Hoffnungs Freiflug nach Bali - Wilfried Kriese - E-Book

Hoffnungs Freiflug nach Bali E-Book

Wilfried Kriese

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Beschreibung

Ingrid, Hugo und ihre Tochter Melanie sind eine fast gewöhnliche Familie, wie Millionen andere auch. Hugo arbeitet in einer Holzfabrik an einer Bandsäge, Ingrid ist seit 2 Jahren arbeitslos und die Tochter Melanie besucht den städtischen Kindergarten. Eines Tages bekommt Familie Hoffnung eine Erbschaft von 30000 Euro. Das ist zu wenig für die Anzahlung einer Eigentumswohnung und zuviel zum Sparen, weil es zuviel Vermögen ist, als der Staat z.B. beim Beziehen von Arbeitslosenhilfe zulässt. Deshalb legen Hoffnungs 7000 Euro auf die hohe Kante, das ist nämlich so wenig, wie der Staat bei Eheleuten erlaubt, wenn einer von beiden Arbeitslosenhilfe erhält, und das trifft nun mal auf Ingrid mit 350 Euro im Monat zu. Dann kaufen sich Hoffnungs noch ein neues Auto mit einigen Extras, zumindest ist dann das Auto bar bezahlt, und es werden keine zusätzlichen monatlichen Raten fällig und keine weiteren Reperaturkosten, so wie bisher bei ihrem alten VW Polo. Zu guter letzt erfüllen sich dann Hoffnungs noch einen Traum: 3 Wochen Bali.

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Seitenzahl: 70

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Hoffnungs Freiflug nach Bali

Titelseite1. Kapitel: DAHEIM2. Kapitel: UNTERWEGS3. Kapitel: DAS ZIEL4. KAPITEL: HEIMWÄRTS5. Kapitel: DAHEIMImpressum

Wilfried Kriese

Hoffnungs Freiflug nach Bali

Leben hinter Hotelmauern

Impressum

Mauer Verlag

Wilfried Kriese

Buchgestaltung Mauer Verlag

Titelbild: Wilfried Kriese

Edition Wilfried Kriese 2018

Kriese

Erstveröffentlichung 2001

Alle Rechte vorbehalten

www.mauerverlag.de

www.wilfried-Kriese.de

1. Kapitel: DAHEIM

Heute rasselt der Wecker genauso wie jeden Morgen Punkt 5.55 Uhr in der Früh. Wie im Klischee bringt Hugo den Lärm mit der rechten Hand und müdem Schwung zum Schweigen. Dann läßt er ein schlaftrunkenes „Scheiße“ über die Lippen, genauso wie jeden Montag morgen und: „Oh Gott, noch fünf Tage bis Freitag. Wenn es nur schon Freitag wäre“. Dabei bemüht er sich verschlafen aus dem Bett, bleibt kurz auf der Bettkante sitzen, reibt sich mechanisch die Augen und trottelt dann, wie mit zuviel Alkohol im Blut, ins Bad. Dabei schaut ihm seine Frau Ingrid jedesmal, ohne jegliche Freude, weil sie länger im Bett liegen bleiben muß, nach. Bis vor zwei Jahren arbeitete sie in ihrem erlernten Beruf als Näherin in der Fabrik an einer Nähmaschine neben 100 weiteren Näherinen im Akkord. Kinderkleidung. Socken um Socken, Hosen um Hosen, Hemden um Hemden tagein tagaus. Das war zwar nicht ihre berufliche Erfüllung, aber was machen nicht der Reiche und der Arme alles fürs Geld! Allerdings sind Hoffnungs wirklich auf jede müde Mark angewiesen. Denn auch Hugo gehört als gelernter Holztechniker mit 1200.- Euro netto inklusive Kindergeld nicht zu den Besserverdienenden.

Aber wie das heutzutage so ist, eines beschissenen Tages wurde Ingrid mit 30 weiteren Kolleginnen wegrationalisiert, ohne Abfindung, und das nach gut 10 Jahren. Da half es auch nicht, nach einem Sozialplan zu rufen oder gar zu schreien, denn das Kapital hatte ihr Chef schon irgendwo in Fernost investiert, wo mit mehr Gewinn produziert werden kann. So kommt es, dass sich der Chef noch ein Wochenendhaus und dazu den neuesten Mercedes leisten kann. So haben Rationalisierungen und Standortänderungen auch etwas Gutes an sich, aber, Scheiße, was nützt es Ingrid und Hugo Hoffnung.

Hugo trottet am Kinderzimmer ihres einzigen Kindes Melanie vorbei, die noch seelenruhig in eine neue Kindergartenwoche hineinschlummert. Ein Glück für Ingrid, dass das Mädchen in den Kindergarten geht und es wie vielerorts keine gekürzten Öffnungszeiten und Kurzarbeit für Erzieherinnen gibt. Ein Glück für die Kinder und das Personal, dass die Kindergärtenplätze noch nicht irgendwo nach Fernost verlagert werden können. Zumindest bis jetzt noch nicht.

Bei Hugo geht es in der Fabrik dramatisch rationell zu, nachdem die Arbeit zurückging. Seit 6 Monaten malocht er kurz, was Hoffnung gemildert ausgedrückt schlicht Scheiße findet, denn das Geld war auch ohne Kurzarbeit knapp. Da kann man nur noch auf die nächste Entlassungswelle warten, bei der es die nächsten 20 bis 30 Kollegen davonschwemmt und irgendwo im sozialen Strudel ersaufen lässt. Denn auch in Hugos Chefetage werden Arbeiter lediglich als Last angesehen, die nur Lohnkosten und Lohnnebenkosten verursachen und dadurch das angenehme Luxusleben der Manager in der Chefetage behindern. Da hilft alles nichts, und das Personal muss gnadenlos abgebaut werden. Das ist für die Chefs immer noch besser, als ernsthafte Strukturveränderungen in Angriff zu nehmen, die an den Machtstrukturen der kleinen und großen Mächtigen rütteln würden.

Hugo steht im Bad vor dem Spiegel und sieht sein 36- jähriges, dunkelhaariges, frustriertes Spiegelbild. Bruno ist 1.80 groß und ist, wenn er nicht gerade im Bad steht, so wie er auf die Welt kam, mit Jeans und einfachen Hemden bekleidet, allerding nur in der Freizeit. Morgens um kurz nach sechs hat er noch keine Freizeit, deshalb zieht er seine blaue Arbeitskleidung an. Noch einer kurze Blick in den Spiegel und eine flüchtige Bewegung mit dem Kamm durch sein kurzes Haar und es kommt, oh Wunder, bei ihm gute Laune auf, weil diese Woche erfreulicher beginnt als hunderte Wochen zuvor. Beim Frühstück beginnt er, was vollkommen abnormal ist, zu pfeiffen. Dabei genießt er im Gegensatz zu sonst sein Marmeladebrot und einen starken Bohnenkaffee.

Kurz darauf schlendert er gut gelaunt zu einem 13 Jahre alten VW Polo. Bevor Ingrid und Hugo verheiratet waren, hatte jeder einen schönen Wagen mit allem Komfort. Und Ingrid lud auch gerne ihren Freund zum Essen ein. Aber dann heirateten die beiden, richteten sich eine Wohnung ein und so konnten sie sich nur noch einen Komfortablen Wagen leiste,. aber immer noch gute Markenkleidung, und ab und zu gingen sie auch Essen. Dann wurde Melanie geboren. Und wie soll es auch anders sein? Ingrid ging in den Erziehungsurlaub. Dabei wurde der Familiengeldbeutel dünner und dünne und so musste der komfortable Pkw verkauft werden. Dafür kam ein 6 Jahre alter VW Polo her, der bis zum heutigen Tag als Familienfahrzeug dient.

All das ist sicherlich nicht der Grund von Hugos guter Montagslaune. Das ist vielmehr ein trauriger Anlass, wegen dem sie sich bald ein neues Auto kaufen können, und nicht nur das, sondern sie können sich am Ende der Woche einen weiteren Traum erfüllen. Doch jetzt bleibt zuerst nichts anderes übrig, als rein in den Polo und ab Richtung Arbeitsstelle zu fahren. Hugo fährt aus ihrer Wohnsiedlung in der sich Dutzende von Wohnblocks mit je 10-15 Wohneinheiten aneinander reihen. Scheibenwischer gleiten über den nassen, kalten Februarregen auf der Windschutzscheibe. Dabei freut sich Hugo noch mehr auf die Erfüllung eines seiner Träume. Jetzt befindet sich Hugo mitten im lebhaften Morgenverkehr, der routiniert vor sich her schleicht und die Luft unerträglich verschmutzt. Doch Hugo bleibt gelassen und schiebt lässig eine CD in den CD-Player. Good morning, good afternoon, How are You? Okay, klingt es aus den Lautsprecherboxen, Englisch für Anfänger, das er für die Erfüllung des zweiten Traumes benötigt.

Zur selben Zeit steht Ingrid Hoffnung mit bester Laune auf, weil es am Samstag für 2 Wochen nach Bali geht. Diesen Flug samt dem neuen Auto hat die Familie Ingrids Mutter zu verdanken, die seit gut 4 Monaten im Familiengrab begraben ist, direkt neben ihrem Mann.

So kam es, dass Familie Hoffnung zu 30000.- Euro Erbanteil kam, was zu wenig für den Kauf einer Eigentumswohnung ist und zuviel zum Sparen. Also gerade richtig für den Kauf eines neuen Autos und eine Traumreise inklusive 7000.- Euro, um es auf einem Sparbuch anzulegen. Denn mehr dürfen Hoffungs nicht besitzen, da ansonsten das Arbeitsamt, oder besser gesagt der Staat, schlicht die Regierung, Ingrids 300.- Euro Arbeitslosenhilfe streicht. Anhand dieser Tatsache wundert sich selbst jemand mit nur 0,01 Prozent Verstand nicht, dass es Irrsinn wäre zu sparen. Denn das wäre so sinnvoll wie seine Scheckkarte samt der Geheimnummer einem grandiosen Scheckbetrüger anzuvertrauen. Natürlich gibt es auch Idioten, die glauben, dass es sich für den kleinen Mann lohnt zu sparen.

Jetzt steht Ingrid vor dem Spiegel im Badezimmer und schaut in ihr frisch gewaschenes Gesicht, von dem eiskaltes Wasser heruntertropft. Sie ist 32 Jahre alt, schwarzhaarig, gut kräftig und gebaut und 1.71 Meter groß. Sie hat es genauso wie ihr Mann bis zum Hauptschulabschluß gebracht, danach machte sie eine Lehre als Näherin, heiratete, bekam ein Kind, und heute darf sie sich ins Heer der Arbeitslosen einreihen und das verlogene Geschwätz von den Politikern und Wirtschaftsbossen anhören, dass die Zeiten wieder besser sind, oder zumindest werden. Dagegen steigt die Arbeitslosigkeit so schnell wie der Reichtum der Millionäre und das Arbeitslosengeld die Arbeitslosenhilfe inklusive sozialstaat versinkt langsam aber systematisch in dem Krater eines glühenden Vulkans. Aber was solls, denn wie man sieht, geht es immer weiter aufwärts.

Angesichts dieser Tatsache gehen Hoffnungs seit Jahren nicht mehr wählen, weil sie begriffen haben, dass diese Art von Demokratie nichts bringt außer Lügen.

Ingrid hat sich angezogen und steht im Zimmer ihrer Tochter: "Aufstehen. Höchste Zeit, Schatz!"

"Uhh! Ich will aber nicht!"

"Von wegen ich will nicht, schließlich kommst du nach den Sommerferien in die Schule, und da gibt es dann kein ich will nicht."

"Ist doch mir egal und jetzt hau ab und lass mich!"

"Wenn du nicht sofort aufstehst und dich anziehst, fliegen Mama und Papa am Samstag alleine nach Bali!"

5 Minuten später sitzt das Mädchen am Frühstückstisch und schlürft Schokosnacks, wie es in keinem Werbespot vorkommt.