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Ely liebt Rachael. Das ist ein Problem. Denn Ely ist kein Mensch, sondern ein Schutzengel und Rachael die Frau seines Schutzbefohlenen Timothy. Plötzlich aber erhält er die Chance alles zu ändern, doch bringt er damit nicht nur Timothy in allerhöchste Gefahr, sondern beschwört auch Mächte herauf, die er nie zu kontrollieren vermag. Jetzt kann nur noch einer helfen: Timothys Freund Frank Palmer. Doch hat der gerade Sarah kennengelernt und seine heftig aufkommenden Gefühle zu ihr, halten ihn weitaus mehr in Atem, als ihm lieb sein kann… Fantasy, Thriller, Drama - hier wird alles geboten Ein Mix, der Spaß macht, spannend ist und nicht nur am Ende einige Überraschungen bereithält...
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Seitenzahl: 1322
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Alfred Broi
H a l o
R o m a n
Inhalt
α
παιχνίδι (Das Spiel)
β
γ
δ
ε
ς
ζ
η
θ
ι
ια
ιβ
ιγ
ιδ
ιε
ις
ιζ
ιη
ιθ
κ
κα
κβ
κγ
κδ
κε
κς
κζ
κη
κθ
λ
λα
λβ
λγ
λδ
λε
λς
λζ
λη
λθ
μ
μα
μβ
μγ
μδ
με
μς
μζ
μη
μθ
ν
να
νβ
νγ
νδ
νε
νς
νζ
νη
νθ
ξ
ξα
ξβ
ξγ
ξδ
ξε
ξς
ξζ
ξη
ξθ
ο
οα
οβ
ογ
οδ
οε
ος
οζ
επίλογος(Epilog)
Halo
Ursprüngliche Abstammung aus dem griechischen (ἄλως) d. h. halos, das einen Lichtring um Sonne oder Mond oder auch die Sonnen- oder Mondscheibe selbst bezeichnete…
… Definition für Lichteffekte der atmosphärischen Optik, die durch Reflexion und Brechung von Licht an Eiskristallen entstehen…
Synonym für Überstrahlungseffekt… verzerrte Personenwahrnehmung… auch sog. Heiligenschein-Effekt
Der Mccain Boulevard, der sich an der Ostküste der Mccain Bay entlang zog, war eine der größeren Verkehrsadern der Stadt, doch jetzt, um halb zwei Uhr morgens an einem Donnerstag, war auch er kaum noch befahren.
Dadurch fiel die nagelneue Mercedes S 500-Limousine mit ihrer blankpolierten Aluminium-Hybrid-Außenhülle in Phantomschwarz nur wenigen Verkehrsteilnehmern ins Auge, wie sie nahezu lautlos über den Boulevard schwebte.
Ihr Ziel war 800 Mccain Bay, seines Zeichens eines der höchsten Gebäude der Stadt, wenngleich dies bei einer Länge von rund 217 Metern jedem New Yorker kaum mehr als ein müdes Lächeln abgerungen hätte.
Dennoch zählte es mit seiner hellblau-anmutenden, geschwungenen Stahlfassade ganze 65 Stockwerke und bot Platz für 516 Wohnappartements.
Die teuersten ihre Art waren, wie fast immer, die Penthouse-Suiten im obersten Stockwerk.
Die größte und luxuriöseste von ihnen mit einem beeindruckenden Blick auf die Mccain Bay war das Ziel des einzigen Insassen im Fond der hochmodernen Limousine der Extraklasse.
Der Fahrer, ein achtunddreißigjähriger Zwei-Meter-Hüne mit kurzgeschorenen, blonden Haaren, stahlbauen, leuchtenden Augen und den Muskeln eines ausgewachsenen spanischen Cabrera-Kampfstiers fand kaum Platz in dem komfortablen Sitz hinter dem Lenkrad. Doch trotz Händen, so groß wie Restaurant-Bratpfannen und Muskelbergen, die der maßgeschneiderte Armani-Anzug aus anthrazitfarbener, leicht glänzender Schurwolle, kaum zu bändigen wusste, lenkte er das weit über hunderttausend Dollar teure Spitzenprodukt deutscher Automobilkunst sicher, unauffällig und sanft über den Asphalt.
Der Mann im Fond des Autos war ungleich älter, als der Fahrer. José Manuel dos Santos di Maria war achtundsiebzig Jahre alt, jedoch noch bei bester Gesundheit. Sowohl körperlich, was er einem strengen Fitness- und Ernährungsprogramm seiner bezaubernden, aber ausgesprochen strengen Personal-Trainerin und einem hohen Maß an lebenslang erarbeiteter, eisenharter Selbstdisziplin zu verdanken hatte, als auch ganz besonders geistig, was er seinem Beruf, als auch seiner Vorliebe für Kreuzworträtsel, besonders aber dem regelmäßigen Umgang mit seinen beiden wundervollen Urenkeltöchtern zuschrieb.
Und so fühlte sich José lange nicht so alt, wie er es der Zahl nach eigentlich schon war. Er hatte die Figur eines Dreißigjährigen, noch immer volles Haar (die Tatsache, dass es schon einige Jahre nicht mehr schwarz, sondern schlohweiß war, hatte ihn nur anfangs gestört) und einen geraden, stechenden Blick aus tiefgrünen Augen. Er war konditionell auf der Höhe und kam auch weiterhin mit nur fünf Stunden Schlaf pro Tag aus. Aber das war auch nötig, denn José war der Kopf eines ziemlich erfolgreichen Imperiums, auf das er zu Recht stolz war.
Natürlich hatte er nicht vorgehabt, seine Firma, die er vor mehr als fünfundfünfzig Jahren mit seinen eigenen Händen und einer Unmenge an Schweiß und Blut quasi aus dem Nichts aufgebaut hatte, noch immer zu leiten, doch das Schicksal hatte ihm vor mehr als zwanzig Jahren einen dicken Strich durch seine Lebensplanung gemacht.
Da nämlich starb sein einziger Sohn Augusto bei einem Autounfall im rund fünfzig Kilometer entfernten Tonka Beach, als er einen tödlichen Fehler beging, als er einen ihm übertragenen Job nicht so ausführte, wie es vereinbart war, und beraubte José damit seines Nachfolgers.
Glücklicherweise hatte Augusto selbst drei Kinder, darunter auch einen Sohn. Felipe war ein Ebenbild seines Vaters und José setzte all seine Hoffnungen auf ihn. Der Junge lernte schnell, war wissbegierig, zielstrebig und besaß die nötige Eiseskälte für diesen Job. José war sehr zuversichtlich, dass er einen Nachfolger für seine Firma gefunden hatte.
Denn nach seinen Vorstellungen wollte er nur noch von den Früchten seiner Arbeit leben und zusammen mit seiner über alles geliebten Frau Margaret, einer hinreißend schönen Blondine mit üppigen Brüsten und rasanten Kurven, mit der er seit seinem sechsundzwanzigsten Lebensjahr glücklich verheiratet war, einen wundervollen Lebensabend bei Reisen rund um die Welt genießen.
Doch alles kam gänzlich anders:
Zunächst wurde bei Felipe Aids diagnostiziert. Obwohl er die besten Ärzte konsultierte und die Chancen gut standen, dass die Krankheit nicht bei ihm ausbrechen würde, konnte José seinem Enkel seine Firma nicht mehr überlassen, denn natürlich war es vollkommen undenkbar, dass sein über all die Jahre mit seinem Herzblut aufgebautes Imperium von einer gottverdammten Schwuchtel geleitet wurde.
Über diese Entscheidung kam es zu einem schweren Disput mit Margaret, an dessen Ende seine Frau vollkommen unerwartet leblos zusammenbrach. Die Ärzte diagnostizierten ein Aneurysma in ihrem Kopf, das aufgeplatzt war und ihr einen schnellen Tod gebracht hatte.
José war erschüttert, am Boden zerstört und für eine gewisse Zeit vollkommen unfähig, etwas anderes zu tun, als nur zu trauern.
Dann aber fing er sich wieder. Ihm war klar, dass er fortan allein bleiben würde. Die Liebe zu Margaret war so groß gewesen, dass er weder die Chance sah, dass eine andere Frau ihren Platz je würde einnehmen können, als auch nicht das Bedürfnis danach hatte. Von Zeit zu Zeit brauchte er freilich Jemanden, der sein rein körperliches Verlangen stillte, was auch bis heute noch nicht spürbar nachgelassen hatte. Und er übte ganz offensichtlich noch immer einen besonderen Reiz auf Frauen - auch auf deutlich jüngere – aus, sodass er hierzu nie auf Prostituierte zurückgreifen musste.
Geschäftlich nahm er zunächst wieder das Ruder in die eigene Hand. Seine Trauer um Margaret und sein Frust auf Felipe hatten jedoch ihre Spuren bei ihm hinterlassen. Er zeigte unnötige Härte, war zu oft zu gnadenlos und verspürte kaum noch Freude an seiner Arbeit. Außerdem war er reizbar und auch teilweise inkonsequent.
Hilfe für ihn kam dann aus einer vollkommen unerwarteten Richtung:
Sein Sohn Augusto hatte neben Felipe noch zwei Töchter, Rosaria und Micaela. Beide waren wunderbare Enkelkinder für ihn. Und gerade das jüngste Kind, Micaela, wurde sein neuer Stern. Sie war vierunddreißig Jahre alt und eine sehr attraktive Frau mit langen, pechschwarzen Haaren und üppigen, festen Formen. Ihr stets sehr feminines, besonnenes und ruhiges Auftreten aber täuschte gewaltig. Micaela war eine knallharte Geschäftsfrau, eiskalt, wenn es nötig war, auch gnadenlos, aber stets fair und hochintelligent, mit einem Master in Rechtswissenschaften.
Als sie ihren Großvater darum bat, in sein Geschäft einsteigen zu dürfen, war er zunächst überrascht, doch schon nach einem Jahr wusste er, dass Micaela all das verkörperte, was er sich für seinen Nachfolger erhofft hatte. Einzig der Gedanke seine Firma an eine Frau weiterzugeben, machte ihm anfangs zu schaffen. Doch Micaela selbst war es, die ihn immer wieder aufs Neue überraschte, vor allem aber überzeugte.
Vor nunmehr vier Monaten hatte er ihr dann offiziell die Leitung seiner Firma übertragen. Natürlich war er noch immer sehr oft vor Ort, der Übergang sollte langsam und kontrolliert ablaufen. Micaela sah das genauso und war sowohl dankbar, als auch fordernd, was seine Unterstützung anging.
Mittlerweile war José vollkommen sicher, dass seine Enkeltochter sein Lebenswerk so weiterführen würde, wie er es sich immer gewünscht hatte und seiner Familie damit weiterhin ein wundervolles Leben garantierte.
Da Margaret nicht mehr lebte, hatte er sein Vorhaben, die Welt zu bereisen, allerdings weitgehend aufgegeben. Allein sah er darin keinen besonderen Sinn.
Stattdessen widmete er sich intensiv seinen beiden lebenslangen Leidenschaften: Schnelle Autos und dem Wettspiel!
Der Zufall wollte es, dass er in einigen seiner langjährigen Geschäftspartner Gleichgesinnte fand. Und irgendwann stellten sie Überlegungen an, wie man beides miteinander verknüpfen konnte.
Das Ergebnis konnte sich wahrlich sehen lassen und war der Grund, warum José zu so später Stunde auf dem Weg zu 800 Mccain Bay war.
*
Der Mercedes rollte in die Tiefgarage und der Fahrer fand einen Parkplatz in der Nähe der Aufzüge. Nachdem er den Motor abgestellt hatte, stieg er aus dem Wagen und blickte sich zunächst sorgfältig um. Es war zwar nicht anzunehmen, dass unerwünschte Gäste erscheinen würden – schon während ihrer Fahrt hierher hatte er aufmerksam beobachtet, ob sie womöglich verfolgt wurden – doch stets war nur der Wachsame erfolgreich.
Aber der Hüne konnte nichts Ungewöhnliches ausmachen, sodass er die hintere Tür auf der Fahrerseite öffnete und seinen Arbeitgeber aussteigen ließ.
José nickte ihm mit einem leichten Lächeln zu. „Danke Marco!“
Der Fahrer nickte wortlos zurück, schloss die Tür wieder und verriegelte das Fahrzeug. Dann ging er voraus zum Fahrstuhl.
José folgte ihm dichtauf. Dabei ließ er seinen Blick durch die Tiefgarage schweifen. Zufrieden und mit einem weiteren leichten Lächeln registrierte er einige bekannte andere Fahrzeuge seiner Freunde. Wie es schien, war er heute wohl der letzte Gast.
Als sie den Fahrstuhl erreicht hatten, drückte Marco den Rufknopf. Wenige Sekunden später öffneten sich die Türen mit einem Gongton. José und sein Begleiter traten ein, die Kabine schloss sich wieder, Marco drückte den Knopf für die oberste Etage und der Aufzug setzte sich sanft, aber schnell in Bewegung.
Als wenig später ein zweiter Gong die Ankunft im Penthouse verkündete, verspürte José sofort eine gewisse Nervosität, die jedoch nicht unangenehm war, sondern im Gegenteil die Vorfreude auf das bevorstehende Ereignis darstellte.
Dennoch bewegte er sich zunächst nicht. Marco hatte inzwischen einen halben Schritt schräg nach vorn gemacht und sich somit direkt vor seinen Arbeitgeber gestellt. Als sich die Türen schließlich öffneten und den Blick in den von Spiegeln und Glasflächen dominierten Vorraum freigaben, trat Marco aus der Kabine. Während er an der zweiflügeligen, massiven Eichentür zwei von Mister McNallys Angestellten, so wie er in teure, schwarze Anzüge mit Fliege gekleidet und ebensolche muskelbepackte Hünen, erkannte, die sie mit ausdruckslosen, aber wachsamen Blicken musterten, trat ein dritter Mann direkt vor ihn. Er war ein halben Kopf kleiner als Marco, schlank und mit deutlich weniger Muskelmasse. Er hatte kurzgeschnittene, schwarze Haare und trug einen silbergrauen Anzug mit passender Weste und Krawatte. Seine tiefbraunen Augen blickten klar und freundlich hinter einer ziemlich kleinen Brille mit kreisrunden Gläsern. Marco erkannte ihn als Jason Patrick, Mister McNallys persönlichen Assistenten, woraufhin er sich entspannte, denn Jason war, im Gegensatz zu einigen anderen Assistenten, auf die sie gleich treffen würden, ein ruhiger und sympathischer Zeitgenosse.
„Marco!“ begrüßte ihn Patrick dann auch mit einem Nicken und einem Lächeln.
„Jason!“ Marco reichte ihm die Hand und drückte sie kurz.
Dann trat Patrick an ihm vorbei und begrüßte mit einem deutlich breiteren Lächeln José.
Der Alte kam ihm entgegen und erwiderte den Gruß. „Hallo Jason! Wie geht es ihrer Tochter? Ist alles wieder in Ordnung?“
Jason war sichtlich erfreut, dass sich di Maria noch daran erinnerte, dass seine Tochter eines Morgens einfach ohnmächtig umgefallen war und mit dem Notarzt ins Krankenhaus gebracht werden musste. „Ja, sie ist wieder gesund! Danke der Nachfrage!“
„Was war es denn?“
„Sie hat eine Erkältung verschleppt. Dadurch sackte ihr Kreislauf ab, was die Bewusstlosigkeit verursachte. Die Ärzte im Krankenhaus haben das aber gleich erkannt. Nach einigen Untersuchungen, die glücklicherweise keine bleibenden Schäden zeigten, bekam sie eine entsprechende Behandlung und Bettruhe verordnet. Jetzt ist sie wieder so wild, wie eh und je!“
José lächelte breit. „Das freut mich! Ist mein Geschenk angekommen?“
„Ja, oh ja!“ bestätigte Patrick. „Das Stoffschaf ist wirklich total niedlich und schon jetzt ihr bester Freund. Und die Freikarten für den Zoo werden wir nächstes Wochenende nutzen!“
José nickte zufrieden. „Grüßen sie sie von mir! Und auch ihre Frau!“
„Danke, das mache ich gern, obwohl sie damit rechnen müssen, dass meine Tochter das selbst tun wird!“
„Oh!“ Jetzt war José doch überrascht, aber sichtlich erfreut. „Aber liebend gern! Ich freue mich darauf!“ Er lachte auf und ließ sich dann von Patrick an den beiden Hünen vorbei durch die Eingangstür in das Penthouse führen.
*
Ein kurzer, breiter Flur, der linkerhand in einen längeren, schmalen Gang mit einigen abgehenden Türen führte, sowie rechterhand in eine große, offene Küche, öffnete sich nach wenigen Schritten zum mächtigen Wohnraum, der sicherlich locker zweihundert Quadratmeter überspannte. An der Stirnseite gab es eine Fensterfront mit zwei großen Schiebetürelementen. Eines davon war geöffnet und gab den Blick auf die dahinterliegende Terrasse, sowie auf die Mccain Bay im Osten frei.
Der weitere Raum war gefüllt mit ausladenden Sitzgruppen, Vitrinen, in denen diverse funkelnde, aber auch alt anmutende Kunstwerke verstaut waren, sowie einer gut gefüllten Bar mit Hockern davor, die sicherlich einigen Lokalen zur Ehre gereicht hätte.
An der südlichen Wand konnte José einige wundervolle Bilder bewundern, die, wie er wusste von McNallys Lieblingsmalerin stammten: Seiner eigenen Tochter. José war jedes Mal fasziniert von den überwiegend abstrakten, aber dennoch sehr farbgewaltigen Fantasien dieser Frau. José fand, dass sie echtes Talent hatte, wenngleich aber noch immer nicht den ihr gebührenden Erfolg.
Aus unsichtbaren Lautsprechern säuselte leise Dean Martin, begleitet von einem Orchester, eines seiner wunderbaren Lieder, durch die geöffneten Türen wehte eine leichte, angenehm laue Brise ins Innere.
Letztlich gab es in dem Raum noch rund vierzig weitere Personen. Neun von ihnen waren wie José ältere Männer. Das waren seine Freunde, die mit ihm seine Leidenschaften teilten. Sie alle waren reich, so wie er und mittlerweile fast ausnahmslos als Köpfe ihrer Unternehmungen ausgestiegen. Viele waren ebenfalls Witwer, aber doch nicht alle, wenngleich ihre Frauen jetzt jedoch hier nicht anwesend waren.
Ein Dutzend weitere Männer waren deutlich jünger, so wie Marco zwischen dreißig und fünfzig. Sie waren alle die Assistenten und/oder Bodyguards der Älteren, einige mehr gehörten dem heutigen Gastgeber Arthur McNally.
Weitere zehn Personen waren Kellner, sowohl männliche, als auch weibliche. Sie waren an ihrer einheitlichen Kleidung, einer schwarzen Hose, einem weißen Hemd und einer dunkelroten Weste zu erkennen. Sie kümmerten sich um das Büffet, die Bar und verteilten Getränke und H´ordeuvres auf Tabletts.
Der Rest der Anwesenden waren Frauen, viele von ihnen sicherlich erst um die Dreißig, einige wenige aber auch älter. Neben vielen hellhäutigen Damen, gab es einige von afro-amerikanischer, sowie fernöstlicher Herkunft. Es gab alle Haarfarben, alle Größen. Die meisten waren schlank, einige aber auch etwas molliger. Es gab dralle Körperformen, aber auch mädchenhafte Figuren. Alle Frauen waren in wundervolle Kleider gehüllt, edle, weich-fließende Stoffe, meistens Abend- oder Cocktailkleider, aber auch Kostüme mit Rock und Bluse. Und alle betonten die unterschiedlichen Körperformen auf wunderbare Weise.
Es waren jedoch keine Prostituierten, wie man vielleicht annehmen konnte. Es waren Damen aus dem Bekanntenkreis McNallys, die seiner Einladung heute Nacht gern gefolgt waren. Sie wurden weder dafür bezahlt, noch erwartete man etwas anderes von ihnen, als Spaß an einer kleinen Party, was allerdings nicht hieß, dass nichts geschehen durfte – und würde, wie José aus der Vergangenheit bei ähnlichen Events wusste. Alles aber auf absolut freiwilliger Basis.
José selbst hatte sich bisher immer zurückgehalten und würde es auch heute tun, obwohl ihm die schlanke Blondine – José schätzte sie auf Ende Zwanzig - in ihrem herrlich schimmernden, roten Satinkleid sofort aufgefallen war und sie auch ihm immer wieder verstohlene Seitenblicke zuwarf. Er beschloss, sich ihr zu nähern, nachdem er sich einen Scotch von der Bar geholt hatte. Auf seinem Weg dorthin wurde er jedoch von Arthur McNally abgefangen.
„José!“ begrüßte ihn der Gastgeber sichtlich erfreut. Er war kaum jünger, als di Maria und hatte sich ähnlich gut gehalten, wie er. McNally war allerdings gute zehn Zentimeter kleiner als José, hatte schütteres Haar und eine seinem Alter entsprechende, faltige Haut. McNally trug in der rechten Hand ein Glas Wodka on the Rocks und in der linken Hand eine dicke Zigarre, die einen angenehmen Duft verbreitete. McNally öffnete seine Arme und schloss seinen Freund für einen Moment herzlich ein. „Wir dachten schon, du wärst verhindert! Wo zum Teufel hast du gesteckt?“
José erwiderte zunächst die Geste seines Gegenübers. Dabei konnte er erkennen, dass ihn die Blondine erneut anschaute und sich ein Lächeln auf ihre Lippen legte, sobald sie seinen Blick einfing. Verdammt hübsche Augen! dachte er bei sich. Und nicht nur das! Er beschloss, mit dieser Frau auf jeden Fall noch ins Gespräch zu kommen. Dann schob er McNally sanft von sich. „Ich musste noch einiges mit Micaela besprechen. Darüber hatte ich glatt die Zeit vergessen. Ich bin doch aber noch immer pünktlich, oder?“
„Natürlich!“ bestätigte McNally sofort, dann nahm er José beim Arm. „Wie macht sich deine Enkelin?“
José lächelte erneut. „Prima! Du weißt, ich hatte anfangs meine Zweifel, aber…!“ Er schob anerkennend die Unterlippe vor. „…ich muss sagen, sie waren allesamt vollkommen unbegründet. Micaela ist die richtige Wahl. Sie wird mein Unternehmen in eine gute Zukunft führen!“
„Das hört man gern!“ McNally nickte anerkennend. „Obwohl es für mich immer wieder schwer vorstellbar ist, dass eine so hübsche und attraktive Frau deinen Job übernimmt!“
Jetzt lachte José einmal auf. „Ja, da hast du Recht. Aber neben allem anderen ist Micaela hochintelligent und sie weiß genau, was sie will. Sie ist hart, aber fair und weiß am Ende auch immer ihren weiblichen Charme einzusetzen!“
„Ja…!“ McNally verzog die Mundwinkel. „Das stimmt!“ Als er erkannte, dass José ihn fragend ansah, lächelte er aber bereits wieder. „Es gibt einen neuen Schnee-Lieferanten aus Europa. Eigentlich war ich an ihm dran, doch deine Enkelin brauchte ihn nur zum Essen einladen und schon war ich am nächsten Morgen nur noch die Nummer Zwei!“ Wieder verzog er die Mundwinkel.
„Schlimm?“ fragte José.
„Ach was!“ McNally lächelte erneut und gab di Maria einen sanften Klaps auf die Schulter. „Im Gegenzug hat sie sich aus dem Henderson-Deal zurückgezogen und mir damit einen fetten Profit verschafft!“
„Eine Hand wäscht die andere!“ meinte José.
„Leben und leben lassen!“ McNally nickte. „Schön, dass dies auch weiterhin zwischen uns gilt!“
„Aber natürlich!“ José nickte ebenfalls.
McNally lächelte zufrieden. „Nimmst du mit mir noch einen Drink, bevor es losgeht?“
„Gern!“
Arthur führte di Maria daraufhin an die Bar und winkte einer jungen Frau. „Einen Scotch für meinen Freund und für mich noch einen Wodka!“ Sie warteten, bis die Getränke vor ihnen standen, dann prostete McNally José zu. „Auf ein spannendes Rennen!“ Die Gläser erklangen und beide tranken einen Schluck. Plötzlich stöhnte sein Gegenüber auf. „Du musst mich wieder entschuldigen!“ José sah ihn überrascht an und McNally deutete mit dem rechten Zeigefinger in Richtung Terrasse. „Da ist Gregory. Im Gegensatz zu Micaela hat er versucht, mich beim Henderson-Deal zu linken. Ich denke, ich muss ihm mal wieder klarmachen, dass seine russischen Rundumschläge Niemandem von Nutzen sind und nur das Klima vergiften. Der Kuchen hier ist schließlich immer noch groß genug für alle, wenn keiner zu gefräßig wird. Bei ihm bin ich mir da manchmal aber nicht mehr so sicher!“
José nickte. „Micaela hat mir so etwas angedeutet. Wir sollten nächste Woche mal zusammen zu Mittag essen!“
„Ja, macht mit Jason einen Termin aus. Dann bringe ich David mit. Ich glaube, die beiden mögen sich!“
Nein, tun sie nicht! dachte José. Mögen ja, aber nicht so, wie McNally sich das wohl erhoffte. Doch dass war auch nicht schlimm, solange sich seine Enkelin und McNallys Enkel, der sehr bald schon dessen Geschäfte übernehmen würde, als gleichrangige Konkurrenten respektierten.
„Also!“ Arthur klopfte José auf die Schulter. „Wir sehen uns!“
José nickte und ließ McNally ziehen.
Während José sich zurück zur Theke drehte, verzog auch er die Mundwinkel. Er kannte Gregory Polyschenko und wusste, dass Arthur Recht hatte. Diese Russen waren nicht unbedingt ein ständiger Unruheherd, leider aber stets unberechenbar. Ja, er würde ein Essen mit McNally, seinem Enkel und Micaela vereinbaren. Diese Sache sollte erst unter acht Augen besprochen werden, bevor man die beiden Nachfolger allein damit betraute.
„Ein Glas Champagner, bitte!“ hörte er plötzlich eine sanfte, weibliche Stimme sagen.
Als er sich umdrehte, sah er die Blondine neben sich stehen. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, der von einem Lächeln begleitet war, bevor sie wieder zum Ober blickte.
„Guten Abend!“ sagte José aus einer Eingebung heraus, da ihm plötzlich bewusst wurde, dass das Rennen nicht mehr lange auf sich warten lassen und die junge Frau im Anschluss daran womöglich nicht mehr anwesend sein würde.
Die Blondine schaute ihn wieder an und nickte mit einem weiteren Lächeln. Dabei strahlten ihre tiefblauen Augen.
„Mein Name ist José di Maria!“ fuhr er unbeirrt fort. „Ich bin ein Freund von Arthur! Darf ich fragen, wie sie heißen?“
Die funkelnden, blauen Augen blickten ihn für einen Moment durchdringend an, dann sagte sie. „Mein Name ist Sarah! Sarah Hudson!“
José spürte, wie sein Herz für einen Augenblick schneller schlug, weil ihn der tiefe, wenn auch kurze Blick dieser Frau, in seinem Innersten berührte. „In welcher Beziehung stehen sie zu Arthur?“
Jetzt lächelte Sarah fast schelmisch. „Ich arbeite bei Schuster, Lowry & Turnbull. Ich bin eine Assistentin von Mister Lowry, der Mister McNallys Sohn bei seiner Scheidung vertreten hat!“
Hübsch und intelligent! José nickte. „Eine schlimme Sache!“
Sarah nickte ebenfalls. „Ja, das war schon außergewöhnlich! Liebe ist ein wundervolles Gefühl und eine mächtige Waffe. Hass aber leider auch!“
Wohl wahr! dachte José. Aber ein schlechtes Thema. „Dann ist es ja wirklich schade, dass ich Witwer bin!“
„Wieso?“
José lächelte. „Weil ich dann niemals ihre Dienste benötige…und sie damit sicherlich nicht wiedersehen werde!“ Eigentlich etwas zu gewagt! Doch José spürte in Sarahs Nähe ein wunderbares Kribbeln und eine verblüffende Zufriedenheit und Ruhe. Ihr Aussehen und ihre körperlichen Reize waren dabei nur zweitrangig.
„Wer sagt das?“ fragte Sarah mit sanfter Stimme und blickte ihn wieder direkt an.
„Ich weiß nicht?“ José war etwas verblüfft, dass seine Worte offensichtlich nicht abgeschmettert oder übergangen wurden. „Die Vorsehung?“
„So etwas wie Vorsehung gibt es nicht!“ erwiderte Sarah. „Jeder ist seines Glückes eigener Schmied!“ Sie wartete, bis José sie ansah, doch bevor sie noch etwas hinzufügen konnte, erkannte sie McNally in der Menge, der di Maria mit großen Augen ansah und dann auf seine Rolex deutete. Sarah war etwas überrascht und schaute José fragend an, doch dieser lächelte nur und nickte ansonsten ihrem Gastgeber zu.
„Entschuldigen sie, aber ich fürchte, ich muss mich jetzt von ihnen verabschieden!“ Di Maria stellte seinen Scotch auf die Theke und wollte sich gerade davon abdrücken, als er Sarahs rechte Hand auf seinem Unterarm spürte.
„Wenn sie mich also wiedersehen möchten,…!“ führte sie ihre eben begonnene Rede weiter aus. „...sollten sie mich vielleicht einfach zum Essen einladen!? Sagen wir in der nächsten Woche?“ Ein breites Lächeln erschien auf ihren Lippen. „Ich würde mich freuen!“ Sie reichte ihm ihre Karte.
Dieses Mal schaute José ihr für einen längeren Moment in ihre funkelnden, blauen Augen, während er ihre Karte entgegennahm. „Sehr gern!“ sagte er. „Sie werden von mir hören!“ Er steckte ihre Karte in seine Brusttasche, nahm dann ihre rechte Hand und gab ihr einen Kuss darauf, was Sarah erst irritierte, dann aber sichtlich erfreute.
José nickte ihr nochmals zu, dann folgte er McNally, der zu einer großen zweiflügligen Eichentür an der Südseite des Raumes ging, vor dem bereits zwei seiner muskelbepackten Mitarbeiter standen.
*
Außer McNally und José hatten hier nur noch die anderen acht älteren Männer, die die gleiche Leidenschaft besaßen, Zutritt, sowie Jason Patrick.
Als alle eingetreten waren, wurde die Tür hinter ihnen geschlossen und Patrick verriegelte sie sogleich.
Sie befanden sich jetzt in der Bibliothek. Sie war kaum halb so groß, wie der Wohnraum und nahezu komplett mit Eichenholz vertäfelt. Hier und da waren deckenhohe Bücherregale zu erkennen. Es gab drei Sitzgruppen aus dickem, weichem, dunklem Leder, der Boden war mit einem edlen, dunkelroten Teppich verlegt.
Die Klimaanlage sorgte für eine gute Belüftung, die auch nötig war, weil vielfach geraucht wurde. José war diesem Laster jedoch nie verfallen und wahrlich froh darüber, dass er trotz allem vernünftig atmen konnte.
Auf den Tischen bei den Sitzgruppen standen neun Laptops. Außer McNally nahm jeder der Männer nach und nach hinter einem von ihnen Platz. Während sie die Geräte hochfuhren, trat Patrick an die westliche Wand und öffnete dort großflächig die Vertäfelung. Darunter kam ein hochmodernes Multimedia-Entertainmentsystem zum Vorschein, dass im Wesentlichen von einem 90-Zoll-LED-Bildschirm dominiert wurde. An beiden Seiten gab es je vier kleinere 30-Zoll-Bildschirme übereinander. Drei weitere davon waren über dem Hauptschirm nebeneinander angebracht.
Im Moment waren alle Geräte bis auf einen Bildschirmschoner aus Kreisen, der unablässig seine Form und Farbe veränderte während er hin- und her schwebte, noch dunkel.
José achtete darauf, dass er möglichst weit weg von Mario Spinelli einen Platz fand. Er konnte den kleinen, rundlichen Italiener mit der Halbglatze und dem buschigen Schnauzbart zwar eigentlich gut leiden, aber nicht, wenn sie ein Rennen gegeneinander fuhren. Spinelli schien keinen anderen Konkurrenten zu kennen, als di Maria. Beinahe schien es ihm gleichgültig, wer gewann, Hauptsache es war nicht José. Da es aber meist immer eine spannende Sache mit einer späten Entscheidung war, geriet Spinelli oft genug an den Rand des Nervenzusammenbruchs, der umso ekstatischer ausfiel, je näher er José war. Das aber wollte di Maria nicht, doch nicht etwa, um seinen Freund zu schonen – schließlich waren sie ja alle hier, weil sie diesen Nervenkitzel so sehr mochten – sondern seine eigenen Nerven.
José setzte sich daher zur äußersten Rechten in unmittelbare Nähe zur Fensterfront und zu seiner Freude waren die beiden Plätze links von ihm schnell anderweitig besetzt.
Als Spinelli sich setzen wollte, blieb ihm nur noch der dritte Platz von links. Die Erkenntnis, dass di Maria weitab von ihm saß, bedachte er mit einem säuerlichen Blick und einem tiefen Grunzen.
José musste sich ein Lächeln darüber verkneifen, doch dann konzentrierte er sich auf das, was vor ihm lag.
Schnell legte er sich das neben dem Laptop liegende Headset an und wartete darauf, dass die Verbindung zu seinem Team hergestellt wurde. Als der Bildschirm schließlich aufflammte, zeigte er den Innenraum eines Fahrzeugs. Die Kamera war oberhalb des Navigationsdisplays im Cockpit eingebaut worden und blickte daher von unten herauf. Neben dem hellen Dachhimmel waren beide Vordersitze aus weichem violettem Leder zu erkennen. Durch die kleine Heckscheibe konnte man den Nachthimmel sehen und auch mehrere undefinierbare Lichtquellen ausmachen.
José zog die Augenbrauen zusammen. „Frank?“ Eigentlich hätte er jetzt zwei Männer sehen müssen. „Timothy?“ Warum waren sie nicht da?
Doch noch bevor er sich weiter Gedanken darüber machen konnte, schoben sich die beiden Angesprochenen fast zeitgleich in das Bild. Timothy Dixon nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Er hatte blonde, schulterlange, gelockte Haare, die er nicht zu bändigen vermochte, denn er sah ziemlich zerzaust damit aus. Seine blauen Augen leuchteten klar und er schien ein Lächeln auf den Lippen zu haben. Er trug ein weißes T-Shirt und eine hellgraue Kapuzenjacke darüber. Timothy war vierundzwanzig, wirkte aber etwas jünger. Er war Student für Sportmedizin an der hiesigen Universität. Er liebte alles, was mit körperlicher Ertüchtigung zu tun hatte, war absolut durchtrainiert und lebte nach einem strengen Ernährungsplan. Er hatte sogar schon an zwei Marathonläufen teilgenommen und war dabei ziemlich erfolgreich gewesen.
Und es war genau dies einer der Gründe, warum er jetzt dort in dem Wagen saß. Timothy besaß eine irrsinnige Ausdauer, die Lunge einer Hyäne (so ziemlich die ausdauerndsten Tiere, die es gibt) und konnte dabei phasenweise noch immer so stark beschleunigen, dass er durchaus an Sprintrennen hätte teilnehmen können.
Doch Timothys zweite Leidenschaft war das Parkour laufen. José war fasziniert gewesen, als er dem Jungen das erste Mal dabei zugesehen hatte, wie er ohne das geringste Hilfsmittel, nur mit der Kraft seiner Arme und Beine in einer irrsinnigen Geschwindigkeit auf das Dach eines zwölfstöckigen Gebäudes geklettert war und dabei die Außenfassade, Balkone, Regenwasserfallrohre und die dicht stehenden Nachbargebäude für sich genutzt hatte.
Am Ende war di Maria sicher, dass Frank Recht gehabt hatte: Timothy war sein perfekter Partner. Auch in Sachen Verschwiegenheit gab es keine Probleme. Timothy hatte als zwanzigjähriger ein achtzehnjähriges Mädchen geschwängert. Eigentlich wollten sie heiraten, deshalb wurde das Kind ausgetragen. Doch aus der trauten Dreisamkeit wurde nichts, sie verließ ihn. Da Timothy sich jedoch auch weiterhin für sie verantwortlich fühlte, gab er ihnen alles Geld, was er entbehren konnte und das war, seitdem er vor knapp zwei Jahren angefangen hatte, zusammen mit Frank für José Rennen zu fahren, deutlich mehr geworden. Frank wusste, dass Timothy seine Tochter, aber auch seine Ex-Freundin noch immer abgöttisch liebte und die Hoffnung auf ein verspätetes Happy-End nie aufgeben würde. Also brauchte er das Geld aus den Rennen und José war sich dadurch seiner Fähigkeiten und seiner Loyalität sicher.
Timothy Dixon bildete die eine Hälfte des Teams. Er war der Runner.
Der andere Mann im Wagen war Frank Palmer. Er war mit dreißig Jahren etwas älter als Timothy. Frank war einer der Menschen, die in einer Menge kaum auffallen würden, weil sie sehr viel auf sich vereinten, was man als durchschnittlich assoziierte: Er war mit 179 cm nicht zu groß. Er besaß einige Muskeln, aber nicht so, dass man ihn als durchtrainiert bezeichnen konnte. Er war nicht hässlich, aber auch nicht so hübsch, dass die Frauen reihenweise bei ihm Schlange standen. Seine Kleidung war unauffällig und meist in dunklen Farben gehalten. Seine kurzgeschnittenen schwarzen Haare waren zweckmäßig und einfach in der Handhabung, seine Nase war nach einem Bruch, den er sich bei einer Kneipenschlägerei zugezogen hatte, nicht mehr vollkommen gerade angewachsen, seine Ohren standen eine Winzigkeit ab. Sein Blick war meist ernst, schien manchmal ein wenig traurig. Er war oft ziemlich wortkarg.
Alles in allem also ein Typ, den die Frauen nicht unbedingt suchten und der unscheinbar genug war, dass er für die meisten Männer nicht als Bedrohung eingestuft wurde.
Dass dieses Image jedoch überwiegend nur Fassade war, wusste kaum Jemand. José aber tat es und als er Franks Geschichte kannte, konnte er gar nicht anders, als ihn wirklich zu mögen. Frank war ein aufrechter, loyaler und pflichtbewusster Mann, der in seiner Jugend einen ganzen Haufen Mist verzapft und sich damit den Einstieg in ein geregeltes Leben verbaut hatte.
Das war der eine Grund, warum er jetzt hier war. Auch Frank hatte notorische Geldsorgen, weil er nicht nur sich ernähren musste, sondern sich auch für seine Schwester und seine unehelich geborene Nichte, mit denen er zusammenwohnte, verantwortlich fühlte. Das Geld aus den Rennen war sehr hilfreich bei der Lösung so manches Problems.
Der zweite Grund, warum er in Josés Team war, war die Art und Weise, die er in der Lage war, ein Auto zu fahren. Di Maria hatte so etwas noch niemals zuvor gesehen. Wenn Frank am Steuer des Sportwagens saß, so wie jetzt, lenkte er dieses Fahrzeug nicht nur, nein, er schien mit der Maschine zu verschmelzen, mit ihr zu kommunizieren, sie zu fühlen und zu verstehen.
Frank Palmer war die zweite Hälfte des Teams. Er war der Driver.
„Frank?“ fragte di Maria nochmals, als er sah, dass die beiden ihn offensichtlich noch nicht registriert hatten.
Daraufhin stoppte Palmer in seiner Bewegung und schaute etwas irritiert in Richtung Kamera. „Mr. di Maria?“ Er hob seine rechte Hand und aktivierte das Navigationsdisplay, sodass dort jetzt das Bild von José erschien.
„Hey Boss!“ rief Timothy mit einem kurzen Seitenblick auf ihn, bevor er sich wieder an seinem iPod zu schaffen machte.
„Hallo Jungs!“ erwiderte José mit einem sanften Lächeln. „Wie fühlt ihr euch?“
„Prima!“ meinte Timothy.
„Durchwachsen!“ sagte Frank und warf seinem Nebenmann einen säuerlichen Blick mit verzogenen Mundwinkeln zu.
„Wieso?“ Di Maria schaute Frank an. „Stimmt etwas nicht?“
„Klar, alles bestens!“ meinte Timothy ohne aufzuschauen.
„Na, wie man es nimmt!“ erklärte Frank etwas genervt. „Wir hatten einen kleinen Streit!“
„Blödsinn, Streit!“ Jetzt blickte Timothy auf und als er sah, dass di Maria eine Erklärung erwartete, fügte er hinzu. „Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit beim Essen!“
Frank brummte. „Mal wieder!“ Und schüttelte den Kopf.
„Worum ging es?“ fragte José.
„Ach, Frank wollte vor dem Rennen unbedingt noch einen Hamburger essen!“ meinte Timothy. „Und ich nicht!“
„Du isst nie was!“ hob Palmer sofort gereizt an. Seine Stimme klang jedoch auch etwas hilflos.
„Quatsch!“ widersprach Dixon. „Während du dir ein Pfund Fett und zwei Millionen Kalorien rein gepfiffen hast, habe ich einen Powerriegel gegessen!“
„Powerriegel!“ Frank pfiff verächtlich. „Körnerfutter! Ich habe dich in den zwei Jahren, da wir uns jetzt kennen, noch nicht einmal etwas Richtiges essen sehen!“
„Auf deine Nahrung kann ich auch echt verzichten!“ erwiderte Timothy. „Schließlich muss ich mir ja hier die Lunge aus dem Hals rennen, während der Herr seinen Arsch im weichen, warmen Ledersessel schaukeln kann!“
Frank sah ihn ausdruckslos an. „Dann lass uns tauschen!“
„Was? Vergiss es!“ wehrte Dixon aber sofort ab. „Ich bin nicht nur zum Spaß hier!“
„Wie ich sehe…!“ fuhr José mit einem Lächeln sanft dazwischen. „…versteht ihr euch wie immer blendend!“
„Klar!“ Timothy nickte. „Warum auch nicht? Frank macht seinen Job, ich mache meinen. Beide machen wir es geil und werden am Ende auch wieder die Ersten sein!“
Jetzt musste auch Frank kurz lächeln, bevor er sich an di Maria wandte. „Wie hoch ist denn heute der Pott?“
„Wie üblich!“ erwiderte José. „Hunderttausend!“
Frank brummte und verlor sein Lächeln. Vom Pott bekamen sie zusammen zehn Prozent. Das machte fünftausend für jeden. Das war nicht genug. Wenn sie das Rennen gewannen, verdoppelte sich ihr Honorar. Aber auch das reichte nicht.
„Was ist?“ Di Maria schien Franks Gedanken lesen zu können. „Nicht genug?“
„Sie hatten uns einen Big Deal in Aussicht gestellt!“
„Ich weiß, Frank!“ José nickte. „Und dazu stehe ich auch noch. Aber das ist nicht so leicht. Ihr seid einfach zu gut und die Jungs hier kennen euch schon zu genau. Da hat kaum einer den Mut, den Einsatz zu erhöhen. Für einen größeren Pott muss ich den Kreis erweitern. Aber ich bin dran, glaub mir!“ Dass er nicht nur an einem Big Deal, sondern sogar an einem Mega-Big-Deal dran war, brauchte hier noch niemand zu wissen. „Hab noch ein wenig Geduld!“ Er sah Frank direkt an, konnte aber noch keine positive Reaktion in seinen Gesichtszügen erkennen. „Wenn es etwas gibt, worüber du mit mir reden willst, Frank, dann sollten wir uns treffen!?“
„Was?“ Frank schien in Gedanken, schüttelte aber sofort den Kopf. „Nein, alles okay! Ich könnte das Geld zwar sehr gut gebrauchen, aber ich kann auch noch warten!“ Er lächelte eines seiner seltenen Lächeln, was di Maria seinerseits amüsierte.
Zeitgleich drehte sich Jason Patrick von seinem Terminal in den Raum hinein. „Es ist soweit, Gentleman. Verabschieden sie sich von ihren Teams!“
„Also gut!“ José atmete einmal tief durch. „Ich nehme an, du hast den Wagen gut eingestellt!?“
Frank nickte. „Er läuft wie ein Uhrwerk!“
„Prima!“ Di Maria nickte zufrieden. „Und du fühlst dich gut, Timothy?“
„Auf jeden Fall!“ bestätigte der junge Mann. „Der Powerriegel war neu. Eine Spezialmischung von einem Freund. Ich fühle mich wie eine Feder, die mit jeder Minute immer mehr gespannt wird. Sie werden sehen, die anderen werden keine Chance haben!“ Er grinste breit.
„Also gut!“ Wieder nickte José zufrieden und lächelte. „Dann viel Glück für euch! Wir sehen uns nach dem Rennen!“ Damit kappte er die Verbindung.
Dabei war er fast geneigt, Timothys Worten Glauben zu schenken. Letztlich aber beschäftigte ihn Franks Verhalten noch für ein paar Momente. Irgendetwas bedrückte ihn und di Maria beschloss, ihn später unter vier Augen nochmals darauf anzusprechen.
παιχνίδι (Das Spiel)
προϊστορία (Vorgeschichte)
Sie alle waren erfolgreiche Geschäftsleute. Ihre Unternehmen waren familiengeführt und umfassten eine Vielzahl von unterschiedlichen Bereichen.
Davon waren einige vollkommen legal und manchmal sogar ehrenhaft, andere aber waren das genaue Gegenteil davon.
Letztlich aber waren es florierende Firmen, die den Besitzern, aber auch den Angestellten ein gutes Leben ermöglichten.
Noch waren die Besitzer vielfach auch noch die eigentlichen Gründer, aber der Generationenwechsel ließ sich nicht mehr aufhalten und nahm immer weiter zu. Wobei sich dort, wo dieser bereits stattgefunden hatte, der Gründer stets noch in Rufweite im Hintergrund hielt.
Denn sie alle waren Männer, die keine besondere Schulbildung besaßen und vielleicht gerade deshalb deutlich mehr für ihr eigenes Wohl geackert hatten, als andere. Sie waren Workaholics bis ins hohe Alter.
Und sie führten ihre Unternehmen auf beinahe väterliche Weise. Die moderne, multimediale Welt war ihnen nicht fremd, ganz im Gegenteil, doch zählte bei ihnen ein Wort, ein Handschlag, besonders aber ein einmal gegebenes Versprechen deutlich mehr, als schriftliche Verträge. Loyalität, Treue und Hingabe gewährten sie gern, wurde von ihnen aber ebenfalls uneingeschränkt eingefordert.
Mit zunehmendem Alter jedoch wurde es bei den meisten von ihnen immer schwieriger, sich jeden Tag aufs Neue zu motivieren. Einige waren gesundheitlich angeschlagen, anderen war der Spaß durch persönliche Schicksalsschläge, wie in José di Marias Fall der Tod seiner Frau, abgegangen.
Wie jeder andere Mensch, hatten aber auch diese Männer Hobbys und Leidenschaften für bestimmte Dinge entwickelt. Da sie über eine sehr lange Zeit hinweg in Wohlstand lebten, war Geld dabei eigentlich nur selten ein Problem gewesen. Neben schmucken Häusern und anderen Immobilien, teuren Kleidern, Schmuck und ebensolchen Autos, war das Spiel stets eine besondere Leidenschaft dieser Menschen gewesen.
Lange Zeit gab es in unregelmäßigen Abständen ein recht hoch dotiertes Pokerturnier unter ihnen. Einige widmeten sich dem Pferdesport. Auch auf Boxkämpfe wurde gewettet.
Doch nach und nach trat hierbei eine gewisse Routine ein, die am Ende die Lust und den Spaß immer mehr schmälerten.
Es dauerte allerdings eine ganze Zeit, bis sich hieran etwas änderte. Denn es bedurfte erst eines der selten, privaten Treffen von José di Maria und Arthur McNally unter vier Augen dazu. Wie auch di Maria hatte McNally seine Frau verloren und war seit einiger Zeit Witwer. Bei einer hervorragenden Havanna und einem noch besseren spanischen Brandy, stellten die beiden Männer sehr schnell fest, dass sie ihre Frauen sehr geliebt und sich ihren Lebensabend ganz ähnlich mit ihnen vorgestellt hatten. Die Lücke, die ihr Tod gerissen hatte, war nicht zu stopfen. Da beide nur noch wenig Interesse an körperlicher Befriedigung hatten, hatten sie gehofft, ihre Leidenschaft für Spiel und Wetten konnte etwas kompensieren, aber dem war nicht so.
Deshalb sinnierten sie nach ein paar weiteren Gläsern Brandy über mögliche Alternativen.
Da beide ebenfalls eine besondere Leidenschaft für schnelle Autos hatten, war eine gemeinsame Basis schnell gefunden: Autorennen!
Allerdings waren zwei Dinge dabei offensichtlich: Ein Einstieg in den professionellen Autorennsport – selbst in den semi-professionellen – wäre sowohl mit sehr viel Geld, als auch mit Zeit verbunden. Beides wollten sie jedoch nicht einsetzen.
Außerdem erschien ihnen das monotone Fahren auf einem Rundkurs nicht sonderlich reizvoll.
Und um sich selbst hinter das Steuer eines Sportwagens zu setzen, hatten sie zwar noch Lust, waren sich aber durchaus ihrer durch das Alter eingeschränkten, körperlichen Fähigkeiten bewusst.
Sie waren daher beinahe traurig, da ihre Überlegungen in einer Sachgasse zu enden schienen.
Dann aber gönnten sie sich noch ein letzes Glas Brandy – und urplötzlich wurde doch noch eine Idee geboren!
έννοια (Das Konzept)
Jeder von ihnen besaß mindestens einen Sportwagen und sie waren durchaus bereit, diesen an einen geeigneten Fahrer zu übergeben, damit dieser für sie ein Rennen fahren würde. Der Tatsache, dass ihre Fahrzeuge dabei Schaden nehmen oder gar zerstört werden könnten, waren sie sich bewusst.
Anfangs wollten sie ihre Idee für sich behalten, doch schnell war klar, dass mehr Teilnehmer auch mehr Spaß, mehr Einsatz und somit auch mehr Gewinn ausmachen würden.
Also sprachen sie es mit bekannten Geschäftspartnern, aber auch Konkurrenten durch. Das Echo war so enorm, dass sie eine Art Konferenz einberiefen, um alle Punkte zu besprechen und ein Regelwerk festzulegen.
Was am Ende dabei herauskam, hätten sich di Maria und McNally niemals träumen lassen, waren aber mehr als sicher, einen wundervollen Weg gefunden zu haben, ihre Leidenschaften neu zu verbinden und davon zu profitieren.
κανονισμοί (Das Regelwerk)
Das Spielfeld
Das entspricht dem Stadtgebiet. Die Teilnehmer dürfen das Stadtgebiet verlassen, dort aber keinen Battle austragen oder eine Rennentscheidung herbeiführen. Ebenfalls ist das Verlassen des Stadtgebiets mit dem Paket unter Disqualifikation verboten.
Teambildung
Jeder Teilnehmer stellt ein von ihm erworbenes, straßenzugelassenes Fahrzeug zur Verfügung.
Weiterhin bestimmt der Teilnehmer einen Driver, der das Fahrzeug während des Rennens steuert. Der Driver muss mindestens 25 Jahre alt und im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis, darf aber nicht im Besitz einer Rennlizenz (auch nicht Klasse C) sein. Der Driver darf zum Zeitpunkt des Rennens keine Bewährungsstrafe verbüßen.
Der Teilnehmer bestimmt außerdem einen Runner. Der Runner muss volljährig sein und darf ebenfalls zum Zeitpunkt des Rennens keine Bewährungsstrafe verbüßen.
Driver und Runner bilden ein Team.
Gastgeber/Spielleiter
Einer der Teilnehmer ist der Gastgeber für alle anderen Teilnehmer. Er nimmt in diesem Fall nicht am Rennen teil und stellt auch kein Team.
Der Gastgeber wechselt nach jedem Rennen.
Er hat dafür Sorge zu tragen, dass die elektronischen Voraussetzungen geschaffen sind, dass die Teilnehmer vor und nach dem Rennen zu jeder Zeit über Audio-Visuelle-Kanäle mit ihren Teams in Verbindung treten können, sowie zu gewährleisten, dass die Teilnehmer das Rennen über die in und an den Fahrzeugen installierten Kameras verfolgen können.
Außerdem fällt ihm die Aufgabe des Spielleiters zu. Er kann jedoch auch einen von ihm zu benennenden Vertrauten hierzu erklären. Seine Nichtteilnahme bleibt hiervon allerdings unberührt.
Der Spielleiter überwacht in der Zentrale des Gastgebers das Renngeschehen.
Er besitzt einen Stellvertreter in der Startzone zur Überwachung der Startvorbereitungen, der später in die Zielzone zur Bestimmung des Siegerteams und zur Entgegennahme des Pakets wechselt.
Einsatz
Die Teilnahme am Rennen ist gebührenpflichtig.
In der Regel beträgt der Einsatz zehntausend Dollar pro Teilnehmer.
Er ist bis vierundzwanzig Stunden vor dem Rennen in bar an den Gastgeber zu übergeben.
Startvorbereitungen
Die Teams finden sich zu einer vorgegebenen Zeit an einem gemeinsamen Startpunkt im Stadtgebiet ein.
Der stellvertretende Spielleiter hat dafür Sorge zu tragen, dass sich in den Kraftstofftanks der Teams jeweils nur exakt achtzig Liter befinden, um gleiche Voraussetzungen zu schaffen.
Das Nachtanken oder Mitführen von weiteren Zusatztanks, außer denen, die für die Menge von achtzig Litern erforderlich sind, ist unter Disqualifikation untersagt.
Alle Fahrzeuge sind mit gleichen Navigationssystemen, sowie gleichen Funkempfängern und -sendern ausgerüstet.
Paket
Das Paket ist ein Gegenstand – in der Regel ein Aktenkoffer – der im Stadtgebiet vom Spielleiter in Absprache mit dem durch ihn bestimmten Vertreter versteckt wurde. Dem Versteck sind hierbei keinerlei Grenzen gesetzt. Jedoch muss gewährleistet sein, dass die Erlangung des Pakets nicht mit einer Straftat verbunden oder lebensgefährlich ist. Ebenso dürfen keine dritten Personen dadurch zu Schaden kommen.
In dem Paket befindet sich ein Funksender mit einer gewissen Reichweite – in der Regel zwei Meilen.
Außerdem beinhaltet er die Gebühren aller Teilnehmer, also das Preisgeld für den Gewinner des Rennens.
Spielverlauf
Mit dem Start schaltet sich in den Fahrzeugen automatisch der Funkempfänger ein. Ebenso senden alle Fahrzeuge ein Signal aus, das stets auf jedem Display zu sehen ist und somit jedem Team zu jeder Zeit die Standorte der noch aktiven Teams (kein Ausfall, keine Disqualifikation) aufzeigt.
Die Teams dürfen sodann den Startplatz verlassen und machen sich auf die Suche nach dem Funksignal des Pakets.
Hierbei bewegen sie sich zunächst in der blauen Zone.
Die Zone rund um das Paket, die durch den Funksender abgedeckt wird – in der Regel ein Kreis mit einem Radius von zwei Meilen – ist die rote Zone.
Erreicht das erste Team die rote Zone wird das Funksignal des Pakets auf dessen – und nur auf diesem - Navigationsgerät sichtbar.
Das Team darf sich jedoch nur insgesamt sechzig Sekunden während eines Rennens in der roten Zone aufhalten.
Daher muss nunmehr der Runner das Fahrzeug verlassen und zu Fuß – Hilfsmittel, ob motorisiert oder nicht, sind nicht erlaubt – das Versteck des Pakets aufsuchen. Hierbei ist ihm ein tragbarer Signalempfänger behilflich, mit dem er das Signal des Pakets ebenfalls orten kann, um es letztlich aufzuspüren.
Sobald der Runner das Paket an sich genommen hat, wird dessen Signal automatisch auf die Navigationsgeräte aller anderen Teams übertragen.
Der Runner muss jetzt versuchen, mit dem Paket zurück zu seinem Fahrzeug zu gelangen.
Nachdem ihm dies gelungen ist, erscheint auf dem Navigationsdisplay der Zielpunkt des Rennens als zweites Signal in allen Fahrzeugen.
Der Driver muss nunmehr versuchen, dieses Ziel mit dem Paket als Erster zu erreichen. Die anderen Teams werden ihm folgen und es kann zu unterschiedlichen Begegnungen, sog. Battle (siehe unten), kommen.
Battle
Um den Rennverlauf attraktiver und spannender zu gestalten, werden die nachfolgenden besonderen Spielregeln aufgestellt:
Dem
Driver
ist es nicht gestattet, das Fahrzeug während des Rennens zu verlassen. Zu diesem Zweck erhält er ein Armband, das mit einem Sender ausgestattet ist. Verlässt der
Driver
sein Fahrzeug dennoch, schalten sich automatisch alle Funktionen ab und eine Weiterfahrt ist nicht mehr möglich.
Die Fahrzeuge dürfen während eines Rennens nur für insgesamt maximal sechzig Sekunden in die Rote Zone einfahren. Wird diese Zeitspanne überschritten, erhält das Fahrzeug ein Signal und schaltet sich automatisch ab. Eine Weiterfahrt ist nicht mehr möglich.
Verlässt ein
Runner
das Fahrzeug – in der Regel, um das Paket zu holen – darf er ausschließlich von einem anderen
Runner
dabei attackiert werden. Hierbei sind keinerlei Waffen – egal welcher Art – gestattet.
Das Attackieren eines Runner durch einen Driver ist unter Disqualifikation untersagt.
Um die Möglichkeit zu schaffen, das Fahrzeug mit dem
Paket
noch vor der Zielzone auszuschalten und selbst in den Besitz des
Pakets
zu kommen, aber auch um sich als Besitzer des
Pakets
vor den Angriffen der feindlichen Teams zu schützen, sind alle Fahrzeuge am Heck mit zwei Stück Rauchgranaten ausgerüstet, die vom
Driver
bei Bedarf aktiviert werden können.
Weiterhin befinden sich an Bord die nachfolgend genannten Gegenstände:
Ein Bolzenschussgerät mit drei Projektilen
Zwei mit Betäubungsgas gefüllte Granaten
Eine Handfeuerwaffe mit einem Projektil, das einen elektromagnetischen Impuls auslöst
Die Nutzung dieser Waffen direkt gegen einen anderen Driver oder Runner ist strikt untersagt und wird mit Disqualifikation und Ausschluss aus dem Renngeschehen geahndet.
Letztlich ist jedes Fahrzeug noch mit einem
Stealth-Modus
ausgestattet. Hierbei handelt es sich um einen Schalter, der
einmalig
aktiviert werden kann und das Sendesignal des Fahrzeugs für insgesamt
sechzig Sekunden
ausschaltet, sodass es auf den Empfangsgeräten der Gegner nicht mehr zu sehen ist
Spielende
Das Spiel ist beendet, wenn
das
Paket
die Zielzone erreicht. Dies kann wahlweise durch das Fahrzeug und einem vollständigen Team geschehen, nur durch den
Driver
oder auch nur durch den
Runner
eine Fortführung des Rennens nicht mehr möglich ist, d. h. wenn alle Fahrzeuge von Kraftstoffmangel und/oder Disqualifikation betroffen sind
der Spielleiter das Rennen abbricht(z. B. wegen eines schwerwiegenden Regelverstoßes eines oder mehrerer Teams, Polizeieinsatz, unkalkulierbarer Gefahr für Unbeteiligte, schwerer Verletzung oder Unfall von Beteiligten, höherer Gewalt)
Nach Beendigung des Rennens hat das Siegerteam das Paket an den Vertreter des Spielleiters vor Ort zu übergeben, der es unverzüglich an den siegenden Teilnehmer weiterleitet.
„Zehntausend!“ Frank Palmers Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, denn seine Worte waren eigentlich nur für ihn bestimmt. „Das ist zu wenig!“
Dennoch hörte Timothy Dixon sie. „Was?“ fragte er, während er seinen Kopf zu seinem Partner drehte.
Frank sah ihn mit finsterer Miene an. „Zu wenig, verdammt!“
Timothy blickte daraufhin für einen Lidschlag überrascht zurück. „Fünftausend!“ sagte er dann.
„Was?“
„Du sagtest gerade zehntausend!“ erklärte Dixon. „Es sind aber nur fünftausend. Es sei denn, wir gewinnen das verdammte Rennen!“ Sein Blick war aber nicht gerade zuversichtlich.
„Das müssen wir!“ erwiderte Palmer. „Fünftausend sind absolut inakzeptabel!“
„Okay!“ meinte Timothy lang gezogen und sah Palmer mit großen Augen an. „Also bei mir reichen fünftausend für knapp drei Monate. Und das letzte Rennen ist jetzt acht Wochen her. Also wäre ich mit sicheren Fünftausend im Moment eigentlich ganz zufrieden. Weshalb ist das bei dir anders? Hast du deinen Job in der Werkstatt nicht mehr? Oder steckst du in Schwierigkeiten?“
Franks Blick wurde abschätzig. „Schwierigkeiten!“ sagte er beinahe verächtlich. „Pass auf, was du sagst!“
Dixon verdrehte die Augen und lächelte dabei.
„Tom kann mich nur nicht mehr so oft in der Werkstatt gebrauchen, wie früher!“ erklärte Palmer mit säuerlicher Miene. „Die Geschäfte laufen nicht gut, hat er gesagt!“ Er rümpfte die Nase. „Ich hab mir daraufhin für die Wochenenden einen Job als Türsteher im Sonic…(Das war eine Disco im Norden der Stadt)…besorgt, aber das ist eine Scheißarbeit mit schlechter Bezahlung!“ Wieder rümpfte er die Nase. „Und nebenbei fahre ich auch noch Taxi!“
Dixon lachte heiser auf. „Taxi ist gut!“
Palmer sah ihn mit gekräuselter Stirn an. „Was soll daran gut sein?“
„Na, wenn man es näher betrachtet, bist du eigentlich sowas wie mein Taxi!“
Frank sah ihn für einen Augenblick überrascht an, dann nickte er. „Dann sieh zu, dass du deinen Fahrer ordentlich bezahlst!“ schnarrte er. „Trotz allem reicht die Kohle nämlich hinten und vorne nicht!“
Dixon grinste, dann schüttelte er den Kopf. „Was zum Teufel machst du nur mit deinem Geld?“
Palmer drehte seinen Kopf zu ihm und sah ihn mit finsterer Miene an. „Das weißt du verdammt genau. Ich muss Miete zahlen, Essen kaufen und so weiter. Und ich muss endlich was zurücklegen für du weißt schon was!“
Ja, Dixon wusste es. Er nickte daher und verlor sein Lächeln. Er war ziemlich sicher, dass er der einzige war, der es wusste. „Ja, weiß ich! Sorry, war dumm von mir!“ Er atmete einmal tief durch. „Aber soll ich dir was sagen?“ Er wartete, bis Palmer ihn mit großen Augen ansah. „Ich habe heute richtig Bock auf Spaß!“
„Das musst du auch!“ erwiderte Frank und schaute aus dem Fenster auf die anderen Teams. „Soweit ich das sehen kann, sind alle anwesend!“
„Alle sind mir egal!“ meinte Timothy. „Nur auf Ryker, Scott und Hal kann ich verzichten!“
„Ryker steht direkt neben mir und tut so, als würde er mich nicht sehen!“ erwiderte Palmer und betrachtete den Mann mit den kurzgeschnittenen blonden Haaren am Steuer der feuerroten Dodge Viper. Ryker war wie Frank, man konnte meinen, sie seien Brüder. Leider konnte dieser Mistkerl auch ebenso fahren wie der Teufel. „Macht einen auf hochkonzentriert, der Penner!“
„Ist Ed bei ihm?“ fragte Dixon, während er selbst versuchte, einen Blick auf ihre Gegner zu erhaschen.
„Ja, ist er!“ Palmer sah den ausgemergelten, kleinen, unscheinbaren Kerl auf dem Beifahrersitz an. „Sieht aus wie ein Wiesel, wie immer!“
„Ein verdammt schnelles Wiesel!“ erwiderte Dixon. „Aber er wird allmählich alt, glaube ich. Das letzte Mal hat er nach einer Weile ziemlich schnell abgebaut!“
„Der ist weiß wie ein frisch gestärktes Bettlaken! Ich hoffe, du hast recht!“
Dixon grinste. „Scott ist leider auch dabei!“ meinte er dann. „Er steht neben mir und starrt mich schon die ganze Zeit mit einem widerlichen Grinsen an!“
„Idiot!“ zischte Frank.
Timothy nickte. „Ich tu einfach so, als würde ich ihn nicht bemerken!“
„Gut so!“ meinte Palmer.
„Was ist mit Hal?“ fragte Dixon. „Haben wir bei ihm Glück?“
Frank schüttelte jedoch den Kopf. „Ich kann seinen Ferrari am Ende der Reihe erkennen!“ Der schwarze Sportwagen schimmerte im Licht einiger Straßenlaternen in der Nähe.
Timothy blies die Luft in die Wangen. „Dann müssen wir uns für zehntausend Dollar wirklich ganz schön strecken, verdammt!“ Er war sichtlich nicht begeistert.
„Du kümmerst dich um das Paket!“ Frank drehte sich zu ihm und sah ihm mit entschlossenem und ernstem Blick an. „Ich erledige den Rest!“
Dixon erwiderte seinen Blick einen Moment ausdruckslos, dann verzog er die Mundwinkel und sagte: „Ja Papa!“
McNally ließ seinen Blick über die anwesenden Freunde schweifen und sah mit großer Genugtuung, dass alle konzentriert bei der Sache waren.
Er selbst spürte ebenfalls das leichte Kribbeln in der Magengegend, das er so sehr mochte, wenn ein neues Rennen bevorstand. Zwar war ihm bewusst, dass es heute nicht die Ausmaße annehmen würde, wie sonst, da er als Gastgeber ja nicht aktiv beteiligt sein würde, doch wusste er, dass alle guten Teams hier vertreten waren und er freute sich auf einen sehr spannenden Rennverlauf. Außerdem war er zufrieden, dass sich alle offensichtlich wohl bei ihm fühlten und ein wenig stolz auf den neu angeschafften Multimediakomplex, den in dieser Form bisher noch kein anderer Gastgeber präsentieren konnte und der ihnen allen wunderbare Livebilder liefern würde.
Als er sich dorthin umwandte, konnte er seinen Assistentin Jason erkennen, der gerade mit einem weiteren Angestellten, der vor einem Laptop saß, redete. McNally hatte Jason die Funktion des Spielleiters übertragen, da er wusste, dass diese Aufgabe ziemlich stressig sein konnte. Er aber wollte seinen Spaß haben und das hatte er, wenn er selbst kein Team am Start hatte, nur, wenn er während des Rennens die Emotionen seiner Freunde hautnah miterleben konnte.
Zeit zu Starten! fuhr es McNally in den Kopf und er beschloss, Jason darauf anzusprechen. „Jason?“ fragte er daher, während er zu ihm trat.
Patrick reagierte im ersten Moment nicht auf seinen Arbeitgeber, sondern beendete seine Anweisung an den Mann am Laptop. Dann aber wandte er sich um und nickte McNally zu. „Alles bereit, Sir!“
Arthur lächelte zufrieden und drehte sich seinerseits zu den anderen Anwesenden um. „Gentleman!“ hob er an und wartete, bis er die ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. „Die Vorbereitungen sind abgeschlossen! Hat noch Jemand einen Einwand gegen den Start des Rennens?“ Er blickte jeden Einzelnen an, doch wie zu erwarten war, erntete er nur Kopfschütteln. „Prima!“ McNally lächelte und wandte sich an Patrick. „Dann starten wir jetzt den Countdown!“
Patrick wiederum nickte dem Mann am Laptop zu, der daraufhin etwas in den Rechner eintippte.
Einen Augenblick später flammte auf dem großen Bildschirm an der Wand eine digitale Stoppuhr in weißen Zahlen auf schwarzem Grund auf, die sodann von einer Minute abwärts zählte.
Zeitgleich wurde auch der Countdown in den Fahrzeugen aktiviert und war jetzt deutlich sichtbar auf dem Navigationsdisplay zu erkennen.
Als Frank sah, wie die Uhr langsam abwärts lief, atmete er einmal tief durch. „Na dann!“ Er schaute zu Dixon auf den Beifahrersitz. „Anschnallen bitte!“
Während er selbst die hochwertigen 4-Punkt-Hosenträger-Sportgurte anlegte, griff auch Timothy zu seinem Exemplar, als er plötzlich innehielt. „Verdammt!“ Er schaute Palmer mit großen Augen an und wartete, bis der seinen Blick mit finsterer Miene erwiderte. „Ich muss pissen!“
„Was?“ Franks Blick wurde noch finsterer und er brummte missmutig. „Du spinnst wohl! Halt es zurück, Mann!“
„Ich kann mit voller Blase nicht laufen!“ erwiderte Dixon.
„Wenn du jetzt aussteigst, verpassen wir den Start und dann werde ich dir meinen Frust garantiert furchtbar ins Gesicht drücken!“ raunte Palmer echt sauer.
Dixon schien für einen Augenblick sichtlich nicht begeistert, doch dann grinste er breit. „Reg dich ab, Alter. War nur ein Spaß!“
„Spaß?“ Frank sah ihn mürrisch an.
„Ja, um die Stimmung aufzulockern! Steif wie ein Brett wird das nichts mit unserem Sieg!“
„Ich bin ganz locker!“ erwiderte Palmer.
„Ha!“ lachte Timothy auf. „Dann sag das mal deinem Gesicht!“
„Mein Gesicht geht dich verdammt nochmal gar nichts an!“ Frank brummte erneut. Dann aber musste er lächeln. „Außerdem muss mir das gerade einer sagen, der selber aussieht wie ein Schrumpfschlumpf!“
„Pah!“ Jetzt war Timothy angesäuert. „Wenn ich mit der Siegerkohle heute nach Hause komme, wird Rachael mir bestimmt sehr dankbar sein! Und wer wird dir deine Stange polieren?“
„Sex hat was mit Gefühlen zu tun. Und solange sich da bei mir nichts abzeichnet, mach ich mir das lieber selbst, bevor ich mir eine Nutte kaufe, die nur stöhnt, weil sie muss und nicht, weil sie will!“ Frank sah ihn mit ernster Miene an. „Sei froh, dass du Rachael hast!“
Dixon schien etwas erwidern zu wollen, doch dann nickte er nur. „Ja, hast Recht!“
„So und nun halt dein blödes Schandmaul…!“ raunte Palmer und betätigte den Zündschlüssel ihres Wagens. „…und lausche der donnernden Stampede der zweitausendvierhundert Hufschläge von König Porsche!“ Und im selben Moment dröhnten sechs meisterhaft gefertigte Zylinder im Heck des Wagens auf und versetzten die Karosserie für einen Augenblick in sanfte Schwingungen, die sich auch auf die beiden Insassen übertrugen.
„Das Geräusch von Macht!“ sagte Dixon beeindruckt. „Geil!“
Palmer nickte und lächelte. „Das Geräusch des Siegers!“
„Frank?“
„Ja?“
„Ich glaub, ich muss jetzt doch pinkeln!“
Doch dieses Mal lachte Palmer leise auf. „Halt es zurück und lass es laufen, wenn du läufst!“
Im nächsten Moment war der Countdown abgelaufen. Während Frank das Gaspedal betätigte und der Porsche rasant, aber ohne durchdrehende Räder, was allerdings nicht allen Teilnehmern gelang, den Startplatz in Richtung Osten verließ, erlosch die Uhr auf dem Display und stattdessen war der Stadtplan zu sehen.
„Rennen, wenn es einem warm das Bein runter läuft!“ Jetzt lachte auch Dixon auf und schüttelte den Kopf. „Alter, du verstehst es wirklich, einen zu motivieren!“
„Na, das kann ja dann heute nur noch gut werden!“ Palmer schien wirklich zufrieden, doch dann verstummte er und konzentrierte sich darauf, den Porsche so schnell, als möglich, aber dennoch unauffällig durch die Straßen der Stadt zu lenken, in der Hoffnung, bald ein Signal aufzufangen.
Ihr Startplatz lag im Südosten der Stadt, im Stadtteil Hancock und hier in unmittelbarer Nähe des Shadowland County Parks an der Southeast 121.Street.
Das Stadtgebiet war geformt wie eine Art Sichel, deren eines, sehr viel längeres Ende, nach Norden wies, und das andere, deutlich kürzere Stück nach Westen.
Man konnte daher leicht annehmen, dass das Paket irgendwo im nördlichen Teil der Stadt zu finden sein würde. Allein die Fahrt dorthin würde einige Zeit in Anspruch nehmen, somit die Spannung entsprechend steigern und den Teilnehmern in der Zentrale einiges an Spaß bringen.
Allerdings könnte der Weg dorthin auch leicht langweilig für die Zuschauer werden. Außerdem war der Gedanke, das Paket so weit wie möglich weg vom Startplatz zu platzieren, fast schon zu offensichtlich.
Deshalb war es durchaus auch denkbar, dass das Paket vielleicht sogar relativ nah war.
Allerdings konnte Palmer mit diesen Überlegungen auch vollkommen falsch liegen.
Entsprechend war er in den ersten Minuten ihrer Fahrt noch ziemlich unschlüssig. Der Blick auf das Navigationsdisplay zeigte, dass fast alle weiteren Teams offensichtlich aber keine Probleme damit hatten, nach Norden zu fahren. Lediglich zwei andere Fahrer hielten sich, so wie er, noch ein wenig im Süden auf. Da alle Fahrzeuge eine eigene Signalfarbe besaßen, konnte Frank schnell erkennen, um wen es sich dabei handelte. Das eine Signal war rot und gehörte zu Ryker in seiner Viper. Nettes Wortspiel, dachte Palmer für einen Moment. Das andere gab ein schwarzes Signal ab und gehörte zu Hal in seinem Ferrari. Frank stellte fest, dass er nicht überrascht war. Alle anderen Fahrer handelten fast immer impulsiv, es gab nur wenige, die trotz der Anspannung ruhig blieben und einen kühlen Kopf bewahrten.
Die Tatsache, dass auch diese beiden Fahrer offensichtlich ihre Zweifel über den Fundort des Pakets hatten, bestärkte ihn in seiner Annahme. Wenn er der Spielleiter gewesen wäre, dann hätte er den Start auch in den Süden verlegt, sodass alle das Paket im Norden vermuten würden und viele Fahrzeuge auch dorthin fuhren. Tatsächlich aber hätte er den Koffer im Osten versteckt. Dafür allerdings das Ziel in den Norden gelegt. Da sich die Mehrzahl der Teams bereits dort befand, würde sich der Finder des Pakets unwillkürlich einem Rudel Jägern gegenübersehen, die wie eine Meute tollwütiger Wölfe auf ihn losgehen würde. Um das Ziel zu erreichen, musste er ihre Reihen durchbrechen. Somit war nicht nur für Hochspannung gesorgt, sondern auch für viele heiße Battle.
Ja, je mehr Frank darüber nachdachte, wäre es genau das, was er getan hätte, wenn er Spielleiter gewesen wäre.
Allerdings konnte es auch gut sein, dass er allmählich paranoid wurde.
„Was ist los?“ Natürlich hatte Timothy mitbekommen, dass irgendetwas nicht stimmte. Frank war sicherlich kein Raser, zumindest nicht, solange es noch nicht nötig war, schließlich mussten sie alle ja auch darauf achten, nicht unnötig die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich zu ziehen, doch im Moment schien es Dixon ganz so, als würde sein Partner eher unschlüssig durch die Straßen fahren. Gerade bog er wieder nach Osten ab. So ziemlich alle anderen aber hielten direkten Nordkurs, was Timothy, wenn er am Steuer gesessen hätte, wohl auch getan hätte.
„Ich bin mir nicht sicher!“ erwiderte Palmer.
„Okay!“ sagte Timothy unsicher. „Und was heißt das?“
„Ich glaube, nach Norden zu fahren ist falsch!“
„So, wie es die anderen tun?“
„Nicht alle!“ Frank deutete auf das Display. „Ryker und Hal sind nicht weit weg!“
Dixon erkannte, dass sein Partner Recht hatte. Okay, Ryker und Hal waren sicherlich Spitzenfahrer und ihre ärgsten Konkurrenten. Aber vielleicht machten sich hier ja auch gleich drei Bullen zu Ochsen!? „Du vermutest das Paket im Osten?“ fragte er daher.
„Zumindest nicht direkt im Norden!“ erwiderte Palmer. „Irgendwo östlich an der Küste!“ Er deutete mit dem Finger vage in diese Richtung.
„Ich glaube, du liegst falsch!“
Frank lächelte. „Ich nehme deinen Einwand zur Kenntnis!“ Dennoch bog er erneut nach Osten ab.
„Okay!“ Timothy atmete einmal tief durch, verschränkte die Arme vor der Brust und schloss die Augen. „Weck mich, wenn es vorbei ist!“
Jetzt musste Palmer grinsen. „Mach ich!“
Die, die von Beginn an nach Norden unterwegs waren, hatten mittlerweile den Stadtteil Shinoa erreicht und näherten sich Capitol Gardens