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Weltneuheit! Entdecken Sie jetzt das brandneue Buch des renommierten D-Day-Experten Helmut Konrad von Keusgen! Normandie, 6. Juni 1944: D-Day! Die Alliierten wagen den Sturm auf die "Festung Europa". Die Landung in der Normandie gilt als eine der größten Militäroperationen der Menschheitsgeschichte. Untrennbar mit ihr verknüpft sind menschliche Tragödien, militärische Fehlschläge, schier unglaubliche Einzelschicksale und abenteuerliche Geheimnisse … Der renommierte D-Day-Experte und Historiker Helmut Konrad von Keusgen, bekannt aus einschlägigen Print-, Radio- und TV-Dokumentationen zum D-Day, ist weltweit geschätzt für seine in ihrer Art einzigartigen Aufarbeitung der historisch so bedeutsamen großen Invasion in der Normandie. Mit dem vorliegenden Buch "Gold-Juno-Sword – Britisch-kanadische Invasionsräume" nimmt der Autor die britischen Strandabschnitte in den Blick und räumt mit einigen tendenziösen bis falschen Darstellungen endgültig auf. Von Keusgen ist daran gelegen, die ganze Geschichte zu erzählen, so ausführlich wie möglich. Dazu führte er eine Vielzahl von Interviews mit Zeitzeugen und publiziert ein weiteres Mal bisher geheim gehaltene und unveröffentlichte Erkenntnisse. Profitieren Sie von der jahrzehntelangen, gründlichen Recherche des Autors. Von Keusgen hat unzählige Unterlagen und Pläne ausgewertet und mit zahllosen Veteranen gesprochen. Sein Buch ist die vermutlich umfangreichste Aufarbeitung der Kämpfe an den britisch-kanadischen Landungsabschnitten während des D-Days. Der Autor ergänzt seine Darstellungen des für beide Seiten grauenhaften Kampfes durch zahllose Berichte britischer, kanadischer, deutscher und französischer Zeitzeugen. Ihre schonungslosen Erzählungen werden Sie direkt in die Ereignisse hineinsaugen und nicht mehr loslassen. Geradezu sensationell sind von Keusgens Erkenntnisse zu einer Verkettung "unglücklicher Umstände" auf deutscher Seite, welche den Erfolg der Landung sehr erleichtert, wenn nicht erst ermöglicht hat. Ein Highlight bildet das sehr aufschlussreiche Interview mit Generalfeldmarschall Erwin Rommels Sohn, Manfred Rommel, kurz vor dessen Tod. Gerade die Zeitzeugenberichte aus erster Hand legen die ganze Wahrheit über die Landung in der Normandie frei! Hunderte Originalfotos, detaillierte Karten und mehr runden dieses perfekte Leseerlebnis für alle Geschichtsinteressierten ab.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 504
Inhalt
Vorwort
Einführung
Der Namensursprung Calvados
Der deutsche Verteidigungsplan
Hitlers Weisung Nr. 51 (vom 3. November 1943)
Die deutschen Küstenverteidigungs-anlagen im britisch- kanadischen Invasionsraum Anfang Juni 1944
Küstenverteidigungsabschnitt H1 Küstenverteidigungsgruppe Caen Küstenverteidigungsuntergruppe Riva-Bella:
Küstenverteidigungsabschnitt H1
Küstenverteidigungsabschnitt H2
Die „Geheimwaffen“ der Alliierten
Kam die Invasion wirklich überraschend?
D-Day – der Tag der Entscheidung
Beginn des Angriffs von See her
Resümee
Nach dem D-Day
Ein mitgebrachter Hafen und eine Ölleitung
Caen
Montgomerys Kanal-Plan
Eine Aussage von historischer Bedeutung
Quellenverzeichnis
Danksagungen
Impressum
Helmut Konrad von Keusgen
Gold – Juno – SwordBritisch-kanadische Invasionsräume
Erste Auflage, 2023Copyright 2023 by EK-2 Publishing GmbHInfo: www.von-keusgen.de
„Was ist die Historie anderes, als eine vereinbarte Lüge?“
Napoléon I.
„Im Krieg ist die Wahrheit so kostbar, daß sie nie anders als mit einer Leibwache von Lügen auftreten sollte…“
Josef Stalin
Diese beiden Persönlichkeiten waren sich zweifellos des schwergewichtigen Gehalts ihrer Aussagen bewußt…
Da bekanntlich die Wahrheit das erste Opfer eines jeden Krieges ist, bedeutet, sich mit der Historie zu befassen, nicht Heldentaten zu glorifizieren, sondern die Wahrheit in den bisherigen Darstellungen der Ereignisse zu finden. Wer Geschichte schreibt, muß die Wahrheit finden und berichten; auch wissentlich unterschlagene Informationen sind nicht mehr die Wahrheit.
Helmut Konrad von Keusgen
Auf Wunsch des Autors obliegt diese Neuauflage mit ihrem Originaltext den Regeln der alten deutschen Rechtschreibung.
Lieber Leser,
da es technisch nicht möglich ist, Ihnen die detaillierten Karten und Abbildungen hochaufgelöst in diesem E-Book zur Verfügung zu stellen, möchten wir Sie herzlich einladen, die PDF unter untenstehendem Link herunterzuladen. Diese enthält alle Karten und Abbildungen hochaufgelöst.
https://www.ek2-publishing.com/de/home/booklet-zum-gold-juno-sword-e-book000979.html
Inhalt
Vorwort 6
Vorwort
Zum ersten Mal war ich, der Autor dieses Buches, im April 1973 an die Küste der Normandie gekommen und ganz spontan von dem, das ich dort alles sah, gleichermaßen betroffen wie fasziniert. Nie zuvor an Derartiges gedacht, stellte sich dort der Wunsch ein, eines Tages in Buchform über die historischen Ereignisse des D-Day 1944 zu berichten. Nach nunmehr fast fünfzig Jahren intensiver Recherchen und bereits neun publizierten themenbezogenen Büchern (davon bisher acht zu dieser ganz speziellen Serie) hier nun mein letztes Werk zum Thema D-Day.
In diesen fünf Jahrzehnten bin ich insgesamt 446 amerikanischer, britischer, deutscher, französischer und kanadischer Zeitzeugen begegnet, beziehungsweise habe sie ermitteln und mit ihnen sprechen können. Auf etliche bin ich bereits in meinen vorherigen acht Publikationen speziell eingegangen, so möchte ich auch hier wieder einen ganz besonderen Menschen hervorheben – Bob Orrell: Der Brite Robert „Bob“ Orrell war 1944 als 25-jähriger Leutnant der 91. Feldkompanie der Royal Engineers (Pioniere) und Einsatzleiter einer fast unbedeutenden aber spektakulären Aktion gewissermaßen zu einer „very important person“ geworden. Über bereits mehrere Jahre hatte meine Mitarbeiterin, Karin Clarissa Röhrs, bereits mit Orrell korrespondiert und mir somit wichtige Informationen betreffs seiner Person und seiner damaligen „Aktion“ besorgen können. Aber erst am 7. Juni des Jahres 2004, einen Tag nach dem 60. Jahrestag der Invasion, ergab es sich endlich, daßOrrell und ich einander treffen konnten – an genau der Stelle seines damaligen spektakulären Wirkens, im Grand Bunker in Ouistreham, dem heutigen Ortsteil Riva-Bella.
Mit dem 85-jährigen „Bob“ Orrell beim Interview am „Grand Bunker“, jedoch immer wieder von respektlosen Autogrammjägern gestört. Aber Orrells Story ist wirklich gut – doch sollte dieses Interview sein letztes sein…
Fotos: Élodie 2004
Der zu diesem Zeitpunkt 85-jährige Orrell war ein höchst sympathischer Mann, der in Begleitung seiner beiden Töchter und seines Sohnes zu den Jahrestagsfeierlichkeiten in die Normandie gekommen war und der mich in seinem Rollstuhl sitzend im Foyer des Bunkerriesen mit freudigem Lächeln empfing. Er hatte bereits einige meiner Publikationen erhalten und war ebenso an unserem Treffen interessiert wie ich. Damit wir uns ungestört unterhalten könnten (so glaubten wir) schob Orrells Sohn seinen Vater nach draußen, in eine zurückgelegene, von einer dichten und hohen Hecke umwachsenen Ecke neben dem Bunker. Obwohl ich Bob’s Geschichte aus einem langen Brief von ihm längst kannte, hatte ich dennoch einige spezielle Fragen dazu. Unser annähernd zwei Stunden lang dauerndes Gespräch (mehrmals von respektlosen Schaulustigen und Autogrammjägern gestört) wurde, von ihm nochmals äußerst interessant erzählt. Seinen faktisch präzisen Bericht der damaligen Ereignisse stellte er als eine außergewöhnliche Humoreske dar.
Am Tag nach unserem Treffen reiste Bob Orrell mit seinen Kindern zurück nach Großbritannien – und verstarb ganz plötzlich einen Tag darauf, am 8. Juni, und auf den Tag genau 60 Jahre nach jener äußerst gefährlichen Aktion im Jahr 1944.
Die Hafenstadt Ouistreham stellte 1944 für die britischen Truppen den direkten Zugang nach Caen dar, der Hauptstadt respektive dem Hauptverkehrsknotenpunkt der Unteren Normandie. Gemäß Montgomerys Befehl bildete diese Stadt am 6. Juni 1944 das Hauptangriffsziel an der normannischen Küste.
Hier, wo am östlichen Stadtrand von Ouistreham der Orne-Kanal mittels einer 1857 erbauten und im Laufeder Zeit modernisierten Schleuse mit dem Ärmelkanal verbunden wurde, installierte 1943 die deutsche (Bau-)Organisation Todt im östlichen Teil des Stützpunktes WN 08 auf beziehungsweise in einem Bunker eine Maschinengewehr-Panzerglocke. Mittels eines in ihrer Spitze eingebauten Periskops diente sie auch zur Rundumbeobachtung. Auf der westlichen Seite des Kanals befindet sich heute der Anleger für die Englandfähre. (Rechts im Bild mündet die schmale, relativ flache und fast parallel zum Kanal fließende Orne in die Bucht.)
Foto: von Keusgen
Wie der Titel dieses Buches schon ausweist, wird hier der Angriff der Briten und Kanadier in ihren drei Landeräumen Gold, Juno und Sword anläßlich der großen Invasion am 6. Juni 1944 in der Unteren Normandie, im Departement Calvados, anhand diverser internationaler, auf ihren Tatsachengehalt geprüfter Publikationen, offizieller behördlicher Protokolle und Dokumente sowie den Berichten von 61 Zeitzeugen dargestellt.
Die Aktionen der britischen, der kanadischen und der deutschen Truppen sowie der 21. Panzer-Division im äußersten östlichen Invasionsraum wurden von mir in meiner Publikation Pegasus-Brücke und Batterie Merville bereits detailliert und umfangreich beschrieben, dennoch sehe ich mich veranlaßt, viele Ereignisse nochmals darzustellen, wenn auch nur im Wesentlichen, aber so, daßmit diesen neuen beziehungsweise ergänzenden Berichten der historische Ablauf sowie der Zusammenhang der Ereignisse dem Leser verständlicher ist. Da es sich auch bei diesem Buch um ein weiteres meiner im direkten Zusammenhang stehenden 9-bändigen D-Day-Serie handelt, setze ich voraus, daßder Leser über besagte Vorgänge im östlichen Invasionsraum in der Nacht zum 6. Juni 1944 durch meine entsprechenden Publikationen bereits detailliert informiert ist oder sich noch informieren wird. Um meinen Lesern eine Gesamtübersicht über die vielen einzelnen, sehr unterschiedlichen Ereignisse in den drei insgesamt 38,1 Kilometer breiten britisch-kanadischen Landeräumen zu vermitteln, beschreibe ich die Abläufe mit den jeder Aktion vorausgestellten Uhrzeiten1. Da in den mir zugeführten Berichten und Interviews jedoch nicht immer alle Uhrzeiten angegeben wurden, konnten diese dennoch anhand des Ablaufs der damaligen Ereignisse zeitlich zugeordnet werden (wenn auch nicht immer minutiös exakt). Die häufig eingefügten Meldungen der verschiedenen Kommandostellen tragen somit zu einer verständlicheren Gesamtübersicht der Geschehnisse bei. Sämtliche dieser Meldungen beziehen sich ausschließlich auf die britisch-kanadischen Landeabschnitte. Zum einfacheren Verständnis der ohnehin vielen verschiedenen Aktionen und den ebenso vielen verschiedenen Kampfstätten wird in dieser Publikation von einigen ausführlicheren Beschreibungen des Kampfgeschehens abgesehen, aber auch, weil das insgesamt den Rahmen dieser Publikation deutlich übersteigen würde.
Helmut Konrad von Keusgen
1 Sämtliche in diesem Buch angegebenen Uhrzeiten entsprechen der kontinentalen Sommerzeit 1944.
Der Namensursprung Calvados
Bereits auf einer Landkarte des Jahres 1675 war zweimal die Bezeichnung Calvados eingetragen – im Bereich der Steilküste des Bessin (im Raum Port-en-Bessin) sowie im fast zwanzig Kilometer in westliche Richtung entfernten Bereich des Grand Camp (im Raum der Landzunge Pointe du Hoc). Dort befinden sich auf beziehungsweise hinter der schroffen Steilküste zwei Bodenerhebungen, die als dos(Rücken) benannt wurden (aus dem Lateinischen dorsa), auf denen es keinerlei Vegetation gab, die folglich völlig kahl waren, lateinisch calva. Diese markanten und somit von See her bereits aus weiter Entfernung leicht erkennbaren Anhöhen boten den damaligen Seefahrern, die mit nur mangelhaften nautischen Instrumenten und Seekarten ausgerüstet waren, gute Orientierungspunkte, um unterseeische Felsvorsprünge (Riffs) zu umschiffen. Diese wurden damals Calvadô genannt (ohne „s“).
Die sogenannten Tschechenigel waren für Panzer unüberwindbare,„stachlige“ Eisenhindernisse.
Abbildung und Foto: Archiv von Keusgen
Heute ist nicht nur der gesamte, 86 Kilometer lange Küstenlandstrich zwischen der Vire- und der Orne-Bucht als Calvados benannt, sondern auch der in dieser Region hergestellte Apfelbrand, anerkanntermaßen eine der besten Spirituosen der Welt. Der Ursprung des Eau de vie (Wasser des Lebens) de cidre (anfangs noch nicht als Calvados bezeichnet) liegt zeitlich sehr weit zurück, bis ins XVI. Jahrhundert. Eine offiziell kontrollierte Anbaugebietsbezeichnung (Appellation d’Origine Contrôllée) wurde 1942 unter der deutschen Besatzung eingeführt.
Der deutsche Verteidigungsplan
Ende 1942 war mit dem Bau des sogenannten Atlantikwalls begonnen worden, gleichzeitig beherrschten die Briten zunehmend den Luftraum und unternahmen immer öfter und immer heftigere Attacken auf die Baustellen, und eine Invasion der Alliierten zeichnete sich immer deutlicher ab…
Der deutsche Plan zur Verteidigung der Küste im Falle einer Invasion beinhaltete zwei wesentliche Maßnahmen: Erstens sollten Strandhindernisse verschiedenartiger, möglichst unüberwindbarer Typen sowie ein Minengürtel entlang des gesamten Strandes um den Angreifer bereits am Küstensaum stoppen, zumindest desorganisieren. Zweitens mußten die Kräfte des Gegners im Falle einer Überwindung der Hindernisse durch einen starken, möglichst noch küstennahen Gegenangriff aufgerieben werden.
Am 3. November 1943 war Generalfeldmarschall Erwin Rommel von Hitler zum Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B ernannt worden und trat seinen Dienst in der Normandie im Januar 1944 an. Rommel war gleichermaßen bei seinen Soldaten wie bei der französischen Bevölkerung beliebt.
Foto: Kollektion R. Munninger
Die gesamte Küste entlang zog sich eine Reihe von sogenannten Widerstandsnestern und Stützpunkten. Diese Verteidigungsanlagen mit einer durchschnittlichen Länge von 350 Metern waren in unterschiedlichen Abständen zueinander, mit ebenso unterschiedlicher Bewaffnung ausgestattet – zum Teil mit als Tobruk-Stand bezeichneten, in den Erdboden betonierten Ein-Mann-Stellungen (die Rommel vom Afrika-Feldzug „mitgebracht“ hatte), und die als MG- oder Granatwerfer-Stand oder mit einer aufgesetzten Panzerkuppel für die Strandverteidigung in den Erdboden betoniert waren. In vielen dieser meistens von Minen umgebenen und eingezäunten Verteidigungsanlagen waren mehr oder weniger große Kasematten für Geschütze verschiedener Typen und Kaliber (bis 10,5 cm) errichtet worden, ebenso unterschiedliche ober- und unterirdische Bunker als Mannschaftsunterkünfte oder B-Stellen (Beobachtungs- beziehungsweise Observations- und Feuerleitstände der vorgeschobenen Artillerie-Beobachter). Fest installierte kleine Flammenwerfer dienten zusätzlich der Verteidigung der Anlagen.
Tobruk-Stände waren als Ein-Mann-Stände für Infanteristen konzipiert. Meistenswurde nach ihrer Fertigstellung zur Sicherheit bis zur Oberkante Erdreich angeschüttet. Ihr tiefgelegener Eingang war dann vom Laufgraben aus zugänglich.
Foto: von Keusgen
Dann gab es auch noch die Küsten-Batterien, denn das Erste, das die heranfahrende Invasionsflotte noch möglichst weit auf See treffen sollte, war die deutsche Küsten-Artillerie mit weitreichenden Geschützen (Kaliber bis zu 21 cm mit maximaler Reichweite von 33 Kilometern, von denen es allerdings lediglich drei in der Batterie Marcouf am äußersten westlichen Flügel des späteren Invasionsraums gab2, alle anderen Geschütze hatten deutlich kleinere Kaliber mit ebenso deutlich kürzeren Reichweiten – im Gegensatz zu den Schiffsgeschützen der Alliierten mit Kalibern bis 35,6 cm und Reichweiten bis zu mehr als 50 Kilometern)…
Zu einem wesentlichen Anteil an der Verteidigung sollten auch die diversen küstennah errichteten Radarstationen beitragen. Die größte dieser Anlagen in der Unteren Normandie stellte die sieben Kilometer hinter dem zukünftigen britischen Landeabschnitt Sword, Sektor Oboe, nahe der Ortschaft Douvres-la-Délivrande, dar. Ausgestattet mit mehreren größeren, halbunterirdischen Bunkern und großen Radarschirmen war sie 1942 als Frühwarnanlage errichtet worden – unter dem Decknamen Distelfink.
Die zweite große Verteidigungsmaßnahme stieß bei den deutschen Führungskräften allerdings auf unterschiedliche Meinungen betreffs ihrer Durchführung und löste heftige Debatten aus. Generalfeldmarschall Erwin Rommel, wegen seiner genialen Strategien und Taktiken im Afrika-Feldzug als „Wüstenfuchs“ bezeichnet, plädierte dafür, die Invasoren noch während ihrer Anlandung mit aller Macht anzugreifen, genau in jenem Moment ihrer größten Schwäche. Rommel sagte: „Die Hauptkampflinie ist der Strand.“
Deshalb hatte er auch viele Strandhindernisse ersonnen und sie massenhaft an den Küsten aufstellen und ebenso entlang der Strände Minengürtel anlegen lassen. Auch vertrat er die Meinung, daßdie deutschen Panzer-Divisionen im Raum der Normandie unbedingt küstennah stationiert werden sollten, da sie somit schon am ersten Tag einer Landung sofort einsatz- und abwehrbereit wären.
Reichsfreiherr Leo Geyr von Schweppenburg, Oberbefehlshaber der Panzergruppe West, sowie Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, der Oberbefehlshaber West, lehnten Rommels Strategie kategorisch ab. Sie waren der Meinung, daßes besser wäre, die Invasoren erst anlanden zu lassen und sie dann mit starken, konzentrierten Kräften in einer offenen Feldschlacht zu schlagen. Aber Rommel war auch der Meinung, dass, wenn dem Gegner erst einmal die Anlandung gelingen und er einen sogenannten Brückenkopf für jeglichen Nachschub bilden würde, der Krieg für Deutschland verloren wäre (die späteren Ereignisse bestätigten Rommels Prognose). Doch von Schweppenburg und von Rundstedt beharrten auf ihrer Strategie, die Panzer-Divisionen als Reserve weiter im Hinterland aufzustellen.
Generalfeldmarschall KarlRudolf Gerd von Rundstedt,der Oberbefehlshaber West.
Foto: Archiv Gerstenberg
Hitler, der über diese Argumente informiert war, traf einen Kompromiß, indem er verfügte, eine der drei im Großraum stehenden Panzer-Divisionen für einen sofortigen Einsatz näher an der Küste zu stationieren (die 21., die südlich von Caen aufgestellt wurde), unter dem Befehl des Heeresgruppe B (Rommel); die beiden anderen in der Normandie befindlichen (die 12. SS-Panzer-Division „Hitlerjugend“ und die Panzer-Lehr-Division) sollten bis 160 Kilometer weit im Hinterland stationiert werden – was dann auch realisiert wurde.
Erich Bissoir war seit Juni 1943 Sturmmann (Gefreiter) im Krad-Aufklärungszug der Stabskompanie des SS-Panzer-Regiments 12 der 12. SS-Panzer-Division Hitlerjugend (Kommandeur war Brigadeführer [Generalmajor] Fritz Witt). Bissoir erzählte: „1944 war ich 19 Jahre alt und als Krad-Melder fast täglich unterwegs. Wir waren in der Panzer-Division Hitlerjugend ja alle nur erst siebzehn bis zwanzig Jahre alt. Ältere gab’s nicht, deshalb ja auch diese Bezeichnung für unsere Division. Wir hatten in unserer Heimat den Deutschlandsender, die Rhein-Pfalz-Zeitung und die Westmark-Zeitung, und was da alles Propagandistisches geredet und geschrieben stand, das hatten wir zu glauben, und haben es auch geglaubt. So war auch ich ein ganz begeisterter Freiwilliger bei der Waffen-SS geworden.
Erich Bissoir (in fünfter Generation französischer Abstammung) Krad-(Kraftrad) Melder des SS-Panzer-Regiments 12.
Foto: Kollektion E. Bissoir
Im Januar ’44 war unser Regiment nach Belgien verlegt worden. Unser Kommandeur war Obersturmbannführer (Oberstleutnant) Max Wünsche, Chef der Kampfgruppe Wünsche. Doch schon bald waren die schönen, ruhigen Tage dort vorbei und wir wurden in den Raum Louviers-Evreux in Nordfrankreich verlegt (streckenmäßig über Caen 165 Kilometer von der Küste entfernt). Unsere Stabskompanie wurde in einem alten aber noch gut erhaltenen Schloß beim Dorf Acquigny etabliert, die Masse des Regiments in den umliegenden Dörfern. Die Offiziere und Mannschaften waren in den Häusern der dortigen Bevölkerung einquartiert, mit der sehr schnell eine sehr gute Zweckfreundschaft entstand. Wir lieferten den Franzosen Kommißbrot, Kartoffeln, Salz und irgendwelche Kleinigkeiten aus Beständen unserer Marketenderware und erhielten dafür gute Butter, frische Eier und frisches Fleisch. Nicht selten wurden wir jungen Soldaten auch von den Ortsbewohnern zum Essen eingeladen. Gelegentlich mußten wir als sogenanntes Jagdkommando ausrücken, um nach abgesprungenen Agenten oder abgeworfenen Waffen für den französischen Widerstand zu suchen. Diese Einsätze waren oft erfolgreich und wir konnten manches gute Beutestück bei unserem Regiment abliefern. Unser erfolgreichster und größter Fang waren eines Tages zwei Agenten sowie ein paar Kisten mit Maschinenpistolen, Munition und Sprengstoff; war alles in einem Bauernhaus unter alten Autoreifen versteckt.“
Minen der unterschiedlichsten Art wurden als zusätzliche Absicherung vor vielen Verteidigungsanlagen verlegt und (gemäß Genfer Konvention) mittels Warnschildern gekennzeichnet. Nicht selten wurden diese Schilder auch nur zur Abschreckung aufgestellt, obwohl dort gar keine Minenverlegt worden waren.
Foto: von Keusgen
Neben der 352. Infanterie-Division (die größtenteils in dem von den Amerikanern angegriffenen westlichen Invasionsraum aufgestellt war und nur wenig in den östlichen Raum hineinragte) stand die 716. Infanterie-Division schwerpunktmäßig im östlichen Invasionsraum.
Im Mai 1941, im Zuge der 15. Aufstellungsperiode zusammengestellt, setzte sich die 716. überwiegend aus Freiwilligen zusammen (auch italienischen). Dennoch bestanden viele Truppenteile aus älteren Deutschen und Männern aus anderen, von Deutschland besetzten Ländern, insbesondere aus der Ukraine. Noch im selben Jahr nach Frankreich geschickt, in den Raum um Saint-Lô und Soissons, ab Oktober 1942 ohne rollendes Material, wurde die Division nun als „bodenständige Division“ deklariert und mit ihren 6.000 Soldaten ins Zentrum der normannischen Küste verlegt und der 15. Armee unterstellt – zur Verteidigung des 47 Kilometer langen Küstenstreifens im Großraum Caen.
Bis 1944 wurde die 716. Division personell mit Soldaten anderer Truppenteile, auch russischer Kriegsgefangener sowie sogenannter Volksdeutscher ergänzt respektive aufgefrischt. Ab Anfang dieses Jahres bestand die Division aus rund 40 Prozent Volksdeutscher, was die Kommunikation der deutschen Offiziere mit den Ost-Truppenteilen oftmals deutlich erschwerte – und sie war eine der schwächsten deutschen Divisionen, noch dazu ohne jede Kampferfahrung. Kommandeur der 716. Infanterie-Division war Generalleutnant Wilhelm Richter.
(Nach ihren hohen Verlusten infolge der schweren und langanhaltenden Kämpfe in der Normandie – bis zum 15. Juni 60 Prozent der Soldaten verloren – und einer dann folgenden, starken personellen Auffrischung, wurde die Division bei der Verteidigung von Lyon und dem Elsaß Anfang 1945 fast völlig aufgerieben. Im April desselben Jahres und im Zuge der 33. Aufstellungsperiode nun als 716. Volksgrenadier-Division benannt, geriet sie im Mai in Bayern komplett in amerikanische Gefangenschaft.)
Schützenabwehrminen (auch als Schrapnellminen bezeichnet) gehören zu den gefährlichsten Landminen, die jemals entwickelt wurden. Es gibt Ausführungen mit drei und mit zwei Zünderstiften, die bereits auf leichten Druck oder Zug reagieren. Sodann wurde die Schrapnellmine ausgelöst, schnellte etwa 70 cm hoch und explodierte, wobei sie Hunderte Stahlkugeln „verschoß“.
Foto: Archiv von Keusgen
Rommel legte auch größten Wert darauf, daßdie neu aufgestellte 21. Panzer-Division3 im küstennahen Hinterland gefechtsmäßige Stellungen beziehen und sich alle Einheiten mit dem Gelände vertraut machen sollten – auch bei Nacht. Außerdem hatte er den strikten Befehl erteilt, daßdie Panzerdivision bei einer feindlichen Landung erst nach Freigabe durch „seine“ Heeresgruppe B eingreifen dürfe.
Am 5. Juni lagen die beiden Panzergrenadier-Regimenter der 21. Panzer-Division in ihren ausgebauten Gefechtsstellungen westlich und nördlich von Caen (Panzerregiment 192) und östlich (Panzergrenadier-Regiment 125) in ihren ausgebauten Gefechtsstellungen. Kommandeur des Panzergrenadier-Regiments 125 war der erst sechs Wochen zuvor zur 21. Panzer-Division versetzte 32-jährige, hochdekorierte Ex-Russland- und Afrika-Kämpfer Major Hans-Ulrich Freiherr von Luck und Witten.
Einige Wochen vor der Invasion hielt Rommel eine Ansprache an die Truppe mit folgendem Wortlaut (obwohl er die militärischen Mißstände in der Normandie genau kannte): „Im Hinblick auf den vorzüglichen Geist unserer Truppe, auf die neue Bewaffnung und die Kampfmittel, die uns in die Hand gegeben sind, können wir den kommenden Ereignissen mit größter Ruhe entgegensehen, brauchen uns keine Sekunde den Kopf zu zerbrechen ob es gut oder schlecht geht. Es geht bestimmt gut.“
2 Siehe den speziellen Titel zu dieser Buchserie: Die Kanonen von Saint Marcouf – Deutsche Küsten-Batterien Azeville und Crisbecq.
3 Am 6. Juni 1944 war die 21. Panzer-Division der einzige deutsche motorisierte und aktive Kampfverband im gesamten Invasionsraum.
Hitlers Weisung Nr. 51 (vom 3. November 1943)
Die Gefahr im Osten ist geblieben, aber eine größere im Westen zeichnet sich ab: Die angelsächsische Landung! Im Osten läßt die Größe des Raumes äußersten Falles einen Bodenverlust auch größeren Ausmaßes zu, ohne den deutschen Lebensnerv tödlich zu treffen. Anders im Westen! Gelingt dem Feind hier ein Einbruch in unsere Verteidigung in breiter Front, so sind die Folgen in kurzer Zeit unabsehbar…
Ich kann es daher nicht mehr verantworten, daß der Westen zu Gunsten anderer Kriegsschauplätze weiter geschwächt wird. Ich habe mich daher entschlossen, seine Abwehrkraft zu verstärken, insbesondere dort, wo wir den Fernkampf gegen England beginnen werden. Denn dort muß und wird der Feind angreifen, dort wird die entscheidende Landschlacht geschlagen werden… Luftwaffe und Kriegsmarine müssen den zu erwartenden starken Angriffen aus der Luft und über See mit allen nur greifbaren Kräften in rücksichtslosem Einsatz entgegentreten.
Die bisher eher provisorisch errichteten und noch weit voneinander entfernten Küstenverteidigungsanlagen amsogenannten Atlantikwall blieben (mit Ausnahme am Pas de Calais) bis Anfang 1944 nur wenig ausgebaut.
Fotos: Archiv von Keusgen
Infolge dieser Weisung Hitlers befahl das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) einen weiteren Ausbau der als Atlantikwall bezeichneten Küstenverteidigungsanlagen (der bisher schwerpunktmäßig am Pas-de-Calais betrieben wurde) und die bereits vorhandenen zu verstärken. Doch der im fünften Kriegsjahr im Osten und Süden stark bedrängten Wehrmacht mangelte es deutlich an den dazu notwendigen beweglichen Kräften, und Hitlers Weisung Nr. 51 blieb somit lediglich ein „Lippenbekenntnis“. Hitler ließ die Masse der militärischen Ressourcen auch noch während des weiteren Ausbaus des Atlantikwalls immer wieder zu den derzeit wichtigsten Krisenherden schicken – in den Osten, sogar nach Italien, denn bereits am 10. Juli 1943 waren die Alliierten auf Sizilien gelandet und von Süd-Italien auf dem Vormarsch nach Norden…
Generalfeldmarschall Rommel (rechts) während einer Inspektionstour entlang der normannischen Küste.
Foto: R. MunningerKollektion von Keusgen
Angesichts des gewaltigen Aufmarsches der Alliierten in Großbritannien warnten der OB West (Oberbefehlshaber West, Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt) sowie die Oberbefehlshaber der an der Kanalküste eingesetzten Armeen betreffs der nur geringen Abwehrschwäche. Doch Hitler war nicht bereit, im Norden, Süden oder Osten freiwillig und planmäßig Gebiete zu räumen, um somit mehr Kräfte für den Westen freizusetzen. Dennoch gelang es zwar, die Anzahl der im Westen stationierten Divisionen von Dezember 1943 bis Mai 1944 von 38 auf 54 zu erhöhen, doch entstanden diese Neuaufstellungen überwiegend durch Umgliederungen, „Auskämmen“ anderer Divisionen und Auffüllen mit noch sehr jungen, kampfunerfahrenen Soldaten sowie älterem, sogar krankem und fremdem Personal (Soldaten gefangengenommener und/oder übergelaufener Ost-Truppen), die infolge mangelhafter Ausbildung (sogar fehlender Sprachkenntnisse) nur unwesentlich zu einer echten Verstärkung beitragen konnten. Die zur Küstenverteidigung eingesetzten Infanterie-Divisionen waren sogenannte „bodenständige“ mit deutlich beschränkter Kampfkraft. Ihre Bewaffnung war völlig unzureichend, sehr oft waren sie außer mit Karabinern und Panzerfäusten lediglich mit einem „Sammelsurium“ von Beutewaffen ausgerüstet. In Ermangelung an Zugmitteln (Pferde und Kraftwagen) waren sie im Bewegen schwerer Waffen weitgehend eingeschränkt. Ihre Versorgung war von ebenfalls „bodenständigen“ Einrichtungen abhängig. Diese Truppen waren, wie Generalleutnant Hans Speidel, der Chef des Stabes der Heeresgruppe B, sagte, „… dem erwarteten motorisierten und wendigen Gegner niemals gewachsen, wenn der Kampf in einen Bewegungskrieg übergehen sollte“. Lediglich die wenigen Panzer- und Panzer-Grenadier-Divisionen waren für eine bewegliche Kampfführung gegen motorisierte und gepanzerte Truppen geeignet – vorausgesetzt, daßdie Luftwaffe imstande war, den Luftraum über und hinter ihnen zu sichern (wie das 1942 bei Dieppe der Fall war).
Während der Suche nach wichtigen beweglichen Verbänden bot Generaloberst Heinz Guderian (Generalinspekteur der Panzertruppen) seine Lehr-Truppen an: „Um wenigstens noch etwas für die Westfront zu schaffen, ordnete ich die Zusammenfassung aller Lehr-Truppen der Panzerschulen zu einer Panzer-Lehr-Division an, die in Frankreich ausgebildet wurde. Sie erhielt neues Gerät und ausgesuchte Offiziere. Ihr Kommandeur wurde mein alter Ia, der General Bayerlein.“
Auch noch in der Zeit während des von Rommel betriebenen Ausbaus der Verteidigungsanlagen blieben etliche kleine, improvisierte Stellungen als Widerstandsnester undeklariert.
Fotos: Archiv von Keusgen
Was die Befestigungsanlagen am Strand und in Strandnähe betraf, betrieb Generalfeldmarschall Erwin Rommel, der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B, zwar ab Januar 1944 den weiteren, verstärkenden Ausbau des Atlantikwalls, der jedoch trotz der großen Masse eingesetzter Bauarbeiter, aber eines nur viel zu beschränkten Nachschubs an Material, bis Juni 1944 noch längst nicht gänzlich fertiggestellt werden konnte und in dem erhebliche Lücken klafften, besonders auch an der normannischen Küste. Infolge dieser Mißstände waren viele der dort mehr oder (meistens) weniger großen Verteidigungsanlagen geradezu bedeutungslos.
Der Feldpostbrief eines an der normannischen Küste stationierten deutschen Soldaten vom 24. Mai 1944 (13 Tage vor der Invasion) an seine Freundin spiegelt die infolge der ständigen deutschen Propaganda flagrante Fehleinschätzung betreffs der tatsächlichen Gesamtsituation:
Liebe Marie,
Endlich komme ich dazu, Deinen Brief vom 23.04.44 zu beantworten. Ich hatte es mir schon öfters vorgenommen, aber es kam immer wieder etwas dazwischen, denn seit gut einem Monat ist unser Leben hier etwas bewegter als die erste Zeit […]
Wir warten hier auf die „Invasion“, ob sie kommt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Eins steht jedenfalls fest, wir werden ihnen schon einen warmen Empfang bereiten, wenn sie es wagen sollten. Ich kann Euch eins versichern: Wenn dieses Heer im Osten wäre, stünde der Russe im September hinter Moskau. Wenn es zur Zeit auch nicht so rosig aussieht, ich bin der Meinung, daßauch unsere Zeit mal wieder kommen wird. Hoffentlich ist es recht bald soweit, damit der Krieg bald ein Ende hat. […]
Herzliche Pfingstgrüße von Deinem Hans-Peter
Briefe von am Atlantikwall stationierten Soldaten mit einem derartigen Tenor waren durchaus keine Seltenheit, aber es war den Soldaten ja auch überhaupt nicht möglich, aus ihrem Blickwinkel und infolge mangelnder militärischer und waffentechnischer Kenntnisse, die Situation objektiv zu bewerten.
Die deutschen Küstenverteidigungsanlagen im britisch-kanadischen Invasionsraum Anfang Juni 19444
Die deutsche Küstenbefestigung bestand in den insgesamt 38,1 Kilometer langen britisch-kanadischen Invasionsräumen Gold, Juno und Sword (von der Orne-Mündung bis unweit über Port-en-Bessin hinaus und überwiegend im Aufstellungsraum der 716. Infanterie-Division; auf der westlichen Seite auch noch der 352.) aus einer Reihe von mehr oder weniger nahe beieinander liegender Verteidigungsanlagen, sogenannter Widerstandsnester (WN) – insgesamt 59, zuzüglich neun nicht als WN deklarierter Stützpunkte und etlicher völlig undeklarierter kleinerer Stellungen, aber auch aus WNs, die gleichzeitig Stützpunkte waren (in denen komplette Kompanien standen).
Allerdings gab es nahe östlich der Orne-Bucht noch sieben weitere Widerstandsnester (WN 01 bis WN 06), inklusive der Heeres-Küsten-Batterie Merville (WN 01), die ebenfalls im (nicht offiziellen) Angriffsplan der Briten als (im Eventualitätsfall alternative) Angriffsziele (ohne WN 01) verzeichnet waren. Die HKB (Heeres-Küsten-Batterie) Merville gehörte zur Gesamtverteidigungsanlage dieser Bucht, in der sich auch die (für die Briten strategisch sehr wichtige) Schleuse mit der Einfahrt zum Caen-Kanal befand (und noch immer befindet).
Franzosen im – freiwilligen – Dienst der deutschen Wehrmacht, die für ihre Arbeit ordentlich bezahlt wurden.
Foto: von Keusgen
Der Ausbau der Verteidigungsanlagen respektive ihrer Bunker wurde überwiegend von der deutschen (Bau-)Organisation Todt betrieben, aber auch von privaten französischen Bauunternehmen, die hauptsächlich im näheren bis nur etwas weiteren Umfeld ihres Standortes tätig waren.
Der damals 7-jährige Jacques Ravelli wohnte mit seinen Eltern in Bayeux. Er konnte sich als Erwachsener noch gut an die für ihn beeindruckende Zeit erinnern: „Mein Onkel arbeitete bei einer Baugesellschaft in Bayeux, die hat Bunker gebaut. Eines Tages hat mein Onkel mich mitgenommen, um einen neuen Bunker anzusehen, der in Caen gebaut worden war, zusammen mit zwei deutschen Offizieren in Uniform. So fuhren die beiden Offiziere mit uns von Bayeux nach Caen. Ich hatte keine Angst vor ihnen. Auf der Strecke dorthin haben sie angehalten, den Kofferraum geöffnet und zwei Jagdgewehre herausgeholt. Dann haben sie Kaninchen geschossen. Franzosen durften nicht auf die Jagd gehen, auch keine Schußwaffen besitzen. Mein Onkel und ich haben die erschossenen Kaninchen dann eingesammelt. Es waren ziemlich viele, am Ende ein ganzer Berg. Mein Onkel hat auch welche davon bekommen.
Dann waren wir in Caen, den Bunker ansehen. Ich hatte mitbekommen, daßdie Deutschen Angst vor Angriffen aus der Luft hatten. Dieser Bunker, der auf weitem, flachem Gelände erbaut wurde, ist noch immer dort, aber niemand außer mir weiß heute noch, daßer noch existiert. Er befindet sich auf einem Gelände, auf dem heute Pferderennen stattfinden. Er steht in einer Ecke, inzwischen längst von einem nicht sehr hohen Erdhügel überschüttet. Da drunter ist dieser kleine Bunker…“
Ost-Soldaten in der Uniform der Wehrmacht.
Fotos: Archiv Gerstenberg
Die 716. Infanterie-Division bestand aus den in Küstennähe aufgestellten Grenadier-Regimentern 726 und 736, sowie dem weit auseinandergezogenen, beiderseits der schmalen Orne stehenden Ost-Bataillon 642 (freiwillig der Wehrmacht beigetretene, ursprünglich kriegsgefangene Russen) sowie einem Reserve-Regiment. Außerdem war das Artillerie-Regiment 1716 dieser Division unterstellt, das im Januar 1944 aufgestellt worden war. Das Artillerie-Regiment gliederte sich in drei Abteilungen und wurde im Raum Caen eingesetzt.
Über die ihm unheimlich erscheinenden Männer der Ost-Truppen erzählte Jacques Ravelli: „Da waren viele nahe bei Bayeux, in Saint-Martin-des-Entrées, nur eineinhalb Kilometer entfernt, Kosaken. Sie sahen wild und gefährlich aus, waren aber ganz lieb. Sie ritten auf kleinen Pferdchen, die nicht gesattelt waren. Sie hatten auch kleine Panjewagen, mit denen sie Rundfahrten für die Kinder veranstalteten. Die Kinder durften auch selbst lenken. Das hat Spaß gemacht.“
Der 34 Kilometer breite Küstenaufstellungsraum der 716. Infanterie-Division reichte – von Westen kommend, wo dort angrenzend die 352. Infanterie-Division stand (auch bis teilweise noch hinter dem geplanten britischen Landeraum „Gold“) – bis etwa zehn Kilometer östlich der Orne, dann begann – nach Osten hin – der 56 Kilometer breite Aufstellungsraum der 711. Infanterie-Division, der bis an die Seine grenzte (aber von der Invasion am 6. Juni nicht wesentlich berührt wurde).
Die Masse der deutschen Soldaten war in Häusern auf dem Land und in den Städten und Dörfern einquartiert, auch in Bayeux. Dazu berichtete Jacques Ravelli: „Die deutschen Soldaten lebten in Häusern, überall verteilt, in Bayeux, in Caen, eben überall. Aber in Bayeux gab es keine Garnison, die standen draußen auf dem Land, mehr in den Dörfern. Die Offiziere waren in den besseren Häusern, sogar in den vielen Schlössern der Normandie einquartiert. Die Russen hat man nicht in den Häusern wohnen lassen; man hatte Angst vor ihnen. Wie ich gehört habe, waren die meisten von ihnen im Raum Caen untergebracht, alle in Holzbaracken, in einem ganzen Lager, wie auch in Saint-Martin-des-Entrées, direkt an der Verbindungsstraße von Bayeux nach Caen, der Route Nationale 13, ganz nahe Bayeux. Das Lager war auf der einen Straßenseite, auf der anderen Seite hatte man den oberen Teil der Kronen einiger hoher Bäume abgeschnitten und da oben hinein Holzplattformen gebaut, mit Maschinengewehren darauf. Es führten schmale Leitern zu diesen MG-Stellungen hinauf.
Bäume boten sowohl einen gut getarnten Aussichtsplatz wie auch die Möglichkeit, darin erhöhte Schießstände zu errichten.
Wir, meine Eltern und ich, wohnten damals in einer sehr schmalen Straße in Bayeux, in der Rue Saint Georges. Eines Nachmittags kam ein deutscher Soldat, der ein aufgerolltes Stromkabel bei sich hatte. Ich stand da und habe zugesehen, was er tat. Da hat er mir ein kleines Stück einer längeren, kleingliedrigen Kette geschenkt. Ich habe es angenommen und mich gewundert, daßich das geschenkt bekommen habe. Ich sollte mir davon ein Armband machen. Es war aus rötlichem Messing. Ich habe es lange aufbewahrt, als ein schönes Andenken an die Deutschen.“
Erwin Rommel, ein Mensch, der sowohl die Historie wie die Kultur der Franzosen schätzte, hatte angeordnet, daßin der mittelalterlichen Fachwerkstadt Bayeux keine deutsche Garnison untergebracht wird, damit die Stadt im Falle einer in diesem Gebiet stattfindenden Invasion weder bombardiert noch beschossen wird (was in der Folge auch nicht geschah, was die Franzosen Rommel noch heute hoch anrechnen).
4 Jene Verteidigungsanlagen, die infolge zu mangelhaften Ausbaus, nur geringer Dimension und/oder nur schwacher Bewaffnung fast bedeutungslos waren, werden hier nicht näher beschrieben. Auch wird von einer detaillierten Beschreibung der Waffenbestückung jeder einzelnen Anlage (Kleinwaffen wie Granatwerfer, Maschinengewehre, Flammenwerfer und Minen) weitgehend abgesehen, da diese gewissermaßen zur „Standardbewaffnung“ gehörten.