Genesis VI - Alfred Broi - E-Book

Genesis VI E-Book

Alfred Broi

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Beschreibung

Der Beginn des dramatischen Doppelfinales ist da: Die Bestandteile der uralten Legende sind gefunden! Und das Zusammentreffen mit einem alten, längst totgeglaubten Freund bringt weitere Zuversicht. Doch zunächst müssen Mavis und sein Team ihre Freunde auf Kimuri aus den Fängen eines Irren befreien. In der Zwischenzeit gelingt es Shamos und Pater Matu die Formel zu entschlüsseln, doch zeigt sich einmal mehr, dass der Weg zur Errettung des Planeten noch unendlich weit und irrsinnig gefährlich ist. Um Santara dem Untergang noch zu entreißen, müssen sie an einen altbekannten, verlassenen Ort reisen, der dennoch die Chance auf Leben birgt und an einen neuen, unbekannten Ort, den niemand von ihnen je zuvor betreten hat. Die Zeit drängt, die Uhr läuft ab - und doch kann eine einzige Unachtsamkeit alles zerstören... Genesis VI - Am Rande des Nichts ist das sechste und vorletzte Kapitel der großen Saga um das Schicksal eines ganzen Planeten - spannend, schonungslos und emotional

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Inhalt

Prolog - Planet im Sterben

I - Jäger und Gejagte

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

II - Die Offenbarung des Wunders

XIII

XIV

XV

XVI

III - Imrix – Corporation

XVII

XIX

XX

XXI

XXII

XXIII

XXIV

XXV

IV - Mos Iridas

XXVI

XXVII

XXVIII

XXIX

XXX

XXXI

XXXII

XXXIII

XXXIV

XXXV

XXXVI

XXXVII

XXXVIII

XXXIX

XL

Prolog

Planet im Sterben

Beinahe hätte sie es übersehen!

Erst im allerletzten Moment nahm sie die kurze, unscheinbare Bewegung hinter einem der wenigen, noch halbwegs dichten Büsche etwa zehn Meter von ihr entfernt wahr. Und fast hätte sie sie trotzdem noch als Trugbild abgetan. Doch der Wind stand in diesem Moment günstig. Ausnahmsweise wehte er gerade nur leicht und strich sanft an ihr vorbei. Das allein aber hätte ihre Aufmerksamkeit noch nicht erregt, denn die Luft – einst rein und klar – war schwer und grau von dem Rauch, mit dem sie gesättigt war und stank doch schon so lange eigentlich nur noch nach Tod und Verwesung, dass es wahrlich kein Wunder gewesen wäre, hätte sie den Geruch von lebendigem Fleisch am Ende doch nicht wahrgenommen.

Absolut erstaunlich jedoch war die Existenz des kleinen, kaum einen Meter großen Amparii-Rehbocks, dessen einst dunkelgrünes, kurzes Fell längst verblichen war und sich dadurch kaum von dem blass-grünen Buschwerk hinter ihm abhob. Zwar schien er aufmerksam und sein kleiner, länglicher Kopf zuckte beständig in alle Richtungen, doch wusste sie um die Sehschwäche dieser Art, weshalb sie sich mehr auf ihr Gehör verließen. Die Ohren aber waren kaum in Bewegung, der Bock schien sich in relativer Sicherheit zu wiegen.

Das aber stimmte nicht, denn, wenn er gewusst hätte, dass sich keine zehn Meter von ihm entfernt in einer kleinen Senke ein doppelt so großes Urys-Wolf-Weibchen mit mächtigen Reißzähnen befand, hätte er sicherlich das Weite gesucht.

Normalerweise wäre es dazu jedoch nie gekommen, denn Urys-Wölfe – und hier ganz besonders die Weibchen - waren hervorragende Jäger und mit dem Erscheinen des Amparii-Bocks war dessen Tod eigentlich schon besiegelt. Doch mit der Invasion der außerirdischen Aggressoren hatte sich die Natur auf immer drastischere Weise so sehr verändert, dass heute nichts mehr so war, wie einst.

Nahrungsmangel, schlechte Nahrung und die beständige Flucht vor den furchterregenden Insektenbestien zeigten deutliche Spuren. Auch bei diesem Weibchen. Ihren letzten Nachwuchs hatte sie vor zwei Jahren gehabt, doch alle drei waren letztlich verhungert. Ihr Mann wurde zum Fraas der vielbeinigen Monster. Ihr Rudel gab es nicht mehr. Und obwohl sie immer versucht hatte, gegen alle Widrigkeiten ihres Lebens anzukämpfen, so ergab sie sich jetzt doch jeden Tag mehr und mehr ihrem schier unausweichlichen Schicksal, weil sie ganz einfach nicht mehr die Kraft, mehr aber noch keinerlei Hoffnung mehr auf Besserung hatte.

Daher waren ihre Sinne zunehmend abgestumpft. Dem Hunger war eine trostlose Gleichgültigkeit gewichen, ihr ganzer Körper ausgemergelt und einfach nur noch irgendwie taub. Fast ertappte sie sich dabei, dass sie sich nach einem Rudel Insektenmonster sehnte, damit ihr elendiges Dasein endlich endete.

Plötzlich aber – mit dem Geruch von frischem, lebendigem Fleisch, der sich seinen Weg durch ihre Nase in ihr Gehirn bahnte – erinnerte sie sich wieder ihrer ureigensten Instinkte. Augenblicklich spürte sie ein gewaltiges Loch in ihrem Magen, welches gestopft und eine scheinbar längst vergessene Gier, die befriedigt werden musste.

Lautlos setzte die Wölfin einen Fuß vor den anderen, hielt sich geduckt nah am Boden und nutzte jeden dürren Strauch und jeden verkümmerten Busch, um sich anzuschleichen. Die großen, dunkelbraunen Augen stets auf ihr Opfer gerichtet, näherte sie sich Meter um Meter, ohne dass der Bock sein Verhalten änderte. Im Gegenteil begann er jetzt sogar einige trockene Blätter von der Pflanze vor ihm zu zupfen und zu kauen.

Dann war es soweit: Die Wölfin hatte einen Baumstumpf erreicht, der keine vier Meter mehr von dem Bock entfernt war. Sorgsam, langsam und lautlos umrundete sie den etwa einen Meter dicken Stammrest, dann verharrte sie nochmals, sondierte die Umgebung und lauschte ein letztes Mal. Doch noch immer blieb der Bock ausgesprochen ruhig und so spannte sie die wenige Muskelmasse an, die sie noch besaß und schnellte im nächsten Moment los, wie ein Pfeil, der von der Sehne schoss.

Bevor der Bock erkannte, was los war, hatte sie zwei Meter überwunden. Dann quiekte er auf, machte blitzschnell kehrt und rannte los. Aufgrund seines geringen Eigengewichts und der vorteilhaften Übersetzung der kurzen Beine gewann er beachtlich an Geschwindigkeit, doch hatte die Wölfin ihn dennoch schnell erreicht. Mit einem gewaltigen Sprung stürzte sie sich auf seinen Rücken, grub ihre ausgefahrenen Krallen in sein Fleisch. Der Bock quiekte auf, sein Körper zuckte seitlich weg, er verlor die Kontrolle und überschlug sich. Dabei brach sein rechtes Vorderbein. Die Wölfin hörte das scharfe Knacken des Knochens und wusste, dass sie gesiegt hatte. Sofort stoppte sie ab und verschnaufte, während sie ihr Opfer nicht aus den Augen ließ. Wieder meldete sich ihr Magen und ein Schwindel überkam sie, der für einen Moment ihre Sicht beeinträchtigte.

Der Bock hingegen versuchte panisch, sich wiederaufzurichten und weiter zu rennen, doch knickte sein Vorderbein ein und er stürzte vornüber. Sofort erhob er sich erneut und versuchte es nochmals, aber auch das misslang. Danach schien er zu wissen, dass er sterben würde. Er drückte sich zitternd auf seine gesunden Beine, starrte mit großen, angsterfüllten Augen auf die Wölfin und quiekte in der Gewissheit des eigenen Todes auf, wobei seine Henkerin überrascht war, wie laut und in welch tiefer Tonlage er das tat.

Doch als sie erkennen musste, dass die Schreie gar nicht von ihm kamen, sondern hinter ihr selbst ertönten, war es beinahe schon zu spät.

Im selben Augenblick spürte sie die Erschütterung des Bodens. Sie warf ihren Kopf herum und schon schoben sich die Schatten ihrer Angreifer über sie. Es waren drei Insektenmonster, die mit hoher Geschwindigkeit auf sie zuhielten und bereits einen Wimpernschlag später in Schlagweite waren. Kraftvoll donnerten ihre Hinterbeine in den staubigen Boden, während sie ihre vorderen Klauen zum Angriff in die Höhe rissen und dabei fauchend aufbrüllten.

Plötzlich aber geschah etwas vollkommen Unerwartetes, obwohl die Wölfin erkennen musste, dass sie es bereits irgendwie gespürt hatte, denn von Anfang an waren da nicht nur die oberflächlichen Erschütterungen der mächtigen Hinterläufe der Bestien vorhanden, sondern ebenso noch eine andere Vibration, die aus dem Boden selbst zu kommen schien und sich jetzt innerhalb eines Augenblicks erheblich verstärkte.

Ihre Gegner hatten das jedoch offensichtlich noch nicht bemerkt, denn zumindest eines der Monster attackierte den vollkommen erstarrten Bock und rammte ihm eine seiner Klauen von oben durch den Leib. Doch genau in dem Moment, da sie blutverschmiert auf der Unterseite des Tieres wieder herausbrach und zu Boden krachte, erfüllte ein scharfes Knacken die Umgebung, dass sich rasend schnell vervielfachte und ausbreitete.

Alle Blicke zuckten zu Boden, wo sich urplötzlich tiefe Risse auftaten und innerhalb weniger Sekunden über die gesamte, gut einen Quadratkilometer große Ebene - einst ein prächtiges Waldstück, jetzt jedoch nicht mehr als ein trostloser Fleck ausgedörrter Erde - ausbreitete. An einigen Stellen entstanden dabei Schollen unterschiedlicher Größe. So auch direkt unter den drei Insektenbestien. Urplötzlich begann diese Scholle zu schwanken, als befände sie sich tatsächlich auf dem Wasser. Die Monstren quiekten überrascht auf, versuchten Halt zu finden, doch nützen ihnen ihre wuchtigen Tritte in den Fels nichts, da sich die Scholle im nächsten Moment mit einem lauten Krachen vollständig von ihrer Umgebung löste und die drei Kreaturen mit umher zuckenden Klauen und lautem Gekreische in die Tiefe rauschten.

Die Wölfin hatte sich bislang nicht bewegt, war erstarrt angesichts der furchterregenden Bestien vor ihr, denen sie noch niemals zuvor so nah gegenübergestanden hatte. Und jetzt musste sie mit ansehen, wie diese teuflischen Kreaturen durch den Boden brachen und vollkommen hilflos in den sich auftuenden Schlund stürzten. Ihre entsetzten Schreie verursachten bei ihr für einen winzigen Augenblick ein Gefühl von Freude und Genugtuung, dann aber erkannte sie, was sich unter den Bestien, aber auch unter ihr und der gesamten Ebene auftat. Es war ein Fluss glühender Lava, der mit unglaublich hoher Geschwindigkeit nach Osten rauschte. Er war riesig, eigentlich gar kein Fluss mehr, sondern ein ganzer See, der die gesamte Ebene unterspült hatte. Die Wölfin schätzte die Entfernung zur Oberfläche auf einhundert Meter, doch spürte sie anhand der schnell zunehmenden Hitze, dass der Pegel schnell anstieg.

Schon flammten die Insektenbestien und der Amparii-Bock als gleißende Feuerbälle auf, nachdem sie für einen kurzen Augenblick erkennen konnte, dass der Panzer der Monster wie kochendes Wasser blubberte, bevor sie schließlich zu Staub verbrannten, noch bevor sie die glühende Masse erreicht hatten. Eine irrsinnig heiße Hitzewelle brandete der Wölfin entgegen und sie riss instinktiv ihren Kopf zurück.

Dabei fiel ihr Blick Richtung Osten. Immer weiter brach dort der Boden auf, immer mehr Schollen stürzten in die Tiefe, hatten schließlich den angrenzenden Berg erreicht, der mit einer Höhe von gut fünfhundert Metern und einer Breite von rund dreihundert Metern, die Ebene nach Osten hin abschottete. Seine steile, fast senkrechte, zur Ebene hin leicht überhängende Felswand ließ ihn mächtiger erscheinen, als er war und verlieh ihm einen düsteren, drohenden Eindruck. Jetzt schossen die Risse in der Oberfläche rechts und links an ihm vorbei, während sich das Lavameer unter ihn schob und dabei weiterhin unaufhaltsam anstieg.

Dann war die Ebene für einen Moment von einer tiefen Stille erfasst, dass die Wölfin deutlich ihren eigenen, hämmernden Herzschlag hören konnte, während sich in ihrem Gehirn ein einzelner, dunkler Gedanke manifestierte, dass sie hier und jetzt sterben würde, der sie mit einer solch eiskalten Klarheit durchdrang, dass sie augenblicklich fröstelte.

Im nächsten Moment erklang ein infernalisches Reißen – weit entfernt, aber dennoch unglaublich laut und durchdringend und sofort danach schoss ein gewaltiger Lavastrahl unter irrsinnigem Druck direkt hinter dem Berg senkrecht bis auf fast einen Kilometer Höhe in den Himmel. Mehrere große Gesteinsschollen begleiteten seinen Weg und krachten schließlich donnernd auf die Bergflanken.

Plötzlich geriet die gesamte Ebene in Bewegung, erzitterte überdeutlich, dass die Wölfin Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben. Mitten hinein erklang ein unendlich tiefes, dröhnendes Ächzen, das aus dem Inneren des Planeten selbst zu kommen schien. Das Bild vor ihren Augen verzerrte sich aufgrund der enormen Erschütterungen rings um sie. Fast schien es ihr, als würde der Berg am Rande der Ebene sich bewegen und in ihre Richtung kippen. Sie wollte dies gerade als Trugbild abtun, da so etwas ja nicht möglich war, als ihr bewusst wurde, dass genau dies in diesem Moment tatsächlich geschah. Der gewaltige Lavastrom unter der Ebene hatte auch das Fundament des Berges umspült und es zerstört. Wie ein riesiger Eisberg trieb er für wenige Momente auf dem glühenden Meer, dann trieb ihn das Gewicht der überhängenden Steilwand in Richtung Ebene, während ihn sein Eigengewicht in die Tiefe zog.

Die Wölfin wusste, dass dies ihre letzte, allerletzte Chance war, ihrem Tod noch zu entgehen, doch zu unfassbar, zu gewaltig, zu fundamental war der Anblick des kippenden Berges, als das sie sich hätte bewegen können. Millionen und Abermillionen Tonnen Felsgestein sackten in das Lavameer und erfüllten die Luft dabei mit einem infernalischen Ächzen und Stöhnen, wie die Wölfin es noch niemals zuvor gehört hatte. Festes Gestein verdrängte Lavamassen und erzeugte letztlich eine etwa vierzig Meter hohe Flutwelle, die mit mehr als vierhundert Meilen in der Stunde über die Ebene rollte.

Der Wölfin blieb ein letzter Blick auf das faszinierende, vernichtende Schauspiel und ein finaler, beinahe tröstlicher Gedanke an all die Lieben, die sie verloren und jetzt in einer anderen Welt wiedersehen würde, dann verbrannte sie innerhalb eines halben Lidschlages zu Staub, der von den Lavamassen nach Westen fortgerissen würde.

Wie die Flutwelle eines riesigen Tsunami rauschte die gewaltige Wand glühender Lava über die Ebene in Richtung Westen, traf dort auf einen schmalen Streifen Hügellandschaft, den sie ohne die geringste Mühe überrollte und nur wenige Sekunden später auf die steile Westküste im Norden von Oritash.

Das Meer hier war aufgewühlt von enormen unterseeischen Strömungen, die das Wasser mit hoher Geschwindigkeit gegen die gut zweihundert Meter hohe, senkrechte und schroffe Steilwand trieben, dass die Brandung mit brüllendem Tosen wuchtig empor geschleudert wurde.

Als die Lavawelle über den Rand der Klippen hinwegschoss, sorgte ihre immense Eigengeschwindigkeit dafür, dass sie verzögert und in einem langgezogenen Bogen in die Tiefe stürzte und so erst rund einhundert Meter von der Küste entfernt auf die Wasseroberfläche traf.

Das Meer dort war durch etliche Untiefen bereits sehr tief, sodass die gewaltige Menge, noch immer mehr als eintausend Grad heiße Lava ungebremst auf Milliarden von Litern Meerwasser traf und große Teile davon innerhalb eines Wimpernschlages zum Verdampfen brachte. Ein brüllend lautes Zischen war zu hören und eine gewaltige Dampfwolke quoll explosionsartig über dem Meer auf, die sich immer weiter ausdehnte, weil beständig weitere Lava ins Meer strömte.

Auch diese Wolke erreichte schnell eine immense Eigengeschwindigkeit und schoss direkt über der Wasseroberfläche mit fast dreihundert Meilen in der Stunde aufs offene Meer.

Dort erhob sich eine kleine Insel, die einst über einen Damm mit dem oritaischen Festland verbunden gewesen war. Ihre Bewohner hatten seinerzeit ein großes Loch in ihn gesprengt, als klar war, dass die Insektenbestien Wasser mieden, um sich ein Überleben zu ermöglichen. Tatsächlich war die Insel klein und ihre Einwohnerzahl so gering gewesen, dass sie lange Zeit nicht ins Visier der Fremden geraten war. Doch reichten die Nahrungsmittel auf der Insel nicht aus, um alle zweihundertsieben Menschen zu ernähren, sodass sie gezwungen waren, ans Festland zu rudern, um Essbares aufzutreiben. Bei einem dieser Ausflüge wurden sie dann von einem Rudel Insektenbestien entdeckt. Zwar konnten sie fliehen und niemand kam zu Schaden, doch hatten sie jetzt die Aufmerksamkeit dieser Monster. Das Schicksal wollte es, dass schon wenig später ein Erdbeben dafür sorgte, dass sich Gesteinsbrocken vom Festland und vom Damm lösten und ins Meer rollten. Als die Bewohner die Schäden begutachten wollten, mussten sie entsetzt feststellen, dass die Felsen so unglücklich zum Erliegen gekommen waren, dass ein Übersetzen auf die Insel über den Damm wieder möglich und der Tod in Form dieser furchterregenden Bestien auch bereits erschienen war.

Das anschließende Gemetzel war kurz, aber gnadenlos grausam gewesen und hinterließ keine Überlebenden. Dafür aber ein schmackhaftes Schlachtfest für ihre Feinde.

Und obwohl dieser Tag schon mehr als ein Jahr zurücklag, kehrten immer wieder Gruppen von Insektenbestien hierher zurück und schienen sich – da kein lebendiges Opfer mehr zu finden war – an dem offensichtlich noch immer vorhandenen, schwachen Geruch nach Blut, Fleisch und Tod zu laben.

So auch heute.

Doch als die gut zwei Dutzend Kreaturen dieses Mal durch die Trümmer stapften, hörten sie ein tiefes Grollen und konnten alsbald auch die Lavawelle sehen, wie sie keine fünfhundert Meter von ihnen entfernt ins Meer stürzte. Der Neugier über ein außergewöhnliches Schauspiel folgte schnell die Gewissheit, dass mit der heranrauschenden Dampfwolke Gefahr drohte. Doch mehr als ein paar besorgte Schreie und einige gehetzte Schritte brachte keine von ihnen zustande, dann schoss die Wolke über sie hinweg. Immer noch weit über einhundert Grad heiß wurden die Insektenmonster quasi von ihr gekocht.

Für rund fünfzehn Sekunden war die Insel eingehüllt in einen dichten Nebel aus heißem Dampf, dann war der beständige Nachschub an Lava von der Steilküste verebbt und die Wolke wurde nicht weiter genährt.

Während sie mit unvermindert hoher Geschwindigkeit weiter aufs offene Meer zog und dort letztlich verschwand, lichtete sich der Nebel über der Insel und offenbarte ein grausames Bild von zwei Dutzend lebendig gekochten Insektenbestien. Ein gespenstisches Zischen lag in der Luft und feine Rauschwaden kräuselten sich gen Himmel. Der Gestank war ekelerregend.

Für einen Augenblick kehrte Ruhe ein.

Dann jedoch schwoll rasend schnell ein tiefes, donnerndes Dröhnen an, das einem infernalischen Ächzen wich, bevor die Steilküste auf einer Höhe von rund einhundert Metern förmlich explodierte, als ein großer Teil des gekenterten und schließlich auseinandergebrochenen Berges mit unbändiger Wucht von der Landseite gegen die Felswand krachte und sie mit einem irrsinnig lauten Knall zerfetzte.

Der Lavastrom trieb den gewaltigen Felsblock über die Kante der Steilküste und als er in die Tiefe kippte, erzitterte die gesamte Umgebung erbärmlich. Die Luft war erfüllt von einer Mischung aus Ächzen, Reißen und Dröhnen. Der Felsblock krachte ins Meer, rauschte in die Tiefe und bohrte sich in den Meeresgrund, noch bevor er vollständig über die zerfetzte Klippe gelangt war.

Ein monumentales Ächzen ertönte, als der Felsblock schließlich zum Erliegen kam und wie ein überdimensionaler Finger ins Meer führte. Weitere Lavamassen strömten über ihn hinweg und wirkten dabei wie Blutfäden, die aus einer offenen Wunde quollen.

Die gewaltige Masse aus Felsgestein, die schlagartig das Meerwasser verdrängt hatte, sorgte zusätzlich für eine neuerliche Flutwelle, die aufs offene Meer trieb, die kleine Insel mit unbändiger Wucht traf und über sie hinwegfegte.

Dann endlich trat wieder Stille ein, doch es war absolut nichts Lebendiges mehr an ihr…

Santara war einst ein blühender, pulsierender, lebender Planet.

Doch der Krieg zwischen seinen Bewohnern und ihren Invasoren hatte ihm das Herz und schließlich auch die Seele herausgerissen.

Santara starb – jeden Tag mehr und jeden Tag immer schneller.

Katastrophen wie diese an der oritaischen Ostküste waren Ausdruck des Todeskampfes des Planeten – und obwohl sie bereits furchtbar und gravierend waren, waren sie doch erst der Vorgeschmack auf das, was noch folgen würde.

Unwiderruflich…!?

I

Jäger und Gejagte

I

Mavis spürte eine leichte Erschütterung des Bodens und hörte einen leisen, weit entfernten Donner. Sofort wurde er aufmerksam, spannte seinen Oberkörper an und richtete sich in seinem Sitz ein wenig auf. Doch als er sich umschaute und in die Gesichter seiner Freunde und der anderen Anwesenden blickte, konnte er nirgendwo eine gleichartige Reaktion erkennen, sodass er sich plötzlich nicht mehr sicher war, ob er womöglich nur einer Einbildung erlegen war.

Vilo und neben ihm Kaleena, Jovis und schließlich Leira saßen links von ihm und aßen stumm von dem heißen, dickflüssigen Würzbrei, den auch er in einer Schale auf dem Schoss hatte. Er sah zwar alles andere als essbar aus, doch schmeckte er ziemlich gut. Seine Freunde wirkten angespannt und geschafft, aber nicht besorgt.

Links neben ihnen saßen Cosco, Dek und Captain Tibak, alle drei hatten Wasserbecher in den Händen und tranken stumm und mit gesenktem Blick daraus. Cosco wirkte sehr ernst und nachdenklich, doch das war auch kein Wunder, wusste er seinen Sohn doch in diesem Moment in Gefangenschaft auf Kimuri.

Mavis drehte seinen Kopf nach rechts und sah zunächst den jungen Chalek und Pater Matu. Wie auch Vilo und Kaleena aßen sie stumm von dem Würzbrei. Der Priester wirkte erschöpft, doch der Junge hatte wie stets ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Woher nimmt er in dieser gottverdammten Scheißwelt nur eine derart widerlich positive Einstellung? dachte Mavis nicht zum ersten Mal.

Dann schaute er direkt neben sich und da saß Melia. Augenblicklich war er wieder berauscht von ihrem Anblick und hätte sie am liebsten in seine Arme geschlossen, von hier weggeführt und einfach nur ihre unbedingte Nähe genossen. Schon jetzt konnte er durch all den Schmutz und Schweiß hindurch den wundervollen Duft ihrer Haut riechen. Im nächsten Moment schaute sie von ihrer Schale auf und blickte ihm direkt in die Augen. Mavis erschrak beinahe und spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. Ja, diese Frau war das fantastischste Wesen, dem er je begegnet war, in ihren Augen loderte ein Feuer, von dem er gefangen war, kaum, dass er in sie hinsah. Eine wohlige Gänsehaut kroch über seinen Rücken bis unter seine Schädeldecke.

Melia versuchte ein Lächeln, doch es wollte ihr nicht recht gelingen. Auch wirkte sie im Allgemeinen eher traurig, doch konnte es auch einfach nur sein, dass sie körperlich vollkommen erschöpft war. Mavis wusste, dass es noch einige Zeit brauchen würde, um ihr Verhalten und ihre Gesten wirklich zu verstehen – genauso, wie es damals gewesen war… in einem anderen Leben… vor sieben Jahren.

Jetzt kräuselte sie ihre Stirn und schaute ihn fragend an, doch er schüttelte nur den Kopf. Ganz offensichtlich hatte er sich in Bezug auf die Erschütterung und den Donner geirrt. Bevor er seinen Kopf dann wieder nach vorn wandte, konnte er sehen, dass sie ein erneutes Lächeln versuchte, welches ihr aber noch deutlicher misslang, als das erste und sie hiernach noch trauriger wirkte. Mavis wurde sich bewusst, dass er nicht mehr viel Zeit verlieren durfte, um mit ihr in Ruhe und allein zu reden. Wenn doch nur nicht dieser verdammte Krieg wäre, der sie beständig über den Planeten hetzte. Er versuchte, diese Welt noch zu retten, doch was, fragte er sich, wäre, wenn er dabei versagte und er die wenige Zeit, die ihm mit Melia noch blieb, vergeudete?

Bevor ihn dieser Gedanke jedoch übermannte, zwang er sich, sich wieder auf das Geschehen hier zu konzentrieren. Und sein Blick fiel dabei erneut auf den Mann, der ihnen auf der anderen Seite des Lagerfeuers im Kreise seiner Männer gegenübersaß. Er mochte gealtert sein – doch wer war das in den letzten Jahren nicht? – er hatte etliche Narben im Gesicht, auf dem Hals, den Armen – und sicherlich die schlimmsten im Herzen und auf der Seele – doch es war ganz eindeutig Admiral Lobos!

Und die Tatsache, dass er hier lebendig vor ihnen saß, grenzte für Mavis ehrlich an ein Wunder, an das er kaum glauben mochte, dem er sich jedoch auch nicht verschließen konnte. Um Lobos herum saß etwa ein Dutzend seiner Männer. Verwitterte, aber sichtbar entschlossene Gestalten, mit deutlichen Zeichen harter Gefechte auf ihren Körpern.

In Mavis Kopf überschlugen sich etliche Fragen, doch noch war er nicht dazu gekommen, sie zu stellen.

Vielmehr musste er noch immer an die Geschehnisse der letzten Stunden denken, die sie letztlich hierhergeführt hatten:

Nachdem sie aus der unterirdischen Hölle südlich von Porista zurückgekehrt waren und dabei tatsächlich den sagenumwobenen Kristall zur Rettung ihres Planeten in den Händen hielten, wollten sie zurück nach Kimuri fliegen, mussten jedoch dank der Hilfe Marivars erkennen, dass dort der Feind in Gestalt von Panthos Schergen Einzug gehalten hatte und Jorik, Shamos und die anderen gefangen hielt. Wenn Mavis daran dachte, dass es Menschen waren, die ihresgleichen schikanierten, wurde ihm beinahe übel und er verspürte einen unbändigen Hass auf Narrix und seine Männer. Der Planet wurde von den furchtbarsten Kreaturen heimgesucht und die Menschen hatten nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig zu bekämpfen. Doch er wusste nur zu genau, wer eigentlich hinter diesem himmelschreienden Komplott steckte: Commander Panthos, der als Nuri des poremischen Volkes und mittlerweile Vorsitzender des Hohen Rates, dessen Sitz sich in Eshamae unterhalb der Wasseroberfläche befand, seinen Mitgliedern weismachte, dort in Sicherheit zu sein. Mavis hoffte, dass diese aufgeblasenen, alten Schwachköpfe bald erkennen würden, dass sie Unrecht damit hatten. Noch mehr jedoch hoffte er darauf, Panthos noch einmal persönlich gegenübertreten zu können – um ihn zu töten. Für das, was er den Menschen in seinem blinden Fanatismus antat.

Doch das waren Gedanken, die er zurückdrängen musste. Hier gab es viel wichtigere Dinge zu klären.

Bevor sie ihren Kurs auf Kimuri ändern konnten, wurden sie bereits verfolgt. Ihre Flucht führte sie auf das poremische Festland nördlich von Ara Bandiks und südlich des Geländes der Imrix Corporation zum Piritak-Massiv. Ihre Hoffnung, kampflos zu entkommen, erfüllte sich nicht und so gab es ein Feuergefecht, in dem gute Menschen starben und ein Flugboot zerstört wurde. Vollkommen sinnlos!

Ihr eigenes Schiff wurde dabei so schwer beschädigt, dass sie notlanden mussten. Gerade noch in letzter Sekunde konnten sich alle in Sicherheit bringen, bevor auch es explodierte.

Ihr Weg führte sie dann in ein angrenzendes, noch immer überraschend dicht bewachsenes Sumpfgebiet ganz in der Nähe des Mioli-Flusses, der letztlich weiter nordöstlich in die Schluchten von Kindagi mündete. Mavis wusste noch genau, dass er das Wasser rauschen hören glaubte, als plötzlich der Boden unter ihren Füßen nachgab, sie über eine Art Rutsche in die Tiefe schossen, letztlich in einer großen Pfütze wieder zum Erliegen kamen und dann in nichts Geringeres blickten, als das Gesicht des todgeglaubten Admiral Lobos.

Lobos gab ein paar knappe Befehle an seine Männer und man holte sie aus dem stinkenden, feuchten Loch. Die Begrüßung erfolgte dann wortkarg, aber herzlich und sichtbar emotional, zumindest nachdem Vilo ihnen die Furcht vor Leira genommen hatte, der sie anfangs natürlich extrem distanziert gegenübergestanden waren. Während Lobos und seine Männer sie durch ein weitverzweigtes Tunnelsystem in eine ziemlich große Höhle brachten, war eigentlich er es, der ihnen Fragen stellte, als umgekehrt. In der Höhle bot er ihnen einen Platz am Lagefeuer an, um sich zu wärmen und man gab ihnen zu essen und zu trinken. Ein paar seiner Männer kümmerten sich um die wenigen Überlebenden der Hochebene südlich von Porista, die lange Zeit das Zuhause Melias gewesen war, und brachten sie in andere Höhlen.

Dann aßen alle zunächst von dem Würzbrei und es wurde nicht geredet. Da alle ausgesprochen ausgepumpt waren, akzeptierten sie diesen Moment der Ruhe.

Doch Mavis spürte schnell, dass all seine Fragen ihm den Appetit abschnürten. Er wollte auch gerade loslegen, als er die Erschütterung gespürt hatte, sodass er zunächst wieder davon abgekommen war.

Als er jetzt aber wieder ansetzen wollte, sah er, dass Lobos seine Schale beiseitegestellt und sich stattdessen einen Wasserbecher genommen hatte, den er in den Fingern drehte, während er ihn mit nachdenklichem Blick fixierte. „Sie wollen wissen, was mit uns...!“ Er drehte seinen Kopf blicklos zur Seite, wo seine Männer saßen. Seine Stimme klang rau, tief und etwas müde „...geschehen ist und warum wir noch leben!“ Er schaute auf und seine graublauen Augen bohrten sich förmlich in Mavis und die anderen. Vilo nickte, während Mavis versuchte, die Emotionen des Admirals zu ergründen. Lobos wirkte nach außen hin vielleicht sogar noch stärker - nein, gestählter war sicherlich das bessere Wort – als noch vor Jahren, doch in seinen Augen meinte Mavis Verbitterung und Hoffnungslosigkeit zu erkennen, was ihn jedoch nicht wirklich überraschte. Jetzt lachte Lobos einmal leise auf, doch es war nur eine müde Geste, dann schaute er wieder auf das Wasserglas in seinen Händen. Für einen Augenblick blieb er still, als würde er tief in Gedanken versinken und vor seinem inneren Auge schienen düstere Bilder aufzutauchen, denn sein Blick wurde zusehends ernster. „Die Kamarulu…!“ begann er dann mit einem tiefen Atemzug, bei dem er seinen Körper straffte, seinen Kopf wieder anhob und blicklos in die Runde schaute. „…war vom ersten Bauteil, vom ersten Federstrich der ersten Zeichnung, ja…!“ Wieder lächelte er müde. „…vom allerersten Gedanken überhaupt an, das wohl mit Abstand ehrgeizigste technische Projekt, das Menschen hier auf diesem Planeten je in Angriff genommen hatten. Niemals zuvor hatte Jemand versucht, ein solch gewaltiges Objekt zu bauen, geschweige denn einen solchen Koloss danach auch noch in die Lüfte zu erheben!“ Jetzt lächelte er für einen Augenblick ehrlich erfreut. „Und doch ist es am Ende gelungen. Größer, gewaltiger und effizienter, als man es je zu hoffen gewagt hatte. Das Ergebnis war die Kamarulu, das mächtigste Schlachtschiff aller Zeiten, ausgestattet mit einer Technik, bei deren Entwicklung die besten Ingenieure von Imrix vielfach Grenzen überwinden und vollkommen neue Welten betreten mussten und dabei technischen Fortschritt für Generationen entwickelten!“ Lobos Stimme war beinahe ehrfurchtsvoll, seine Augen leuchteten. Er ließ seine Worte für einen Moment nachwirken. „Mit ihrer Indienststellung gab es Niemanden mehr, der es gewagt hätte, das poremische Volk anzugreifen. Doch auch die kriegerischen Auseinandersetzungen in anderen Ländern ließen deutlich nach. Fast schien es so, als wäre die Kamarulu ein Mahnmal für den Frieden!“ Wieder lächelte er. „Santara sah in eine wundervolle, glorreiche Zukunft!“ Plötzlich wurde sein Blick traurig und ernst. „Bis die erste Anomalie auftauchte und alles innerhalb weniger Stunden auf so furchtbare Weise änderte!“ Lobos hielt inne und schaute – dieses Mal bewusst – in die Runde, dass jeder Einzelne das Gefühl hatte, er würde ihm direkt in die Seele blicken und Viele eine Gänsehaut bekamen.

Charismatisch, dachte Mavis mit einem inneren Lächeln, ja, das war Lobos schon immer gewesen.

„Als man seinerzeit an mich herangetreten war und mir von dem Plan, ein mächtiges Schlachtschiff zu bauen, erzählte und mich bat, bei der Entwicklung mitzuhelfen, zögerte ich zunächst, da jede militärische Errungenschaft in erster Linie die Gefahr einer Angriffswaffe in sich birgt und erst dann der Aspekt der Verteidigung zum Tragen kommt. Da mir die ungeheure Kraft der Kamarulu jedoch bereits damals bewusst war, beschloss ich, mich dem Team anzuschließen, um genau das zu verhindern. Am Ende war ich sicher, eine starke Waffe gegen den Krieg mitentwickelt zu haben. Das man mir schließlich das Kommando über sie anbot, kam für mich tatsächlich überraschend. Es war eine besondere Ehre für mich, diesen Posten annehmen zu dürfen…und das ist es stets geblieben!“ Lobos blickte wehmütig, bevor er sich mit einem tiefen Atemzug wieder zusammenriss. „Dann kam der Einsatzbefehl für den Luftkampf über Ara Bandiks!“ Seine Gesichtszüge verhärteten sich mit jedem Wort immer mehr. „Wir wussten, mit der Kamarulu hatten wir die ultimative Schlagwaffe gegen die Invasoren. Im Luftkampf waren wir überlegen, unsere Piloten hervorragend ausgebildet. Keiner dieser…Bastarde hätte eine Chance gegen sie gehabt, doch die zahlenmäßige Übermacht war einfach unfassbar groß. Wir mussten unsere kompletten Staffeln in Einsatz bringen. Zwei Divisionen mit je vier Bataillonen, bestehend aus je sechs Kompanien mit je vier Staffeln. Das waren 447 Kampfjäger, 81 Kampfbomber, 24 Truppentransporter, 14 Aufklärungsflugzeuge und 10 Schwerlasttransporter. Insgesamt 576 Flugzeuge im Dauereinsatz!“ Wieder hielt Lobos inne und hing für einen Augenblick seinen Erinnerungen nach. „Viele gute, aufrechte Männer sind an diesem Tag in den Wolken über Ara Bandiks gestorben. Doch hätten wir es geschafft…!“ Erneut atmete er tief durch, sein Blick aber blieb ernst und traurig. „Aber dann...!“ Er hielt inne, schüttelte den Kopf und schien fast ein wenig verzweifelt. „…quoll aus dem Schlauch der Anomalie jenes gewaltige Schlachtschiff und brachte dieses Meer aus furchtbaren Kreaturen mit sich, die sich wie brennendes Öl über die Stadt ergossen!“ Lobos Gesicht war eine einzige angewiderte Maske und Mavis hätte sich wirklich nicht gewundert, wenn er ausgespien oder gar gekotzt hätte. Doch ihm ging es ähnlich, denn mit seinen Worten hatte der Admiral – und nicht nur bei ihm, sondern auch bei Vilo, Cosco und seinen eigenen Männern – furchtbare Bilder aus der Erinnerung einer der dunkelsten Stunden dieses Planeten hervorgerufen, denen sie sich kaum entziehen konnten und ihnen eine ekelhafte, eiskalte Gänsehaut über den Körper trieb.

„Und urplötzlich hatten sich die Kräfte verschoben!“ fuhr Lobos fort. „Die Kamarulu war nicht mehr die mächtigste Waffe am Himmel, hatte jetzt einen absolut gleichwertigen Gegner bekommen!“ Seine Züge nahmen einen angewiderten Ausdruck an. „Der einen entscheidenden Vorteil besaß: Er konnte trotz aktiviertem Schutzschild feuern!“ Emotionen kamen sichtlich in ihm hoch, die er nur mit Mühe unterdrücken konnte. „Und damit war der Schwachpunkt…der einzige Schwachpunkt…der Kamarulu bloßgelegt. Sie war ein Trägerschiff!“ Seine Worte klangen fast entschuldigend. „Nicht auf die direkte Konfrontation mit dem Gegner ausgelegt. Der Schutzschild diente dazu, die Jäger zu schützen, wenn sie auftankten und Munition nachluden. Um angreifen zu können, musste sie ihr Schutzschild deaktivieren!“ Er blickte ehrlich betroffen in die Runde und erkannte den nickenden Vilo. Plötzlich fiel ihm ein, dass er es – damals noch in seiner Funktion als Nuri – gewesen war, der den Befehl dazu gab. Ein guter Befehl, weil absolut alternativlos, den Lobos auch nie angezweifelt hatte „Oh, die Bewaffnung der Kamarulu war gewaltig, hätte sicherlich jeden anderen Gegner daran gehindert, sie anzugreifen, doch hatte bei ihrer Entwicklung natürlich niemand je damit gerechnet, dass sie sich einmal einem ebenbürtigen Gegner gegenübersehen würde!“ Sein Blick wurde wieder finster. „Doch genauso war es. Ihre Jäger konnten unsere Kampfjets attackieren, das feindliche Schiff die Kamarulu und unsere Jäger. Wir hatten somit gar keine andere Wahl, als ihnen zu helfen. Doch kaum hatten wir unseren Schutzschild deaktiviert, zogen wir allen Beschuss auf uns. Die Durchschlagskraft ihrer Waffen war absolut mörderisch und etwas, dem wir nichts Vergleichbares entgegenzusetzen hatten. Innerhalb kürzester Zeit mussten wir schwere Treffer hinnehmen und den Schild schließlich wieder hochfahren. Jetzt aber hatte sich das feindliche Schlachtschiff auf uns eingeschossen und es war absolut klar, dass es alles daransetzen würde, die Kamarulu zu zerstören!“ Lobos hielt inne und atmete einmal tief durch. „Ich habe das gesehen und eine Entscheidung getroffen!“ Seine Züge verhärteten sich. „Einem weiteren Beschuss durch das Schlachtschiff und die feindlichen Jäger hätten wir trotz Schutzschild nicht viel länger standhalten können. Die Kamarulu wäre zu einem Feuerball am Himmel über Ara Bandiks geworden und hätte am Boden alles Leben ausgelöscht. Also befahl ich abzudrehen und nach Nordosten zu fliegen, zum Piritak-Massiv. Wenn es uns gelänge, das gewaltige Schiff wegzulocken, hätten es unsere Piloten nur mit den feindlichen Jägern zu tun und damit noch eine Siegchance! Und wir gegen das Schlachtschiff in den Schluchten des Bergmassivs vielleicht auch!“ Er nickte mehrmals, als würde er in Gedanken seine Entscheidung nochmals durchdenken und zu demselben Schluss kommen. „Tatsächlich ging der Feind auf unser Manöver ein und folgte uns, doch der Flug wurde mehr und mehr ein Spießroutenlauf, bei dem wir weitere schwere Treffer hinnehmen mussten, bis schließlich der Schutzschild ausfiel! Damit war klar, dass die Schluchten des Bergmassivs unsere einzige und letzte Rettung waren! Bevor wie sie aber erreicht hatten, gelang es dem Feind, noch eine letzte, gewaltige Breitseite auf uns abzusetzen! Die Zerstörungen an und in der Kamarulu waren unvorstellbar und uns allen klar, dass wir das Schiff nicht mehr retten konnten! Alles was uns noch blieb, war, zu versuchen, das feindliche Schlachtschiff mit uns in den Tod zu ziehen! Also bereiteten wir alles für die letzte Fahrt der Kamarulu vor!“ Er stockte wieder und atmete nochmals ein, bevor er fortfuhr. „Ich gab den Befehl, vollen Schub zu leisten, obwohl nur noch vier der sechs Triebwerke intakt waren. Doch mir war klar, dass wir alles daransetzen mussten, den Bergeinschnitt, dem wir gerade folgten, hinter uns zu bringen, bevor ihn das feindliche Schlachtschiff erreicht hatte. Das hätte die Kamarulu zwar nicht mehr gerettet, uns aber vielleicht noch in die Lage versetzt, einen hohen Blutzoll für unseren Tod zu fordern.

Und es gelang tatsächlich!

Wir hatten die erste Biegung durchlaufen, bevor der Feind den Taleinschnitt erreicht hatte.

Und es wurde sogar noch besser:

Das Tal, in dem wir uns befanden, fiel stark ab. Aus dem Felsmassiv zu unserer Rechten stürzten die gewaltigen Wassermassen des bis dahin unterirdisch verlaufenden Mioli-Flusses herab. Die tosende Gischt spannte eine dichte Nebelwand vor uns auf.

Ich erinnerte mich an diese Stelle, da ich in meiner Kindheit schon einmal hier gewesen war und wusste daher, dass sich schon nach weniger als einer Meile zwei weitere, dicht aufeinanderfolgende Wasserfälle von absolut beachtlicher Größe anschlossen. Hiernach verschwindet der Mioli nach einigen Meilen wieder im Planeteninneren, bevor er am Fuße der Schluchten von Kindagi erneut austritt und sich mit dem Kindagi-Strom vereint.

Hier sah ich eine Chance, mit letzter Kraft den Jäger zum Gejagten zu machen und ihn in einen Hinterhalt zu locken.

Ich verlangte der Kamarulu so viel mehr ab, als sie eigentlich noch zu Geben im Stande war, doch zeigte sich, welch fantastisches Schiff wir gebaut hatten. Es gelang uns, einen schier unglaublichen Looping zu fliegen, bei dem wir das Schiff am höchsten Punkt nach rechts abkippen ließen. So konnten wir der Bergflanke folgen und dann quasi um den Gipfel herumfliegen. Es war Millimeterarbeit, überall ächzte und stöhnte es, der Stahl, die gesamte Konstruktion brüllte wütend auf, doch brach sie nicht auseinander. Unser Pilot…!“ Lobos deutete auf einen noch recht jungen Mann mit kurzen, schlohweißen Haaren, dunkel leuchtenden Augen und einer kurzen, spitzen Nase, die seinem Blick etwas Schelmisches verlieh. „…vollbrachte in diesen und den darauffolgenden Momenten nicht weniger als ein waschechtes Wunder!“ Der Angesprochene lächelte. Lobos wandte sich zu ihm um und sah ihn direkt an. „Ich habe noch niemals zuvor einen besseren Mann auf diesem Posten gehabt. Unser aller Leben…!“ Er deutete auf die anderen Personen aus seiner Mannschaft. „…ist dein Verdienst! Solltest du jemals wieder fliegen können und eine Besatzung brauchen, kannst du auf mich…auf uns alle… zählen!“ Überall wurde genickt und der Pilot war jetzt sichtlich bewegt.

Und als Lobos dieses Mal fortfuhr, klang seine Stimme sehr emotional und aufgekratzt, hallte beinahe geheimnisvoll und unheilschwanger in der Höhle wieder, als würden die Ereignisse von damals jetzt tatsächlich noch einmal vor seinem inneren Auge ablaufen und zogen damit innerhalb weniger Sekunden ausnahmslos jeden in seinen Bann

Es gelang dem Piloten, das Schiff aus dem Radarbereich des Feindes zu bringen. Die Kamarulu gab ihr Letztes. Ein weiteres Triebwerk fiel aus. Nur mit Mühe konnte sie den nötigen Schub erzeugen, um sich überhaupt noch an der Flanke des Berges in die Höhe zu schrauben. Kurz vor dem Gipfel hatte sich die Geschwindigkeit derart verringert, dass ich befürchtete, sie würde auf den letzten Metern versagen. Immer wieder wurde der Rumpf des Schiffes zusätzlich durch wuchtige Explosionen erschüttert, die ihm quasi die Eingeweide herausrissen und für eine bedrohliche Schlagseite sorgten.

Allen an Bord, dessen bin ich sicher, war klar, dass dies die letzte Reise der Kamarulu sein und dass es keine Überlebenden geben würde. Der endgültige Absturz eines derart gewaltigen Schiffes würde solch immense Energien freisetzen, dass alles innerhalb weniger Momente zu Staub verbrennen würde.

Komm schon, rief ich mit schweißnasser Stirn mehr zu mir selbst und betrachtete besorgt den Geschwindigkeitsmesser, der weiterhin gnadenlos abfiel. Nur noch dieses eine Mal, Kleine! Der Gipfel war noch zweihundert Meter von uns entfernt. Sie musste doch nur noch wenige Sekunden durchhalten. Das Brüllen der verbliebenen Triebwerke hatte sich mittlerweile zu einem erbärmlichen Heulen gewandelt und der gesamte Rumpf des Schiffes begann zu erzittern. Nun komm schon, brüllte ich und meine Männer starrten mich entsetzt an.

Dann hatte der Bug den Gipfel erreicht und schob sich darüber hinaus.

Wo ist unser Zielobjekt? rief ich.

Es hat den Eingang in das Tal fast erreicht!

Lassen sie das Schiff über den Bug kippen und gehen sie auf Frontalkurs! Behalten sie volle Leistung auf den Triebwerken bei.

Der Pilot nickte und wenige Momente später legte sich die Kamarulu in eine scharfe Rechtskurve, indem er den gesamten Rumpf kippte und dabei den Bug in die Tiefe drückte. Eben noch mit dem Blick in den Himmel, erschienen jetzt wieder massive Felsformationen vor uns und rasten in einer wilden Geschwindigkeit dicht an uns vorbei.

Kaum war der Bug soweit gesunken, dass wir den Einschnitt, in dem wir selbst noch vor nicht einmal einer Minute gewesen waren, sehen konnten, konnten wir auch den gewaltigen Rumpf unseres Verfolgers ausmachen, wie er sich langsam in das angrenzende Tal hineinschob.

Wieder erzitterte die Kamarulu und fast gleichzeitig erschütterte eine gewaltige Explosion den Rumpf, als das hintere der beiden Flugdecks an der Steuerbordseite in einem gleißenden Feuerball zerfetzt und abgesprengt wurde.

Die riesige Stahlkonstruktion raste in die Tiefe und krachte mit unbändiger Wucht auf den Bergrücken, wo sie noch einmal in einer irrsinnig wuchtigen Detonation vollständig zerrissen wurde.

Triebwerke aus! brüllte ich. Gehen sie auf Parallelkurs über das feindliche Schiff! Zielerfassung für alle Waffensysteme!

Der Offizier tippte seine Befehle ein, dann nickte er mir zu. Ziel ist erfasst!

Also dann meine Herren, rief ich, um den gewaltigen Lärm des Schiffes zu übertönen. Es war mir eine Ehre, mit ihnen fliegen zu dürfen! Und jetzt…Feuer!

Es war ein unglaubliches Schauspiel:

Die Kamarulu donnerte beinahe im Sturzflug auf das feindliche Schiff hinab, bevor sich ihr Bug wieder hob. Zu diesem Zeitpunkt befand sie sich etwa eine halbe Meile hinter ihm. Kaum hatte sich der Rumpf ausgerichtet, wurde der Feuerbefehl ausgeführt.

Innerhalb weniger Augenblicke zuckten annähernd achtzig Projektile aller Größen und Sprengkraft aus den Mündungsrohren unseres Schiffes und jagten auf den Feind zu, wo sie einen Wimpernschlag später beinahe zeitgleich einschlugen und ihre gewaltige Energien freisetzten.

Der Schutzschild des feindlichen Schiffes konnte einige der Angriffe abwehren, doch die meisten fanden ihr Ziel und trieben ihre tödliche Wucht durch die Außenhaut in das Innere hinein. Überall flammten grelle Blitze auf, schossen Feuer und Trümmerteile in alle Richtungen, vermischten sich mit dunklem Qualm zu gigantischen Flammenfäusten.

Immer wieder zuckte der Rumpf erbärmlich unter den Einschlägen der Projektile und der Wucht der Detonationen. Fast augenblicklich stoppten die Maschinen des Schiffes, während die Kamarulu mit hoher Geschwindigkeit nur einhundert Meter über seinem Rumpf hinwegdonnerte und Sekunden später mit schwerer Schlagseite und unzähligen eigenen Flammenherden in der Nebelwand aus Wolken und Gischt, hervorgerufen durch den gewaltigen Wasserfall aus dem Bergmassiv zur Rechten, verschwand.

Stille erfasste die Höhle, als Lobos geendet hatte, denn seine Worte hallten noch deutlich in den Köpfen der Anwesenden nach. Diejenigen, wie Vilo, Mavis, Cosco, Tibak, aber auch Pater Matu, die wussten, wovon der Admiral gesprochen hatte, waren gefangen von den Bildern, die seine Worte erzeugten, doch auch die anderen, wie Kaleena, Melia und Chalek, die die Kamarulu nie gesehen hatten und von militärischer Kampfführung nicht viel verstanden, waren beeindruckt und sprachlos.

Überraschenderweise war es Lobos selbst, der wieder seine Stimme erhob. „Unser Feind muss mächtig geschockt von unserer Attacke gewesen sein, denn er feuerte nicht mehr auf uns. Außerdem stoppte er seine Maschinen. Wenige Augenblicke später muss er dann hinter dem Nebel die gewaltigen Explosionen gesehen haben, die unser Ende zeigten. Als das feindliche Schiff schließlich über die Wasserfälle hinweg flog, war zu sehen, dass es schwere Schäden hatte hinnehmen müssen. Es drehte dann nach Süden ab. Wir haben es seither nicht wiedergesehen!“

Wieder trat Stille ein, denn Mavis und die anderen wussten nicht, wie sie Lobos überraschende Worte deuten sollten.

Vilo musste dann wohl der Meinung gewesen sein, zumindest irgendetwas zum Besten zu geben. „Verdammt Admiral. Sie und ihre Männer sind aber auch ein verwegener Haufen!“ Er grinste und nickte beeindruckt.

„Ja!“ Das war Melia und alle schauten sie ziemlich überrascht an, weil ausgerechnet sie das Wort ergriff. „Aber es erklärt nicht wirklich…!“ Sie wurde, ob der vielen Blicke auf sich, etwas unsicher. „…warum…ähm…sie noch leben!“ Sie blickte hilfesuchend zu Mavis. „Oder?“

Mavis schaute Melia zunächst ebenso überrascht an, wie alle anderen, doch dann erkannte er, dass sie einfach nur Recht hatte und lächelte ihr zu. Sie erwiderte diese Geste jedoch nur sehr kurz, dann wurde sie wieder ernst…nein, nicht ernst…traurig. „Melia hat Recht!“ sagte er dann aber und wandte sich an Lobos. „Wie zum Teufel sind sie noch rechtzeitig von Bord gekommen?“

Alle Blicke waren jetzt auf den Admiral gerichtet, doch der antwortete nicht sofort, sondern schaute zunächst jeden Einzelnen an, bis sein Blick auf Mavis haften blieb, der in den Augen seines Gegenübers ein Funkeln und auf seinen Lippen sogar ein leichtes Lächeln zu erkennen glaubte. Als Lobos dann den Mund öffnete, sagte er nur ein einziges Wort: „Gar nicht!“

„Wie bitte?“ Mavis glaubte sich verhört zu haben.

„Was soll das heißen?“ fragte Cosco. „Dass sie den Absturz anBord des Schiffes überlebt haben?“

Der Admiral antwortete nicht, sondern nickte nur.

„Was?“ platzte Vilo hervor. „Aber das ist doch Bullshit!“ Seine Miene verdunkelte sich zusehends. „Niemand kann den Absturz der Kamarulu überleben!“

„Stimmt!“ Lobos nickte erneut. „Allein die sechs Triebwerksreaktoren haben so viel Energie in sich, um alles zu Staub zu verbrennen!“

„Eben!“ Vilo fühlte sich bestätigt. „Meine Rede!“

Mavis schaute den Admiral direkt an. „Und dennoch sitzen sie alle hier!?“ Sein rechtes Auge verengte sich dabei zu einem schmalen Schlitz. „Wie passt das zusammen? Gab es noch einen intakten Jet an Bord. Oder eine Rettungskapsel?“ Er schaute zu Vilo. „Hatte sie Rettungskapseln?“

„Nein!“ erwiderte sein Freund. „Sie hatte keine!“

Lobos nickte erneut. „Richtig! Und einen intakten Jet gab es auch nicht!“ Wieder hatte Mavis das Gefühl, dass der Admiral leicht amüsiert wirkte.

„Ich glaube…!“ hob Melia an und erneut blickten alle zu ihr. Für eine Sekunde befiel sie Unsicherheit, doch dann straffte sich ihr Oberkörper. „…der Admiral meint nicht, dass er beim Absturz an Bord war…!“ Sie erkannte, dass Mavis sie ansah und warf ihm einen kurzen, ernsten Seitenblick zu. „sondern, dass…ähm…es keinen Absturz… gegeben hat!“ Sie schaute Lobos mit großen Augen an, dessen Lächeln daraufhin etwas stärker wurde.

„Was?“ platzte Vilo ziemlich gereizt hervor. „Aber das ist doch noch größerer Blödsinn!“ Er warf Melia einen abschätzigen Blick zu. „Ich habe das Satellitenbild gesehen. Alles hier war eine einzige, gewaltige Flammenwolke!“

„Das stimmt!“ pflichtete Lobos ihm mit ernster Miene bei, dann wandte er sich an Melia, schaute sie direkt an und lächelte milde. „Aber ich würde dennoch nicht mit ihr schimpfen!“

„Klar!“ zischte Vilo genervt. „Weil sie keine Ahnung hat!“

„Vilo!“ Das war Mavis, für dessen Geschmack sein Freund jetzt zu hart agierte. Er wollte nicht, dass er Melia so anfuhr. „Hör auf!“

„Was?“ protestierte sein Freund jedoch.

Bevor er aber noch etwas sagen konnte, hob Lobos seine Stimme soweit an, dass alle seine nächsten Worte sehr gut hören konnten und er auch die Aufmerksamkeit der beiden Männer hatte. „Nein, weil sie...!“ Er grinste. „…Recht hat!“

Für einen Moment war es mucksmäuschenstill in der Höhle.

Dann platzte Mavis hervor. „Was?“

„Sie wollen uns verarschen, oder was?“ rief Vilo.

„Nein!“ erwiderte Lobos ruhig und gelassen. „Und ich kann es auch beweisen!“

II

„Halt still!“ mahnte Niuri und ihr Blick zeigte deutlich, dass sie nicht zu Scherzen aufgelegt war.

Sie befand sich im Behandlungszimmer und stand vor einer Liege, auf der Kabus saß. Sein Oberkörper war entblößt. Niuri hatte den Verband entfernt und war gerade dabei, die Wunde zu säubern. Sie war sehr konzentriert bei der Sache, denn die Verletzung war, obwohl sie bereits deutliche Heilungsspuren zeigte, nach wie vor ernst zu nehmen.

Kabus, der entspannt auf der Liege saß und seine Beine locker baumeln ließ, sah das aber offensichtlich ganz anders, denn mit einem breiten Grinsen und leuchtenden Augen fuchtelte er mit seinen Armen um ihren Kopf herum, versuchte sie zu streicheln und sie an sich zu ziehen, um sie zu küssen. Dabei stöhnte er ziemlich wollüstig.

Niuri aber hatte sichtlich keinen Nerv für sein Gebaren. „Lass das!“ Sie schob seine Hände, die im Begriff waren, sich auf ihren Brüsten niederzulassen, beiseite und wollte mit ihrer Arbeit fortfahren.

Kabus jedoch interessierte sich herzlich wenig für ihre ablehnende Haltung, sondern intensivierte seine Bemühungen im Gegenteil sogar noch. Sein Pech allerdings war, dass Niuri eine Art Pinzette in der Hand hatte, mit der sie abgestorbene Hautpartikel aus der Wunde entfernen wollte und als er sie an sich zog, um sie zu küssen, spürte er plötzlich einen höllischen Schmerz, der ihm sofort die Hitze durch den Körper trieb. „Aua!“ brüllte er, ließ sie los und schaute auf seine Wunde, während er versuchte den Schmerz zu ertragen.

Niuri trat einen halben Schritt zurück. Als Kabus sie vorwurfsvoll ansah, hatte sie die Pinzette erhoben und ein sanftes Grinsen auf den Lippen. „Ich hatte dich gewarnt!“

Kabus rechtes Auge verengte sich zu einem Schlitz. „Du bist ein Biest!“

Niuri grinste breiter. „Auch!“

„Und eine Schwindlerin!“

Niuris Lächeln erstarb und ihr Blick wurde ernst. „Wieso?“

„Du hast gesagt, du…!“ Kabus stoppte abrupt ab und wurde etwas verlegen. „…magst mich!“ fuhr er fort, doch war ihm klar, dass Niuri wusste, was er eigentlich hatte sagen wollen.

Die junge Frau lächelte auch nur einen Augenblick offen, dann wurde es ernster und ihre Augen leuchteten. „Mehr als das!“ erwiderte sie, hob ihre rechte Hand und streichelte sanft seine Wange.

Kabus lächelte zufrieden. „Und warum darf ich dich dann nicht küssen?“

„Weil du…!?“ Niuri blickte irritiert. „…noch immer verletzt bist und ich mich um deine Wunde kümmern muss!?“

„Geht das nicht auch später?“

Doch Niuri schüttelte mit ernster Miene den Kopf. „Jetzt!“

„Okay!“ Kabus gab sich mit einem tiefen Atemzug und verzogenen Mundwinkeln geschlagen. „Aber ich…brauche…wenigstens einen Kuss, sonst…!“ Er wartete, bis sie ihn ansah. „…werde ich wahnsinnig vor Verlangen nach dir und dann nützt mir auch ein intakter Körper nichts!“ Er grinste schief.

Jetzt verengten sich Niuris Augen und sie wollte schon zu etwas ansetzen, doch dann brummte sie nur. „Also gut! Einen Kuss!“ Sie wartete, bis Kabus nickte. „Dann kümmere ich mich um deine Wunde!“ Wieder nickte ihr Gegenüber und sie trat direkt vor ihn. Einen Augenblick später hatte er schon seine beiden Hände an ihre Wangen gelegt und sie befand sich in einem absolut leidenschaftlichen Zungenkuss. Was immer sie auch für Vorsätze gehabt haben mochte, sie brachen vollständig auseinander und tiefes Verlangen erfasste sie. Im nächsten Moment stöhnte sie wollüstig, genoss das Gefühl, das ihr Kabus gab, in vollen Zügen und vergas ihre Umgebung.

Plötzlich aber bemerkten sie Tumult außerhalb der Krankenstation. Zuerst waren es nur lautere Stimmen, doch schon einen Moment später wurden sie auch hektisch, aufgeregt und besorgt. Das reichte aus, um ihren Kuss zu beenden.

Im selben Augenblick ertönte von draußen der Schrei eines Elay. Laut und dröhnend hallte er in der Halle nach.

War eines der Tiere ausgebrochen, bevor Umuras sich mit ihm beschäftigen konnte? War der Fluch, der diese wundervollen Wesen einst befallen hatte, am Ende doch noch nicht gänzlich vergangen?

Niuri und Kabus schauten sich an und trennten sich dann. „Was mag da los sein?“ fragte Kabus.

Niuri zuckte in den Schultern. Gemeinsam gingen sie zur Tür. Sie erkannten sofort, dass sie sich nicht geirrt hatten. Mitten in der großen Halle stand, umringt von mehreren Personen – unter ihnen auch Umuras – ein Elay. Nein, nicht ein Elay, der Elay, der Jorik und die anderen vor Stunden hinauf zur Oberfläche bringen sollte!

Als Niuri und Kabus diesen Umstand realisierten, zeigte sich augenblicklich Sorge in ihren Gesichtern Sie traten ins Freie und näherten sich dem Flugwesen.

„Vorsicht!“ brüllte Umuras und schon im nächsten Moment wirbelte der Elay herum und sein ausgetreckter Schwanz schoss in Hüfthöhe waagerecht durch die Luft. Niuri und Kabus waren gerade noch weit genug entfernt, dass sie davon nicht erwischt wurden, ein Mann im mittleren Alter aber hatte kein Glück, wurde aus dem Stand nach hinten gerissen und einige Meter brüllend durch die Luft geschleudert. Allerdings landete er in einer Gruppe Zuschauer, die ihn unfreiwillig auffingen, sodass er keinen nennenswerten Schaden davontrug.

Erneut war ein wildes Brüllen des Elay zu hören und Kabus rechnete fest damit, dass das Tier komplett ausrasten würde, doch zu seiner Überraschung begann der Körper des Flugwesens plötzlich zu zittern, aus dem Brüllen wurde ein schmerzhaftes, qualvolles Stöhnen und schon im nächsten Moment sackten die Beine unter dem massigen Körper weg und der Elay krachte mit einem kläglichen Aufschrei zu Boden.

„Sie ist verletzt!“ rief Umuras und näherte sich dem Tier, obwohl es seinen Kopf drohend in seine Richtung drehte. Umuras aber ließ sich davon nicht abhalten, legte seine Hand beschwichtigend auf den Körper des Flugwesens und tatsächlich beruhigte es sich zusehends. Während es nochmals schmerzhaft aufstöhnte, konnte er die Wunden betrachten und war sichtlich besorgt. „Sehr sogar!“

„Was…?“ Kabus war mit Niuri nähergekommen. Seine Wunde war längst vergessen, einzig tiefe Besorgnis erfüllte ihn. „Was ist passiert?“

Umuras schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung!“ Er sah die beiden direkt an. „Aber um einem Elay solche Wunden zuzufügen, bedarf es schon erheblicher Gewalteinwirkung!“

„Ist sie allein?“ fragte Kabus. „Ich meine, war denn keiner bei ihr?“

Umuras wusste darauf keine Antwort, doch quasi im selben Moment kamen die beiden Männer angerannt, die in der Höhle Wache gehalten hatten, hinter der sich der gewaltige Trichter befand, der letztlich bis an die Oberfläche des Planeten führte. Als sie den Elay sahen, stoppten sie ab.

„Was ist passiert?“ fragte Umuras.

„Er war urplötzlich da! Ohne Vorwarnung!“ antwortete der ältere der beiden. „Kam aus dem Trichter in die Höhle geschossen, durchflog sie und verschwand in diese Richtung!“

„War Jemand bei ihm?“ Kabus trat einen Schritt auf den Mann zu.

Doch der schüttelte den Kopf. „Nein! Der Elay war allein!“

„Seid ihr sicher?“ hakte Niuri nach.

Jetzt nickte der Mann. „Wir haben den Trichter und den Höhleneingang abgesucht, bevor wir hierherkamen!“

„Aber…!“ Kabus Blick drückte pure Hilflosigkeit aus. „Was ist passiert?“

Niuri schaute ihn voller Mitleid an. „Das weiß niemand!“ Sie trat zu ihm und schloss ihn in die Arme.

„Das ist so nicht ganz richtig!“ erwiderte Umuras und als die beiden ihn ansahen, fügte er mit einem Nicken auf den Elay hinzu. „Sie weiß es!“

„Aber…!“ Kabus befiel Verzweiflung. „Dann soll sie uns dorthin fliegen, wo sie…!“ Er stoppte ab.

Umuras schüttelte den Kopf. „Sie ist ernsthaft verletzt. Wir müssen sie erst behandeln!“

„Wie lange wird das dauern?“ setzte Kabus nach.

Umuras schaute ihn an, dann auf die Wunde an seiner linken Seite. „Nicht länger, als bei dir!“

Kabus schaute an sich herab und musste erkennen, dass seine Wunde wieder aufgebrochen war. Frisches Blut sickerte in einem dünnen Strich in seine Taille. Mit einem Mal spürte er dort auch ein sehr unangenehmes Ziehen, das sich zu einem Brennen entwickelte. Mit großen Augen schaute er Umuras an.

„Wenn du bereit bist, ist sie…!“ Er deutete auf den Elay. „…es auch!“

„Vorausgesetzt, du tust dieses Mal, was ich dir sage!“ mahnte Niuri, doch zeigte ihr Blick, dass sie mit ihm fühlte.

„Natürlich!“ erwiderte Kabus sofort. „Lasst uns keine Zeit verlieren!“ Er schaute Umuras bittend an.

Der Alte nickte, wandte sich ab und gab einigen Umstehenden Anweisungen, Platz zu schaffen, Verbandszeug und Medikamente, sowie heißes Wasser zu holen.

Niuri zog Kabus mit sich und lächelte ihm aufmunternd zu, doch wusste er nicht, ob er ihren Optimismus wirklich teilen sollte.

III

„Wer?“ Das Wort war geschrien und hallte in dem Höhlenraum laut und beinahe krachend nach. Wut und Zorn schwangen mit und verstärkten seine Wirkung noch. Sein Verursacher war Captain Narrix. Mit von großer Wut gerötetem Kopf und schwellender Halsschlagader stand er in der Mitte des Raumes und starrte auf die sieben Personen herab, die vor ihm mit auf dem Rücken gefesselten Händen knieten und von je einem seiner Männer mit einer Schlinge drangsaliert wurden, die um ihren Hals lag und fest angezogen war, sodass alle Schwierigkeiten hatten, normal zu atmen.

Narrix Oberkörper erhob sich ein Stück, er drehte sich parallel zu den Knieenden und betrachtete jeden Einzelnen. Doch keiner von ihnen würdigte ihn eines Blickes, alle starrten nur geradeaus und waren bemüht, das Gleichgewicht nicht zu verlieren, da die Männer hinter ihnen die Stricke um ihren Hals so weit in die Höhe gezogen hatten, dass sie ihre Oberkörper weit strecken mussten, um atmen zu können, was ihre Stabilität ziemlich beeinträchtigte.

Die Nichtbeachtung seiner Person machte Narrix sichtlich noch wütender. Mit einem wilden Aufschrei trat er einen halben Schritt nach vorn, packte Kendig rüde am Hinterkopf an den Haaren und drosch zweimal mit brutaler Härte in sein Gesicht. Der hatte nicht die geringste Chance, dass zu verhindern oder irgendetwas zu tun, um die Schläge abzumildern. Mit lautem Klatschen krachte Narrix Faust auf seinen Wangenknochen, Kendig schrie erstickt auf. Blut und Speichel flogen umher. Kendig sackte zusammen, doch der Captain war unerbittlich, riss seinen Kopf wieder in die Höhe, schob sein wutverzerrtes Gesicht direkt über das seine und brüllte nochmals. „Wer?“

Doch er sollte erneut keine Antwort bekommen. So ließ er Kendig los, der daraufhin zusammensackte. Der Mann hinter ihm riss jedoch sofort an der Schlinge, die sich augenblicklich fester um seinen Hals schloss und ihm den Atem nahm. Kendigs Körper zuckte in die Höhe und er drückte ihn wieder durch, so gut es ging, rang nach Luft. Viele Kraftreserven hatte er allerdings nicht mehr, Oberschenkel und Arme zitterten bereits erbärmlich.

Rechts neben ihm, an dem einen Ende der Reihe kniete seine Frau Malawi. Ihr Gesicht war gezeichnet von einigen Misshandlungen, auch sie atmete schwer. Schweiß rann ihr über die Stirn in die Augen. Ihr Blick war auf Kendig gerichtet, tiefer Schmerz hatte ihr Herz erfasst, sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ihm helfen zu können. Doch ihre Arme waren ebenso auf dem Rücken gefesselt, wie die aller anderen und der Zug an ihrem Hals tat sein Übriges, um sie ziemlich wehrlos zu machen. Dennoch war ihr klar, dass sie ihrem Mann helfen musste. Sie musste die Aufmerksamkeit von ihm nehmen, damit er durchatmen konnte. Echte Angst um ihn erfasste sie, ließ sie ihre eigene Angst und ihre vielfältigen Schmerzen vergessen. Einzig Liebe trieb sie an. „Wer was?“ stieß sie halb erstickt hervor – und bereute es einen Augenblick auch schon.

Denn Narrix wirbelte zu ihr herum, legte seine rechte Hand um ihre Kehle und drückte gnadenlos zu. Malawi wurde schlagartig heiß, sie konnte nicht mehr atmen und hatte das Gefühl, ihr Kehlkopf würde zerquetscht werden.

„Wer was?“ Das war Rimbo. Er befand sich links neben seiner Frau Idis, die wiederum links von Kendig kniete. Seine Stimme klang gereizt und ziemlich kraftvoll, doch schon im nächsten Moment zog der Kerl hinter ihm derart kräftig an der Schlinge, dass Rimbos Knie für einen Moment vom Boden abhoben und er röchelnd zu zappeln begann.

Narrix schien im ersten Moment nicht auf ihn reagieren zu wollen. Stattdessen weidete er sich sichtlich an Malawis Schmerz und Hilflosigkeit, so sehr, dass er grinsen musste. Plötzlich schoss sein Kopf nach vorn und er küsste sie fest auf den Mund. Malawi stöhnte auf und versuchte sich ihm zu entwinden, was ihr aber nicht wirklich gelang. Hilflos musste sie den rüden Kuss über sich ergehen lassen. Als Narrix schließlich wieder von ihr abließ war sie einer Ohnmacht sehr nahe. Wild rang sie nach Luft, spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg, sie röchelte und hustete Schleim hervor.

Narrix grinste sie nochmals breit an, dann wandte er sich von ihr ab und trat vor Rimbo. Ohne Vorwarnung riss er sein rechtes Bein in die Höhe und rammte es ihm in den Magen. Rimbo stöhnte, sein Gesicht wurde rot und auch er würgte hustend Schleim hervor. Narrix wartete reglos, bis er sich wieder etwas beruhigt hatte. „Wer fehlt hier?“ fragte er dann und starrte Rimbo direkt in die Augen.

„Ich…!“ Rimbo hatte Mühe durch seine zunehmend verstopfte Nase zu atmen. „…verstehe nicht! Wer zum Teufel soll denn hier fehlen?“

„Ich glaube…!“ brachte Idis mit großer Mühe hervor. Auch sie hatte große Sorgen um ihren Mann und wollte ihm helfen, indem sie die Aufmerksamkeit von ihm ablenkte. „…ich bin nicht mehr ganz bei mir!“ Im Gegensatz zu Malawi war sie auf eine ruckartige Bewegung des Captains gefasst, die auch prompt kam. Er griff rüde ihre Haare an der Stirn und drückte ihren Kopf nach hinten. „Vitaminmangel…schätze ich!“ fügte sie noch hinzu und grinste dabei sogar verzerrt.

Narrix starrte sie mit einem widerlichen Grinsen und zunehmend offener Gier an. Seine Augen leuchteten. „Du bist eine Wildkatze!“ sagte er und schon lag seine linke Hand auf ihrer rechten Brust. Idis stöhnte auf, doch nicht aus Wollust, sondern aus Ekel. Narrix aber störte sich nicht daran. Er knetete sie für einen Augenblick hart, dann drückte er mit aller Kraft zu. Wieder musste Idis stöhnen, dieses Mal jedoch aus Schmerz. „Ich liebe das!“ Er bleckte die Zähne. „Eure Männer sterben zuerst. Dann werde ich mich mit euch Frauen beschäftigen. Und wenn ich mit dir fertig bin, dann kannst du sagen, dass du nicht mehr ganz bei dir bist. Ich werde dir und deinen Freundinnen nämlich den Verstand aus dem Kopf vögeln. Erst ich…und dann meine Männer!“ Er starrte Idis direkt in die Augen, während er ihre Brust wieder knetete. „Gib zu, du freust dich schon darauf!“

Das war zu viel für Rimbo. Obwohl er wusste, dass es wehtun würde, drückte er sich auf die Beine und machte einen Schritt auf Narrix zu. Doch bevor er ihn ganz ausgeführt hatte, war der Kerl in seinem Rücken auch schon bei ihm und hämmerte ihm mit rüder Gewalt den Gewehrkolben zwischen die Schulterblätter, dass es nur so krachte. Rimbo hatte das unbedingte Gefühl, dass etwas zerbrach. Alle Kraft wich aus seinem Körper und er fiel zurück auf die Knie, wo ihm der Kerl nochmals einen derben Schlag mit dem Kolben in den Nacken versetzte, sodass er aufschreien musste. Für einen Moment verschwamm das Bild vor seinen Augen, dann spürte er widerliche Hitze in seinem Gesicht, als die Schlinge um seinen Hals wieder festgezogen und er somit zurück auf seine Ausgangsposition getrieben wurde.

„Bist du bescheuert?“ fragte Narrix in lässigem Ton wahrlich von oben herab.

„Lass sie in Ruhe!“ stieß Rimbo hervor. „Leg dich mit mir an, wenn du dich traust!“ Er blickte seinem Gegner geradewegs und mutig in die Augen.