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Selena und Sonia, die Töchter des Königs und der Königin des Elfenreiches, sind Zwillinge. Aber während Selena lieber nachts wach ist, und sich im Mondlicht besonders wohl fühlt, wacht Sonia meistens auf, wenn die ersten Sonnenstrahlen sie kitzelten. Dafür wurde sie am Abend früher müde als ihre Schwester. Als der König und die Königin ein großes Fest geben, geschieht ein Unglück. Selena wacht am Abend auf und findet die Elfenburg verlassen vor. Auch Sonia geht es nicht anders. So sehr die Schwestern sich auch bemühen, sie können weder die Burg verlassen, um Hilfe zu holen, noch finden sie die verschwundenen Burgbewohner.
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Seitenzahl: 82
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Für Charlotte, Jakob, Leo, Lia, Marie, Max und Sophie
Textbeginn
Hier siehst du eine Karte meiner Märchenwelt.
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Die Prinzessin, der Prinz und der Schmetter
Vom Märchenwald zur Himmelstür
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Mein Märchenbuch
Der Schein des Vollmondes ließ die Silberburg strahlen und funkeln, so, als wäre sie aus Sternenlicht und Mondschein gemacht.
Weil sie hoch auf einem Berg stand sah es so aus, als würde sie über den Wolken schweben.
Laut einer uralten Sage lebten hier die letzten Angehörigen des Elfenvolkes ...
Selena hob die Arme und drehte sich langsam um sich selbst. Wie immer bei Vollmond war sie die hundert Stufen hinaufgeklettert, die auf den höchsten Turm der Burg führten, um im Mondlicht zu baden.
Sie liebte die Aussicht. Von hier oben sah das Land wie verzaubert aus.
In Nächten wie diesen fühlte sie sich ein bisschen weniger allein. Es kam ihr sogar so vor, als wären ihre Eltern und vor allem ihre Zwillingsschwester Sonia gar nicht weit von ihr entfernt. Trotzdem konnte Selena sie nicht erreichen.
Sie seufzte tief.
Früher war die Burg voller Leben gewesen.
Ihre Eltern hatten viele Feste gefeiert.
Alle Elfen, Zauberer und Hexen waren gern zur Burg des Königs und der Königin des Elfenreiches gekommen.
Sogar König Buntbart1 aus dem Dreifarbenland tauchte von Zeit zu Zeit mit seinem Heißluftballon auf und feierte kräftig mit.
Wenn er gut drauf war, stieg er auf die höchste Zinne der Silberburg und schwang seinen Zauberstab über seinem Kopf. Der Stab fing an zu leuchten, ein rot, blau und gelb gestreifter Strahl schoss in die Höhe und breitete sich in alle Richtungen aus. Das sah aus, wie ein tolles Feuerwerk.
Selena und ihre Schwester fanden das alles einfach nur klasse, denn obwohl sie noch jung waren, durften sie an allen Festen teilnehmen. Ihre Eltern waren stolz auf die beiden tollen Töchter, die so unterschiedlich waren.
Selena, deren Haar silbern glänzte, schlief morgens gern lange und fühlte sich im Mondlicht besonders wohl. Es machte ihr gar nichts aus, eine ganze Nacht lang wach zu bleiben.
Sonias Haare glitzerten wie das Sonnenlicht. Sie wachte meistens auf, wenn die ersten Sonnenstrahlen sie kitzelten. Dafür wurde sie am Abend früher müde als ihre Schwester. Aber das fanden beide ganz in Ordnung. Es blieb ihnen nämlich genug gemeinsame Zeit.
Auch ihre Eltern waren unterschiedlich. Der König mochte das Mondlicht. Er schlief morgens möglichst lange, während die Königin am frühen Morgen putzmunter war. Trotzdem liebten sich die beiden sehr und kümmerten sich gut um ihre Töchter. Der Mondkönig nahm Selena unter seine Fittiche und die Sonnenkönigin Sonia.
Manchmal fuhren alle zusammen zur Sonnenburg, in der die Elfenkönigin gelebt hatte, bevor sie den Mondkönig kennengelernt und schließlich geheiratet hatte.
Vor dieser Zeit konnten Sonnen- und Mondelfen nicht so viel miteinander anfangen, aber nach der Heirat der Zwei lebten alle Elfen friedlich zusammen.
Das Leben in der Silberburg war unbeschwert und leicht. Niemand hätte sich vorstellen können, dass sich dies jemals ändern würde.
Trotzdem wurde auf einen Schlag alles anders:
Durch einen Zauber verschwanden alle Bewohner der Burg von einem Tag auf den anderen. Nur Selena blieb allein zurück.
Damals war sie noch ein Kind gewesen, gerade einmal einhundertfünfzig Jahre alt.
Trotzdem erinnerte sie sich gut:
Der Tag war sehr schön gewesen. Der König und die Königin feierten ihren Hochzeitstag und hatten deshalb eingeladen.
Schon am Vormittag ging es im Schlosshof mit einem bunten Jahrmarkt los, der den ganzen Tag dauern sollte. Am Abend gab es einen Ball, auf den die Mädchen sich schon total freuten.
Jetzt spielten Musikanten auf, Akrobaten zeigten ihre Künste. An den Ständen wurden viele verschiedene Dinge angeboten: Glitzernde Stoffe und bunte Bänder, Kräuter, bunte Blumen, ganz besondere Früchte und süßer Honig in allen Variationen.
Aber auch magische Dinge, wie Zauberstäbe und Kristallkugeln gab es.
Die Zwillingsschwestern schauten sich das bunte Treiben zusammen an, bis Selena gegen Mittag müde wurde.
„Es tut mir leid. Ich muss mich jetzt hinlegen“, gähnte sie. „Ich bin hundemüde. Das ist schade, weil ich gern dabei gewesen wäre, wenn Königin Aislinn aus dem Elfenwald hier eintrifft. Bestimmt hat sie uns etwas schönes mitgebracht.“
Aislinn war die Königin der Waldelfen und die Patentante der Schwestern.
Beide mochten sie sehr gern, denn sie war immer freundlich und gut gelaunt. Jedes Mal, wenn sie zu Besuch kam, hatte sie etwas für Selena und Sonia dabei. Manchmal einen schönen Glitzerstein, dann wieder eine besondere Blume oder ein magisches Blatt.
„Das kann ich mir vorstellen.“ Sonia grinste gutmütig. „Sicher bist du gestern wieder die ganze Nacht wach gewesen! Da ist es kein Wunder, dass du tagsüber schlafen willst.“
„Stimmt, ich habe mir zusammen mit Vater den Sternenhimmel angeschaut. Das war toll. Du solltest es auch mal probieren“, nickte Selena.
Sonia lachte. „Habe ich doch, aber es hat keinen Zweck. Irgendwann schlafe ich immer ein. Genauso, wie du es nicht fertigkriegst, einmal einen ganzen Tag wach zu sein. Wir sind halt unterschiedlich. Also leg‘ dich hin, Schwesterherz. Königin Aislinn kannst du nachher auch noch begrüßen. Heute Nacht bist du bestimmt munter. Ich schaffe es doch wieder nur, bis zum späten Abend wach zu bleiben. Sicher verpasse ich auch noch das Feuerwerk, das König Buntbart machen will!“
„Dann erzählst du mir eben heute Abend, was du noch alles hier auf dem Jahrmarkt gesehen und erlebt hast. Ich berichte dir morgen früh über den Ball, weil du doch auf halber Strecke einschläfst. Falls ich dich wach kriege, wecke ich dich ganz bestimmt, damit du dir wenigstens das Feuerwerk anschauen kannst. Versprochen!“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Selena von ihrer Schwester.
Dem König und der Königin sagte sie kurz Bescheid, dass sie sich bis zum Abend hinlegen würde, dann ging sie in ihr Zimmer und war kurz darauf schon eingeschlafen.
Ach – wenn sie gewusst hätte, dass sie Sonia und ihre Eltern nicht mehr wiedersehen würde, hätte sie bestimmt nicht geschlafen …
Als es dunkel wurde, wachte sie auf. Sie reckte und streckte sich und horchte, aber es war nichts zu hören. Das war seltsam, denn sie hatte länger als sonst geschlafen, der Ball musste schon in vollem Gang sein. Das Stimmengewirr der Gäste und vor allem die Musik hätte sie hören müssen.
Selena zuckte mit den Schultern. Vielleicht machten die Musiker gerade eine Pause, die Gäste waren beim Essen.
Schnell schlüpfte sie in ihr silbernes Ballkleid. Noch die neuen silbernen Schuhe anziehen, die Haare richten und schon war sie fertig. Sie drehte sich einmal um sich selbst und verließ freudestrahlend ihr Zimmer.
Doch wie seltsam war alles! Eine Gespensterstille herrschte ringsum. Erschrocken schaute Selena sich um, es war immer noch niemand zu sehen, niemand zu hören.
Schnell lief sie die lange, gewundene Treppe hinunter und stand schließlich in der großen Halle der Burg. Auch hier herrschte eine gähnende Leere. Niemand war zu sehen, nichts war zu hören.
Verstört suchte Selena die Räume der Burg ab, alles war leer und verlassen. Wo sonst auch nach Sonnenuntergang gewerkelt, gekocht, gerufen und gelacht wurde, herrschte plötzlich eine gespenstische Stille. Kein Jahrmarkts Gewimmel, kein Ball, keine Menschenseele.
Selena rieb sich die Augen. Wo waren nur alle?
Alles Suchen und alle verzweifelten Rufe halfen nicht - von den Burgbewohnern fehlte jede Spur.
Der Morgen dämmerte bereits, als sie schließlich ihre Suche aufgab. Mutlos ging sie in ihr Zimmer. Das alles kam ihr so vor wie ein böser Traum.
Ja, bestimmt träumte sie nur! Sie würde bald aufwachen und alles wäre gut. Ihre Eltern würden sie lachend in die Arme schließen und Sonia würde sagen, dass sie ein ganz schönes Dummerchen wäre, weil sie gedacht habe, dass ihre Familie sie verlassen hätte oder einfach so verschwunden wäre.
Also legte sich Selena ins Bett und war bald vor lauter Erschöpfung eingeschlafen.
Selena setzte sich abrupt im Bett auf. Wie am Tag zuvor war es schon Abend. Was für ein komischer Traum das gewesen war. Wenn sie das ihrer Schwester erzählen würde …
Schnell sprang sie aus dem Bett und horchte. Aber wieder hörte sie nicht das allerkleinste Geräusch. Eine böse Ahnung beschlich sie: wenn sie überhaupt nicht geträumt, sondern alles wirklich erlebt hätte?
Selena streifte sich hastig ein Kleid über und rannte so schnell sie konnte aus dem Zimmer, die lange Treppe hinunter, durch die große Halle auf den Burghof. Hier schaute sie sich um. Noch immer war niemand zu sehen oder zu hören. Sie war mutterseelenallein. Verzweifelt schluchzend sank sie auf den Boden des Hofes.
Sie weinte und weinte, bis ihr Gesicht sich ganz verquollen anfühlte und sie keine Tränen mehr hatte. Schließlich rappelte sie sich auf und ging langsam in die große Halle. Hier ließ sie sich in einen Sessel fallen.
Sie überlegte.
Was war nur passiert?
Wohin waren alle verschwunden?
War die Burg vielleicht mit Mann und Maus mit einem bösen Zauber belegt worden, während sie geschlafen hatte? Das war das Einzige, was sie sich vorstellen konnte.
Entschlossen stand Selena auf. Sie würde herausfinden, was passiert war und nicht lockerlassen.
Also durchsuchte sie zum zweiten Mal die Burg von oben bis unten, ohne auch nur den allerkleinsten Hinweis zu finden. Der Ballsaal war festlich geschmückt, alles war für das große Fest vorbereitet worden. Die Buden des Jahrmarkts waren noch aufgebaut, so, als würde der Rummel in jedem Augenblick wieder losgehen.
Doch alles Leben war und blieb verschwunden. Alle Menschen und auch alle Tiere. Die Pferdeställe waren genauso leer, wie das Hühnerhaus und das Gatter, in dem die Gänse herumgeschnattert hatten. Selbst Bonito, der alte Hund, der die meiste Zeit in seiner Hütte döste, war nicht mehr da.