Es ist kein Spiel, Simone - Patricia Vandenberg - E-Book

Es ist kein Spiel, Simone E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Fee Norden ging mit ihren Kindern spazieren, und auf dem Heimweg kamen sie durch die stillen Straßen, in denen noch in großen eingewachsenen Grundstücken alte Villen standen. Früher waren sie sicher ein Zeichen von Wohlstand gewesen, aber bis auf einige, die modernisiert worden waren, wirkten sie nun doch schon recht heruntergekommen. So nach und nach würden sie wohl alle modernen Häusern Platz machen. Fee und Daniel Norden waren auch interessiert, eines dieser Grundstücke zu erwerben, wenn der Preis nicht so hoch geschraubt wäre, denn sie wollten auch ein größeres Haus bauen, weil es in ihrem doch bald zu eng werden würde, wenn die Zwillinge heranwuchsen. Sie hatten auch schon überlegt, daß sie dann die Praxis in ihr jetziges Wohnhaus verlegen könnten. Aber sie wollten Wohnung und Praxis natürlich möglichst nahe beieinander haben. »Meinst, daß das Hexenhäusel auch bald abgerissen wird, Mami?« fragte Felix, als sie vor einem recht verwilderten Grundstück standen. Das Haus war fast nicht zu sehen, so hoch und dicht waren die Bäume. »Ist kein Hexenhäusel«, sagte Anneka, »ist ein Spukhaus.« »So ein Quatsch«, warf Danny ein. »Das sagt aber Frau Merkel, und sie hat dort lange genug saubergemacht«, beharrte Anneka. »Dann ist es eben ein Geisterhaus. Jedenfalls spukt da noch so eine alte Baronin herum, die dort eines rätselhaften Todes gestorben ist. Das sagt nicht nur Frau Merkel sondern auch Mickys Oma. Sie hat nämlich die alte Baronin noch gekannt.« Fee wollte Annekas Fantasie nicht noch mehr anregen, aber sie wußte auch, daß um dieses Haus wilde Gerüchte rankten.

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Dr. Norden Bestseller – 351 –

Es ist kein Spiel, Simone

Patricia Vandenberg

Fee Norden ging mit ihren Kindern spazieren, und auf dem Heimweg kamen sie durch die stillen Straßen, in denen noch in großen eingewachsenen Grundstücken alte Villen standen.

Früher waren sie sicher ein Zeichen von Wohlstand gewesen, aber bis auf einige, die modernisiert worden waren, wirkten sie nun doch schon recht heruntergekommen. So nach und nach würden sie wohl alle modernen Häusern Platz machen. Fee und Daniel Norden waren auch interessiert, eines dieser Grundstücke zu erwerben, wenn der Preis nicht so hoch geschraubt wäre, denn sie wollten auch ein größeres Haus bauen, weil es in ihrem doch bald zu eng werden würde, wenn die Zwillinge heranwuchsen. Sie hatten auch schon überlegt, daß sie dann die Praxis in ihr jetziges Wohnhaus verlegen könnten. Aber sie wollten Wohnung und Praxis natürlich möglichst nahe beieinander haben.

»Meinst, daß das Hexenhäusel auch bald abgerissen wird, Mami?« fragte Felix, als sie vor einem recht verwilderten Grundstück standen. Das Haus war fast nicht zu sehen, so hoch und dicht waren die Bäume.

»Ist kein Hexenhäusel«, sagte Anneka, »ist ein Spukhaus.«

»So ein Quatsch«, warf Danny ein.

»Das sagt aber Frau Merkel, und sie hat dort lange genug saubergemacht«, beharrte Anneka. »Dann ist es eben ein Geisterhaus. Jedenfalls spukt da noch so eine alte Baronin herum, die dort eines rätselhaften Todes gestorben ist. Das sagt nicht nur Frau Merkel sondern auch Mickys Oma. Sie hat nämlich die alte Baronin noch gekannt.«

Fee wollte Annekas Fantasie nicht noch mehr anregen, aber sie wußte auch, daß um dieses Haus wilde Gerüchte rankten.

Die letzten Besitzer waren schon lange tot. Der Mann war im Krieg gefallen, die Frau war mit ihren beiden Kindern evakuiert.

Das alles hatte Fee Norden mal von Frau Wallinger erfahren, der Großmutter von Annekas Schulfreundin Micky. Und die Baronin Wallenberg, deren Geist noch in jenem Haus herumspuken sollte, war noch um einiges älter gewesen. Sie gehörte einer Generation des vorigen Jahrhunderts an. Einstmals mußte es auch ein schönes Haus gewesen sein, nicht sehr groß, aber doch im Stil eines kleinen Palais erbaut. Fee aber reizte das Grundstück. Es war sehr groß, und jetzt bestand die Hoffnung, daß der Erbe dieses Terrain verkaufen würde. Fee hatte es von dem Immobilienmakler Meyer erfahren, der darauf hoffte, ihnen das richtige Projekt vermitteln zu können, da er ein dankbarer Patient von Dr. Norden war.

Die Kinder hatten von solchen Plänen freilich keine Ahnung, sonst hätte die Fragerei gar nicht mehr aufgehört. Aber was aus dem »Spukhaus« werden würde, interessierte sie sehr.

»Da sind Leute im Garten«, sagte Danny ganz aufgeregt. »Ob sie einziehen wollen?«

Der Gedanke gefiel Fee gar nicht, aber sie konnte sich nicht vorstellen, daß moderne junge Leute dort wohnen wollten. Vor dem Grundstück stand ein großes Auto der gehobenen Preisklasse. Und nun kam ein junges Paar aus dem knarrenden Gartentor.

»Wir müssen es doch nicht sofort verkaufen, Chris«, sagte die junge Frau so laut, daß Fee es hören konnte. Es war eine aparte, sehr elegant gekleidete junge Frau, und der dazugehörige Mann war auch noch jung und sah sehr gut aus.

»Was wollen wir denn damit, Mone«, sagte er. »Es bringt sicher einen guten Preis, und du kannst dir dann ein Haus aussuchen, das all deinen Vorstellungen entspricht.«

»Aber es ist so romantisch«, sagte sie. Mehr konnte man nicht hören, denn sie bestiegen den Wagen und fuhren davon.

Fee hegte die Hoffnung, daß sich der Mann durchsetzen würde, und sie wollte gleich Herrn Meyer anrufen, damit er das Haus nicht aus den Augen lasse.

Christopher Rüding bekam von seiner jungen Frau auf der Fahrt zu ihrer Wohnung in Ebenhausen noch allerhand zu hören. Sie waren seit zwei Jahren verheiratet, und eigentlich erfüllte er ihr jeden Wunsch, denn unbescheiden war Simone nie. Aber was sie mit diesem alten und schon baufälligen Haus machen sollten, begriff er wirklich nicht.

»Es gibt nur einen Haufen Ärger, wenn wir das Haus abreißen und ein neues hineinbauen, Mone«, erklärte er ruhig. »Und es dauert ewig. Aber wenn wir alles verkaufen, können wir den Bungalow kaufen, der dir so gut gefallen hat. Da wissen wir gleich, was wir bekommen und könnten in ein paar Wochen einziehen.«

»Ich möchte erst die alten Sachen durchschauen, die da überall herumstehen, Chris«, sagte sie gedankenverloren.

»Meinst du etwa, du würdest einen Schatz finden?« lachte er. »Wenn was Wertvolles vorhanden war, haben Generationen dafür gesorgt, daß es verschwindet, Schätzchen.«

»Aber auf dem Speicher stehen alte Kisten, die bestimmt keiner angerührt hat.«

»Du bist und bleibst ein ­Träumerchen«, meinte er nachsichtig.

»Ich meine nur, daß man nicht einfach so weggeben kann, was man geerbt hat. Deine Großeltern haben es vierzig Jahre bewohnt, und eigentlich ist es doch immer in der Familie geblieben, wenn auch in der weiteren Verwandtschaft. Aber deine Großmutter war eine geborene von Wallenberg, und die haben es seinerzeit gebaut.«

Er seufzte. Er wußte zwar nicht, daß es »Hexen- oder Spukhaus« genannt wurde, aber er war ein realistischer Mann, der sich immer über Simones Ahnenforschung ein bißchen amüsiert hatte. Vielleicht war das zu ihrem Hobby geworden, weil sie selbst aus einer Familie stammte, die aus verschiedenen Nationalitäten zusammengewürfelt war und keine Tradition hatte, die man rückverfolgen konnte.

Simone hatte eine französische Mutter und einen deutschen Vater. Er wiederum hatte eine aus Österreich stammende Mutter gehabt, deren Familie in Südtirol ansässig gewesen war. Und alle waren sie eigene Wege gegangen, hatten keinen Kontakt zueinander gepflegt. Bei den Rüdings war es anders, obgleich auch verschiedene Namen im Generationswechsel auftauchten. Die Baronin von Wallenberg, die mit ihrem Ehemann einst dieses Haus bewohnte, war eine geborene Gräfin Fedorowa, und allein dieser Name hatte Simone schon irgendwie fasziniert.

»Das Haus steht mehr als hundert Jahre und hat zwei Kriege überdauert, Chris«, sagte Simone gedankenverloren.

»Unter Denkmalschutz steht es jedenfalls nicht. Hoffentlich fällt ihnen das jetzt nicht ein. Aber dann wäre es sowieso besser, wir würden es schnell verkaufen, dann würden die Käufer all die Auflagen bekommen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand interessiert sein könnte, das Haus zu renovieren.«

»Ich möchte es ja auch nur gründlich inspizieren, Chris«, sagte Simone bittend.

»Dann tu es, wenn du es unbedingt willst, so schnell wird es ja nicht verkauft werden. Aber es wäre ganz lieb von dir, wenn du mich damit verschonen würdest. Ich habe nämlich was anderes zu tun. Die Konkurrenz schläft nicht.«

Er war Verkaufsleiter einer großen Maschinenfabrik und zugleich Gesellschafter des Unternehmens. Mit seinen zweiunddreißig Jahren besaß er schon mehr Autorität, als sein Vater jemals erreicht hatte.

Christoph hatte für die Firma das Ansehen wiedergewonnen, das sein Vater fast verspielt hatte. Das war ein Kapitel in der Familiengeschichte, das Christoph nicht erwähnt wissen wollte. Und da er wußte, daß die Familie überhaupt eine bewegte Vergangenheit hatte, wollte er diese lieber ruhen sehen. Andererseits sagte er sich aber auch, daß da kaum noch etwas ans Tageslicht kommen könnte, und so wollte er Simone den Spaß gönnen, der auch ein Zeitvertreib für sie war, da er in nächster Zeit sehr beansprucht und viel auswärts sein würde.

Sie bewohnten eine sehr schöne, moderne Wohnung in einem Zweifamilienhaus am Hang.

Es war eine Dreizimmerwohnung, aber da sie noch keine Kinder hatten, reichte sie ihnen vorerst. Sie hatten sich noch nicht festlegen wollen, da sie ein passendes Haus noch nicht gefunden hatten, und der Bungalow, von dem die Rede war, war ihnen zu teuer.

Da war nun diese Erbschaft gekommen, da die letzte Besitzerin, eine geborene Rüding, ohne Kinder gestorben war und auch ohne Testament.

Christoph hatte sich nicht viel um seine verzweigte Familie gekümmert, das hatte erst Simone getan, nachdem sie eine Familienchronik gefunden hatte.

Ein bißchen mochte es ihr wohl im Blut liegen, da ihr Vater ein bekannter Altertumsforscher gewesen war, an der eigenen Familie aber gar nicht sehr viel Interesse hatte.

Simone hatte ein paar Semester Zeitungswissenschaften studiert, das Studium nach der Heirat aber aufgegeben, weil sie Christoph auf seinen Reisen begleiten wollte. Sie versuchte sich als Schriftstellerin und hatte mit ein paar Kurzromanen auch Erfolg. Insgeheim plante sie ein Drehbuch für einen Krimi zu schreiben, aber das verriet sie nicht einmal ihrem Mann. Sie war sehr zurückhaltend, wenn es um sie selbst ging, obwohl sie wahrlich über ein Wissen verfügte, das sich sehen lassen konnte. Aber ihr lag es nicht, sich zu produzieren.

Sie war sechsundzwanzig und eine außergewöhnlich aparte Frau. Christoph war auch unsagbar stolz auf sie, neigte aber auch zu starker Eifersucht, und wenn sie sich brennend für etwas interessierte meinte er schon, ins Hintertreffen zu geraten.

Was das alte Haus anbetraf, war er nachsichtig und großzügig, denn er meinte, daß dabei doch nicht viel herauskommen würde und Simone der Entschluß, es möglichst schnell zu verkaufen, dadurch nur leichter fallen könnte.

*

Fee hatte mit Franz Meyer, dem Makler, telefoniert und sich gleich für den nächsten Vormittag, wenn die Kinder in der Schule waren, mit ihm verabredet. Er hatte noch nichts davon gehört, daß das Anwesen verkauft werden sollte, wußte aber, daß sich eine Baufirma schon lange für einige Grundstücke in dieser Straße interessierte.

»Da müssen Sie am Drücker bleiben, Herr Meyer«, sagte sie, »also bis morgen.«

»Warum soll Herr Meyer am Drücker bleiben, Mami?« fragte Anneka, »und was ist morgen?«

»Ich wollte mich nur mal erkundigen, ob das Haus verkauft wird«, redete sich Fee heraus, weil sie genau wußte, daß Anneka auch nicht so schnell locker ließ.

»Das Spukhaus?« fragte Anneka, »willst du das etwa kaufen?«

»Nein, aber das Grundstück ist sehr schön. Ich kenne Leute, die sich dafür interessieren.«

»Wer zum Beispiel«, fragte Anneka.

»Leitners und Brettschneiders zum Beispiel, und wir kennen Herrn Meyer recht gut.«

»Er ist auch sehr nett«, sagte Anneka und gab sich damit zufrieden.

Über das Grundstack sprach Fee dann erst mit Daniel, als die Kinder schon schliefen.

»Es wird teuer sein, Fee«, sagte er, »in dieser Gegend sind die Preise immens gestiegen.«

»Informieren kostet ja nichts«, meinte sie. »Hat Frau Steffen eigentlich nie darüber gesprochen, wer das Haus mal erbt?«

Adelheid Steffen, geborene Rüding war nämlich auch eine Patientin von Daniel gewesen, aber eine, die nur notfalls nach dem Arzt rief.

»Um Himmels willen, sie wollte doch nicht ans Sterben erinnert werden«, erwiderte er. »Sie meinte, das ewige Leben zu haben, dann stürzt sie in der Badewanne und bricht sich die Knochen, und wird erst am nächsten Tag von der Putzfrau gefunden.«

»Von welcher Putzfrau? Ich dachte, Frau Merkel hat geholfen?«

»Doch nur ab und zu. Ich habe mich natürlich nicht um Frau Steffens Hilfen gekümmert, Schatz. Ich wurde ja glücklicherweise auch nicht ins Haus gerufen. Die Polizei hat alles weitere veranlaßt, weil Frau Steffen behauptet hat, man hätte sie umbringen wollen. Wenn ich abergläubisch wäre, würde ich mit diesem Haus wirklich nichts zu tun haben wollen.«

»Es geht doch nur um das Grundstück. Es sind mindestens zwölfhundert Quadratmeter, Daniel. Man könnte ein großzügiges Haus hineinbauen.«

»Das muß gut überlegt sein.«

»Ich weiß, daß wir beide vorsichtig sind, Daniel, aber für die Praxis zahlst du doch jetzt schon eine irrsinnige Miete, und die wird bestimmt wieder gesteigert.«

»Hast ja auch recht, Feelein, du denkst weiter als ich.«

»Du denkst immer an deine Patienten, mein Schatz, aber sie werden dich bestimmt nicht im Stich lassen, und sie würden noch lieber in ein Haus kommen, in dem nicht solch Betrieb ist.«

»Aber wir wollen uns nicht so in diese Idee verrennen, Fee, sonst sind wir doppelt enttäuscht, wenn nichts daraus wird.«

»Ich habe ein gutes Gefühl«, sagte Fee.

*

Sie traf sich am nächsten Vormittag um zehn Uhr mit Franz Meyer. Er hatte sich schon umgehört.

»Das Haus hat ein entfernter Verwandter geerbt, ein Großneffe, Christoph Rüding heißt er. Sie war eine geborene Rüding, und die geisterhafte Baronin, die immer noch herumspuken soll, war eine Urahnin der Familie Rüding.«

Fee erzählte ihm, was sie am gestrigen Nachmittag gehört hatte, und Franz Meyer, clever wie er war, sagte auch gleich, daß man der jungen Frau ja von den Gerüchten erzählen könnte.

»Irgendwie werde ich schon an sie herankommen«, meinte er. »Jedenfalls wird die Baufirma kein Glück haben, es werden zu viele Auflagen gemacht, da es ein Villenviertel bleiben soll. Billig wird es aber nicht werden, Frau Doktor.«

»Das ahne ich«, sagte sie seufzend, »aber ich rechne schon, wenn wir die Miete für die Praxis sparen können. Schön wäre es, wenn wir in der Gegend was finden würden, es muß nicht unbedingt das sein.«

»Ich bleibe am Drücker, ich habe es Ihnen versprochen.«

Der Zufall wollte es, daß Fee Frau Wallinger traf, die gar zu gern ein Schwätzchen mit ihr machte. Sie war eine sehr nette alte Dame, eine richtige Großmutter wie aus dem Bilderbuch.

»Es sind junge Leute, die da neulich in Frau Steffens Haus waren«, sagte sie, denn informiert war sie immer gleich. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie da einziehen wollen, auch wenn sie es geerbt haben. Es spukt da drin, da bin ich ganz sicher, da sind nachts ganz komische Geräusche. Ich höre doch alles, weil ich nicht mehr so fest schlafe. Also, ich würde keinen Schritt in das Haus setzen. Es lohnt doch auch nicht mehr, es zu renovieren. Das modert schon.«

Fee hörte schon deshalb geduldig zu, weil sie ja ganz andere Pläne hatte, und da Frau Wallinger weit über siebzig war, konnte man ihr auch nicht übelnehmen, wenn sie schon ein bißchen fantasierte. Sie hatte für ihre Enkel viele Geschichten erfunden, das war Fee auch bekannt.

»Wenn ich mal nicht mehr bin, werden die Kinder auch ein neues Haus bauen«, fuhr sie seufzend fort. »Ich verstehe es ja auch, aber ich kann mich nicht trennen von allem, was mir lieb ist. Aber wir haben ja auch immer wieder eine Menge Geld hineingesteckt, um es gemütlich zu haben.«

»Es ist ja auch das schönste Haus in der Straße, Frau Wallinger«, sagte Fee. »Und wenn Ihre Kinder sich nicht wohl fühlen würden, hätten sie sich sicher schon was anderes gesucht.«

»Ich kann mich auch nicht über meine Kinder beklagen. Es ist selten, daß man eine solch liebe Schwiegertochter bekommt, und meine Enkel sind ja mein ein und alles«, sagte die alte Dame. »Nichts für ungut, daß ich Sie so lange aufgehalten habe, Frau Doktor, aber man fühlt sich schon wohl in so einem Viertel, wo man auch den besten Doktor hat.«

Für Fee hieß es nun zu warten.

*