Feuchte Lippen in der Seniorenresidenz - Kastor Aldebaran - E-Book

Feuchte Lippen in der Seniorenresidenz E-Book

Kastor Aldebaran

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Wer kann vorher sagen, wohin Gefühle wandern, welchen Weg sie sich suchen? Ich hatte mir zuvor keine Gedanken darüber gemacht und war der Meinung gewesen, dass er wie bei jedem anderen verlaufen würde. Zu meinem Erstaunen bog mein Liebesleben an einer Kreuzung ab, die ich nicht hatte kommen sehen. Auch wenn es mir zuerst seltsam vorkam, wurde es mit der Zeit zur Gewissheit, dass ich richtig gehandelt hatte. Eine Liebe überraschte mich am Ende des Weges, von der ich niemals geträumt hätte. Alter spielte keine Rolle, war keine Schranke für uns, die uns voneinander abhielt.

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Kastor Aldebaran

Feuchte Lippen in der Seniorenresidenz

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Impressum

Feuchte Lippen

in der

Seniorenresidenz

 

 

Kastor Aldebaran c/o Block Services Stuttgarter Str. 106 70736 Fellbach

 

[email protected]

 

Cover Gestaltung: Kastor Aldebaran

 

Bild: Pixabay.com

 

Pixabay License

 

Homepage: http://www.kastor-aldebaran.com/

 

Auf meiner Homepage, einmal pro Monat, nach Anmeldung, einen kostenlosen Newsletter inclusive einer exklusiven Kurzgeschichte, nicht im Internet zu bekommen.

 

You Tube: https://www.youtube.com/results?search_query=kastor+aldebaran

Kapitel 1

 

Meine Welt war bis vor wenigen Wochen in Ordnung oder besser gesagt, lief alles in den Bahnen, die für junge Männer wie mich vorbestimmt sind. Man freut sich des Lebens, genießt die Freiheit, ist nicht gebunden, höchstens zwischendurch eine Freundin. Bloß nicht zu lange, eher was Lockeres, wer will sich in dem Alter schon binden. Alles, was über drei Monate Beziehung ging, war eine Katastrophe. Ich empfand es als beengt und eine Umklammerung, die mich daran hinderte, durchatmen zu können. Ein Grund war schnell gefunden, um die ehemals Angebetete los zu werden. Allerdings muss ich zu meiner Schande sagen, dass es nicht oft dazu kam. Meistens wurde ich abgeschossen, vielleicht war ich den Damen zu langweilig. Zum Glück stellten sie es erst fest, wenn es zu spät war.

Es hatte seine Vorteile, nicht der hässlichste zu sein. Gut gebaut, größer als der Durchschnitt, körperliche Mängel durch viele Besuche im Sportstudio beseitigt, und wenn ich morgens in den Spiegel sah, zersprang er nicht in tausend Teile. Ein Freund von mir hatte sogar mal behauptet, dass ich wie der ideale Schwiegersohn aussehen würde, was immer er damit meinte. Ich glaube, er hatte keine Ahnung.

Alles in allem, war ich zufrieden und hatte den Eindruck, als wenn mir die Welt zu Füßen lag. Das tat sie auch, nur nicht die, die ich mir vorgestellt hatte. Alles begann an einem unbedeutenden Tag im Winter.

Mutter hatte Geburtstag und als guter Sohn, findet man sich am Nachmittag ein, um sich an Kaffee und Kuchen zu laben. Vorschriftsmäßig tritt man pünktlich an, um seine Aufwartung zu machen, nebst Blumen und Pralinenkasten. Seit Jahren dasselbe Zeremoniell ohne Abweichung. Daher wunderte ich mich, als ich Stimmen hörte, als ich eintrat, die ich nicht zuordnen konnte. Ich sah Mutter stirnrunzelnd an, die ein Lächeln aufsetzte.

„Tut mir leid Kai, dieses Jahr musste ich kurzfristig umdisponieren. Die Damen von meiner Rommétruppe haben mich überrascht und standen plötzlich vor der Tür. Du weißt doch, donnerstags treffen wir uns abwechselnd und spielen ein paar Runden, bei Kaffee und Kuchen. Du hast sicher nichts dagegen, wenn wir für dieses eine Mal den Ablauf ändern?“

Natürlich hatte ich nichts dagegen. Im Gegenteil, ich fand es gut. Normalerweise saß ich an diesem Tag mit Mutter alleine am Kaffeetisch und hatten uns nicht viel zu erzählten, versteckten daher unsere Sprachlosigkeit hinter der Torte, die wir statt eines Gesprächs in uns hineinschaufelten.

„Nein, alles in Ordnung!“, sagte ich und war innerlich darüber froh, dass Mutter an ihrem Ehrentag Gesellschaft hatte und den Tag nicht mit mir alleine verbringen musste.

Sie nickte und ich überreichte ihr die Präsente, hängte meine Jacke auf und trat hinter Mutter in die gute Stube ein. Der Raum war zweigeteilt. Halb Esszimmer die andere Hälfte normal als Wohnzimmer eingerichtet. In zwei einzeln stehenden Sesseln saßen zwei Damen, augenscheinlich älter als Mutter, chic angezogen, nicht wie man sich ältere Damen vorstellt.

Sofort erkannte ich sie, obwohl ich sie niemals zuvor gesehen hatte. Mutter hatte sie mir oft beschrieben und ich hatte sie ungläubig angesehen. Hier bestätigte sich ihre Angabe, die nicht zu dem passte, was ich mir unter älteren Damen vorstellte.

Mutter hatte sie an ihrem Arbeitsplatz als Köchin in einer Seniorenresidenz kennengelernt. Eine dieser Einrichtungen, in die normal verdienende Menschen nicht kamen. Zu teuer, exklusiv mit vielen Extras, die bezahlt werden wollten.

Mutters Erzählungen stimmten genau. Zur Rechten saß Sabine, eine stattliche Person, graue, halblange Haare, in einem modischen, sportlichen Schnitt gehalten. Genauso frisch ihre Bekleidung, die nicht dem entsprach, was ich mir bei einer Dame ihres Alters vorstellte. Sie trug eine weiße Bluse, eine Jeans mit Bundfalten in Karottenform und dazu knallrote, halbhohe Pumps.

Zur Linken saß Heike, eine zierliche Person mit langen, augenscheinlich dunkel gefärbten Haaren, die ihre Gesichtsfarbe bleich erschienen ließ. Dies wurde von dem grellroten Lippenstift unterbrochen, der ihren Mund deutlich und groß hervorhob. Augenblicklich konzentrierten ich mich darauf und konnte meinen Blick kaum lösen. Als es mir gelang, wanderten meine Augen tiefer, über das Dekolleté, dass ihr alter nicht verbergen konnte. Feine Fältchen zogen sich über die Haut bis zum Ansatz des in blau gehaltenen Oberteils, das in einen halblangen Rock überging, der gerade über die Knie reichte. An ihren wippenden Füßen hingen Heels in derselben Farbe wie ihr Oberteil, die Absätze in Metall mit schwarzen Sohlen.

„Darf ich euch vorstellen. Kai, mein Sohn, von dem ich euch schon viel erzählt habe!“, meinte Mutter, als wir auf die beiden zugingen, die mich mit einem Nicken begrüßten. Sabine setzte dazu ein feines Lächeln auf, Heikes Gesicht blieb ausdruckslos, dabei meinte ich es um ihren Mundwinkel, kurz zucken zu sehen.

„Kai, das sind Sabine und Heike, die du aus meinen Erzählungen kennst. Ich hoffe, es macht euch nichts aus, wenn mein Sohn eure Vornamen benutzt?“

„Natürlich nicht!“, antwortete Sabine und mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich es hörte. Mutter hatte mir angedeutet, dass Sabines Stimme anders war als normal.

Rau und tief wie ein Reibeisen drang ihre Stimme in meine Ohren ein und ich fragte mich, was sie in ihrem Leben dafür getan hatte, diese Töne zu erzeugen.

„Was haltet ihr davon, wenn wir jetzt Kaffee trinken. Wir sind vollzählig!“

Beide nickten, standen auf und gingen an uns vorbei, um zum Esstisch zu gelangen, den Mutter mit viel Geschmack hergerichtete hatte. Eine lecker aussehende Torte bildete das Zentrum der Leckereien auf dem Tisch. Blumen und das gute Service bildeten einen Augenfang, der dem Blick schmeichelte.

Sabine und Heike traten an den Tisch, betrachteten das Ensemble, während wir ihnen folgten, ich sie von hinten betrachtete.

Man musste ihnen lassen, viele Jahre der Übung hatte sie gelehrt sich elegant auf den Schuhen zu bewegen, besonders Heike war eine Meisterin darin, grazil auf den hohen Schuhen eine Entfernung zu überbrücken. Es war ein leichtes Trippeln, sah aus, als wenn sie über den Boden schweben würde. Ihre hochgezogenen Waden verrieten, dass sie es gewohnt war, sich auf diesen zu bewegen. Die Strumpfhose mit der hinten liegenden Naht, die mir erst jetzt auffiel, war ein Blickfang. Alles zusammen, verlängerte es ihre Beine ins unendliche, was ihren zierlichen Körperbau unterstrich.

Die standen hinter ihren Stühlen und mir fiel ein, was ich an Erziehung genossen hatte. Während Mutter den Tisch umrundete, um auf die andere Seite zu gelangen, rückte ich für die Damen die Stühle ab, wartete, bis sie sich nacheinander setzten, und schob sie an sie heran. Anscheinend tat ich das Richtige, denn Mutter nickte mir zustimmend zu. Für Sabine und Heike war es selbstverständlich, sie machten kein Aufheben darum. Ich wiederholte diese Übung bei Mutter, setzte mich neben sie und dachte, dass ich jetzt Pause haben würde. Das Gegenteil trat ein. Worüber sie sich sonst unterhielten, wusste ich nicht. Jetzt wurde ich Gegenstand der Unterhaltung. Sabine war auf alles neugierig, was mich betraf. Von meiner Schulbildung bis zu meinem Beruf wurde durch die Mangel gezogen, selbst mein Privatleben war für sie kein Hindernis. Heike sagte kein Wort, hörte uns aufmerksam zu, gelegentlich war ein winziges Lächeln zu erkennen, wenn ich eine Anekdote aus meinem Leben erzählte. Sabine lachte gerne und laut, war eine Frohnatur, Mutter beteiligte sich nicht an dem Gespräch, kümmerte sich um das leiblich Wohl. Kaffee wurde eingegossen, Kuchenstück wanderten, perfekt geschnitten, auf die Teller. Neben dem Beruf der Köchin, hatte sie sich für das Backen interessiert. Wahrscheinlich hatte sie durch ihre Flexibilität den Job in der Seniorenresidenz bekommen, war innerhalb von zwei Jahren zur Chefin aufgestiegen. Sie arbeitet dort gerne, hatte einen anderen finanziellen Rahmen, als in einer normalen Kantine. Sie kümmerte sich besonders gerne um besondere Wünsche der Bewohner, je außergewöhnlicher, umso besser. Manches Restaurant konnte mit ihren Künsten und den ihrer Angestellten nicht mithalten. Mutter wechselte sie nach ihrem Geschmack aus, beschäftigte Menschen, die jeder für sich was Besonderes konnte. Die Bewohner waren von der Dienstleistung begeistert, und als es darum ging, dass die Beiträge erhöht werden sollten, weil die Kosten anstiegen, waren sie dazu bereit, ihren Teil zu geben. Mutter war der Meinung, dass gute Arbeit entsprechend entlohnt werden musste. Tarif war ihr egal. Wem in Aussicht gestellt wurde, davon zu profitieren, war auch dazu bereit, mehr zu geben als verlangt. Eine einfache Rechnung, die sich nicht rumgesprochen hatte. Überall herrschte personeller Notstand, in der Einrichtung nicht. Sicher lag es auch an den finanziellen Möglichkeiten der Bewohner, aber nur zum Teil.

Sabine kam vor lauter Fragen und Erzählen nicht dazu, ihr Kuchenstück zu bewältigen, Heike hörte nach einem haben Stück auf, legte die Gabel beiseite und lauschte stattdessen unserem Gespräch.

„Und was hast du für die Zukunft vor? Karriere, Familie, viele Kinder?“, fragte Sabine mich und ich überlegte einen winzigen Moment.

„Karriere vielleicht, ich bin kein materieller Mensch. Ich komme mit weniger aus, um mehr Zeit für mich zu haben. Für Kinder und eine Familie brauche ich erst einmal eine entsprechende Frau!“

Sabine betrachtete mich soweit, wie es ging, ihre Augen wanderten mehrmals schnell von oben nach unten und zurück.

„Das sollte bei deinem Aussehen doch kein Problem sein. Außerdem kann man sich gut mit dir Unterhalten, hast einen hintergründigen Witz, stehst auf eigenen Beinen. Was will eine Frau mehr. Wäre ich dreißig Jahre jünger, würde ich einen solch leckeren Happen wie dich nicht verschmähen. Was stimmt an dir nicht, dass du keine fünf Frauen an jedem Finger hast?“

Ich zuckte mit der Schulter, suchte nach einer passenden Antwort.

„Wahrscheinlich bin ich den jungen Frauen zu langweilig. Ich bin kein Mensch, der immer und überall dabei sein muss, Stress ist nicht mein Ding. Auch muss ich nicht jede Feier mitnehmen. Ich mag es ruhig, lasse gerne meine Seele baumeln und genieße es, wenn mal nichts ist!“

„Das hört sich alt an!“, meinte Sabine und amüsierte sich über mich.

„Heike und ich sind alt, wir dürfen verschnaufen, Kaffee und Kuchen zu uns nehmen und den Tag faul verbringen. Bei dir dauert es noch viele Jahre, bis du dich auf unser Niveau herunterlassen darfst. Vorher hast du dich zu benehmen, wie es sich gehört, lass die Sau raus, später hast du keine Chance mehr dazu!“

„Mag sein!“, gab ich zurück, wollte über das Thema nicht sprechen. Sabine schien mir dazu nicht die Richtige zu sein. Sie schien es zu merken, drehte das Thema sofort in eine andere Richtung, bis wir mit dem Essen fertig waren.

Ich deckte den Tisch ab, damit Mutter sich an ihrem Ehrentag nicht damit abgeben musste. Danach brachte ich die Küche auf Vordermann, um ihr auch diese Tätigkeit abzunehmen. Währenddessen hörte ich die Drei, wie sie sich miteinander unterhielten. Dabei war es falsch ausgedrückt, Mutter und Sabine sprachen miteinander, Heike hörte ich nicht. Entweder war sie zu leise oder sie sagte wirklich nichts.

Ich beeilte mich nicht, brauchte eine geschlagene Stunde, bis ich fertig war und kam zurück ins Wohnzimmer, wunderte mich darüber, dass sie am Esstisch saßen und die Tischdecke abgezogen hatten.

„Gut, dass du zurückkommst. Wir möchten unserer Tradition nicht brechen und möchten ein Spiel spielen. Hast du Lust uns dabei Gesellschaft zu leisten, möchtest du mitspielen?“, fragte mich Mutter und ich verdrehte innerlich die Augen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, die Veranstaltung zu verlassen, die Drei miteinander alleine zu lassen und meinen Tag mit fernsehen zu beenden. Diese Einladung konnte ich nicht ablehnen. Mit einem Lächeln setzte ich mich an den Tisch und Sabine zauberte ein Set des bekannten Kartenspiels auf den Tisch, entnahm neu aussehende Karten und einen Block, legte diesen vor sich.

„Bis wie viele Punkte spielen wir?“, fragte sie in die Runde.

„Wie immer würde ich sagen!“, entgegnete Mutter und alle drei nickten.

„Gut. Die Regeln sind klar? Erstes rauskommen mit mindestens vierzig!“

Alle nickten, inclusive mir. Natürlich kannte ich das Spiel, hatte es mit Mutter als Kind gespielt.

„Ach ja Kai, die Besonderheit bei unseren Regeln ist, dass wir ohne Joker spielen. Es macht das Ganze interessanter!“

Diese Variante kannte ich nicht, war darauf gespannt. Als Antwort nicke ich und über Sabines Gesicht zog ein feines Lächeln.

Sofort begann sie die Karten zu mischen, teilte aus und wir begannen mit der ersten Runde.

Die Drei wussten was sie taten und mir wurde klar, dass es ohne Joker ein anderes Spielen war als mit. Es war wesentlich schwerer, besonders wenn einer der anderen Karten sperrte, die man selber brauchte. Sabine liebte es, zwei derselben Farbe zu halten. Damit war die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie mindestens einen Spieler am Tisch ärgerte, der sehnsüchtig auf diese Karte wartete.

Zu gewinnen war unter diesen Voraussetzungen eine Kunst, die ich zwar meisterte, absetzten konnte ich mich jedoch nicht. Hatte ich zuerst gedacht, Opfer um mich herum zu haben, wurde mir schnell klar, dass es sich anders herum verhalten konnte. Verbissen wurde um jede Karte gekämpft und manches Mal hatte es was von einem Pokerspiel. Geredet wurde zu meinem Erstaunen wenig. Die wenigen Ansagen betrafen das Spiel selber. Es war die erste Gelegenheit, dass ich Heike sprechen hörte. Ihre Stimme war weich, hörte sich gegen die von Sabine wie Watte an, mit der man nach einer Holzpfeile, über die Haut rieb.

Bis einer von uns die entsprechende Punktzahl hatte, dauerte es über zwei Stunden. Heike siegte vor Mutter, ich wurde dritter, Sabine vierte Gewinnerin. Das ließ sie nicht auf sich sitzen.

„Revanche!“, meinte sie und sah mir tief in die Augen.

„Das kann ich nicht hinnehmen. Oder hast du was Wichtigeres vor als mit drei alten Frauen am Tisch zu sitzen und Rommé zu spielen?“, fragte mich Sabine.

Um ehrlich zu sein, hatte ich nichts weiter vor. Der Tag war weit fortgeschritten und es stand nichts an. Also warum nicht hierbleiben.

„Nein, habe nichts anders vor. Wir können noch eine Runde!“

„Sehr schön!“, meinte Sabine mit einer hörbar begeisterten Stimme und sah Mutter an.

„Wie wäre es mit einem Gedeck?“, wendete sie sich an Mutter und ich fragte mich, was sie damit meinte. Mutter stand mit einem Lächeln auf.

„Möchtest du auch was trinken?“, fragte sie mich und ich nickte.

Mutter ging zum Wohnzimmerschrank, machte ihn dort auf, wo sich eine Bar befand und zauberte zwei Flaschen heraus. Dazu nahm sie vier Gläser, zwei für Likör, zwei für Whisky und kam damit zum Tisch zurück.

Die eine Flasche enthielt unverkennbar das edle Getränk aus Schottland, die andere kannte sich nicht. Sie war weiß, sah aus wie aus Porzellan, kam aus Italien, soweit das Etikett es verriet. Drin war Eierlikör, den Mutter für Heike und sich einschenkte. Die Whiskygläser stellte sie vor Sabine und mich.

„Du trinkst doch gerne was Gehaltvolles. Du solltest ihn probieren, Sabine liebt ihn. Schön weich mit einem floralen Abgang!“

Ich sah Mutter überrascht an. Alkohol hatte sie mir zuvor nie angeboten, höchstens mal ein Bier im Sommer. Sie kannte meinen Geschmack daher, weil ich es ihr Mal erzählt hatte.

Ohne auf eine Äußerung zu warten, wandte sich Mutter ein weiteres Mal ab, kam mit einem Aschenbecher zurück, stellte diesen vor Sabine, die es mit einem Lächeln quittierte. Sie zog ein Etui aus der Hosentasche, das drei Röhren nebeneinander erkennen ließ. Es hatte eine silbrige Farbe, trotzdem ging ich nicht davon aus, dass es aus diesem Metall bestand, sondern aus Edelstahl. Silber wäre zu schnell angelaufen.

Sabine öffnete den Verschluss, zog eine dunkle Zigarre heraus, zog sie unter ihre Nase entlang und sog die Luft tief ein.

„Herrlich dieser Gruß aus Brasilien!“, meinte sie, bohrte mit einem kleinen Werkzeug ein Loch in das Kopfstück und toastete das Fußende. Es sah wie eine Zeremonie aus und ich beobachtete sie dabei, während Mutter die Karten mischte.

Jetzt wusste ich, woher wahrscheinlich ihre Stimme kam und der Geruch von kaltem Rauch, den ich ab und zu bei Mutter wahrzunehmen glaubte. Mich störte es nicht, roch es sogar gerne. Saß jemand neben mir, der Pfeife oder Zigarre rauchte, schnupperte ich danach. Meistens, manchmal stank der Tabak und war besser dazu geeignet, Mücken zu vertreiben.

Sabine zog einmal an dem Ende, blies sichtbar genussvoll den cremig aussehenden Rauch aus und verdrehte die Augen.

„Was für ein Geschmack, ein feines Aroma, etwas Holz und Leder, dazu eine hintergründige Süße von

Karamell. Kubaner halte ich für generell überbewertet und zu teuer!“, kommentierte sie ihr tun, nahm einen weiteren Zug und sah in die Runde.

„Schade, dass ihr meinem Laster nichts abgewinnen könnt. Oder wie ist es mit dir Kai?“

Um ehrlich zu sein, hatte ich es nie versucht und wollte es an diesem Tag auch nicht tun. Dankend lehnte ich es ab, was nicht heißen sollte, dass es für alle Ewigkeit dabei bleiben sollte.

Der Whisky war einmalig gut. Sabine hatte einen wunderbaren Geschmack, was das betraf und ich verliebte mich sofort in das Wasser des Lebens. Es brannte nicht, hatte ein großes Volumen und einen wunderbaren Abgang. Für mich ein Erlebnis.

„Scheint dir zu schmecken!“, meinte Sabine, als sie mein entspanntes Gesicht beobachtete, während ich den ersten Schluck im Mund kreisen ließ.

„Sehr gut, selten so was Gutes genossen!“, sagte ich und verzog mein Gesicht zu einem breiten Grinsen, sah dabei der Flüssigkeit zu, die im Glas ihre Runde machte.

„Das ist schön zu hören. Lasst uns spielen!“

Während wir Karten spielten, ging die Flasche mehrmals zwischen uns hin und her, Mutter passte mit dem Eierlikör darauf auf, dass Heike kein leeres Glas vor sich stehen hatte.

Zu meiner Überraschung, wurde der Abend kurzweilig, und als wir uns spät bei Mutter verabschiedeten, waren wir sehr gelöst in unserer Stimmung. Sabine und Heike warteten auf ein Taxi, wollten mich mitnehmen und Zuhause absetzten, doch ich lehnte es ab. Ich brauchte frische Luft, um klar zu werden. Die Kühle der Nacht eignete sich gut dazu, außerdem hatte ich es nicht weit.

„Danke für den schönen Abend!“, meinte ich ehrlich zu den Beiden.

„Wir werden es wiederholen müssen. Du warst zwei Mal vor mir, das kann ich nicht auf mir sitzen lassen!“

Ich grinste zurück und öffnete für Sabine und Heike die Taxitüren.

„Es wird für mich eine Freude sein!“, meinte ich, verbeugte mich vor der Tür und schlug sie gefühlvoll zu.

Ich sah dem Auto nach, bis es in eine Kurve bog und aus meinem Sichtwinkel verschwand. Erst danach begab ich mich auf den Weg nach Hause, wo ich kurze Zeit später ankam.

Als ich mich auszog, dabei auf der Kante meines Bettes saß, schüttelte ich meinen Kopf und musste breit lächeln, sah die Beiden in Gedanken vor mir. Ein seltsames Gespann, zugleich interessant.

Ausgezogen legte ich mich unter die Decke, starrte dabei ein Bild an, was gegenüber an der Wand hing. Ich wagte es nicht für längere Zeit die Augen zu schließen, befürchtete, dass die Achterbahnfahrt mit einem schlimmen Finale endete.

Doch irgendwann überkam mich die Müdigkeit, ließ mich einschlafen, wobei das Aufwachen weniger gut für mich war. Kopfschmerzen hatte ich keine, zurück blieb ein drückendes Gefühl im Kopf. Durst quälte mich, den ich an dem Wasser stillte, dass ich neben meinem Bett geparkt hatte. Dazu gab es zwei der netten Brausetabletten, die nach einer solchen Nacht, Wunder wirken konnten.

Erneut kamen mir die Bilder von Sabine und Heike in den Sinn und ich stand mit ihnen eine halbe Stunde später auf, um unter die Dusche zu gehen, meine Müdigkeit aus den Knochen spülen. Dabei wunderte ich mich, dass mein Schwanz steif von mir abstand. Ich beruhigte mich damit, dass eine Morgenlatte ganz normal war. Es hatte nichts mit dem Abend zu tun.

 

 

 

Kapitel 2

Lange stand ich unter dem Duschkopf, drehte ihn zwischendurch auf kalt, eisig kalt, und wenn ich es nicht mehr aushielt, tat ich warmes Wasser dazu. Die Wechselbäder belebten meinen Körper, ließen die Müdigkeit durch den Abfluss fließen. Obwohl ich nichts vorhatte, tat es gut. Ein längeres Frühstück folgte. Leicht gebutterten Toast, mit Erdbeerkonfitüre und ein starker Kaffee. Jetzt hätten nur gefehlt, dass mir einer die Zeitung vorbeibrachte. Doch dieser Luxus blieb mir verwehrt. Meine letzte Freundin hatte mich vor Tagen abgeschossen, daher hatte ich niemanden mehr, der freundlich genug gewesen wäre, es für mich zu tun. Einmal davon abgesehen, hätte sie es sowieso nicht getan. Sie hatte es anders herum erwartet. Ein Laufbursche wollte ich nicht sein, obwohl sie genug Vorzüge hatte, bei denen es sich gelohnt hätte. Willig, wenn sie bekam, was sie wollte. Nichts tat sie ohne Bezahlung, wobei sie es anders ausdrückte. Belohnung nannte sie es. Im Prinzip dasselbe. Um ehrlich zu sein, war es nicht weit weg von dem, was man Prostitution nannte.

Ich schüttelte meinen Kopf bei dem Gedanken, schlürfe meinen Kaffee und genoss den Morgen, hatte mich dazu in einen kuscheligen Bademantel gewickelt und das Radio laut aufgedreht. Die Musik brachte mich auf andere Gedanken, der Trübsinn verschwand und ich überlegte, was ich mit dem angebrochenen Tag anfangen sollte. Sport war nicht gut, nicht nach dieser Nacht. Eher Ruhe, Pantoffeln an, sich nicht umziehen und sich die Zeit mit langweiligem Fernsehen zu vertreiben. Das war genau das, was ich wollte.

Schnell suchte ich die entsprechende Ausstattung zusammen, Cola und Chips, und legte mich auf meine Couch, schaltete das großformatige Gerät ein und sah mit Sendungen an, die mich nicht interessierten. Ich konnte mich nicht darauf konzentrieren, die Bilder von Heike und Sabine schoben sich vor meine Augen und verwischen alles, was sich sonst in meinem Blickfeld befand. Mehrmals schüttelte ich meine Kopf, wie ein Hund der nass geworden war, was mir nicht gut bekam. Mir wurde davon schwindelig und die größere Menge Chips in meinem Magen machte es mir dabei nicht leichter, auf dem Sofa liegen zu bleiben. Ganz war der Abend nicht aus meinen Knochen.

Später rief ich Mutter an, fragte nach ihrem Wohlbefinden. Sie hatte ebenfalls gut zugeschlagen und hörte sich nicht munter an.

„Na, alles gut?“, begrüßte ich sie und Mutter stöhnte leicht auf.

„Junge, ich werde alt. Wie Sabine und Heike es machen, selbst nach einem solchen Abend morgens taufrisch zu sein, ist mir ein Rätsel!“

„Übung!“, meinte ich und amüsierte mich über den Ausdruck taufrisch, der sich im Zusammenhang mit ihnen falsch anhörte.

„Kann sein. Übrigens hat Sabine heute Morgen angerufen und sich für den schönen Abend bedankt. Sie hat gesagt, dass es ihr sehr gut gefallen hat und ich soll dich daran erinnern, dass es eine Revanche geben wird. Was hat sie damit gemeint?“, fragte Mutter neugierig und ich erklärte es ihr, nachdem es mir eingefallen war. Geträumt hatte ich es also nicht. Ein gutes Zeichen dafür, dass ich zu viel getrunken hatte.

„Ach so!“, kam von Mutter und hatte den Eindruck, dass sie erleichtert über meine Erklärung war. Ich fragte nicht danach, beließ es dabei. Ich hatte keine Lust mich lange zu unterhalten. Telefonieren war für mich kein Medium, um es lange zu benutzen. Wenn ich was von jemandem wollte, zog ich es vor, mich mit meinem Gesprächspartner zu treffen. Ich mochte das persönliche Gespräch. Es verriet mir mehr, Mimik und Gestik waren für mich wichtig, zeigten die Emotionen des Menschen. Funktionierte nicht bei jedem. Heike war ein Beispiel dafür. An ihrem Gesicht konnte ich wenig ablesen. Dafür war es zu gleichförmig. Sie war mir ein Rätsel.

Wenn ich an sie dachte, tauchte vor meinen Augen ein riesiger, knallroter Mund auf, der direkt über High Heels hing. Eine seltsame Vorstellung, die mir ein Lächeln auf die Lippen zauberte.

In den nächsten Tagen vergaß ich die Beiden. Wahrscheinlich würde ich sie niemals wiedersehen. Wir hatten keine Gemeinsamkeiten, bis auf die Revanche, die ich nicht ernst genommen hatte, von daher war es ein natürlicher Vorgang. Das änderte sich schneller als erwartet.

Es war ein Donnerstagabend, als mein Telefon klingelte. Es kam selten vor, besonders um die Zeit, daher wunderte ich mich ein wenig. Freunde von mir riefen höchstens am Freitag an oder wir trafen uns in unserer Stammkneipe, worauf ich im Moment keine Lust hatte.

Neugierig hob ich den Hörer ab und lauschte einer Stimme, die ich sofort identifizieren konnte.

„Hallo Kai, schön das ich dich gleich erwische. Morgen Abend könnten wir uns auf die zweite Runde Rommé treffen, wenn du Lust hast?“

Die rauchige Stimme war unverkennbar und ich sah sofort Sabine vor mir, rauchend und trinkend mit dem Telefon in der Hand.