Einsamkeit - Nicole Diercks - E-Book

Einsamkeit E-Book

Nicole Diercks

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Beschreibung

Einsamkeit ist ein großes Wort und nur wenige wissen, dass es weit mehr ist, als das Fehlen von Menschen und Ansprache. Es kann ein Lebensstil, eine schlechte Angewohnheit, eine Haltung, ein Schicksal, und eine Wirkung sein. Man hatte eigentlich immer gedacht, Einsamkeit wäre bevorzugt ein Thema von Außenseitern und von Menschen in hohem Alter. Nun hat man aber herausgefunden, dass der Einsamkeitsgipfel aber um die Dreißig liegt! Auch dass sich in Deutschland bereits jeder zehnte als vereinsamt und jeder dritte als oft einsam bezeichnet, ist ein neuer Trend. Aber wie kann das sein, in einer vollkommen vernetzten Welt des Internets, in der jeder ein Handy in der Hand hat, um sofort zu allen jederzeit Kontakt aufzunehmen?! Dieses Rätsel versucht das vorliegende Buch zu erhellen, denn es zeigt die große Komplexität und Gefahr des drohenden Megatrends auf.

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Einsamkeit

EinsamkeitVorwortEinsam oder allein …?Einsam zu ZweitDas Ende vom LiedEinmal, zweimal, dreimal einsam …?!Narziss(t)enKontakt-CrashZeitgeistReiß Dich halt auch mal ein bisschen zusammen hier!SchlussbetrachtungenImpressum

Einsamkeit

Vorwort

Die Einsamkeit hat mich gelehrt, dass das Zusammensein mit Anderen etwas ziemlich Schönes ist …
Das Zusammensein mit Anderen hat mich gelehrt, dass die Einsamkeit etwas ziemlich Schönes ist …

Ich entschuldige mich gleich: Dieses Thema ist nicht tief und ernsthaft abzuhandeln, ohne dass man sich dabei nicht mit auch sehr negativen Energien beschäftigt und diese intensiv beleuchtet. Das Thema „Einsamkeit“ an sich ist nämlich heutzutage bereits schon emotional sehr negativ belegt. Und es ist leider nicht möglich den Suchenden über einfache Worte Trost, Rat und Rettung zu schenken. Im Einzelfall geht das sicherlich, für das Phänomen der Einsamkeit jedoch nicht, da dieses mittlerweile ganz neuen Gesetzmäßigkeiten gehorcht, die dem Einzelnen fast nicht mehr zugänglich sind.

 Wir fangen schon gleich mal negativ an, denn das Thema „Einsamkeit“ wird derzeit bereits schon medial ausgeschlachtet. Ganz sicher nur ein merkwürdiges Zusammentreffen mit der Ernennung der uns so sonderbar anmutenden „Ministerin für Einsamkeit“ in Großbritannien … Leider erzeugt die mediale Sichtbarkeit eines Themas in aller Regel weder Klarheit noch Wahrheit, da dort einfach ein möglichst schwammiger, nur schlecht nachweisbarer, emotional gut aufblähbarer Umstand zu einem Themenpark aufgepumpt wird, auf den dann Kreti und Pleti aufsatteln. Das hatten wir zuletzt vor ein paar Jahren mit den „armen ADHS-Kindern“, die allesamt von ihren unkundigen und gefühlskalten Eltern „mit Drogen ruhig gestellt wurden“. Kontext: „Die Kinder haben gar nichts, behandelt endlich mal die Eltern!“ Es ist bei 95% all dieser Publikationen ersichtlich, dass der Schreiber keinerlei Sachkenntnis über ADHS, Neurobiologie, Neurohormone, Neurotransmitter, und oft ja nicht mal über Kinder besitzt - und jetzt eben einfach mal ein paar leicht verdauliche und plakative Phrasen drischt. Es ist ebenfalls immer sofort erkennbar, dass keinerlei Selbstbezug oder auch nur persönliche Bekanntschaft mit einem ADHS-ler herrscht. Als Betroffener möchte man da immer schier verzweifeln! Nicht nur, dass man keine Hilfe bekommt, dass man nicht sichtbar ist, sondern so wird man auch noch mit seinem Leid an die Wand gestellt und vor aller Augen genüsslich abgeknallt. Weswegen sich wahre Betroffene in der deutschen Öffentlichkeit innerhalb eines solchen Streams zumeist vornehm zurückhalten, was es dann wiederum anderen schwer macht, sich einmal neutral und wahrheitsgemäß zu orientieren …

Nun beginnt die Öffentlichkeit sich langsam an den immer gleichen Geschichten der „armen Migranten“ und der „bösen, kriminellen Migranten“ zu überfressen - kommt ja nun auch irgendwie weder was Neues rüber, noch dass wir der Plage mal Herr würden. Schon haben wir einen neuen Themenpark: Die böse Einsamkeit - herrlich emotional und so schön nebulös! Wer allein nur nach einer schlichten Bedeutung sucht, fährt bereits gegen die Wand, denn sogar der Duden weiß es nicht. Da steht zu lesen:

„Bedeutungsübersicht: das Einsamsein, Alleinsein". Schon wirklich frappierend ist die Verwendung des Wortes „Einsamsein“ seitens des Duden – denn die müssten es ja nun wissen – das ist gar kein existentes Pronomen! Wenn überhaupt, gibt es nur das Adjektiv „einsam sein“. Nicht nur das, es folgt auch keinerlei Erklärung, was „Einsamsein“ denn nun überhaupt ist?! Und es kommt sogar noch schlimmer: auch die gleichgestellte Assoziation ist grundfalsch! Einsamkeit ist nicht gleich Alleinsein, es handelt sich hierbei um zwei völlig unterschiedliche Umstände!

Die allgemeine Meinung ist, dass es gar keine klare Definition oder Diagnose für Einsamkeit geben kann. Das liegt auch mit daran, dass es unmöglich ist diesem Umstand, besser Zustand, statistisch zu erfassen. Es handelt sich hierbei nämlich um einen rein subjektiven Eindruck, der am Glücksgefühl gemessen wird, das ein Individuum für sein Empfinden seiner sozialen Eingebundenheit angibt. Wenn man jedoch nach einer Definition sucht, bezeichnet sich Einsamkeit zumeist als „die Empfindung von anderen Menschen getrennt, abgeschnitten und abgeschieden zu sein. Es ist ein Zustand innerer Leere und Ungeliebtheit“. Einsamkeit wird als sehr schmerzhaft, isolierend und belastend empfunden, doch dieses rein subjektive Gefühl muss nicht, wie zumeist angenommen, mit physischem Alleinsein und tatsächlicher sozialer Isolation zusammenhängen. Wichard Puls versteht unter Einsamkeit „das subjektive Innewerden sozialer Isolation“. Betroffene bezeichnen diesen Zustand, als säßen sie plötzlich in einem schwarzen Raum und könnten nicht herausfinden, wo der Ausgang ist oder ob es überhaupt einen gibt?! 

Damit ist zumindest eines klar: Einsamkeit ist kein Umstand, es ist ein Gefühl! Sonderbarerweise wird es für ein nur selten auftretendes Phänomen gehalten, dass in aller Regel nur Außenseiter betrifft. Dabei zeigt eine neue Studie jedoch, dass sich aktuell in Deutschland weit mehr Menschen einsam fühlen als bisher angenommen: Von über 1.000 Teilnehmern gaben zwölf Prozent freimütig an, „häufig oder sogar ständig“ das Gefühl zu haben „einsam und verlassen zu sein“. Zweiunddreißig Prozent gaben an, dass sie sich „zumindest manchmal einsam fühlen“. Einsamkeit ist also keinesfalls ein seltener Umstand, sondern etwas, das jeden zehnten Deutschen intensiv, und jeden dritten Deutschen passager betrifft. Und das ist dann leider kein Ausnahmefall mehr, sondern ein echter Trend! Noch sehr viel weiter verbreitet dabei ist die Angst irgendwann, vor allem im Alter, einsam zuwerden, auch schon unter jungen Menschen.

Mit der Einsamkeit gehen zugleich Lebensfreude, Zufriedenheit, Motivation und Antrieb verloren. Das liegt einfach daran, dass wir Menschen vordergründig soziale Wesen sind, die zwingend Beziehungen brauchen. Fehlen allein schon nur Gemeinschaft und Zusammensein, macht das der Psyche über kurz oder lang bereits enorm zu schaffen …

Untersuchungen zeigen, dass es aber auch einen Menschentypus gibt, der aufgrund seiner Persönlichkeit und Einstellung deutlich anfälliger für Gefühle von Einsamkeit ist. Diese Menschen sind eher pessimistisch, negativ eingestellt, schüchtern, auf sich fokussiert, nicht extrem empathisch, nicht so sehr auf Nähe aus und eher Einzelgänger. Sie teilen sich weniger mit, besonders dann nicht, wenn es um tiefe Gedanken und Gefühle geht. Menschen mit einer solchen Persönlichkeitsstruktur haben größere Probleme, Kontakte herzustellen, sie dann nicht mit zu vielen Erwartungen zu überladen und auch sie nicht wieder sofort abzubrechen, wenn es nicht so läuft, wie gewünscht. Hier ist also ein Menschentypus mit deutlich eingeschränkter sozialer Kompetenz geschildert. Damit spielen sich Personen schon ganz aus Versehen selber an den Rand und kommen da dann eben auch oft nicht mehr ohne fremde Hilfe wieder weg. Auch die mit dem niedrigen Selbstwertgefühl, den vielen Selbstzweifeln oder gar Minderwertigkeitskomplexen sind hier in Problemen. Sie spielen: „Ich bin nicht OK – und Du vermutlich auch nicht!“ Oder „Ich bin nicht OK – Du aber umso mehr!“ Das erzeugt so leider eine schiefe Ebene, auf der eine gleichwertige Freundschaft schon mittelfristig nicht richtig funktionieren kann.

Die positiven Seiten der Einsamkeit sind: Man kommt zu sich, kann die Sinne schärfen, seine Bedürfnisse stärker wahrnehmen, Dinge klarer durchdenken, zur Ruhe und wieder zu sich kommen, sich die Möglichkeit geben den Fokus wieder auf etwas Neues einzustellen. Das ist aber nur die Wirkung einer gewollten und gesuchten Einsamkeit, die in genau dem Moment wieder beendet wird, wo der Inhaber sich das wünscht. Also ist das eigentlich eher so eine Art von Alleinsein. Echte Einsamkeit wurde weder absichtlich gesucht, noch aufrechterhalten … sie passierte irgendwann und dauert dann eben an.  

Einsam oder allein …?

In der Sozialpsychologie wird Einsamkeit als Synonym für „die subjektive Auffassung von sozialer Isolation“ bezeichnet. Egal ist hier, ob ein solcher Mangel von außen nachvollziehbar ist oder nicht. Einsam ist, wer sich einsam nennt, basta. Es ist also weit mehr als ein philosophischer Aspekt, ob jemand sich einsam oder allein fühlt. Tatsächlich werden die Begriffe als Synonyme verwendet oder sprichwörtlich auch als „einsam und allein“. Hier kann man jedoch klar differenzieren: Entscheidet man sich aus freien Stücken für keine soziale Einbindung, handelt es sich um Alleinsein, das sogar als wohltuend und auch therapeutisch erlebt wird. Wurde diese Situation jedoch nicht selber gesucht und hergestellt, sondern von außen auferlegt, wirkt sie als Einsamkeit und ist somit eher isolierend und krankmachend. Man kann außerdem sagen: Alleinsein ist ein passagerer Zustand, Einsamkeit ist ein dauerhaftes Gefühl. Beides kann zwar gemeinsam auftreten, bedingt sich aber nicht gegenseitig. In einer Menge kann man somit zwar niemals alleine sein, einsam aber schon! Die wirklich tückischen Gefühle der Einsamkeit kommen jedoch durch die Hintertür. Der Mensch fühlt sich oft irgendwann von der Welt verlassen, nicht zugehörig, anders, falsch, nicht liebenswert, zu niemandem gehörig, für niemandem bedeutsam, überflüssig – und sogar nicht mehr gesehen oder anerkannt. Als wenn er der Gesellschaft nichts Wertvolles mehr in der Lage sei geben zu können.  

Man lässt weder sich selbst, noch anderen gerne ein, dass man einsam ist, auch weil dieses Thema irgendwie noch stigmatisiert und somit schambesetzt ist. In unserer angeblich ja so offenen Gesellschaft, und noch mehr in einer mittlerweile ja virtuell vollkommen vernetzten und ununterbrochen kommunizierenden Welt, so meint der Normalbürger, ist es heutzutage - schon rein technisch - gar nicht mehr möglich einsam zu werden. Man muss sich einfach mal ein bisschen anstrengen um dazuzugehören, dann klappt das auch! Und wenn dem nicht so ist, dann stimmt da wohl auch was nicht, und derjenige hat sicher selber Schuld an dem ganzen Dilemma! Damit geht der dann allerdings ungern draußen auch noch hausieren … Der Einsamkeitsforscher John Cacioppo, Professor für soziale Neurowissenschaft in Chicago, sagt: „Menschen die in der Einsamkeit feststecken, haben gar nichts falsch gemacht! Niemand ist immun gegen das Gefühl isoliert zu sein, genauso wenig wie gegen Hunger, Durst oder Schmerz!“ In unserer modernen Gesellschaft, erscheint es jedoch fremd und störend, wenn jemand angeblich einsam ist, denn wir alle haben es leider längst verlernt mit Einsamkeit umzugehen, sie auch nur zu verstehen. Umso mehr, wenn jemand, der offenbar Kontakte hat, und sozial eingebunden scheint, behauptet sich so zu fühlen. Das stößt auf der Gegenseite oft nicht nur auf Unverständnis, sondern auch auf ungute Gefühle, die sogar latente Ängste in Einzelnen wecken können. Deshalb zieht sich mancher wortlos zurück, wenn er mit Einsamkeit konfrontiert werden soll ... er ist schlicht überfordert. Und das zeigt, wie mächtig dieses leise Gefühl ist. Das liegt auch mit daran, dass Einsamkeit so rational unfassbar, unbeweisbar und auch hochkomplex ist, und dabei dann in ganz unterschiedlichen Situationen auftauchen kann. Manchmal ist sie die natürliche Reaktion auf ein bestimmte Ereignisse oder Gefühlsqualitäten. Und in anderen Fällen hat eine größere Veränderung in unserem Leben die Einsamkeitsgefühle quasi hinten rum ausgelöst und wir bemerken sie erst vergleichsweise spät. 

Einsamkeit ist die schlimmste Strafe für Säugetiere, die sich ja fast alle stets in Rudeln, Herden und Familienverbänden bewegen. Wir wissen heute, dass die positive Kooperation mit anderen Wesen das hormonelle Belohnungssystem im Gehirn aktiviert, dass daraufhin „emotionale Leckerlis“ auswirft. Wir erleben so: Gemeinschaft tut uns gut! Wird ein Mensch dagegen sozial ausgeschlossen, zurückgewiesen oder fällt aus irgendwelchen Gründen aus dem sozialen Netz, wird bei diesem ein anderes System im Gehirn aktiviert, nämlich tragischer Weise jenes, das auch bei körperlichem Schmerz anspringt! Daher nennt man diese Pein „soziale Schmerzen“. Sie sind die am schlimmsten anzunehmende Katastrophe, denn in der gesamten Geschichte der Menschen war die Zugehörigkeit zu anderen immer vordergründig überlebenswichtig! Der Wunsch dazu zu gehören und Menschen um sich zu haben denen man vertrauen und auf die man sich verlassen kann, ist ein fundamentales Bedürfnis nach sozialem Anschluss und emotionaler Eingebundenheit. Es ist und bleibt also bis auf den heutigen Tag die schlimmste Strafe, wenn man als Mitglied aus einem Verbund absichtlich isoliert und ausgestoßen wird oder in Einzelhaft gerät. Der perfide Prozess des Mobbings greift hier ein, in dem ein Mitglied aus Spaß mittels gezielter Intrigen absichtlich ausgestoßen und stigmatisiert wird mit dem Kontext: „Alles deine eigene Schuld, wir konnten gar nicht anders!“ Das ist so im Endeffekt vorsätzlicher sozialer Mord.

Unsere Selbstidentifikation, Bestätigung, Sinn, sowie Motivation erleben wir fast ausschließlich durch die Interaktion mit anderen und deren Reaktionen auf uns. Wenn diese fehlen, werden wir irgendwann „genullt“, wir spielen nicht mehr mit und verschwinden auf mysteriöse Weise aus der Welt. Das heißt auch: wir haben keine gut umrissene Rolle mehr, keinen feststellbaren Nutzen, keinen Wert ... Das Gefühl, einsam zu sein, ist also scheinbar ein wichtiges Warnsignal, das uns auffordert diesen schmerzhaften Zustand rasch zu beenden, Anschluss zu suchen, Kontakte einzufordern und irgendwie sozial wieder sichtbar aktiv zu werden.

Einsam zu Zweit

Einsamkeit hat drei Stadien, die in unterschiedlicher Härte auf die Psyche einwirken.

Erstes Stadium: Momentan und vorübergehend.

Dieses ähnelt sehr dem Alleinsein und wird oft situativ ausgelöst. Ein Streit, ein grundlegendes Missbefinden, Schmerzen, Ängste, Kummer, Trauer, Verbitterung, Enttäuschung, Burnout, Krankheit, ein Unwohlsein, … können sowas ganz schnell mal erzeugen. Man fühlt sich (plötzlich) miss- oder sogar unverstanden und geistig wie emotional völlig alleine gelassen. Dies ist ein Zustand, der durch gezielte Aktion in Richtung auf Kontakt und eine gewisse Selbstbemeisterung zumeist wieder rasch beendet werden kann.

Zweites Stadium: Langsamer Rückzug.