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Daniel Maaßen genießt die Ruhe im beschaulichen Vorort Traundorf. Seit seiner schmutzigen Scheidung hat er genug von Frauen, im Grunde sogar von allen Menschen.
Als nebenan ausgerechnet eine alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern mit ihrem verschrobenen Bruder einzieht, ist es jedoch vorbei mit der Entspannung. Entweder stehen die Kleinen plötzlich vor Daniels Tür oder toben kreischend und lärmend im angrenzenden Garten. Die Nerven des Schriftstellers liegen blank. Aus Winzigkeiten entspinnt sich seither schnell ein handfester Streit nach dem anderen, der an Jana Zimmermann von nebenan jedoch abzuprallen scheint. Stets hat die junge Mutter ein Lächeln für Daniel übrig und bringt ihm sogar regelmäßig Muffins und Kuchen vorbei.
Ihre herzliche Art bleibt nicht ohne Folgen: Daniel empfindet zunehmend mehr für Jana. Und auch ihrer Familie scheint der grantige Nachbar plötzlich nicht mehr so abgeneigt. Vergessen sind seine Versuche, die quirlige Familie aus der Nachbarschaft zu vertreiben. Harmonie, Freude und Liebe liegen jetzt in der Luft - bis Daniel eine herbe Enttäuschung erfährt und eine folgenschwere Entscheidung trifft ...
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Seitenzahl: 140
Cover
Wir sind die Neuen
Vorschau
Impressum
Wir sind die Neuen
Mit ihrem Einzug endet das ruhige Vorstadtleben
Von Marlene Menzel
Daniel Maaßen genießt die Ruhe im beschaulichen Vorort Traundorf. Seit seiner schmutzigen Scheidung hat er genug von Frauen, im Grunde sogar von allen Menschen und möchte endlich wieder durchatmen.
Als nebenan ausgerechnet eine alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern mit ihrem verschrobenen Bruder einzieht, ist es jedoch vorbei mit der Entspannung. Entweder stehen die Kleinen plötzlich vor Daniels Tür oder toben kreischend und lärmend im angrenzenden Garten. Die Nerven des Schriftstellers liegen blank. Aus Winzigkeiten entspinnt sich seither schnell ein handfester Streit nach dem anderen, die an Jana Zimmermann von nebenan jedoch abzuprallen scheinen. Stets hat die junge Mutter ein Lächeln für Daniel übrig und bringt ihm sogar regelmäßig Muffins und Kuchen vorbei.
Ihre herzliche Art bleibt nicht ohne Folgen: Daniel empfindet zunehmend mehr für Jana. Und auch ihrer Familie scheint der grantige Nachbar plötzlich nicht mehr so abgeneigt. Vergessen sind seine Versuche, die quirlige Familie aus der Nachbarschaft zu vertreiben. Harmonie, Freude und Liebe liegen jetzt in der Luft – bis Daniel eine herbe Enttäuschung erfährt und eine folgenschwere Entscheidung trifft ...
»Es reicht, Karlotta! Ich habe endgültig genug von dir und deinen sprunghaften Launen!«, polterte Daniel Maaßen über einen langen Korridor des Familiengerichts und stampfe voran in Richtung des Zimmers zweihundertacht, in welchem endlich das erlösende Urteil gefällt werden würde und sie die Unterschriften setzen würden, um getrennte Wege zu gehen.
Karlotta folgte ihrem Noch-Ehemann über den breiten Flur. Nicht wenige Anwesende beobachteten die laute Szene neugierig.
»Aber hast du denn nie daran gedacht, dass es ein Fehler sein könnte?«
Daniel blieb abrupt stehen. Seine baldige Ex lief beinahe in seinen ausgestreckten Zeigefinger, den er ihr unter die Nase hielt.
Er schäumte vor Wut, und die Ader an seinem Hals pulsierte gefährlich. Daniel wusste, dass er nur noch Millimeter von einem Wutausbruch entfernt war. Dass Karlotta nach diesem langen, schmerzhaften Hin und Her ausgerechnet jetzt kalte Füße bekam, machte ihn fuchsteufelswild.
»Es war deine Entscheidung hierherzukommen, wenn ich dich daran erinnern darf«, zischte er. »Wenn es nach mir gegangen wäre, würden wir gar nicht erst vor diesem Zimmer stehen, aber du wolltest ja unbedingt den Termin machen, um für deinen neuen Lover frei und nicht mehr an einen ›langweiligen Bücherwurm‹ gebunden zu sein, der dich ›in deiner Entwicklung hemmt und dir die Luft zum Atmen nimmt.‹«
Daniel malte zornige Gänsefüßchen in die Luft, während er Karlottas Chatverlauf mit ihrem heimlichen Geliebten zitierte.
»Du weißt, dass es keine leichte Zeit für mich gewesen ist. Seit Papas Tod ...«
»Ach, und deshalb bist du nun schon bei deiner dritten Affäre? Weil du um deinen verstorbenen Vater trauerst, den du zu Lebzeiten im Übrigen nicht einmal leiden konntest? Erspare mir diese rührseligen Ausflüchte, Karlotta. Deine Lügen haben bereits davor begonnen, und ich habe sie satt. Ein für alle Mal!«
»Sag jetzt bloß nicht so etwas wie: ›Ich habe auch ein Herz‹.«
Sie verdrehte allen Ernstes die grünen Augen, die Daniel früher einmal so attraktiv gefunden hatte.
Inzwischen waren die Smaragde darin abgestumpft und sprühten in seiner Vorstellung nichts anderes mehr als Gift. Selbst in diesem wichtigen Moment nahm Karlotta ihn nicht ernst. Daniel fühlte sich dadurch bloß bestätigt.
»Lass es uns wenigstens noch einmal probieren. Man wirft eine Ehe nicht so einfach weg«, fuhr sie fort.
»Das hättest du dir überlegen müssen, ehe du unser Ehegelübde mit Füßen getreten hast. Hat dich Viktor etwa sitzen lassen? Ist es das? Hast du Angst, allein zu sein? Ich bin nicht dein Spielball, Mäuschen. Für mich ist es aus. Lass uns das hier bloß schnell hinter uns bringen.«
Mit diesen Worten klopfte Daniel an die Tür und unterband damit einen weiteren Einwand seiner Frau.
Sein Blut rauschte, die Nerven lagen blank. Er war nicht nur nervös, sondern auch maßlos enttäuscht von Karlotta, mit der er immerhin fünf Jahre seines Lebens geteilt hatte.
Dass Viktor nicht die einzige geheime Liebschaft gewesen war, wusste er inzwischen. Und was zu viel war, war zu viel. Irgendwo hatte seine Geduld auch Grenzen. Nicht nur sein Stolz hatte gelitten, sondern auch sein Herz.
Das alles hatte in einem Rosenkrieg gegipfelt, bei dem es um Geld und Möbel sowie ihre Stadtwohnung gegangen war. Daniel sehnte sich nach Ruhe und Frieden, mehr wollte er gar nicht nach diesem Jahr voller Schmerz, Streit und Verlust.
»Du brauchst dich nicht zu wundern«, meinte sie auf einmal kalt, als sie auf ihren Plätzen saßen. »Die Ehe mit dir war schrecklich. Nie wolltest du etwas unternehmen, hast mir nie Blumen mitgebracht oder mich einmal verwöhnt.«
»Du warst mehr mit deinen Freundinnen unterwegs als zu Hause bei mir. Wann soll ich dich denn da verwöhnen? Und habe ich einmal etwas von dir bekommen? Wieso erwartest du, dass ich dich auf Händen trage, wenn du selbst keinen Finger für diese Beziehung rührst? Bei meinem Antrag warst du doch noch glücklich. Oder war das auch alles gelogen?«, entgegnete Daniel und verschränkte die Arme.
Als die Richterin Platz nahm, verstummten beide. Karlottas schmales Gesicht war rot angelaufen. Sie ballte die Fäuste und bohrte sich ihre lackierten Fingernägel ins Fleisch. Während die Unterlagen sortiert und vorbereitet wurden, beugte sie sich zu ihrem Mann.
»Und im Bett hattest du rein gar nichts drauf«, zischte sie.
»Das könnte daran liegen, dass Madame selbst keine Lust hatte, sich zu betätigen«, raunte er verbissen. »Und deine Ansprüche sind wegen deiner fiesen Freundinnen sowieso viel zu hoch. Die konnten mich nie leiden, weil ich Autor bin und nicht mit der fettesten Brieftasche aufwarten kann. Du glaubst doch nicht wirklich, dass das alles stimmt, was sie dir von ihrem eigenen Liebesleben vorschwärmen. Diese Gänse machen dir etwas vor, Karlotta.«
»Na, wenigstens konnte mich Viktor befriedigen«, zischte sie und versetzte Daniel damit den Todesstoß.
»Wären Sie dann so weit?«, fragte die lächelnde Juristin.
Dann begann Karlottas Anwalt den Scheidungsantrag vorzutragen. Die Anhörung der Eheleute fiel recht knapp aus, hatte man doch bereits zu deutlich mitbekommen, dass diese Ehe tatsächlich gescheitert war. Als schließlich die Aufteilung des Hausrats und Ähnliches geklärt werden sollte, winkte Daniel ungeduldig ab.
Ein triumphierendes Lächeln stahl sich auf Karlottas Gesicht, und die Richterin schob ihnen beiden ein Stück Papier hin.
Daniel griff zum Stift und setzte, ohne zu lesen oder noch einmal innezuhalten, seinen Namen darunter. Daraufhin bedankte er sich bei der Dame gegenüber und verließ den Raum.
Er sah nicht zurück.
»Warte doch! Jetzt sei nicht so! Lass uns etwas Essen gehen«, schlug Karlotta vor, als sie ihm mit schnellen Schritten auf der Straße folgte.
Daniel konnte das Klacken ihrer hohen Absätze hören. Er bedachte sie mit einer undurchsichtigen Miene, aber seine blauen Augen zeigten Abneigung. Der tiefste Bergsee hätte nicht kälter sein können.
»Für mich war diese Ehe vorbei, als du dich dafür entschieden hast, statt mit mir zu reden, lieber andere Betten aufzusuchen. Leb wohl, Karlotta.«
Er wollte sich ins Auto setzen, aber seine Ex-Frau hielt ihn am Arm zurück.
»Lass mich hier nicht so stehen!«, keifte sie so laut, dass sich etliche Passanten zu ihnen umdrehten. »Ich werde dir zeigen, was du davon hast! Wir haben immer noch eine gemeinsame Wohnung, die aufgelöst werden muss!«
Immer und überall musste sie eine Szene machen. Daniel wand sich gekonnt aus ihrem Griff und knallte die Autotür zu. Beinahe klemmte er ihre Finger darin ein. Karlotta schaffte es gerade noch, sie wegzuziehen.
Im Rückspiegel sah er, dass sie mit hochrotem Kopf an der Straße stand und ihm nachsah. Die blondierten Haare wehten ihr um den Kopf, und das schmale Gesicht sprühte vor Hass.
Voller Genugtuung lächelte Daniel. Zum ersten Mal hatte er es Karlotta heimgezahlt und ihre Launen nicht länger geduldet.
Als Bruce Springsteen im Radio lief, drehte er die Boxen laut auf und sang mit. Er war endlich frei und hatte seinen Frieden zurückgewonnen. Das musste gefeiert werden!
Und er wusste auch schon genau, wie ...
♥♥♥
Daniel parkte neben seiner Stammkneipe, in der Matthias bereits auf ihn wartete und das Bierglas freudig erhob, als sein bester Freund von der frischen Frühlingsluft in die diesige Hitze des Pubs trat. Schwungvoll setzte sich Daniel neben ihn an die Bar und bestellte ebenfalls ein großes Dunkles.
»Auf dich, mein Freund. Du hast es geschafft«, meinte der bullige Koloss von einem Mann und klopfte Daniel brüderlich auf die Schulter.
Unter den lieb gemeinten Hieben der großen Pranken schaffte Daniel es kaum, sich auf dem Stuhl zu halten. Er lächelte munter, fühlte sich aber auch leer und traurig.
Mit dem heutigen Tag war eine Ära für ihn zu Ende gegangen. Fünf Jahre hatte er mit Karlotta verbracht, in guten wie in schlechten Zeiten. Bilder ihrer Traumhochzeit auf den Malediven traten vor sein inneres Auge.
Schon kurz nach den Flitterwochen hatte sich Karlotta verändert. Vielleicht war es zu ihren Seitensprüngen gekommen, weil sie nicht für einen einzelnen festen Partner gemacht war. Im Grunde genommen hatte Daniel seine Ex-Frau wahrscheinlich nie richtig gekannt ...
Es bringt nichts, darüber zu grübeln, was gewesen wäre. Es ist aus und vorbei, das Kapitel beendet, sagte er sich selbst und nahm einen großen Schluck seines kühlen Bieres, dessen Krone als Schaum an seiner Oberlippe verblieb.
Der bittersüße Geschmack legte sich auf seine Zunge und passte vorzüglich zu seiner Situation. Daniel schmeckte den Abschied genauso wie den Neuanfang darin.
»Und wie fühlst du dich nun?«, wollte Matthias besorgt wissen. »Sie wird dir doch jetzt keine Probleme mehr machen, oder?«
»Geld aus mir herauspressen oder mich im Internet schlechtmachen, wird sie wohl nun nicht mehr. Der Zug ist abgefahren.«
»Deine Frau hat einen regelrechten Rosenkrieg geführt. Ich hätte sie gleich nach dem ersten Fauxpas rausgeschmissen, aber du hast einfach ein zu großes Herz.«
»Ex-Frau«, verbesserte Daniel erhobenen Zeigefingers. »So viel Zeit muss sein. Außerdem konnte ich sie nicht einfach rauswerfen, weil wir beide im Mietvertrag stehen. Aber nun habe ich beschlossen, ich gehe erhobenen Hauptes und suche lieber selbst das Weite.«
Er grinste dabei, was auch Matthias aufatmen ließ. Erneut landete dessen Pranke auf Daniels Schulter. Dieses Mal katapultierte es seinen Freund tatsächlich vom Barhocker.
»O entschuldige, ich bin manchmal ein richtiger kleiner Trampel.«
»Ein größerer als Karlotta kannst du gar nicht sein, also, alles halb so wild«, beruhigte ihn Daniel. »Ich werde meine Zeit ohne diese Ziege jedenfalls in vollen Zügen genießen. Meinen Ehering habe ich gleich zu Beginn des Scheidungsjahres zu Geld gemacht. Ich hole morgen früh meine Sachen. Hilfst du mir mit dem Umzug?«
»Natürlich, aber wohin soll es denn gehen? Hast du schon eine neue Bleibe? Oder willst du zuerst einmal zu mir kommen? Seit Tanja ausgezogen ist, habe ich genug Platz für eine Wohngemeinschaft.«
»Das ist nett von dir, Matze, aber ich habe schon einen Plan, seit ich im Netz über diese Neubausiedlung in der Vorstadt gestolpert bin. Die Mieten für eine Doppelhaushälfte sind so hoch wie für eine gewöhnliche Wohnung, und niemand verlangt den Nachweis eines dicken Gehalts oder einer festen Anstellung, solang die Miete rechtzeitig gezahlt wird.«
»Klingt zu schön, um wahr zu sein«, kommentierte Matthias argwöhnisch.
»Das dachte ich auch zuerst, aber es scheint kein Haken an der Sache zu sein. Es ist irgendein neues Projekt, bei dem sich Jung und Alt gegenseitig helfen und für Singles genauso gesorgt wird wie für Pärchen oder Familien. Niemand genießt einen Vor- oder Nachteil. Zumindest wollte ich es mir morgen anschauen. Ich habe einen Termin mit dem zuständigen Vermieter vor Ort. Wenn es mir gefällt, könnte ich noch am selben Tag einziehen.«
Daniel träumte sich bereits in das Haus in der Vorstadt. Da, wo es besonders ruhig zuging. Einst hatte er dort mit Karlotta hinziehen wollen, aber der Traum war schneller geplatzt, als ihm lieb gewesen war.
Er fragte sich heute, wie es überhaupt zu der Hochzeit hatte kommen können. Daniel unterschied sich gewaltig von seiner Ex-Frau, die das wilde Stadtleben bevorzugte, in der es drunter und drüber ging, man von einer Party zur nächsten hetzte und nebenher die große Karriere startete.
Über Kinder hatten sie kaum gesprochen, aber Daniel war im Nachhinein froh darüber. Insgeheim konnte er diese kreischenden Monster nicht ausstehen, die nur Dreck produzierten und ihm den letzten Nerv raubten.
»Gehören zu einem Leben im Speckgürtel auch Fußball-Abende mit deinem alten Studienfreund?«, riss ihn Matthias aus seinen Gedanken.
Daniel boxte ihm brüderlich gegen die breite Brust. Er bezweifelte, dass sein muskelbepackter Freund überhaupt etwas davon bemerkte. Neben ihm kam er sich mit seiner trainierten, aber schlanken Figur geradezu schmächtig vor. Matthias überragte ihn schließlich obendrein um einen Kopf.
Sofort war Daniel wieder in seinen Gedanken versunken und starrte auf sein halb geleertes Glas. Seine blauen Augen suchten sich einen Punkt darauf, um in Erinnerungen zu schwelgen. Er sah in der verzerrten Spiegelung einen traurigen Mann Mitte dreißig mit schwarzen, kurzen Haaren und ein paar Falten mehr rund um Mund und Nase als noch vor zwei Jahren.
Daniel hatte einen Teil seiner Attraktivität an Karlotta und ihren Scheidungskrieg verloren, glaubte er. Es hatte ihn zunehmend körperlich in Mitleidenschaft gezogen, seit er von ihren Affären wusste. Er fühlte sich benutzt und am Boden. Insbesondere verletzte ihn, dass es seine Ex-Frau geschafft hatte, ihr Tun so lange vor ihm zu verheimlichen. Er war vorgeführt und für dumm verkauft worden, und das über Jahre!
»Hey, Kumpel«, sagte Matthias nun mitfühlend. Dieses Mal verblieb die Hand auf seinem Rücken. »Lass den Kopf nicht hängen. Nicht alle Frauen sind wie diese Hexe. Mein Kollege Jürgen zum Beispiel ist seit siebzehn Jahren glücklich verheiratet.«
»Ich befürchte, Jürgen ist eine Ausnahme der Regel. Heutzutage halten Beziehungen nicht lange. Die meisten trennen sich bereits in den ersten beiden Jahren, und auch die Ehe ist vollkommen aus der Mode gekommen.«
»Würdest du denn noch einmal heiraten? Du warst nie für deine besonders romantische Seite bekannt. Verzeih mir meine Ehrlichkeit.«
Matthias hatte die Augen auf- und die Hände hochgerissen, um seine Unschuld zu beteuern.
Ein Schmunzeln stahl sich auf Daniels Lippen.
»Eigentlich habe ich erst einmal die Schnauze voll von Frauen, Matze«, gestand er nach langem Nachdenken. »Ich möchte ganz für mich sein. Die Stadt ist mir gerade zu laut und zu stressig. Ich brauche eine grundlegende Veränderung, nicht bloß Urlaub, bevor ich das Thema Ehe und Familie noch einmal angehe.«
»Ich dachte, du kannst Kinder nicht ausstehen.«
»Mit der richtigen Frau wäre das vielleicht anders«, überlegte Daniel laut. »Aber du hast recht: Kinder bringen bloß Unruhe ins Leben.«
Er trank aus und setzte das Glas etwas zu hart auf dem Tresen ab.
»Und was hat es nun mit dieser Neubausiedlung auf sich? Erzähl doch mal«, bat Matthias interessiert. »Das sind also Fertighäuser? Klingt für mich nach versteckten Kosten. Niemand würde so günstig ein ganzes Haus herausrücken.«
Ein tiefer Seufzer entwich Daniels Mund.
»Ich werde den Vertrag genau prüfen, bevor ich ihn unterzeichne. Alles in mir wünscht sich, dass es ein Volltreffer ist und ich mich nicht zu spät darum bewerbe. Sicher wollen viele dorthin. Ein eigener Garten wäre mal etwas Neues und eine gesunde Beschäftigung neben der vielen Schreiberei.« Als Matthias seine Augenbrauen verwundert bis unter den dunkelblonden Schopf schob, fügte Daniel hinzu: »Ich weiß: Daniel Maaßen und Gartenarbeit sind wie Feuer und Wasser. Aber vom heutigen Tage an wird aus mir ein neuer Mensch. Lass es mich wenigstens probieren. Ich könnte Gemüse züchten und Blumenbeete pflanzen.«
Matthias verzog sein Gesicht, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen.
»Hätte dafür nicht ein Schrebergarten gereicht? Du weißt, wie spießig das alles klingt, oder? Ich sehe es schon kommen: Du wirst dort zwischen alten Menschen und Helikoptermüttern eingeklemmt sein, die ihre Augen, Nasen und Ohren nicht auf ihrem eigenen Grundstück behalten können.«
Daniel lachte angesichts der vielen Klischees. Es fühlte sich befreiend an, endlich einmal loszulassen. Er bestellte sich das nächste Bier und seinem Freund gleich eins mit.
»Mein Freund, ich denke, das sind Vorurteile, die man nicht so ernst nehmen sollte. Es gibt sicher auch viele Singles und Pärchen da in der Siedlung. Mir geht es vor allem um die Ruhe. Ich möchte nach meiner gescheiterten Beziehung wieder zu mir finden und mich selbst wertschätzen lernen. Außerdem liebe ich grüne Gärten und saubere Straßen ohne Müll oder Graffiti. Die Großstadt birgt zwar einige Vor-, aber eben auch viel zu viele Nachteile.«
»Der Speckgürtel wird für dich auch nicht nur eitel Sonnenschein bereithalten. Irgendwann wirst du dich sicher langweilen oder die neugierigen Nachbarn satthaben. Du wirst schon sehen ...«
Daniel lächelte die Besorgnis seines Freundes fort und prostete ihm zu.
Matthias ließ sein Glas gegen Daniels klirren und meinte dann: »Was auch immer kommt: Auf dich und dein neues Leben in Freiheit! Ich bin stolz auf deine Entscheidung.«
Auf meine Entscheidung, allein zu sein? Hätte ich die Beziehung vielleicht doch noch retten können? Am Scheitern sind meistens beide schuld, heißt es doch ...