum lebten, war nahezu alles gleichgeblieben. Ungeklärt blieb die Frage, wo die Synandros abgeblieben waren. Sie konnten nicht gefunden werden, nicht auf der Erde, nicht im Weltraum. Andy hielt das für kein gutes Zeichen. Er hatte viel bewegt und noch mehr erreicht, doch am Ende seines Weges war er längst noch nicht angekommen. Durch ihn und mit Hilfe seiner baugleichen Artgenossen hatte die "Vereinte Menschheit" wichtige Schritte in eine neue Zeit zurückgelegt. Doch wie es weiterging, welche Hürden bewältigt, was für Rückschläge eingesteckt und welche Fortschritte erzielt wurden, das erzählt diese Geschichte.
1. Kapitel
D
ie Menschheit hatte die selbst verschuldete, trotzdem im Ablauf unglücklich verlaufende Apokalypse überlebt. Etwas mehr als sieben tausend Personen waren gerettet und von der Erde evakuiert worden. Der neue Lebensraum wurde der von jeher erträumte, und doch unwirtliche Weltraum, damit Standorte, an denen ohne überlebenswichtige technische Revolutionen menschliches Leben nicht möglich war.
Inzwischen war die Bevölkerung durch Wunder und dem Trieb zur Fortpflanzung schon wieder auf eine Zahl angestiegen, die neuerliche Probleme zu verursachen drohte. Der Sprecher der Vereinten Menschheit, der früher ein Präsident irgendeines Staates gewesen wäre, sah vom Gipfel der höchsten Erhebung auf dem Mars, auf die neue Hauptstadt der menschlichen Zivilisation herab. Vom Olympus Mons, auf den sich Andy ungesehen begeben hatte, sah die Hauptstadt der "Vereinten Menschheit" wie ein winziger Fleck in der Landschaft aus. Kein Wunder, der Berg war der höchste Vulkan im irdischen Sonnensystem, besaß einen Durchmesser von sechshundert Kilometern und war sagenhafte zweiundzwanzig Kilometer hoch. Die Entfernung zu "Patrick-City" ließ die irdische Kolonie auf dem Mars unbedeutend erscheinen, doch es hatte sich unheimlich viel getan.
Die erste bemannte Landung auf dem roten Planeten gehörte längst der Vergangenheit an. Noch vor der Apokalypse war ein von Menschen ständig besetztes Forschungslabor auf der Oberfläche des Planeten entstanden. Niemand hätte zu jener Zeit geglaubt, dass der Mars eines Tages der Heimatplanet der Menschheit werden würde. Inzwischen konnte "Patrick-City" als ein Wunderwerk der Menschheit betrachtet werden, was zum Teil auf das gesamte irdische Sonnensystem zutraf. In der Hauptstadt, die von einer fünf Metern hohen stählernen Wand von der Außenwelt abgeschirmt wurde, lebten mittlerweile fünfzigtausend Menschen, mehr durften es auch nicht mehr werden. Bei der einzigen Metropole, die der Menschheit zur Verfügung stand, handelte es sich um ein Rundell von fünf Kilometern Durchmesser. Wäre eine solche Stadt auf der Erde entstanden, sie hätte sämtliche bis dahin bekannte Weltwunder übertroffen. Ein Röhrensystem, welches die ganze City miteinander verband, diente der Personenbeförderung. Zwanzig Personen fassende futuristisch anmutende Kabinen, angetrieben mit der SOM-Energie, brachten Passagier minütlich von A nach B. Unter der durchsichtigen Kuppel, die den Menschen einen Blick auf den Marshimmel bot, türmten sich Wolkenkratzer in die Höhe, die mit den Röhren der öffentlichen Verkehrsmittel verbunden waren. Menschen aus den vergangenen zwei Jahrhunderten hätten "Patrick-City" für den Lebensraum einer hochentwickelten außerirdischen Kultur gehalten, obwohl die Stadt nicht viel mit den Orten zu tun hatte, die damals in Science-Fiction-Filmen zu sehen waren. Das Prunkstück der Hauptstadt der "Vereinten Menschheit" war ohne Zweifel die Kuppel. Sie bestand aus der EMS-Einrichtung, einem elektromagnetischen Schutzschild, die bei Sandstürmen auf dem Mars herrliche Farbenspiele zu erzeugen imstande war. Selbst der kleinste Partikel konnte die Hülle nicht durchdringen, allerdings reagierte sie, wenn ein Objekt auf sie fiel und wie ein Bumerang abprallte. Die EMS-Vorrichtung sorgte auch dafür, dass der Sauerstoff nicht entweichen konnte. Nur deswegen war es den Menschen möglich, sich frei zu bewegen, ohne Raumanzug herumlaufen zu können. Alles Erreichte wäre ohne Andy und seine fast baugleichen Brüder nicht möglich gewesen. Der Präsident der "Vereinten Menschheit" war ein Android, was den biologischen Geschöpfen bisher verborgen geblieben war.
Andy war der Herr über die Menschheit, auch über die Maschinen, die wie er konstruiert waren, allerdings über keinen Chip der selbstlernenden künstlichen Intelligenz verfügten. In früheren Filmen kam es vor, doch dass es wahr werden würde, hätte sich die Menschheit nicht träumen lassen. Der Präsident der menschlichen Zivilisation war salopp gesagt ein Roboter. Andys Auftrag lautete die Menschheit zu schützen, doch dass es mit dieser Order Probleme geben könnte, daran hatte bei der Programmierung der "KI" niemand gedacht. Der Sprecher der Vereinten Menschheit sah aus wie ein Mensch, doch obwohl seine Hautschicht verletzt und er bluten konnte, solche Wunden machten ihm nichts aus. Inzwischen hatte Andy gelernt, menschliche Emotionen nachahmen zu können, zudem begriffen, dass ihn die Wesenszüge eines Menschen mitunter sympathischer erscheinen ließen. Obwohl die Überlebenden der Apokalypse ohne ihn und die baugleichen Roboter untergegangen wäre, empfand er so etwas wie Stolz. Was die einst rund siebentausend Menschen und ihre Nachkommen geleistet hatten, ließ sich als phänomenal bezeichnen.
Ihm imponierten insbesondere Leute, die sich nahezu aufopferten, um der irdischen Zivilisation eine Zukunft im irdischen Sonnensystem zu ermöglichen. Ihre Arbeitskraft, die immer wieder neuen Einfälle, die Umsetzung von Ideen in Realitäten, es trug dazu bei, dass die Menschheit auf dem Mars einen Lebensstandard erreicht hatte, der trotz aller negativen Nebeneffekte kaum noch etwas vermissen ließ. Am ehesten fehlten die Komponenten, die der Mensch früher als unterhaltsam eingestuft hatte.