Eva und die Eger-Brüder - Toni Waidacher - E-Book

Eva und die Eger-Brüder E-Book

Toni Waidacher

0,0

Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Geringschätzig ließ Maria Erbling, die Witwe des letzten Poststellenleiters von St. Johann, ihre Blicke über die alte Hütte am Dorfrand schweifen. Die Dachrinne hing schief und der ohnehin schon völlig verblasste Anstrich der Haustür blätterte bedenklich ab. »Ja, ja«, murmelte Maria. »Da sieht man es wieder. So weit kommt es mit einem Menschen, der keine Freud an einer richtigen Arbeit hat.« Missbilligend schüttelte sie ihren Kopf. »Ob er wohl schon aus den Federn ist, der Brandhuber-Loisl? Oder ist er, weil wir gerade Vollmond haben, erst in aller Herrgottsfrüh vom Kräutersammeln zurückgekommen und schnarcht jetzt noch in aller Seelenruhe?« Maria setzte ihren Zeigefinger auf den Klingelknopf neben der Haustür und drückte ihn kräftig und entschlossen. Die Glocke gab einen hässlichen Ton von sich, dann war es wieder still. Maria lauschte an der Tür. Endlich hörte sie das Geräusch schlurfender Schritte. Wenig später ging die Tür einen kleinen Spalt auf, und Alois Brandhuber spähte missmutig hindurch. Das schüttere, schon angegraute Haar stand dem selbst ernannten Wunderheiler wirr um den Kopf, sein Gesicht war teigig blass, und er hatte tiefe Schatten unter den Augen. Zudem schlug Maria eine Alkoholfahne entgegen, die ihr fast den Atem nahm. Am liebsten hätte sie auf der Stelle kehrt gemacht, doch es gab Neuigkeiten zu erkunden, und dabei durfte man nicht zimperlich sein. Einige Dorfburschen wollten den Brandhuber nämlich vor ein paar Tagen auf dem spätabendlichen Nachhauseweg gesehen haben. Und zwar nicht allein.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 120

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Bergpfarrer – 247 –

Eva und die Eger-Brüder

Die Entscheidung fällt ihr nicht leicht

Toni Waidacher

Geringschätzig ließ Maria Erbling, die Witwe des letzten Poststellenleiters von St. Johann, ihre Blicke über die alte Hütte am Dorfrand schweifen.

Die Dachrinne hing schief und der ohnehin schon völlig verblasste Anstrich der Haustür blätterte bedenklich ab.

»Ja, ja«, murmelte Maria. »Da sieht man es wieder. So weit kommt es mit einem Menschen, der keine Freud an einer richtigen Arbeit hat.« Missbilligend schüttelte sie ihren Kopf. »Ob er wohl schon aus den Federn ist, der Brandhuber-Loisl? Oder ist er, weil wir gerade Vollmond haben, erst in aller Herrgottsfrüh vom Kräutersammeln zurückgekommen und schnarcht jetzt noch in aller Seelenruhe?«

Maria setzte ihren Zeigefinger auf den Klingelknopf neben der Haustür und drückte ihn kräftig und entschlossen.

Die Glocke gab einen hässlichen Ton von sich, dann war es wieder still. Maria lauschte an der Tür. Endlich hörte sie das Geräusch schlurfender Schritte.

Wenig später ging die Tür einen kleinen Spalt auf, und Alois Brandhuber spähte missmutig hindurch. Das schüttere, schon angegraute Haar stand dem selbst ernannten Wunderheiler wirr um den Kopf, sein Gesicht war teigig blass, und er hatte tiefe Schatten unter den Augen.

Zudem schlug Maria eine Alkoholfahne entgegen, die ihr fast den Atem nahm. Am liebsten hätte sie auf der Stelle kehrt gemacht, doch es gab Neuigkeiten zu erkunden, und dabei durfte man nicht zimperlich sein.

Einige Dorfburschen wollten den Brandhuber nämlich vor ein paar Tagen auf dem spätabendlichen Nachhauseweg gesehen haben. Und zwar nicht allein. Eine dralle Blondine in einem feschen, tief ausgeschnittenen Dirndl sei bei ihm gewesen, hatten sie berichtet.

Kein Wunder also, dass Marias Neugierde geweckt war. Nun allerdings kam ihr, je länger sie den Loisl anschaute, mehr und mehr der Verdacht, gefoppt worden zu sein und den Weg zur Brandhuber-Hütte umsonst gemacht zu haben.

»Guten Morgen, Maria. Was willst?«, riss Loisl die Klatschbase aus ihren Gedanken.

Sie zuckte zusammen, fasste sich aber rasch wieder und leierte das Sprüchlein herunter, das sie sich ausgedacht hatte.

»Grüß Gott, Loisl. Ich hab mir sagen lassen, du hättest eine neue Salbe gegen Rheuma. Und zwar eine, die besser hilft als alle Medikamente vom Doktor«, begann sie scheinheilig. »Jedenfalls hab ich mir gedacht, ich schau einmal vorbei. In letzter Zeit plagen mich nämlich die Gelenkschmerzen, dass ich kaum mehr aus noch ein weiß. Wenn dein Mittel mir helfen würd’ … Das wär’ wirklich zu schön, um wahr zu sein. Ich wär’ dir ewig dankbar, Loisl. Und würd’ überall herumerzählen, dass du es warst, der mich kuriert hat. Und net der Wiesinger-Toni.«

Alois Brandhuber fühlte sich geschmeichelt.

Er verfluchte seinen Brummschädel, den sein selbst angesetzter Kräuterschnaps ihm eingebracht hatte. Er war eben nichts gewohnt. Gestern allerdings hatte er einfach ein paar Stamperln gebraucht, um sein seelisches Gleichgewicht wiederzufinden. Es passierte einem schließlich nicht alle Tage, dass man …

»Und? Bringst mir jetzt die neue Rheumasalbe? Oder lässt’ mich herein, damit ich sie mir anschauen kann?«, drängte Maria Erbling, während sie an Loisl vorbei neugierige Blicke in den Hausflur warf, im Halbdunkel aber nichts weiter als die übliche Unordnung erkennen konnte.

»Freilich bring ich sie dir«, versicherte der Brandhuber-Loisl. »Sie ist ein wahres Wundermittel, das kann ich dir versprechen. Die wird noch ihren Siegeszug um die ganze Welt antreten. Es sei denn …« Er schüttelte den Kopf, wobei er unwillkürlich aufstöhnte. »Es sei denn, mir passiert beim Kräutersammeln noch einmal so etwas wie gestern Nacht. Dann ist es vorbei. So oder so. Dann bringen mich in einer Vollmondnacht keine zehn Pferde mehr vor die Haustür. Selbst wenn ich mit meiner neuen Salbe Millionen scheffeln und ein reicher Mann werden könnte.«

Maria Erbling horchte auf.

Ob in dem Gerede der Dorfburschen doch ein Funken Wahrheit steckte? Konnte es sein, dass die blonde vollbusige Schönheit dem Brandhuber-Loisl übel mitgespielt hatte? Oder war er in dieser Vollmondnacht noch schlimmeren, unheimlichen Wesen begegnet? Auf Maria Erblings Unterarmen bildete sich eine wohlige Gänsehaut.

»Und warum bringen dich keine zehn Pferde mehr hinaus, Loisl?«, hakte Maria nach. »Was ist dir denn geschehen? Irgendwie hab ich mir ja schon gleich gedacht, dass etwas Furchtbares passiert sein muss. So wie du heut ausschaust! Als ob dir der Leibhaftige höchstpersönlich begegnet wäre!«

Alois Brandhuber atmete schwer.

»Ja, der Leibhaftige«, schnaubte er. »So könnte man es auch sagen. Grauslich genug ist das Vieh jedenfalls gewesen.«

Unwillkürlich schüttelte der Loisl sich, bei der Erinnerung an das Erlebnis der vergangenen Nacht.

Maria Erbling musterte Alois Brandhuber mit prüfenden Blicken.

»Dann erzähl halt endlich, was los war. Und mach es net gar so spannend. Am Ende hast nur einen Ochsen gesehen und weiter nix. Und ihn im Dunkeln für ein Ungeheuer gehalten.«

Die Miene des Brandhubers verfinsterte sich.

»Mach dich nur lustig über mich«, rief er beleidigt. »Das Lachen wird dir schon noch vergehen, wenn er dir auch einmal über den Weg läuft – der Bär!«

Unwillkürlich griff sich Maria an die Stirn.

Wollte er ihr buchstäblich einen Bären aufbinden?

»Ich weiß schon, dass mir keiner glaubt, was ich gesehen hab«, gab der Brandhuber zu. »Mir selber würd’ es bestimmt auch net anders ergehen. Aber der Bär … Ein Riesenvieh ist es gewesen, sag ich dir. Grad hab ich mich gebückt, um Kräuter für meine neue Rheumasalbe zu pflücken, als ich ganz in meiner Nähe plötzlich furchtbar schwere Schritte gehört hab. Und ein Schnaufen hab ich gespürt wie der feurige Atem eines Drachens. Ich hab aufgeschaut und …« Dem Brandhuber-Loisl verschlug es für einen Moment selbst die Sprache. »Und war Aug in Aug mit dem Bären. Sein Atem hat gestunken wie die Pest. Und angesehen hat er mich mit seinen kleinen verschlagenen Äuglein, dass mir gleich ganz anders geworden ist. Ich hab net gewusst, ob ich davonlaufen soll oder stehen bleiben. ›Bär, sei so gut und tu mir nix, dann tu ich dir auch nix‹, hab ich gesagt. Ich hab zwar net gewusst, ob der Bär das begreift, aber was hätt ich denn sonst machen sollen in meiner Not?« Loisl rollte mit den Augen und fuchtelte dramatisch mit den Armen. »Ganz langsam bin ich ein paar Schritte zurückgewichen und hab dabei immer ›braves Viecherl, braves Viecherl‹ gesagt. Da hat der Bär sich mit einem Mal auf seine Hintertatzen gestellt und aus Leibeskräften gebrüllt. Ich hab gemeint, mir platzt das Trommelfell.«

»Und dann?«, warf Maria Erbling ein. Loisls Bericht hatte sie gepackt, ob sie wollte oder nicht. »Wie bist’ den Bären dann wieder los geworden, ohne dass er dich gefressen hat?«

Der Brandhuber-Loisl überlegte einen Moment.

Dass der Bär von einer Sekunde auf die andere plötzlich beigedreht hatte und einfach fortgewackelt war, erschien ihm nun, angesichts der dramatischen Vorgeschichte, ein allzu zahmes Ende zu sein.

»Auf dem Höhepunkt der Gefahr bin ich auf einmal ganz ruhig geworden«, fiel ihm plötzlich ein. »Ich hab gewartet, bis der Bär zu brüllen aufgehört hat und wieder auf seinen vier Tatzen stand. Dann hab ich ihn scharf angeschaut und nimmer aus den Augen gelassen. Als er dann trotzdem die Zähne gefletscht hat und auf mich zugekommen ist, um mich zu packen, hab ich ihm meinen Talisman entgegengehalten. Mit dem hab ich den Bären gebannt. Das Vieh hat noch eine Weile gezögert, dann hat er kehrtgemacht und ist blitzschnell davongerannt.«

Maria Erbling schnaufte aufgeregt.

»Das ist ja wirklich allerhand. Ich hab richtig Herzklopfen, schon vom bloßen Zuhören. Und was ist das für ein Talisman?«

Der Brandhuber-Loisl zierte sich eine Weile.

»Das …, das ist ein ganz besonderer Talisman«, tat er geheimnisvoll. »Es ist ein Stückerl von einer Zirbenwurzel, das ausschaut wie eine Alraune. In einer Vollmondnacht muss man die Wurzel ausgraben. Und um Mitternacht dreizehn Mal ins Sonnwendfeuer halten.« Der Loisl steckte seine Hand in die Tasche seiner ausgebeulten Hose und zog ein verkohltes Etwas hervor. »Wenn du auch so einen Talisman möchtest, verkauf ich dir gern einen, Maria. Von guten Bekannten nehm ich dafür net mehr als fünfzig Euro. Obwohl der Talisman natürlich mindestens das Zehnfache wert ist.«

Maria Erbling war von einer Sekunde auf die andere ernüchtert.

»Fünfzig Euro? Der ist keine fünfzig Cent wert, der schaut aus wie ein Brocken Grillkohle aus dem Supermarkt.« Sie schüttelte den Kopf. »Auf die Art und Weise kommen wir zwei net ins Geschäft.«

Alois Brandhuber zuckte die Schultern.

»Meinetwegen musst du den Talisman net kaufen, Maria. Wenn der Bär erst genügend Leute erschreckt hat, kann ich mich vor Bestellungen sowieso nimmer retten. Und net zum Sonderpreis, versteht sich. Ich hab’s dir nur gut gemeint.«

»Ist schon recht, Brandhuber«, sagte Maria. »Ich geh jetzt wieder, und wenn du wieder ganz nüchtern bist, kannst’ mir eine Dose von deiner neuen Rheumasalbe herrichten. Aber mehr als fünf Euro zahl ich net dafür. Das sag ich dir gleich.«

Der Brandhuber-Loisl hörte schon gar nicht mehr richtig zu. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, sich Gedanken über den Talisman zu machen.

Mit einem flüchtigen Kopfnicken verabschiedete er sich von Maria Erbling und zog sich in seine Hütte zurück.

Maria Erbling wusste auf dem Nachhauseweg nicht so recht, was sie von der Sache halten sollte. Hatte der Loisl ihr eine maßlos übertriebene Geschichte aufgetischt? Oder hatte er tatsächlich die Wahrheit gesagt, und irgendwo im Ainringer Forst lauerte eine drohende Gefahr für alle?

*

Das Rauschen der Kachlach wurde leiser und leiser, je weiter Sebastian Trenker die Klamm mit ihrem hölzernen Steg hinter sich ließ. Der Bergpfarrer hatte den wunderschönen Sommertag ausgenutzt, um eine Tour zur Kleinen Wand zu unternehmen. Nun, am späten Vormittag, war er bereits wieder auf dem Rückweg nach St. Johann.

Nach einer guten Viertelstunde trat er aus dem Schatten des Bergwalds in die volle Sonne hinaus. Er blieb stehen und musste sich einen Moment an das Licht gewöhnen, ehe er den Anblick, der sich ihm bot, in vollen Zügen genießen konnte.

In den grünen Talkessel geschmiegt lag St. Johann idyllisch da, mit den roten Ziegeldächern seiner Häuser und dem weithin sichtbaren Zwiebelturm der Kirche von St. Johann.

Pfarrer Trenker atmete tief die würzige Luft ein.

Wie schön seine Heimat doch war! Und was für ein Glück er doch hatte, in einer derart herrlichen Gegend und in einer so wunderschönen Kirche Priester sein zu dürfen!

»Grüß Gott, Herr Pfarrer! Wieder einmal auf großer Wanderung?«, riss ihn in diesem Moment eine Stimme, die er nicht sofort zuordnen konnte, aus seinen Gedanken.

Der Bergpfarrer sah sich um und gewahrte Albert Eger, einen alt eingesessenen Bauern aus St. Johann, dessen Hof am Fuße des Koglers lag.

»Ja, allerdings bereits auf dem Heimweg«, erwiderte Sebastian, nachdem er dem Landwirt die schwieligen Hände geschüttelt hatte. »Schön ist’s gewesen auf dem Kogler droben. So eine Bergtour ist doch immer noch die beste Erholung vom Alltagsstress, die man sich vorstellen kann.«

Albert Eger nickte.

»Da haben S’ Recht, Herr Pfarrer«, gab er zurück. »Wenn ich daran denke, wie ich in meinen jungen Jahren in den Wachnertaler Bergen herumgekraxelt bin, wird mir noch immer ganz glücklich und frei ums Herz.« Der Bauer seufzte. »Einmal ein paar Stunden ausspannen zu können, wäre im Augenblick das, was ich mir am sehnlichsten wünschen würde. Aber leider, leider kann daraus nix werden. Weil ich von früh bis spät auf meinem Hof schaffen muss wie ein Schwerstarbeiter. Manchmal komm ich mir vor wie mein eigener Sklave. Jetzt zum Beispiel bin ich wieder unterwegs, um in meinem Wald nach dem Rechten zu schauen. Wenn ich alter Mann mich net um alles kümmern würde …«

Sebastian Trenker hob beschwichtigend die Hände.

»Ein alter Mann sind Sie noch lange net. Und gottlob sind S’ ja auch net ganz allein, Herr Eger«, gab er zu bedenken.

»Sie haben schließlich den Michael, ihren jüngeren Sohn, der Ihnen, wie man hört, recht tatkräftig zur Hand geht und Ihnen so doch einen Teil der Pflichten abnimmt.«

Die Miene des Bauern verfinsterte sich bei Pfarrer Trenkers Worten.

»Der Michael! Dass ich net lach! Der Michael ist mir keine große Hilfe«, erklärte er düster. »Grad’, dass ich mir einen weiteren Knecht sparen kann, aber sonst …«

»Na, na«, wandte der Bergpfarrer ein.

In seiner Stimme klang unverkennbar ein Vorwurf mit. Wie oft hatte er den Eger-Bauern schon ermahnt, seine Erwartungen an Michael nicht so hoch zu schrauben, dass er es dem jungen Mann unmöglich machte, sie zu erfüllen.

Aber anscheinend waren Sebastians beharrlichen Ermahnungen in den Wind gesprochen.

Wenn, wie der Volksmund sagte, steter Tropfen den Stein höhlte, so musste Albert Eger in seinem Inneren aus einer besonders harten Sorte Granit bestehen.

»Das ganze Unglück hat damit angefangen, dass mein Leo den Eger-Hof verlassen hat«, redete der Bauer auch prompt wieder von seinem Ältesten.

»Seit der Leo fort ist, geht es bergab. Mit mir und mit dem Hof ! Dass es so kommen würde, war mir von Anfang an klar. Der Leo hat nach dem Tod meiner Irmtraud noch alles zusammengehalten. Aber jetzt … Solange ich arbeiten kann, mag das Ganze noch einigermaßen gut gehen. Wenn ich mich auch frage, wozu ich mich eigentlich abrackere. Denn sollte ich einmal nimmer können, geht sowieso alles den Bach hinunter.«

Sebastian Trenker schüttelte den Kopf.

»Gar nix geht den Bach hinunter, Eger«, widersprach er, diesmal energischer. »Wenn Sie in ein paar Jahren vielleicht nimmer so fit sind und nimmer so schwer arbeiten können wie jetzt, ziehen Sie ins Austragshäusl und genießen ihren wohlverdienten Ruhestand. Dann haben Sie auch wieder einmal Zeit für eine kleine Bergwanderung und für viele andere schöne Dinge, die man, wenn man mitten im Leben steht, immer wieder auf später verschiebt. Der Michael führt den Hof bestimmt besser, als Sie es sich vorstellen können. Und wenn er erst Bauer ist, findet er garantiert auch noch eine liebe nette Frau, die Ihnen eine gute Schwiegertochter ist und Sie zum glücklichen Opa macht. Dann lachen Sie über die Sorgen, die Sie sich unnützerweise gemacht haben!«

»Das meinen S’ doch net im Ernst, Herr Pfarrer, oder?«, fragte der Bauer knurrig. »Vor allem die Geschichte mit der Schwiegertochter und den Enkelkindern! Schließlich wissen Sie doch, wie sehr sich der Michael gegen das Heiraten sperrt. Und dabei ist die Fürhaupter-Regine so ein liebes Madel. Wenn ich dem Buben eine Frau zumuten würde, die net schön ist und nix hat, würd’ ich seinen Widerstand ja verstehen. Aber so …«

Sebastian wich Albert Egers Blick nicht aus.

»Liebe kann man net zwingen«, gab er zu bedenken. »Der Michael will sich seine Zukünftige eben selber suchen. Ganz nach seinem Herzen. Das ist doch schließlich auch sein gutes Recht.«