Thirty days in the bunker! - Kastor Aldebaran - E-Book

Thirty days in the bunker! E-Book

Kastor Aldebaran

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Was machen vier Menschen, die von der Außenwelt abgeschottet sind und wenige Möglichkeiten haben, sich abzulenken. Lesen, essen, sich unterhalten und...!
Genau das passierte mir und ich war von den Ereignissen überrascht, die sich daraus ergaben. Ich lernte Menschen kennen und lieben, die für mich vorher eine Randnotiz in meinem Leben gewesen waren.

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Kastor Aldebaran

Thirty days in the bunker!

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Impressum

Thirty days in the bunker!

 

oder

 

Es bleibt in der Familie

 

 

Kastor Aldebaran c/o Block Services Stuttgarter Str. 106 70736 Fellbach

 

[email protected]

 

Cover Gestaltung: Kastor Aldebaran

 

Bild: Pixabay.com

 

Pixabay License

 

Homepage: http://www.kastor-aldebaran.com/

 

Auf meiner Homepage, einmal pro Monat, nach Anmeldung, einen kostenlosen Newsletter inclusive einer exklusiven Kurzgeschichte, nicht im Internet zu bekommen.

 

You Tube: https://www.youtube.com/results?search_query=kastor+aldebaran

 

Kapitel 1

 

Mein Großvater war ein seltsamer, mürrischer Mann. Solange ich denken konnte, war er ein Sonderling, grenzte sich von dem Menschen ab. Er war der Meinung gewesen, dass er ohne sie besser auskommen könnte, alleine glücklicher war. Großmutter war früh gestorben und er hatte mit uns Enkeln nichts am Hut, verkroch sich in einem Haus, das in einem kleinen Wäldchen lag. Um herauszubekommen, wo es stand, brauchte ich mehrere Jahre. Abgeschieden von der Welt, hörten und sahen wir nichts von ihm. Selbst, als ich einmal hinfuhr, um ihn zu besuchen, hatte ich wenig Erfolg. Das Haus stand einsam auf einer kleinen Lichtung und konnte über einen Feldweg erreicht werden. Ohne geländegängiges Fahrzeug fast unmöglich. Daher ließ ich meinen Wagen vorher stehen, brauchte über eine halbe Stunde, bis ich vor dem Gebäude stand. Es sah eher wie ein Betonklotz mit Dach aus, die Fenster waren mit schweren Gittern gesichert, dahinter Rollläden heruntergelassen, die genauso stabil aussahen. Sie erinnerten mich eher an Stahlwände und hatte etwas Rost angesetzt, als wenn sie seit Jahren nicht bewegt worden waren. Im Haus musste es entsprechend dunkel sein, wie in einer Höhle.

Ich ging zur vermeintlichen Tür, die tief in das Mauerwerk eingelassen war und genauso abstoßend aussah, wie alles andere. Hier zeigte sich, wie dick das Mauerwerk wirklich war. Ich schätzte es auf mindestens einen halben Meter. Die Tür bestand ebenfalls aus Stahl, wobei die Schutzfarbe die sie vor Rost schützen sollte, teilweise abgeblättert war. Hier und da waren dunkelbraune Flecken in der dunkelgrünen Tür zu erkennen, die die Korrosion deutlich anzeigten. Eine Klingel oder Türschild fand ich nicht, nur einen kleinen Kasten an der Wand, dessen Deckel mit einem dicken Vorhängeschloss gesichert war. Stattdessen hing an einer Schnur ein mittelgroßer Hammer von der Decke und ich nahm an, dass ich damit klopfen konnte. Also nahm ich ihn und pochte damit an einer Stelle gegen die Tür, die danach aussah, als wenn es die richtige war. Hier schien das blanke Metall hervor, als wenn es dort öfters getroffen worden war.

Ein dumpfer Laut kam mir entgegen, der mir anzeigte, dass die Tür massiv war, nicht aus Blech bestand.

Ich wartete lange, nahm den Hammer ein zweites Mal zur Hand, ließ ihn wuchtiger gegen die Tür schlagen. Vielleicht hatte der alte Mann mich nicht gehört.

„Was ist, wer stört?“, hörte ich plötzlich eine Stimme, die jedoch nicht von innen kam, sondern hinter mir erklang. Auf der Stelle drehte ich mich um und vor mir stand mein Großvater, hatte sich wenig verändert, seitdem ich ihn das letzte und einzige Mal, bei der Beerdigung meiner Großmutter, gesehen hatte. Seine Kleidung war grob, ein Blaumann, teilweise löchrig, nicht passgenau. Über der Schulter hatte er eine Axt gelegt, deren Stiel über seinem Oberkörper hing. An den Füßen trug er grobe, verschmutzte Lederstiefel, die danach aussahen, als wenn sie seit Jahrhunderten existierten.

Die Haut seines Gesichts war dunkel und sah gegerbt aus, ein weißer, langer, ungepflegter Bart wuchs an seinem Kinn, die wenigen Haare, die ihm geblieben waren, hingen wirr um den Kopf herum. Einzig seine Augen schienen lebhaft zu sein. Sie leuchteten in einem klaren Blau und sahen mich mehrmals von oben bis unten an, schienen sich nicht klar darüber zu sein, wer ich sein könnte.

„Ich kenne dich doch, habe dich irgendwo schon einmal gesehen!“, war sein erster Gedanke, den er laut aussprach, bevor ich einen Ton sagen konnte.

„Ich bin es, Tim, dein Enkel!“, meinte ich trocken und er nickte gedankenversunken, schien mich zu erkennen.

„Ist lange her, bis ganz schön gewachsen!“, erklärte er und nahm die Axt von der Schulter, stellte sie mit der Klinge nach unten auf den Boden und stützte sich darauf ab.

„Ja, ist lange her, fast dreißig Jahre!“, gab ich zurück und er schien darüber nachzudenken, was dort gewesen sein konnte. Eine Reaktion darauf konnte ich nicht entdecken. Stattdessen sah er mich an, als wenn seine Augen mich durchbohren wollten.

„Und was willst du von mir?“, fragte er kurz und bündig. Seine Stimme ließ keine Freude erkennen, dass ich ihn gefunden hatte.

„Ich wollte dich besuchen. Es war nicht leicht dich zu finden. Du bist schließlich ein Teil meiner Familie!“

„Familie!“, wiederholte er, zog ein wenig Rotz hoch und spuckte es neben sich auf den Boden.

„Als wenn mich diese Familie interessieren würde. Als wir sie gebraucht hatten, war sie nicht da, fühlte sich nicht angesprochen. Deine Eltern hatten nichts Besseres zu tun, als sich um sich selber zu kümmern, genauso wie Onkel und Tante. Ein großer Haufen Egoisten, auf die ich gut und gerne verzichten kann. Du kannst nichts dafür, du warst zu jung. Es spielt auch keine Rolle. Familie gibt es für mich seit Langem nicht mehr. Am besten du gehst wieder, vergisst mich und streichst mich aus deinen Gedanken. Ich glaube nicht, dass wir Gemeinsamkeiten haben. Geh!“

Das letzte Wort sprach er lauter und eindringlicher aus als andere und ich war mir sicher, dass er es genauso meinte, wie er es gesagt hatte. Ich würde keine Verbindung zu ihm finden, dafür schien seine Meinung über unsere Familie zu negativ belastet zu sein.

„Schade. Ich hätte dich gerne besser kennengelernt. Es tut mir leid, wenn ich dich gestört habe!“, sagte ich resigniert, zuckte mit der Schulter und drehte mich um, ging nachdenklich den Weg zurück. Kurz bevor ich außer Sicht des Hauses kam, drehte ich mich ein letztes Mal um und sah ihn vor dem Eingang stehen. Weiterhin stützte er sich auf der Axt ab und sah in meine Richtung.

Es war das zweite und letzte Mal, dass ich ihn sah.

Zwei Jahre vergingen, trotzdem konnte ich ihn nicht vergessen, dachte traurig darüber nach, wie einsam und zurückgezogen er im Wald lebte. Als ich bei meinen Eltern zu besuch war, fragte ich sie ein weiteres Mal, warum sie mit Großvater gebrochen hatten, doch ich stieß auf taube Ohren. Sie sahen sich kurz an, und als einzige Antwort kam: „Es geht dich nichts an!“

Damit musste ich mich zufriedengeben, was Opa betraf, darüber herrschte in der Familie eisernes Schweigen. Auch andere zu fragen, brachte mich nicht weiter. Es war wie eine Mauer, gegen die ich rannte. Auch als ich erwähnte, dass ich bei ihm gewesen war, brachte keine Änderung.

Kapitel 2

Eines Tages, es war im Winter, bekam ich einen überraschenden Anruf meiner Tante Anja, mit dem ich in keiner Weise gerechnet hatte. Ich war ähnlich wie mein Großvater ein Eigenbrötler, kümmerte mich nicht um die Familie. Alle paar Wochen rief ich bei meinen Eltern an, sagte Bescheid, dass ich noch lebte, mehr nicht. Zu anderen Verwandten hatte ich keinen Kontakt, hätte nicht einmal sagen können, wann sie Geburtstag hatten. Ab und zu traf ich sie bei besonderen Feierlichkeiten, sonst höchstens durch Zufall.

„Hallo Tim. Ich bin es, Tante Anja, hast du einen Moment Zeit für mich?“, fragte sie und hatte keinen Grund dagegen, mich mit ihr zu unterhalten.

„Klar, was gibt es Besonderes?“, meinte ich überrascht, hatte nicht damit gerechnet, einen Anruf von ihr zu bekommen. Soweit ich mich erinnern konnte, war es das erste Mal, das sie mich anrief. Sofort kam mir ihr Bild in den Sinn. Sie war mitte fünfzig, hatte sich dabei gut gehalten, vielleicht in der Hüfte etwas breiter als nötig, aber keine Rubensfrau. Eine verschlossene Person, die ich auf Familienfeiern nie ohne meinen Onkel sah. Alleine kam sie nie. War mein Onkel auf Montage, meistens im Ausland, kam sie nie alleine, höchstens in Begleitung ihrer Tochter Nele, meine Cousine. Sie waren ein seltsames Gespann, hatten wenig Ähnlichkeit. Nele war um einen Kopf größer, hoch aufgeschossen, dabei hatte die Natur sich gedacht, dass die Höhe genügte, für einen entsprechend proportionierten Körper, hatte es nicht mehr gereicht. Sie war spindeldürr, hatte keinerlei weibliche Formen, war ein Strich in der Landschaft. Arme und Beine schienen zu lang zu sein, Hände und Füße zu groß. Ihr Gesicht war markant, leicht eingefallen und die großen Augen, hingen tief in den Höhlen. Weibliche Attribute fehlten ihr. Was ihre Mutter zu viel zu haben schien, hatte sie zu wenig. Während Anja einen mächtigen Vorbau vor sich hertrug, war Nele das sprichwörtliche Bügelbrett. Hätte ich nicht gewusst, dass es Mutter und Tochter waren, wäre ich nie drauf gekommen. Selten sah man die beiden einzeln. Egal wo man sie traf, ob beim Einkaufen oder wenn sie spazieren gingen, sie waren nie alleine unterwegs. Sie kamen mir vor wie siamesische Zwillinge, auch wenn sie keine Geschwister waren und körperlich voneinander getrennt.

„Du warst doch vor Längerem bei deinem Großvater oder nicht?“, begann sie vorsichtig und mit leiser Stimme, weckte bei mir sofort Interesse.

„Ja, war ich, wieso?“, fragte ich neugierig, hoffte endlich mehr Informationen über ihn zu bekommen.

„Er ist vor ein paar Wochen verstorben!“

„Oh, das tut mir leid!“, sagte ich betroffen, und obwohl ich ihn nur zweimal in meinem Leben gesehen hatte, war es ehrlich gemeint. Sofort sah ich den alten Mann vor mir, wie er sich auf dem Stiel seiner Axt abgestützt hatte.

„Nicht so schlimm. Weswegen ich anrufe ist, dass er mir sein Haus vermacht hat. Wir wissen nur nicht, wo es genau ist. Daher habe ich gedacht, ich könnte dich fragen, ob du es mir zeigen könntest!“

Ich brauchte nicht lange darüber nachzudenken und sagte zu.

„Natürlich kann ich dich hinführen. Es wäre aber besser für dich, einen entsprechenden Wagen zu besorgen, wenn du nicht weit zu Fuß gehen willst. Der Weg ist unwegsam!“

Ich erklärte ihr weswegen, und sie schwieg einen Moment, als wenn sie darüber nachdachte.

„Lässt sich machen. Ich weiß, wen ich fragen kann. Wie wäre es, wenn wir uns morgen früh treffen?“, fragte sie mich und ich stimmte zu. Es war ein Sonntag, an dem ich nichts vorhatte und außerdem war ich neugierig, wie es in dem Haus aussah.

„Ach, bevor ich es vergesse. Hast du einen Bolzenschneider. Bevor ich mir einen teuer kaufe, frage ich lieber?“

„Habe ich. Wofür?“, fragte ich nach, weil mir nicht klar war, wofür wir einen brachen würden.

„Nein, alles klar. Im Testament wurde vermerkt, dass ich einen mitnehmen soll. Warum, wurde nicht erwähnt. Schon seltsam. Bis morgen dann!“, hörte ich von ihr und sie legte auf. Ich tat es ihr gedankenversunken nach, fragte mich, warum ausgerechnet Tante Anja es geerbt hatte. Was war mit den anderen. Ich würde sie danach fragen.

Als es am nächsten Morgen bei mir klingelte, war ich für die Exkursion bereit, hatte mich entsprechend angezogen. Ich schnappte mir den Bolzenscheider, den ich an die Tür gestellt hatte, um ihn nicht zu vergessen und lief nach draußen. Hier erwartete mich ein Anblick, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Vor dem Haus stand ein großer, bullig aussehender Wagen, ein echter Geländewagen, der nicht dafür gemacht war, um damit gemütlich zu fahren. Es war keine Luxusschaukel wie man sie seit Längerem durch die Straßen fahren sah, sondern ein Arbeitsgerät. Entsprechend dreckig und ungepflegt sah er aus. Davor stand Anja und hielt mir eine der hinteren Türen auf, auf dessen Rücksitz Nele saß.

Ich ging auf sie zu, sah zugleich zum Fahrersitz und war darüber erstaunt, als ich meine Schwägerin Stefanie erkannte. Eine Frau, die nicht zu denen gehörte, die ich um mich haben wollte. Uns verband nichts, im Gegenteil. Ich mochte sie nicht besonders. Sie war ein Modepüppchen, verließ das Haus nur nach stundenlanger Restaurierung, selbst wenn sie zum Briefkasten musste. Ein Typ Frau, bei der es einer Katastrophe gleichkam, wenn ihr ein künstlicher Fingernagel abbrach. Der Wagen gehörte sicher meinem Bruder, der es im Gegensatz zu mir zu etwas gebracht hatte. Ich lebte nicht schlecht, doch er war das glänzende Beispiel dafür, Karriere gemacht zu haben. Daher konnte er Stefanies aufwendigen Lebensstil finanzieren. Um seine Ruhe zu haben, fuhr er gelegentlich in den Wald, wo er eine Jagd hatte. Dafür brauchte er dieses Auto.

Ich stieg ein, begrüßte alle, hatte wenig Erfolg damit. Wir hatten uns nichts zu sagen, die Ablehnung gegeneinander war körperlich zu spüren. Ein Nicken als Antwort musste reichen.

„Wohin?“, war das Einzige, was Stefanie über die schmalen Lippen bekam und ich gab ihr die grobe Richtung an, lotste sie dem Ziel entgegen. Gab ich keine Anweisungen, herrschte kaltes Schweigen.

Irgendwann kamen wir am Feldweg an, und dem Wagen machte es keine Mühe, diesen zu überwinden. Mehrmals schaukelte es stark und Stefanie fluchte darüber, dass sie zugesagt hatte.

„Was mache ich hier überhaupt. Das ist doch reine Zeitverschwendung. Was hat der Alte schon zu verbergen. Sicher keine Reichtümer!“

Wir wussten es nicht, ließen sie schimpfen und waren froh, als wir endlich auf der Lichtung ankamen und den Wagen vor dem Haus abstellten.

„Was das denn für eine Hütte!“, meinte Stefanie abfällig und sah mit gerunzelter Stirn zum Gebäude herüber.

„Keine Ahnung!“ entgegnete Anja, öffnete ihre Tür und stieg aus. Nele folgte ihr zugleich, auch ich verließ den Wagen, atmete die frische, nach Wald riechende Luft ein.

Es hatte in der Nacht gefroren und auf einigen Pfützen, die vor dem Haus waren, hatte sich Eis gebildet.

Stefanie blieb im Wagen sitzen. Sie beteiligte sich nicht, hatte vielleicht Angst, ihre teuren Designerschuhe zu ruinieren. Außerdem war es im Wagen wärmer und sie hatte sich nicht der Natur entsprechend gekleidet.

„Dann wollen wir mal!“, meinte Anja und ging auf das Gebäude zu, blieb mit uns vor der Stahltür stehen.

„Und wie sollen wir hineinkommen?“, fragte ich erstaunt, konnte wie zuvor kein Schloss an der Tür erkennen, der Hammer hing an seinem Seil und schwankte leicht im Wind.

„Dafür hast du den Bolzenschneider mitgebracht!“, erklärte Anja und zeigte auf das Schloss des kleinen Kastens, das ich kannte.

„Würdest du bitte?“, fragte sie mich und ich nickte, setzte ihn an und hatte Mühe den Bügel aus gehärtetem Stahl zu knacken. Es fiel herunter, als es endlich nachgab.

Anja öffnete es und ich war darüber erstaunt, als darunter ein Tastenfeld erschien, in das man einen Code eingeben konnte. Soweit gekommen, holte Anja einen kleinen Zettel aus ihrer Umhängetasche und tippte eine längere Zahlenkombination ein. Jedes Mal wenn sie eine Taste drückte, hörten wir es leise piepen und nach der letzten Zahl, sprang eine kleine Lampe von Rot auf Grün.

Zuerst tat sich nichts und wir glaubten bereits, dass etwas nicht stimmte, doch wenige Sekunden später hörten wir es knacken und ein schabendes Geräusch zeigte uns an, dass sich etwas tat.

Gespannt warteten wir ab und waren erstaunt, als die Tür langsam automatisch aufging.

Sie war massiver als gedacht, sah wie eine Tresortür aus und offenbarte, dass die Wände des Hauses dicker waren als angenommen. Daher war der Innenraum umso kleiner, bestand aus nicht mehr als einer Treppe, die nach unten ging. Das Dach, das man von außen sehen konnte, hatte keine praktische Funkion. Über uns war eine lückenlose Betondecke ohne Weg nach oben. Man hätte auch sagen können, dass es eine Art Tarnung war. Selbst die von außen sichtbaren Fenster gab es nicht.

Sah man es sich genau an, bestand der ganze Bau aus einem einzigen Würfel Beton, der um die Treppe herum gebaut worden war, um sie zu schützen, wovor war mir nicht klar, auch wenn ich einen Verdacht hatte.

Wir blieben einen Moment erstaunt in der Tür stehen, sahen hinein und konnten erkennen, dass die Treppe tief hinunterging, an einer weiteren Stahltür endete. Kaltes Neonlicht strahlte uns entgegen und ich fragte mich, woher der nötige Strom für die Einrichtung kam.

„Hmmmm!“, hörten wir hinter uns und erschraken, hatten nicht bemerkt, dass Stefanie ausgestiegen und zu uns herübergekommen war. Sie stand hinter uns, sah interessiert in das Gebäude. Wahrscheinlich war sie neugierig geworden und hatte sich dazu überwunden, aus dem Auto auszusteigen. Sie rieb sich ihre ärmellosen Arme und sah frostig aus, Gänsehaut war zu erkennen und ihr Atem zeigte sich als feine Wolke vor dem Mund.

„Wollt ihr nicht reingehen? Es ist kalt hier draußen, und wenn wir hier stehen bleiben, werden wir nie herausbekommen, was der alte Mann hier gemacht hat. Nach Reichtümern sieht es nicht aus!“

Ich musste leider zugeben, dass Stefanie damit recht hatte und trat in das Gebäude, ging die Treppe langsam herunter. Hier war es kühl, jedoch ohne Wind. Daher kam es uns wärmer vor.

Vor der nächsten Tür blieben wir stehen, konnten ein Rad erkennen, dass in der Mitte die Riegel verschlossen hielten, die sich sternförmig in die Betonmauer krallten und mich an ein Schott auf Schiffen erinnerte.

„Mach auf!“, meinte Anja zu mir, forderte mich dazu auf, die Tür zu öffnen, wobei ich in ihren Augen erkennen konnte, wie gespannt sie darauf war, was sich dahinter befand.

Also legte ich meine Hände an das Rad, drehte es mehrmals herum und konnte verfolgen, wie sich die Riegel zurückschoben und aus der Mauer gezogen wurden. Nach der letzten Drehung zog ich die Tür auf und wir hörten in der Stille einen leisen Piepton, der sich wie bei dem oberen Sperrmechanismus anhörte.

Erstaunt sahen wir uns an, hörte ein kratzendes Geräusch von oben und konnten erkennen, wie sich die gewaltige Tür vom Eingang schloss. Sofort rannte ich hoch, konnte mich aber nicht mehr durch den zu eng gewordenen Spalt schieben, der zwischen Tür und Wand kleiner wurde, bis sie einrastete. Wir hörten, wie sich die Stahlriegel in die Wand schoben. Danach wurde es totenstill. Kein anderes Geräusch drang an unsere Ohren, als unser aufgeregter Atem. Dabei meinte ich, mein Herz schlagen zu hören. Es pochte heftig von innen gegen meine Rippen und ich blieb für Sekunde wie erstarrt stehen. Den anderen ging es nicht anders, bis ich einen leisen Schrei von Stefanie hörte, die schnell die Treppe heraufgeschossen kam und vor der Tür stehen blieb. Panisch suchte sie nach einem Schloss, einer Möglichkeit, den Ausgang zu öffnen. Doch dort war nichts. Nicht einmal ein Kasten, wie er außen angebracht war. Die Tür war von innen vollkommen glatt und fugenlos in die Wand eingefahren. Nicht ein Hauch von Luft kam hindurch.

Stefanie wirbelte herum, sah zuerst Anja und Nele an, die unten an der Tür stehen geblieben waren, zu uns herauf blickten, danach mich an.

„Warum tut ihr nichts?“, fragte sie mit einer Stimme, die kurz davor war sich zu überschlagen.

„Was sollen wir deiner Meinung nach tun? Hast du eine Möglichkeit gefunden die Tür zu öffnen?“, fragte ich sie und sie schüttelte ihren Kopf.

„Siehst du. Du hast gesehen, wie massiv sie ist. Wir werden sie nicht aufbekommen, jedenfalls nicht, indem wir davor stehen und sie anstarrten. Lasst uns nachsehen, was unten ist. Vielleicht löst sich damit unser Problem!“

Ich war von mir selber erstaunt, wie ruhig ich geblieben war. Es war nicht die Zeit, um in Panik zu verfallen. Es hätte die Situation nicht verbessert, im Gegenteil.

Ohne auf Stefanie zu achten, drehte ich mich um und ging die Treppe herunter, griff nach der Tür und zog sie soweit auf, dass wir hineinsehen konnten.

Dahinter befand sich ein kalt wirkender Gang aus poliertem Beton. Von diesem gingen vier Türen ab, jeweils zwei auf jeder Seite. Zehn Meter später endete der Gang, der mir wie ein Tunnel vorkam, an einer Wand. Auch hier waren mehrere Neonröhren angebracht, die ihr grelles, kaltes Licht abstrahlten.

Ich trat ein, gefolgt von den drei anderen, konnte an der Wand hinter der Tür einen kleinen Kasten erkennen, an dem eine Schnur angebracht war. Wahrscheinlich war er dafür verantwortlich gewesen, dass sich die obere Tür geschlossen hatte, war mit der Unteren verbunden und diente als Auslöser. Wie es aussah, war dieser Mechanismus absichtlich angebracht worden. Wer immer die untere Tür öffnete, war in dem Gebäude gefangen. Zu welchem Zweck konnte ich nicht sagen. Ich war mir aber sicher, dass mein Großvater etwas Bestimmtes damit erreichen wollte.

Erstaunt ging ich in den Gang, blieb vor der ersten Tür stehen und öffnete sie. Dahinter befand sich ein beengter Raum, in dessen Mitte ein kleiner Generator stand, sowie ein paar miteinander gekoppelte Batterien. Daneben standen ein paar Fässer mit einem Aufdruck, der Feuergefährlichkeit andeutete. Vielleicht Benzin oder Diesel. An dem Generator war ein Zettel angebracht und ich ging hinein, nahm ihn und las ihn mir durch.

Es war eine Anweisung, wie das Gerät zu bedienen war, wie lange die Batterien in aufgeladenem Zustand hielten und einen Erklärung, dass die Abgase und Luftzufuhr nach draußen geleitet wurden. Außerdem wurde aufgezählt, was mit dem Strom betrieben wurde. Unter anderem war es die Frischluftzufuhr, die im Notfall durch einen Aktivkohlefilter gereinigt wurde. Wie man ihn einsetzte, war genau beschrieben.

Meine Ahnung wurde zur Gewissheit, wo wir uns befanden. Es konnte nicht anders sein, musste einer der vielen Bunker sein, die während des Kalten Krieges überall gebaut worden waren. Sie waren auf keiner normale Landkarte verzeichnet, oft zubetoniert worden. Mein Großvater hatte anscheinend einen gekauft oder gefunden und nutzte ihn als Wohnraum. Anders konnte es nicht sein. Daher war ich gespannt darauf, was sich in den anderen Räumen befand. Vorher machte ich den Generator an, um nicht im Dunklen zu stehen. Laut Anweisung hielten die Batterien nicht lange, was immer drunter zu verstehen war. Besser ich machte es jetzt, bevor es zu spät war. Danach kontrollierte ich die Fässer. Soweit ich es in der Kürze der Zeit übersehen konnte, waren sie voll, würden eine ganze Weile halten.

Erst jetzt drehte ich mich zu den anderen um und sah in ihre ratlosen Gesichter.

„Wir werden wenigstens nicht so schnell ersticken. Das ist doch schon mal ein Anfang!“, gab ich von mir, konnte dafür keine erkennbare, positive Reaktion ernten. Im Gegenteil. Vor allem Stefanie verzog verärgert ihr Gesicht.

„Was soll das heißen? Werden wir länger hier untern verbringen müssen?“, fragte sie aufgeregt und ich zuckte mit der Schulter.

„Woher soll ich das wissen?“, kam meine Gegenfrage, die sie verstummen ließ.

„Lasst uns nachsehen, was in den anderen Räumen ist!“, schlug ich vor und sie nickten.

Ich ging auf die gegenüberliegende Tür zu und öffnete sie. Dahinter ging automatisch ein Licht an, dass mir eine Art Vorratsraum zeigte. An allen Wänden standen große, tiefe Regale, in denen sich diverse Kartons stapelten.

Neugierig ging ich hinein, lugte in mehrere der Behältnisse, konnte jede Art von Konserven, und Dinge des täglichen Lebens entdecken. Nichts fehlte, weder Klopapier noch Spülmittel. An der gegenüberliegenden Wand waren Getränke bis zur Decke gestapelt, hauptsächlich Wasser, zu meinen Erstaunen zusätzlich mehrere Kisten Bier und andere alkoholische Getränke. Wer hier unten lebte, musste auf wenig verzichten, was das körperliche Wohl anging.

„Nett!“, meinte ich kurz, ging an den anderen vorbei in den Gang, wendete mich der nächsten Tür zu. Dahinter war eingebaut, dass mich schmunzeln ließ. Es war ein Badezimmer, wie ich es nicht vermutet hätte. Mein Großvater schien viel Wert darauf gelegt zu haben und war mir sicher, dass er es selber gemacht hatte. Soweit ich wusste, hatte er sich beruflich damit beschäftigt, ein eigenes Geschäft dafür betrieben. Für ihn war es ein Leichtes, die entsprechenden Installationen vorzunehmen. Erstaunt sah ich mich um, war innerhalb von Sekunden von den anderen umringt, die sich staunend umdrehten und es nicht fassen konnten.

„Wow!“, entfuhr es Anja, „Nicht schlecht. Damit hätte ich nie gerechnet!“

„Nein!“, gab ich zurück, wendete mich danach ab und war neugierig auf die letzte Tür.

Als ich sie öffnete, blieb ich erst einmal stehen, konnte es kaum glauben, was ich sah.

Vor mir tat sich der größte Raum auf, hatte mehr Fassungsvolumen, als alle anderen Räume zusammen. Hier musste einmal das Kernstück der Anlage gewesen sein, und wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, dass es durch mehrere Mauern voneinander getrennt gewesen sein musste. Hier waren mehrere Räume aufgelöst und zu einem zusammengefasst worden.

Ich trat ein und befand mich in einem anderen Reich. Wohnzimmer, Küche und Schlafzimmer waren zu einem verschmolzen, waren geschickt miteinander verbunden. Optisch getrennt, trotzdem eine Einheit. Nicht alle Mauern waren entfernt worden, Teile waren stehen geblieben. Ob als Zierde oder Stütze für die Decke, konnte ich nicht sagen. Sicher hundert Quadratmeter Raum waren entstanden, wenn nicht mehr. Durch die niedrige Decke wirkte es optisch kleiner.

Erstaunt traten wir ein, sahen uns um. Hier, wie im Bad waren keine Neonröhren verbaut worden, sondern meistens als indirekte Strahler im Raum verteilt. Sie gaben ein weicheres Licht ab, strahlten ein größeres Spektrum des sichtbaren Lichts ab. Daher wirkte es gemütlich, obwohl man sich mindestens zwanzig Meter unter der Erde befand. Dachte man nicht an diesen Umstand, konnte man es als gemütlich ansehen. Hier störte es mich kaum, dass keine Fenster vorhanden waren.

Anja löste sich als Erstes aus unserer kleinen Gruppe. Zuvor hatten wir dicht beieinandergestanden und lösten diese jetzt auf, um alles genauer zu betrachten.

Anja ging auf eine Ecke zu, die eine Art Wohnzimmer darstellte, und blieb vor dem massiven Tisch stehen, der von einer gemütlich aussehenden Sitzgruppe umgeben war. Er war größer als normal und passte nicht zum übrigen Mobiliar. Er war schwer und aus dunklem Holz gemacht, wirkte wuchtiger als alles andere im Raum. Hier lag ein weißer Briefumschlag, den sie mit spitzen Fingern aufnahm und ihn betrachtete.

Neugierig trat ich näher, fragte mich, was es war. Neben Anja blieb ich stehen, die auf das Kuvert starrte, als wenn sie einen Geist gesehen hatte. Ich sah herunter und konnte auf dem Papier in deutlicher Schrift ihren Namen lesen.

„Warum machst du ihn ich auf?“, fragte ich sie und sie schüttelte mit ihrem Kopf.

„Ich möchte es nicht!“, flüsterte sie mir zu und drehte mir ihr Gesicht zu. Hier konnte ich erkennen, dass Wasser in ihren Augen stand.

„Er ist aber an dich adressiert. Vielleicht steht darin, was uns betrifft. Opa wird ihn nicht umsonst dorthin gelegt haben!“

„Ich habe Angst vor dem, was drin steht. Ließ du es!“, forderte sie mich auf, hielt mir den Brief entgegen und eine Träne rann über ihre Wange. Ich konnte es nicht verstehen, konnte es mir nicht erklären. Es musste eine Verbindung zwischen Anja und ihm geben, doch welche.

Auch wenn ich es innerlich nicht wollte, nahm ich den Brief, setzet mich in einen der bequemen Sessel und hielt den Brief einen Moment vor meine Augen. Er war nicht zugeklebt, die Lasche eingesteckt. Schwer war er nicht, mehr als einen Zettel konnte er nicht enthalten.

Erst nach einer Minute machte ich den Umschlag auf, während Anja sich mir gegenüber hinsetzte.

Ich entnahm den Inhalt, faltete ihn auseinander und sah über kurz über die wenigen Zeilen herüber, die einseitig auf dem Blatt geschrieben standen.

„Liebste Anja,

es ist viele Jahre her, dass wir uns näher gekommen sind. Damals konnte ich deinen Reizen nicht widerstehen, habe mich in dich verliebt, war rettungslos verloren. Wir hatten eine wunderbare Zeit miteinander, auch wenn ich mich fragte, ob deine Liebe zu mir echt war. Ich kannte es heute nicht mehr sagen und werde es in meinem Leben nicht mehr herausbekommen.

Es hat mich sehr betrübt, wie es geendet hat und wie sich die Familie gegen mich und meine Frau, ihre Großmutter, stellten. Das werde ich nicht vergessen. Viele Jahre habe ich alleine gelebt, mich in die Einsamkeit der Unterwelt geflüchtet und danach gesehnt, eines Tages aufzuwachen, um festzustellen, dass alles nur ein Traum gewesen war. Doch jedes Mal, wenn ich meine Augen aufschlug, sah ich, dass es kein Trugbild war. Ich musste mit meiner Schuld leben und habe jeden einzelnen Tag dafür gebüßt. Damit du es nachvollziehen kannst, Zeit verbringst, wie ich es getan habe, habe ich dich hier unten eingeschlossen. In genau dreißig Tagen wird sich die obere Tür automatisch öffnen und du kannst gehen. Solange ist für dich gesorgt.

Dein dich immer liebender alter Mann!“

Ich las es ein zweites Mal, ließ den Zettel sinken und sah Anja durchdringlich an. In dem Brief wurde mit keinem Wort erwähnt, worum es eigentlich ging. Anja war, die Einzige die es mir erklären konnte. Sollten wir wirklich einen Monat hier unten festsitzen, fand ich, hatte ich das Recht, es zu erfahren.

Ich stand auf, sah zu den anderen Beiden herüber und sagte mit lauter Stimme.

„Wie es aussieht, gewöhnt euch schon mal an euer neues Heim für die nächste Zeit. Wir kommen hier so schnell nicht wieder raus!“, verkündete ich mit lauter Stimme und Stefanie drehte sich ruckartig zu mir um. Sie sah mich entgeistert an, suchte sichtlich nach Worten.

„Was soll das heißen?“, rief sie zu mir herüber, wobei ihre Stimme einen schrillen Klang annahm!“

„Das heißt, dass wir hier festsitzen, dreißig Tage lang!“

„Das geht nicht!“, meinte sie, kam mit schnellen Schritten auf mich zu und baute sich entrüstet vor mir auf.

„Ich habe Termine, Verpflichtungen!“, giftete sie mich an und ich zuckte mit der Schulter.

„Mag sein. Wenn du sie wahrnehmen willst, dann geht. Solltest du eine Möglichkeit finden, hier rauszukommen, dann sag uns bitte bescheid. Wir sind auch nicht freiwillig hier!“

Stefanie schnaubte laut, Wut war in ihrem Gesichtsausdruck zu erkennen. Es brodelte in ihr, war kurz vor dem Ausbrechen.

„Dass lasse ich mir nicht gefallen. Wer ist dafür verantwortlich!“, keifte sie mich an und ich schwieg. Stattdessen hörte ich eine leise Stimme, die von Anja kam.

„Ich bin daran schuld. Es tut mir unendlich leid!“, sagte sie mit zitternder Stimme, sah dabei mit großen Augen in Richtung Stefanie.

„Es tut dir leid?“, brauste Stefanie auf, umrundete den Tisch und beugte sich halb über Anja.

„Es tut dir leid!“, wiederholte sie mit einer lauten, zugleich gefährlichen Stimme und mir war klar, dass sie kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren. Doch sie kam nicht mehr dazu.