Pat - Kastor Aldebaran - E-Book

Pat E-Book

Kastor Aldebaran

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Christa, meine Frau, fühlte sich von mir eingeengt, wollte ihrem Leben mehr Sinn geben. Eines Tages verschwand sie, hinterließ eine Lücke in meinem Leben, die ich füllen wollte. Auch wenn ich länger brauchte, um es zu verstehen, war Pat die richtige für mich.

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Kastor Aldebaran

Pat

Die Schwester meiner Frau

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Impressum

Pat

 

Die Schwester meiner Frau

 

 

Kastor Aldebaran c/o Block Services Stuttgarter Str. 106 70736 Fellbach

 

[email protected]

 

Cover Gestaltung: Kastor Aldebaran

 

Homepage: http://www.kastor-aldebaran.com/

 

Auf meiner Homepage, einmal pro Monat, nach Anmeldung, einen kostenlosen Newsletter inclusive einer exklusiven Kurzgeschichte, nicht im Internet zu bekommen.

 

You Tube: https://www.youtube.com/results?search_query=kastor+aldebaran

 

Kapitel 1

 

Manchmal frage ich mich, was in den Köpfen der Menschen vor sich geht. Das beste Beispiel ist meine Frau Christa. Jahre lebten wir glücklich zusammen, hatten keine finanziellen Sorgen, im Gegenteil. Keiner von uns beiden musste auf den Euro achten. Wir mussten nicht Arbeiten, konnten unseren Hobbys nachgehen und in den Tag leben, wenn wir wollten. Natürlich war unsere Beziehung in den Jahren anders geworden, die Leidenschaft zum größten Teil verflogen. Übrig blieb die tiefe Verbundenheit zwischen uns. Dachte ich zumindest. Vielleicht habe ich auch die Zeichen der Zeit nicht erkannt, übersehen, dass es nicht die heile Welt war, die ich mir selber vorgegaukelt hatte.

Es kam der Tag, an dem dieses Weltbild ins Wanken kam und in sich zusammenfiel.

Am morgen war alles in Ordnung, wir standen auf, nahmen schweigend unser Frühstück ein, was zu erzählen hatten wir uns nicht, und lasen die Zeitung. Es deutete nichts darauf hin, was kommen würde.

„Mike, wir müssen reden!“, waren genau die Worte, die ich nicht hören wollte. Es bedeutete nie was Gutes, wenn dieser Satz in meine Ohren schwebte. Ich ließ die Zeitung sinken und sah Crista erwartungsvoll an, hoffte, dass nichts Kompliziertes auf mich zukommen würde. Vielleicht war der Rasen zu hoch, oder Christa gefiel die Farbe in der Küche nicht mehr. Ähnliches wünschte ich mir. Mir wurde schnell klar, dass es diesmal kein kleines Problem sein würde.

Ich nickte ihr zu, deutete damit an, dass ich für ihr Problem ganz Ohr war.

„Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll!“, begann sie, machte eine kurze Pause, um nach Worten zu suchen. Dabei war ich mir sicher, dass sie bereits lange Zeit über das Problem nachgedacht hatte und genau wusste, worauf sie hinaus wollte.

„Ich will nicht mehr, fühlte mich eingeengt, kann mich nicht verwirklichen!“

Ich hatte keine Ahnung, was sie damit meinte. Ihr Lebensstiel ließ ihr jede Freiheit, sie hatte Zeit und Geld genug, um sich jede erdenkliche Möglichkeit zu gestatten, die sie wollte. Also sah ich sie fragend an, runzelte meine Stirn.

„Wie jetzt, eingeengt, verwirklichen, was meinst du damit?“

Man konnte schnell erkennen, dass ihr meine Frage nicht gefiel. Für sie war offensichtlich, was sie damit meinte, ihr Mann war dazu nicht in der Lage. Dies alleine brachte sie in Rage. Eine Eigenschaft, die sie in den letzten Monaten vermehrt entwickelt hatte. Ich konnte ihr wenig recht machen, an allem was ich tat, mäkelte sie herum, war im Gegensatz dazu selber nicht in der Lage es besser zu machen. Sie forderte die seltsamsten Dinge, war nicht dazu bereit sie selber in Angriff zu nehmen, man konnte auch sagen, sie war mit sich und der Welt nicht zufrieden und ließ es an jedem anderen aus. Ich war greifbar und die nächste Zielscheibe für ihre Ausbrüche. Zuerst war ich davon ausgegangen, dass es sich legen würde, doch das tat es nicht, im Gegenteil. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Dies veranlasste mich dazu, sie in Frieden zu lassen, ihr nicht in die Quere zu kommen. Ein ruhiges Zuhause war mein angestrebtes Ziel, nichts anderes. Zum Glück konnten wir uns meistens aus dem Weg gehen. Das Haus war groß genug, von allem gab es mindestens zwei. Darunter zählten Bäder, Schlafzimmer und Fernseher. Oft sahen wir uns nur zum Essen und ich hoffte, dass diese Phase irgendwann zu Ende gehen würde. Der Gefallen wurde mir nicht getan.

„Ich kann einfach nicht mehr. Dieses Leben hier ist wie im Gefängnis für mich. Tag ein, Tag aus dasselbe. Das will ich nicht mehr!“

„Such dir ein Hobby!“, war meine kurze Antwort, die es für mich auf den Punkt brachte. Menschen, die sich langweilten, musste man beschäftigen.

Dieser Satz brachte das Fass zum überlaufen. Dabei hatte ich mir nichts dabei gedacht.

„Sag mal, du weißt gar nicht, worüber ich spreche oder wie?“, fuhr sie mich giftig an, war innerhalb von Sekunden auf Krawall aus. Eine bedrohliche Situation, die ich jetzt erkannte. Sie zu stoppen war nicht möglich. Christa stand von ihrem Stuhl auf, als wenn sie von was in den Hintern gestochen worden war, warf mir einen verächtlichen Blick zu und verließ die Küche ohne ein weiteres Wort. Sie war sauer auf mich, wie viele Male zuvor, vielleicht ein wenig heftiger. Ich zuckte mit der Schulter, war mir sicher, dass es sich wieder einrenken würde, wenn die Wogen sich glätteten. Also las ich weiter in der Zeitung, hörte Christa im ersten Stock wüten. Es polterte mehrmals, irgendwas ging zu Bruch, vielleicht eine Vase, ich wusste es nicht. Ich hatte seit Wochen ihr Schlafzimmer nicht mehr betreten. Sperrzone für mich.

Mein Kaffee schmeckte gut. Vorsichtig schlürfte ich ihn in mich hinein, hoffte, dass das Gewitter was oben herrschte, an mir vorbei ging und die Sonne zum Vorscheinen kam. Ich fühlte mich darin bestätigt, als es nach einer Stunde ruhig wurde. Stattdessen hörte ich sie die Treppe herunterpoltern und die Haustür schlagen. Nach dieser Aufregung trat eine gespenstische Ruhe ein, als wenn nichts gewesen wäre.

Jetzt stand ich auf, hatte freie Bahn. Der Rasen musste gemäht werden. Dazu konnte ich den stinkenden, alten Benzinmäher nehmen, der Christa Kopfschmerzen brachte, egal an welchem Tag oder zu welcher Stunde. Sonst musste ich den neuen Elektromäher nehmen, den ich hasste. Er war zu leise und das verdammte Kabel ging mir auf die Nerven.

Ich ging in den Garten, zog hier eine Runde nach der anderen, erfreute mich am Geruch eines alten Zweitakters, der mehr Öl im Gemisch hatte, als er brauchte. Dicke Rauchschwaden zogen hinter mir her, hüllten mich gelegentlich ein. Ich schnupperte diesen Männergeruch in mich hinein, fühlte mich frei. Vielleicht sollte Christa es auch ausprobieren, da hätte sie die angestrebte Freiheit, soviel und oft, wie sie haben wollte, erfüllte dabei einen Zweck. Ich entschied jedoch, es ihr nicht anzubieten.

Danach holte ich mir ein eiskaltes Bier, setzte mich in einen der bequemen Sessel auf der Terrasse und hielt es eine ganze Zeit bei Sonnenschein unter dem Schirm aus, war mit mir und der Welt zufrieden.

Es blieb ruhig, Christa war wahrscheinlich zur Beruhigung shoppen gegangen, es lenkte sie ab. Wenn sie damit fertig war und sie kam zurück, konnte man mit ihr in Ruhe sprechen, meistens.

Später wusch ich meinen Wagen, gründlicher als zuvor. Das schöne Wetter lud dazu ein und es machte mir Spaß, was selten vorkam. An diesem Tag lenkte es mich ab, ließ meine Sorgen verschwinden, besonders nach dem vierten Bier im Sonnenschein. Es stieg mir schneller als sonst in den Kopf, ließ mich schwindelig werden. Trotzdem beendete ich die Säuberung meines Wagens in der vorgesehenen Art. Schnell räumte ich die Sachen weg, war darüber froh, einiges geschafft zu haben, was nicht zu meinem Lieblingsaufgaben zählte. Wenig später lag ich auf einer Liege im Garten, hatte mir ein schattiges Plätzchen unter einem Baum gesucht und schlürfte an einem weiteren Bier, bis ich einschlief. Es war kurz nach der Mittagszeit und mir war schläfrig zumute.

Zwei Stunden später wachte ich auf, und war froh darüber, dass Christa nicht erschienen war. Sie hatte die Angewohnheit mich im ungünstigsten Moment zu wecken, spürte instinktiv, dass es mir gut ging. Ein Zustand, der ihr nicht zu gefallen schien. Normalerweise weckte sie mich und überschüttete mich mit Vorwürfen darüber, was hätte gemacht werden können. Dies prallte zwar an mir ab wie ein Wassertropfen auf der Butter, trotzdem nervte es. Heute war es anders. Ich überlegte mir ein Bier zu holen, ließ es bleiben. Ich wollte mich nicht zuschütten, dafür war es zu früh. Die Entscheidung darüber, ob ich es tat, überließ ich Christa. Kam sie zurück und war unausstehlich, ließ ich mich gerne umstimmen.

Sie kam nicht, auch die nächsten Stunden nicht. Es wurde Abend und ich wunderte mich darüber. Vielleicht hatte sie eine Freundin getroffen und sie hockten zusammen, um sich gegenseitig ihr Leid zu klagen. Ich konnte es mir richtig gut vorstellen, Christa und ihre Freundinnen, die in ähnlichen Situationen steckten. Unzufrieden mit sich und der Welt, alles war gegen sie und sie hatten es schwerer als alle anderen. Ehefrau zu sein war ein Job, der sie beugte, eine Last, eine Bürde, die sie kam tragen konnten.

Dabei musste Christa nicht einmal sauber machen. Unsere Putzfrau Karin kam drei Mal die Woche, auf Abruf sogar öfters. Sie war eine Seele von Mensch, hatte mir insgeheim mal anvertraut, dass sie wegen mir kam, nicht wegen Christa. Seit fünf Jahren war sie bereits bei uns und Christa vertraute ihr trotzdem nicht. War sie zuhause, kontrollierte sie jeden Handschlag, stand dabei oft im Weg.

Karin war froh, wenn Christa nicht im Haus war, zwinkerte mir manches Mal zu und lächelte, wenn ich es ihr sagte. Fröhlich pfeifend ging sie ihren Job nach und war schneller fertig als sonst. Kein Wunder. Ich mochte sie, eine kleine, beleibte Person, manchmal mit derbem Wortschatz, die mich fröhlich machte.

Es wurde spät, ich sah mir die Nachrichten an und wunderte mich, dass Christa weiterhin wegblieb. Normalerweise rief sie an, wenn es spät wurde, heute nicht.

Langsam machte ich mir Sorgen, fragte mich, wo sie steckte. Ihr Handy war ausgeschaltet, als ich es anrief, keine Verbindung. Auch ihre engste Freundin wusste von nichts, wobei ich mir nicht sicher war. Ihre Stimme klang anders als sonst, als wenn sie mir was verheimlichte. Nachzubohren lohnte sich nicht. Wenn es sein musste, konnte sie ihre Klappe halten.

Es blieb mir nichts anders übrig als zu warten. Das Fernsehprogramm hielt zu meiner Verwunderung einige Überraschungen bereit, was mich bis zum frühen Morgen wach hielt.

Christa blieb verschwunden. Kein Anruf, keine Nachricht, nichts.

Gegen drei Uhr schleppte ich mich nach oben, konnte meine Augen nicht mehr aufhalten. Um die Polizei zu informieren, war es zu früh. Sie würden niemanden suchen, der erst seit ein paar Stunden verschwunden war, solange es keinen entsprechenden Hinweis gab. Entführt hatte man Christa sicher nicht. In ihrem gereizten Zustand würde jeder schnell versuchen sie los zu werden.

Auf meinem Lippen erschien ein fieses Grinsen, als mir ein Bild in den Sinn kam, wie ihre oder ihr Entführer sie bei mit den Worten ablieferten: „Nehmen sie die bloß wieder zurück. Ist ja nicht auszuhalten mit der Frau! Sie bekommen tausend Euro dafür!“

Gut, so schlimm war Christa nun auch nicht, trotzdem hätte ich die Kohle genommen.

Als ich an ihrer Schlafzimmertür vorbei kam, war diese offen, klapperte ein wenig, weil Christa ihr Fenster offen gelassen hatte und ein leichter Windzug sie zuschlagen wollte. Dieser war nicht stark genug um sie zu schließen, daher sprang sie wieder auf.

Durch den Spalt konnte ich erkennen, dass sie ihr Licht auf der Nachtkonsole angelassen hatte, und betrat Feindgebiet, um es auszumachen. Es machte keinen Sinn, dass es die ganze Zeit an blieb.

Es hatte sich wenig getan, seitdem ich das letzte Mal hier gewesen war, nur die Vase, die ich für Christa auf einer Auktion ersteigert hatte, lag in Scherben auf dem Boden. Christa hatte sie sich zu einem Geburtstag gewünscht, war vernarrt in sie gewesen, seitdem sie diese in einem Katalog erspäht hatte. Wofür blieb mir ein Rätsel, Blumen waren nie darin gewesen, wurde zu einem kleinen Staubfänger in einem Regal. Beachtung fand sie keine mehr. Gekauft, angesehen, vergessen.

Als ich bei Christas Bett ankam, entdeckte ich einen Zettel, auf dem wenige Sätze in krakeliger Schrift eilig aufgeschrieben worden waren.

Ich las es und mir wurde klar, dass Christa länger wegbleiben würde. Aus den wenigen Zeilen ging hervor, dass sie mich verlassen hatte, wohin auch immer. Darüber ließ sie sich nicht aus.

Langsam ließ ich den Zettel sinken, atmete tief durch. Eigentlich hatte ich es bereits geahnt, dass es passieren würde. Jetzt war es eingetreten und ich verspürte nichts dabei. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass es mich traurig machen müsste, was nicht eintrat. Es entstand eine Art Leere in mir, mehr nicht. Bilder entstanden hinter meinen Augen, zeigten mir, wie wir vor vielen Jahren glücklich miteinander gewesen waren, davon war wenig bis nichts übrig geblieben.

Ich ließ den Zettel sinken, legte ihn zurück auf die Bettdecke, stand auf, machte das Fenster zu, das Licht aus und schloss die Zimmertür hinter mir. Ich war mir sicher, dass ich den Raum lange nicht mehr betreten würde.

Den Rest der Nacht lag ich wach, konnte nicht schlafen. Es machte mir mehr zu schaffen als vorher angenommen. Die vielen Jahre, die wir miteinander verbracht hatten, konnte man nicht innerhalb weniger Augenblicke beiseiteschaffen und in den Hintergrund auslagern. Also stand ich auf, genehmigte mir weitere Flaschen Bier, sinnierte vor mich hin, während ich die Kohlensäurebläschen im Glas beobachtete, die an die Oberfläche der Flüssigkeit gelangten und dort zerplatzten. Später ersetzte ich das Bier durch andere hochprozentige Köstlichkeiten, die meine Geschmacksnerven nicht wahrnahmen. Es ging mir um die Wirkung, wollte vergessen.

Es gelang mir recht schnell. Leerer Magen, dazu schlaftrunken ließen meinen Pegel explosionsartig steigen. Keine Stunde später, wankte ich in mein Schlafzimmer, warf mich auf das Bett und war innerhalb weniger Augenblicke eingeschlafen. Das Erwachen war dagegen grausam. Die verschiedenen Drinks schlugen mir auf Magen und Hirn. Kopfschmerzen und Übelkeit waren die Folge. Entsprechende Tabletten dagegen wirkten langsam. Dazu kamen die Gedanken an Christa zurück. Ich hätte mich an den Rat halten sollen, den ich anderen gerne gab: „Trink nicht, wenn es dir schlecht geht!“

Der Morgen wurde grausam, Kaffee und frische Luft brachten auch nicht mehr. Linderung trat gegen Mittag ein. Dazu hatte ich mich auf der Terrasse hingelegt und versuchte zu entspannen. Ich war froh, als meine Kopfschmerzen nachließen und ein wattiges Gefühl im Gehirn hinterließen.

Jetzt kam ich dazu, über die nächste Zukunft nachzudenken. Von Scheidung wollte ich nichts wissen, noch nicht. Innerlich hoffte ich, dass Christa zurückkam und es weiterging wie zuvor. Dabei wusste ich, dass es nicht mehr sein würde. Sie hatte mit diesem Leben gebrochen, wollte was anderes. Ich ließ es erstmal, wie es war, wahrscheinlich kam sie irgendwann zurück, hatte eingesehen, dass die Welt dort draußen doch nicht das Richtige für sie war. Nur mein Konto würde ich jeden Tag überprüfen. Irgendwo von musste sie leben. Arbeiten ging sie nicht.

Tage vergingen. Ich hörte nichts von Christa, beobachtete dagegen geringe Abbuchungen auf dem Konto. Nichts Weltbewegendes. Anhand der Buchungen konnte ich gut herausbekommen, wo sie sich aufhielt. Der Bankautomat befand sich nicht weit von der Wohnung ihrer besten Freundin entfernt. Also hatte sie mich am Telefon angelogen. Mir sollte es recht sein.

Um ehrlich zu sein, empfand ich es als recht angenehm alleine zu sein. Ich musste in kein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter schauen oder mir Gemecker anhören, lebte in den Tag hinein, ohne dass mir jemand sagte, was ich machen sollte oder nicht. Daran konnte man sich gewöhnen. Es zeigte mir eine Freiheit an, die ich jahrelang nicht gehabt hatte, es nicht gemerkt hatte. Sah man es aus diesem Blickwinkel, hatte mir Christa das gegeben, was sie selber anstrebte. Ironie des Schicksals.

Ich konnte dem Rasen dabei zusehen, wie er wuchs, bis es mir selber nicht mehr gefiel, brauchte mich auf nichts mehr einstellen, was sich in langer Zeit eingeschliffen hatte.

Christa hasste volle Spülmaschinen und Wäscheberge. Ich schüttelte oft mit dem Kopf, wenn sie die Waschmaschine anwarf und nach dem Vorgang drei Handtücher oder zwei Unterhosen herausholte. Es machte keinen Sinn, genauso wenig wie fünf Teller zu waschen. Auch wenn ich nicht direkt damit zu tun hatte, ging es mir auf die Nerven. Auch dass sie hinter mir her putzte oder aufräume, wenn ich mich irgendwo aufgehalten hatte. Sie machte es selbst dann, wenn Karin unsere Putzfrau keine Stunde zuvor dort sauber gemacht hatte.

„Karin macht das sowieso nicht richtig. Immer muss ich hinter ihr her sauber machen!“, war ihr Standardspruch, bevor sie mir einen Besen zwischen die Beine schob, um einen imaginären Krümel zu beseitigen, den sie dort erspäht hatte. Da war keiner, doch das spielte keine Rolle.

Dies und Ähnliches brachte mich auf die Palme. Das fiel jetzt weg, löste sich in Wohlgefallen auf.

Mitten in der Küche lag jetzt ein Schnipsel Papier, was ich extra dort liegen ließ. Ich genoss es über alles, ihn dort liegen zu lassen. Er wurde für mich zu eine Art Symbol der Befreiung von Christa. Es war mir die Jahre nicht aufgefallen, wie sehr sie mich verändert hatte. Dies kam nun an die Oberfläche und ich wunderte mich darüber.

 

 

 

Kapitel 2

Eines Tages klingelte es an meiner Tür. Ich erwartete ein Päckchen und daher ging ich nachsehen. Normalerweise ging ich nicht hin. Als ich die Tür aufmachte, sank meine Stimmung auf ein niedriges Level. Vor mir stand Patrizia, Christas Schwester, von allen Pat genannt.

„Tach Michael!“, grüßte sie mich, benutzte nie die Abkürzung Mike. Sie fand es doof.

„Ich soll für Christa was holen. Darf ich reinkommen?“

Sie wusste also davon, was mich verwunderte. Christa und sie waren sich selten grün, vom Charakter her unterschiedlich, hatte auch sonst wenig gemeinsam. Sie waren derart unterschiedlich, dass man vermuten konnte, dass der Vater nicht derselbe gewesen war.

„Kannst dir holen, was du willst!“, meinte ich trocken, konnte mit ihr genauso wenig anfangen wie mit Christa. Um es einfach zu sagen, wir hatten keine Berührungspunkte. Als Frau entsprach sie nicht meinem Geschmack. Insgeheim nannte ich sie einen Handfeger mit Beinen, was ihre Statur entsprach. Dünn, klein mit wirrem, gelocktem Haarschopf, der ihr vom Kopf abstand, als wenn sie gerade aus dem Bett gestiegen wäre.

Ich trat einen Schritt beiseite, ließ sie an mir vorbei und schloss die Tür. Demonstrativ ging ich zurück auf die Terrasse und wollte nicht wissen, was sie im Haus machte. Sollte sie holen, was sie wollte. Es ging mir am Hintern vorbei.

Keine zehn Minuten später hörte sich sie auf die Terrasse kommen und sprach mich an.

„Schön hier!“, meine sie trocken, stand dabei neben meiner Liege und sah in den Garten hinein.

„Danke!“, war meine Antwort aus Freundlichkeit.

„Hier kann man es aushalten!“

Ich hatte keine Lust auf Konversation, schon gar nicht mit ihr. Sie hatte für mich einen geistigen Horizont wie fünf Meter Feldweg.

„Jepp!“, kam daher kurz und einfach von mir. Dabei sah ich einmal kurz in ihre Richtung und hoffte, dass sie sich verflüchtigen würde.

Sie stand zu meinem Leidwesen weiterhin dort, hielt eine aufgeblähte Plastiktüte in der Hand, in der ich Klamotten vermutete, und bewegte sich um keinen Zentimeter.

„Wie lebt es sich alleine und einsam?“, nervte sie mich mit einer erneuten Frage und ich sah mich in meiner Ruhe gestört.

„Gut! Wolltest du nicht Christa die Sachen bringen?“, antwortete ich ihr und hoffte, die mit diesem Hinweis zum Gehen zu bewegen.

Sie verstand diesen Wink nicht oder wollte nicht begreifen, dass ich sie loswerden wollte.

„Das hat Zeit, ich habe es nicht eilig!“

„Pat, hör mal. Ich möchte meine Ruhe haben und du störst mich dabei. Verstehst du jetzt?“

Bei ihr musste man deutlicher werden, man musste ihr auf die Sprünge helfen.

Sie sah mich von oben herunter an, schien einen Moment zu überlegen, was die Bedeutung meines Satzes sein könnte.

„Och, ich dachte ich könnte dir ein wenig Gesellschaft leisten, wo du doch jetzt so alleine bist!“

„Neeeee, danke. Kommt gut alleine klar. Geh jetzt bitte!“

„OK!“, war die kurze Antwort.

Dieser Aufforderung konnte sie sich nicht mehr entziehen. Sie zuckte einmal mit der Schulter, drehte sich auf dem Hacken um und ging durch den Garten zur Pforte.

Endlich war ich alleine und genoss die Ruhe. Das Einzige was mich daran störte war, dass ich über Pat nachdachte.

Sie war seltsam, kam auf die Welt nicht klar, wie ich sagte. Sie hatte eine an der Murmel, war nicht dazu in der Lage selbstständig zu leben. Eigentlich ein Fall für den Seelenklempner. Soweit ich wusste, buchte sie auch Sitzungen bei ihm. Ein Erfolg war durch mich nicht zu erkennen. Auf der anderen Seite war es mir auch egal. Ich musste nicht mit ihr zusammenleben. Das Einzige was ich nicht mochte war, dass sie in ihrer nativen Art von anderen ausgenutzt wurde. Sie wurde von vielen beschissen, wenn sie danebenstand, ohne es zu merken. Eigentlich tat sie mir leid.

Weitere Gedanken machte ich mir nicht über sie und ihr Bild verblasste, machte anderen Platz.

Das ging bis zum Nachmittag. Ich sortierte gerade einige Papiere, als es erneut klingelte.

Genervt und zugleich mit der Hoffnung, dass das Paket jetzt geliefert wurde, stand ich auf und öffnete die Tür.

Aus meinem Gesicht verschwand das zuvor aufgesetzte Lächeln, als Pat erneut vor mir stand.

„Was willst du jetzt schon wieder!“, blaffte ich sie an, war über ihr erscheinen wenig erfreut.

„Hab noch was vergessen!“

„Na gut, komm rein, aber eins sage ich dir. Noch einmal lasse ich dich heute nicht mehr rein!“

Pat duckte sich unter meinen Worten und schlich an mir vorbei ins Haus, ging auf die Treppe nach oben zu und verschwand aus meinem Blickwinkel.

Ich atmete tief durch, versuchte meinen Puls auf normal zu bringen, war genervt, obwohl ich den ganzen Tag Ruhe gehabt hatte. Sofort ging ich in mein Arbeitszimmer zurück. Unterwegs rief ich laut zu Pat hinauf.

„Wenn du fertig bist, weißt du ja, wo die Tür ist. Mach sie leise von außen zu!“

Ich setzte mich in meinen Bürostuhl, nahm die nächsten Papiere zur Hand und war darauf derart konzentriert, dass ich zusammenfuhr, als mich eine Stimme ansprach.

Es war Pat, die ich nicht kommen gehört hatte. Sie stand in der Tür und sah mich mit großen Augen an.

„Oh, entschuldige, wenn ich dich störe, aber weißt du zufällig, wo Christa ihren Schmuck aufhebt, besonders ihr Armband? Sie möchte es unbedingt haben!“

Ich wusste, worum es ging. Es war ein massiv goldenes Armband, was sie sich vor Jahren geleistet hatte. Es war ein Vermögen wert und ich war wenig darüber begeistert, dass sie es ohne Absprache mit mir gekauft hatte. Normalerweise war es mir egal, wenn Christa was kaufte, bei größeren Summen wusste ich schon gerne vorher, dass sie ausgegeben wurden. Es ging dabei nicht darum, dass sie es nicht bekommen sollte. Ich kaufte auch nicht einfach ein Auto, ohne ihr vorher Bescheid zu sagen.

„Ist im Tresor! Warte einen Moment!“

Auch wenn ich sauer war, weil ich von ihr gestört wurde, Pat konnte es nicht selber holen. Dazu fehlte ihr der Schlüssel und den bekam sie nicht von mir.

Eine Minute später stand ich auf, fischte den Schlüssel aus meiner Hosentasche und ging zum anderen Ende des Raums, wo der Tresor an der Außenwand verankert stand.

Schnell war er geöffnet und ich kramte nach dem besagten Gegenstand.

Er war in seiner Schachtel und ich nahm diese heraus.

„Hier!“, meine ich zu Pat, als ich mich umdrehte und ihr die Box mit weit ausgestrecktem Arm entgegen hielt.

Sie kam mit zwei Schritten auf mich zu, nahm das Behältnis in die Hand und schüttelte es, als wenn sie überprüfen wollte, ob das Armband wirklich drin war. Es klapperte laut und deutlich.

„Danke!“, meinte sie, als sie es hörte, steckte die Schachtel in die Tasche, die sie bei sich trug.

„Christa ist ja so doof!“, ließ sie nebenbei fallen, als sie langsam auf die Tür zuging. Eine Äußerung, die ich nicht im Raum stehen lassen konnte. Sie forderte geradezu dazu auf, zu fragen.

„Warum ist Christa doof?“, war die logische Äußerung von mir.

Pat drehte sich langsam um und sah mir tief in die Augen.

„Na, dass sie das hier alles einfach hinter sich lässt, obwohl sie es doch so gut gehabt hat. Wie kann man das tun. Sie hatte doch alles, was sie brauchte, und wirft es jetzt einfach weg, als wenn es ihr zuwider ist. Ich an ihrer Stelle hätte das nicht getan, im Gegenteil!“

Es war klar, was sie damit meinte. Sie war vom Leben nicht gerade begünstigt worden und neidisch auf ihre Schwester. Solange ich sie kannte, war sie der Meinung gewesen, dass es reines Glück gewesen war, dass Christa mich hatte, kennen gelernt. Sie selber hätte dagegen Pech gehabt, hatte die falschen Typen gehabt.

„Ah ha, woher willst du wissen, dass Christa es so supergut gehabt hat. Vielleicht bin ich es ja, vor dem sie flüchtet?“, stellte ich eine Frage und setzte mich auf meinen Bürostuhl, sah Pat auffordernd an. Auch wenn ich es zuvor nicht gedacht hätte, machte es mir jetzt Spaß sie zu fragen. Es lenkte mich vom langweiligen Sortieren ab.

„Das glaube ich nicht. Du bist immer nett und höflich. Christa hatte sicher nichts auszustehen. Im Gegenteil, sie konnte machen, was sie wollte. Ich an ihrer Stelle hätte alles getan, um hier sein zu dürfen!“

„Ach ja, vielleicht bin ich ja pervers, sadistisch und widerlich, wenn wir alleine sind!“

Innerlich musste ich lachen, als ich diesen Satz aussprach und damit eine Reaktion in Pats Gesicht erzeugte. Sie sah mich an, als wenn ich ihr gerade eine Spinne direkt vor die Nase gehalten hätte.

„Hmmmm, glaube ich auch nicht. Was könnte das schon sein. Du siehst nicht schlecht aus, von daher kann ich mir nicht vorstellen, dass es widerlich werden kann!“

Jetzt trieb ich es auf die Spitze, wollte sehen, wie sie darauf reagierte.

„Also, normalerweise sieht das bei uns so aus, dass ich mir morgens einen blasen lasse, mittags und abends wird gefickt, sofern mir danach ist, egal wo und wie. Christa kann nichts dagegen sagen, mein Wort ist Gesetz!“

Pats Gesicht wich vom Ausdruck von Spinne auf Zitrone, sah mich dabei mit zusammengekniffenen Augen an.

„Davon hab sie mir nichts erzählt!“, meint sie halblaut wenige Sekunden später.

„Glaubst du wirklich, dass dir deine Schwester alles erzählt. So dicke seid ihr auch nicht miteinander!“

„Da hast du recht, ist trotzdem verwunderlich, dass ich nichts davon weiß!“

Innerlich lachte ich, besonders als ich mir vor Augen hielt, dass zwischen Christa und mir seit Monaten nichts mehr lief. Duschen sorgte bei mir für Entspannung, ein leises Summen aus ihrem Schlafzimmer ließ mich vermuten, dass sie auf andere Weise Muße erfuhr.

„Und, ist das ein Leben, wie du es dir wünschen würdest?“, lies ich vernehmen, drehte mich dabei mit meinem Stuhl in ihre Richtung, lauerte auf die Antwort. Zu meinem Erstaunen war eine Art Spannung in mir aufgekommen, die ich nicht einordnen konnte.

Pat sah sich unsicher im Raum um, dabei war ich mir nicht sicher, ob sie den Raum ansah, oder über die Antwort nachdachte.

„Wieso nicht?“, kam nach längerem Schweigen halblaut von ihr, dabei senkte sie ihren Kopf.

Ich war von der Antwort überrascht, hatte mit einer entschiedenen Ablehnung gerechnet.

„Dazu müsste ich erst wissen, ob du es überhaupt bringst. Nicht jede kann das. Deine Schwester war ein As, was das betrifft. Ausschlaggebend dafür, dass ich sie geheiratet habe!“