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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Der Lindner-Hof lag im Schein der Abendsonne. Schräg goss sie ihr mildes Licht über Wohnhaus, Stall und Scheune und tauchte alles in einen rotgoldenen Glanz. Pfarrer Trenker freute sich an der malerischen Stimmung. Auch wenn sie ihn nicht darüber hinwegtäuschen konnte, wie heruntergekommen das ehemals so stattliche Anwesen des alten Tobias Lindner inzwischen war. Langsam und in Gedanken versunken ging der gute Hirte von St. Johann den grasüberwachsenen Weg zur Haustür hinauf. Mit leiser Wehmut betrachtete er das verwilderte Bauerngärtchen, dessen morscher Holzzaun dringend ersetzt werden müsste, was auch für die schief in den Angeln hängenden Fensterläden galt. Die Scheiben waren von Staub und getrockneten Regentropfen gesprenkelt, und die Vorhänge mit den handgearbeiteten Häkelspitzen gelblich verfärbt. Sebastian Trenker überlegte, wie lange der Lindner-Bauer nun schon alleine lebte. Mindestens fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig Jahre mussten ins Land gezogen sein, seit Tobias Lindners einziges Kind, seine Tochter Irmtraud, nach München geheiratet und dem Hof den Rücken gekehrt hatte. Ungefähr so alt musste inzwischen auch Katharina, Tobias' Enkeltochter sein, die als Madl immer so gerne in St. »Herr Pfarrer, grüß' Sie Gott! Das ist aber schön, dass Sie wieder einmal bei mir vorbeischauen«, wurde Sebastian in diesem Moment von der Stimme des Lindner-Bauern aus seinen Gedanken gerissen. »Sie haben mich also net vergessen, auch wenn ich in letzter Zeit kein besonders eifriger Kirchgänger gewesen bin.« Pfarrer Trenker schmunzelte. Er wandte seinen Blick der Haustür zu, in deren Rahmen Tobias Lindner stand. »Servus, Tobias. Grüß' dich Gott«, sagte er gut gelaunt.
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Seitenzahl: 118
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Der Lindner-Hof lag im Schein der Abendsonne. Schräg goss sie ihr mildes Licht über Wohnhaus, Stall und Scheune und tauchte alles in einen rotgoldenen Glanz.
Pfarrer Trenker freute sich an der malerischen Stimmung. Auch wenn sie ihn nicht darüber hinwegtäuschen konnte, wie heruntergekommen das ehemals so stattliche Anwesen des alten Tobias Lindner inzwischen war.
Langsam und in Gedanken versunken ging der gute Hirte von St. Johann den grasüberwachsenen Weg zur Haustür hinauf. Mit leiser Wehmut betrachtete er das verwilderte Bauerngärtchen, dessen morscher Holzzaun dringend ersetzt werden müsste, was auch für die schief in den Angeln hängenden Fensterläden galt. Die Scheiben waren von Staub und getrockneten Regentropfen gesprenkelt, und die Vorhänge mit den handgearbeiteten Häkelspitzen gelblich verfärbt.
Sebastian Trenker überlegte, wie lange der Lindner-Bauer nun schon alleine lebte.
Mindestens fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig Jahre mussten ins Land gezogen sein, seit Tobias Lindners einziges Kind, seine Tochter Irmtraud, nach München geheiratet und dem Hof den Rücken gekehrt hatte.
Ungefähr so alt musste inzwischen auch Katharina, Tobias’ Enkeltochter sein, die als Madl immer so gerne in St. Johann beim Großvater gewesen war und …
»Herr Pfarrer, grüß’ Sie Gott! Das ist aber schön, dass Sie wieder einmal bei mir vorbeischauen«, wurde Sebastian in diesem Moment von der Stimme des Lindner-Bauern aus seinen Gedanken gerissen. »Sie haben mich also net vergessen, auch wenn ich in letzter Zeit kein besonders eifriger Kirchgänger gewesen bin.«
Pfarrer Trenker schmunzelte. Er wandte seinen Blick der Haustür zu, in deren Rahmen Tobias Lindner stand.
»Servus, Tobias. Grüß’ dich Gott«, sagte er gut gelaunt. »So einen Empfang lob’ ich mir. Noch ehe man überhaupt an der Haustür ist und den Klingelknopf drücken kann, wird man schon aufs Herzlichste willkommen geheißen.«
Der alte Bauer strahlte übers ganze Gesicht, wobei sich eine Unzahl von Fältchen in seine eingefallenen Wangen grub. Seine ein wenig gebeugte Gestalt straffte sich.
»Das versteht sich doch von selbst bei so einem hohen Gast«, gab er zurück. »Kommen S’ herein, Herr Pfarrer. Bei mir ist es zwar recht bescheiden, aber wenn Sie mein Abendessen, Kaffee und Hefezopf, mit mir teilen wollen …«
Sebastian schüttelte den Kopf.
»Nein, lieber net, Tobias. Gegessen hab’ ich schon daheim, bei Frau Tappert. Und das net zu knapp«, erwiderte er schmunzelnd. Als er jedoch sah, wie sich die Miene des Lindner-Bauern umwölkte, fügte er rasch hinzu: »Gegen eine Tasse Kaffee hab’ ich natürlich trotzdem nix einzuwenden. Ganz im Gegenteil. Wenn mir jemand Kaffee anbietet, sag’ ich gerne ja.«
»Na also«, lächelte Tobias Lindner zufrieden und hielt Sebastian die Tür weit auf.
Gerührt trat der Geistliche über die Schwelle und folgte dem Bauern in die Wohnküche. Die Tatsache, dass der alte Mann sich so sehr über seinen Besuch freute, weckte in ihm den Verdacht, dass sonst wohl niemand beim alten Lindner vorbeischaute.
»Nehmen S’ Platz, Herr Pfarrer«, sagte Tobias und wies auf das altmodische Sofa, auf dem sich zwei getigerte Katzen räkelten. »Ach herrje, meine Miezerln …« Der alte Tobias klatschte in die Hände. »Husch, husch, ihr zwei. Rutscht gefälligst ein bissel zur Seite, damit der Herr Pfarrer sich hinsetzen kann.«
Die Tiere machten sich nichts aus Tobias Lindners Aufforderung.
Und noch ehe der Alte sie nachdrücklicher hätte verscheuchen können, hatte Sebastian Trenker bereits, so gut es eben ging, zwischen den beiden Samtpfoten Platz genommen. Eine von ihnen sprang dem Geistlichen sogleich zutraulich auf den Schoß, leckte mit ihrer rauen Zunge seine Hand und legte sich dann schnurrend zurecht.
Der Lindner-Bauer stellte indessen geschäftig ein Kaffeehaferl vor Sebastian Trenker hin und füllte es, bis es fast überlief.
»Waren Sie nur zufällig des Wegs oder gibt es irgendetwas Besonderes, das Sie hergeführt hat, Herr Pfarrer?«, fragte er, als er sein eigenes Haferl genauso vollgeschenkt hatte.
Sebastian Trenker warf Tobias einen viel sagenden Blick zu.
»Und ob es etwas Besonderes gibt«, sagte er. »Ich bin gekommen, um dir zum Geburtstag zu gratulieren. Natürlich auch im Namen der Pfarrei. Siebzig wird man schließlich net alle Tage. So ein runder Geburtstag ist schon ein Grund zum Feiern.« Sebastian zog eine von Sophie Tappert liebevoll verpackte Flasche Wein aus seinem Rucksack und stellte sie mitten auf dem Tisch. »Die ist für dich, Tobias. Und alles Gute wünschen wir dir. Gesundheit, Glück und …«
Tobias Lindner ergriff mit festem Druck die Hand, die der gute Hirte von St. Johann ihm entgegenstreckte.
»Ich bedank’ mich halt recht schön, Herr Pfarrer«, erwiderte er, noch ehe Sebastian seine Gratulation vollendet hatte. Er konnte seine Freude über die unverhofften Glückwünsche und das unerwartete Geschenk einfach nicht länger zurückhalten. »Wenn es Ihnen recht ist, mach’ ich die Flasche gleich auf. Dann können Sie auch ein Glaserl mittrinken, Herr Pfarrer.«
»Ja, doch. Warum eigentlich net?«, meinte Sebastian ein wenig zögernd. »Obwohl ich mir eher gedacht hab’, dass du den edlen Tropfen an deinem Ehrentag zusammen mit deiner Tochter, deinem Schwiegersohn und deiner Enkelin …«
Der Lindner-Bauer winkte ab.
»Da wird wohl nix draus werden«, meinte er. »Die Irmi und der Wolf-Dieter haben mich gestern schon wissen lassen, dass sie an meinem Geburtstag leider keine Zeit haben. Und meine Enkelin, die Kathi, hat sich auch entschuldigt. Die Kathi macht sich seit dem vergangenen Sommer sowieso mehr als rar.« Tobias seufzte. »Ich nehm’ es ihr aber net übel. Es ist schließlich kein Verbrechen, wenn ein junges Madl etwas Besseres zu tun hat, als seinen alten Opa zu besuchen. Weh tut’s allerdings schon. Vor allem, weil ich die Kathi so gern hab’. Und weil ich immer davon geträumt hab’, dass sie sich ihr Leben einmal anders einrichtet als ihre Mutter. Ich hab’ so gehofft, dass sie hier in St. Johann einen netten Burschen kennenlernt. Vielleicht auf dem Tanzabend im ›Löwen‹, oder was weiß ich. Einen bodenständigen Burschen, der etwas von der Bauernarbeit versteht. Und der Lust hat, meinen Hof zu übernehmen und wieder auf
Vordermann zu bringen.«
Pfarrer Trenker schwieg.
Eigentlich hatte auch er schon hin und wieder an diese Möglichkeit gedacht. Aber wenn Kathi andere Pläne hatte, war da wohl nicht viel zu machen, es sei denn …
»Junge Madln ändern ihre Meinung oft schnell«, versuchte Sebastian, den Lindner-Bauern zu trösten. »Ich hab’ jedenfalls immer das Gefühl gehabt, dass die Kathi dir nachschlägt, Tobias. Und ich glaub’ net, dass ich mich getäuscht hab’. Früher oder später wird sie schon wieder Sehnsucht nach St. Johann und nach deinem Hof bekommen. Meinst’ net auch?«
In Tobias Lindners Augen glomm ein leiser Hoffnungsschimmer auf.
»Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Pfarrer«, sagte er. »Wenn Sie Recht hätten …, schön wär’s. Es ist alles andere als leicht, in meinem Alter einen Hof allein zu bewirtschaften. Das heißt, wenn von bewirtschaften überhaupt die Rede sein kann. Eher könnt’ man wahrscheinlich sagen, irgendwie über die Runden kommen. Mehr schlecht als recht.«
Pfarrer Trenker schaute den Lindner-Bauern überrascht an.
»Wieso ganz allein? Du hast doch deinen Knecht, den Loisl, der obendrein recht tüchtig und fleißig ist«, wunderte er sich. »Oder bist’ aus irgendeinem Grund nimmer zufrieden mit ihm, Tobias?«
Tobias Lindner fuhr sich ein paar Mal mit Daumen und Zeigefinger über das Kinn.
»Nein, nein. Zufrieden wär’ ich nach wie vor mit dem Loisl. Bloß hat er mir leider Gottes gekündigt«, antwortete der Bauer niedergeschlagen. »Klammheimlich hat er sich, hinter meinem Rücken, über ein Heiratsinstitut ein Madl gesucht. Und natürlich prompt eines gefunden. Schon nach vier Wochen. Eine nette Bauerntochter aus Rottach-Egern am Tegernsee. Sie ist das einzige Kind ihrer Eltern und bekommt bei ihrer Heirat das ganze Anwesen überschrieben.« Tobias verzog seine Lippen zu einem schiefen Grinsen. »Manche Leut’ haben halt ein Glück. Und andere haben keines. Warum das so ungerecht verteilt ist, weiß kein Mensch. Obwohl ich dem tüchtigen Loisl natürlich von Herzen gönn’, dass er schon bald selber Bauer und Herr auf seinem eigenen Hof wird.«
Pfarrer Trenker räusperte sich.
»Ja, schon«, meinte er dann. »Aber du …, du kannst doch, wenn jetzt der Sommer kommt, hier heroben net ganz ohne fremde Hilfe weitermachen. Einen neuen Knecht brauchst’ auf alle Fälle. Ganz abgesehen davon, dass dir auch im Haushalt und in der Küche hin und wieder ein bissel Unterstützung net schaden tät’.« Er überlegte einen Moment. »Weißt’ was, Tobias? Wenn es dir recht ist, halt ich in nächster Zeit einmal Ausschau, ob ich net einen Knecht auftreiben kann. Und am besten auch eine Haushaltshilfe. Wenigstens für einen oder zwei Tage in der Woche.«
Der Lindner-Bauer zuckte die Schultern.
»Schlecht wär’ das freilich net«, räumte er ein. »Bloß ist es letztendlich halt auch eine Geldfrage. Viel zahlen kann ich nämlich net. Aber das wissen Sie ja selber, Herr Pfarrer.«
Sebastian Trenker nickte.
»Natürlich weiß ich, dass du kein Krösus bist. Aber ich werd’ schon trotzdem jemanden finden, der hilfsbereit ist und sich ein bissel um den Lindner-Hof kümmern will«, meinte er.
Mit einem großen Schluck trank er sein Kaffeehaferl aus. Dann nahm er behutsam die Katze von seinem Schoß und setzte sie auf ihren alten Platz. »Ich muss mich jetzt wieder auf den Weg machen, Tobias. Ich werd’ nämlich schon erwartet.«
Sebastian erhob sich und Tobias Lindner stand ebenfalls auf.
»Dann darf ich Sie wohl net länger aufhalten, Herr Pfarrer. Es gibt ja schließlich auch noch andere Leut’ auf der Welt. Und net bloß mich«, erklärte er und begleitete den guten Hirten von St. Johann hinaus ins Freie.
Dort schaute der alte Bauer plötzlich mit leisem Vorwurf zum inzwischen schon fast nachtblauen Himmel auf, an dem hell der Abendstern blitzte. »Jeden Tag les’ ich in der St. Johanner Zeitung als erstes die standesamtlichen Bekanntmachungen«, sagte er. »Damit ich weiß, wer heiratet und auf welchen Höfen Kinder auf die Welt kommen. Dann frag’ ich mich, was ich falsch gemacht hab’, dass ausgerechnet ich mutterseelenallein hier heroben ausharren muss. Und warum der Herrgott net endlich ein Einsehen hat und mir hilft. Es kann doch net sein, dass ich der Letzte bin und bleib und nach mir alles den Bach hinuntergeht.«
Sebastian konnte nichts dem hinzufügen, was er vorher schon über die Enkelin gesagt hatte. Wer wusste jetzt schon zu sagen, wie sich Kathi entscheiden würde. Er drückte dem Bauern die Hand.
»Ich wünsch’ dir jedenfalls noch einmal aus ganzem Herzen alles Gute, Tobias. Net nur zum Siebzigsten, sondern überhaupt. Das alte Sprichwort ›Unverhofft kommt oft‹ stimmt ja immer noch«, meinte er. »Und ich hör mich um, wegen dem neuen Knecht.«
Sebastian lächelte Tobias aufmunternd zu, ehe er dem Lindner-Hof endgültig den Rücken kehrte und durch die frische feucht-kühle Abendluft Richtung Pfarrhaus marschierte.
Dabei ging ihm nicht mehr aus dem Sinn, was der Lindner-Bauer zuletzt gesagt hatte.
Ob er ein bisschen nachhelfen und in nächster Zeit einmal versuchen sollte, mit Kathi Kontakt aufzunehmen? Oder vielleicht besser mit Irmtraud und Wolf-Dieter Bayerlein, die, so weit er wusste, in München in der Nähe des Viktualienmarkts einen kleinen Hutladen betrieben?
Gab es für Tobias Lindner und seinen Hof wirklich keine Zukunft mehr?
*
»Links müssen wir abbiegen, Wolf-Dieter. ›St. Johann 15 Kilometer‹. Ich hab’ es klar und deutlich auf dem Wegweiser gesehen.«
Irmtraud Bayerlein wies mit ausgestrecktem Zeigefinger nach links.
Wolf-Dieter allerdings schüttelte unwillig den Kopf.
»Da ist mein Navi ganz anderer Meinung«, sagte er. »Der behauptet nämlich, die Abzweigung nach St. Johann muss auf der rechten Seite sein.«
Irmtraud verdrehte ärgerlich die Augen.
»Was ich gesehen hab’, hab’ ich gesehen. Ich bin doch net blind. Und außerdem kenn’ ich die Strecke nach St. Johann noch von früher«, widersprach sie. »Aber du glaubst ja lieber deinem technischen Spielzeug als deiner Frau. Was ich sag’, ist für dich noch nie etwas wert gewesen. Und wird auch nie etwas wert sein. Wenn du mich wirklich gernhaben würdest …«
Ein überraschendes Bremsmanöver warf Irmtraud unsanft in den Sicherheitsgurt und ließ sie von einer Sekunde auf die andere verstummen.
»Himmel, Kreuzdonnerwetter«, schimpfte an ihrer Stelle Wolf-Dieter los, als er sich wieder gefasst und seinen Wagen auf Kurs gebracht hatte. »Wegen deiner Streitsucht hätt’ ich jetzt um ein Haar dem Traktor da vorn die Vorfahrt genommen. Da wär’ uns ein saftiger Ärger mit der Polizei ins Haus gestanden. Und unseren Termin mit dem Bruckner-Markus hätten wir vergessen können.«
Irmtraud schwieg und kroch noch ein wenig tiefer in den Beifahrersitz. Bis sie den neuen Wegweiser mit der Aufschrift »St. Johann«, entdeckte.
»Links. Wie ich gesagt hab’«, triumphierte sie.
Wolf-Dieter brummte missmutig.
»Dann bieg’ ich halt in Gottes Namen links ab statt rechts«, gab er nach.
»Und spar mir damit das Überholen des Traktors. Trotzdem bleib ich dabei, dass die Strecke, die mir der Navi gezeigt hat, die kürzere gewesen wär’.«
Wieder herrschte eine Weile Stille zwischen den Bayerleins.
»Kann ja sein, dass du Recht hast, Wolf-Dieter. Möglicherweise ist in den vergangenen Jahren irgendeine neue Verbindungsstraße gebaut worden«, lenkte Irmtraud ein. »Es ist doch schon ganz schön lang her, seit wir das letzte Mal in St. Johann waren.«
Wolf-Dieter hob die Augenbrauen.
»Das darfst’ laut sagen«, pflichtete er seiner Frau bei. »Dabei ist das Wachnertal von der Landschaft her gar net so übel. Und St. Johann ist auch net ohne.«
Irmtraud verzog den Mund, als hätte sie in einen sauren Apfel gebissen, doch dann hellte sich ihre Miene urplötzlich auf.
»Die Berglandschaft und der saubere, gepflegte Ort bringen uns schon bald einen kleinen Goldregen«, stellte sie gutgelaunt fest. »Wenn der Tourismus in St. Johann net weiterhin im Aufschwung begriffen wäre, hätte der Bruckner-Markus nämlich mit Sicherheit kein Interesse am Hof meines Vaters.«
»Recht hast’, Irmi«, stimmte Wolf-Dieter zu. »Und wenn wir den Hof net losschlagen könnten, wär’ das fatal für uns. Schließlich brauchen wir das Geld aus dem Verkauf des Anwesens dringend, um unsere Schulden abzubezahlen. Unser neues Haus hat den ursprünglichen Kostenrahmen um ein Vielfaches gesprengt, weil wir zwei nun einmal Wert auf ein bissel Luxus legen. Und seit unser Hutladen nimmer so gut läuft …«
Irmtraud seufze.
»Es wird schon alles wieder ins Lot kommen«, sprach sie ihrem Mann und sich selbst Trost zu.
Dann schaute sie auf ihre Armbanduhr.
»Komm, drück noch ein bissel fester aufs Gaspedal«, ermunterte sie Wolf-Dieter. »Der Bruckner-Markus hat es nämlich gar net gern, wenn man ihn warten lässt. Net dass wir ihn noch vergrätzen, ehe wir mit ihm endgültig handelseins geworden sind.«
Wolf-Dieter Bayerlein winkte ab.