Höllisches Gold - Logan Kenison - E-Book

Höllisches Gold E-Book

Logan Kenison

0,0

Beschreibung

Sheriff John Garth ist seines Jobs überdrüssig. Die Zeiten haben sich geändert, er fühlt sich von der Bürgerschaft zunehmend alleingelassen. Nur widerwillig nimmt er daher eines Abends den Kampf gegen zwei gefährliche Radaubrüder auf, die im Saloon Unruhe stiften. Doch als er von einem gigantischen Schatz hört, ändert sich für ihn alles. Schlagartig ist er bereit, in ein brandgefährliches Spiel einzusteigen – und er riskiert dafür Kopf und Kragen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 154

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Höllisches Gold

Westernroman

von Logan Kenison

Das Buch

Sheriff John Garth ist seines Jobs überdrüssig. Die Zeiten haben sich geändert, er fühlt sich von der Bürgerschaft zunehmend alleingelassen. Nur widerwillig nimmt er daher eines Abends den Kampf gegen zwei gefährliche Radaubrüder auf, die im Saloon Unruhe stiften. Doch als er von einem gigantischen Schatz hört, ändert sich für ihn alles. Schlagartig ist er bereit, in ein brandgefährliches Spiel einzusteigen – und er riskiert dafür Kopf und Kragen.

Der Autor

Logan Kenison (vormals Joe Tyler) ist Autor von Western-, Abenteuer- und Spacegeschichten. Neben seinen Western, die er mit Leidenschaft verfasst, schreibt er seit 2018 die Reihe Spacewestern.

Inhalt

Impressum

Höllisches Gold (Roman)

Weitere Titel von Logan Kenison

Impressum

09/2018

Copyright dieser Ausgabe: 2020 by Logan Kenison

Lektorat: Carola Lee-Altrichter

Abdruck auch auszugsweise nur mit Genehmigung des Autors.

Das Cover wurde gestaltet nach Motiven des Films »Massaker – Der Galgen muss warten« (Orig.: »Massacre«, USA, 1957). Im Handel auf DVD erhältlich. Mit freundlicher Genehmigung von www.fernsehjuwelen.de

Kontakt: [email protected]

Höllisches Gold

Westernroman

von Logan Kenison

Von der Prärie weht ein warmer Abendwind in die Stadt Sunnyvale und bringt süßen Duft mit sich, und im Westen zeigt sich die für Arizona typische glutrote Färbung am Himmel, die das ganze Land in einen blutigen Glanz taucht.

Der kleine Jeremy Tate erreicht in diesen Minuten atemlos das Sheriff’s Office und schlägt die Tür hinter sich zu. Sein Blick fällt zuerst auf Sheriff John Garth, der am abgewetzten Schreibtisch sitzt, dann auf den Deputy Hank Lorrimer, der an der Steinmauer neben der Tür lehnt, wandert dann zum Sheriff zurück.

»Sheriff Garth«, ruft er aufgeregt, »Mister Olstead schickt mich. In seinen Saloon sind gerade die Buchanan-Brüder eingefallen. Ich soll Ihnen schnellstens darüber Bescheid geben, und zwar so, dass es keiner mitkriegt, hat er gesagt.«

»Danke, Jeremy. Das hast du gut gemacht.« John Garth steht auf und streicht dem Jungen übers blonde Haar. »Du tust jetzt genau, was ich dir sage: Du gehst nach Hause und verrammelst alle Fenster und Türen. Verstanden!«

»Yes, Sir. Aber warum darf ich n…«

»Keine Widerrede! Geh jetzt, Junge. Und lass dir nicht einfallen, dich in den nächsten 15 oder 20 Minuten beim Saloon blicken zu lassen. Du bekommst zehn Cents für das Überbringen der Nachricht und dafür, dass du jetzt nach Hause gehst und dortbleibst.« Dann wendet er sich seinem Deputy zu: »Hank, gib dem Kleinen einen Dime.«

Brummend stößt Hank Lorrimer sich von der Wand ab, kramt in der Tasche nach einer Münze, wird fündig und wirft sie dem Jungen zu.

Geschickt fängt Jeremy sie auf. Er hat beim Saloonwirt beobachtet, dass dieser manchmal einen Bisstest mit den Münzen macht, die man ihm gibt, also steckt er sie zwischen die Zähne und versucht, sie zu verbiegen, was misslingt.

»Scheint echt zu sein«, gibt er weltmännisch von sich.

»Dann hat Hank ja noch einmal Glück gehabt«, sagt der Sheriff. »Sonst hätte ich ihn verhaften müssen. Also los, Junge. Du gehst jetzt nach Hause. Und du sagst auch deiner Ma, sie soll drinbleiben.«

»Das tu ich«, verspricht Jeremy und verschwindet.

»Meine Güte, der ist ein Kaliber«, sagt Garth, dem entschwindenden Jungen nachblickend.

»Allerdings«, gibt Hank Lorrimer grinsend zurück. »Bekomme ich die zehn Cents irgendwann wieder, Boss?«

»Natürlich – von der Stadtkasse. Schreib’s auf deine nächste Spesenabrechnung. Bist du bereit, Hank? Los geht’s!«

Hank nickt. Er tritt an den Waffenschrank und nimmt die zweiläufige Parker-Shotgun heraus. Dem Sheriff reicht er die Winchester 73, die dieser sogleich repetiert. Dann verlassen die beiden Männer das Office.

Auf der Main Street ist zu dieser frühen Abendstunde ungewöhnlich wenig los. Normalerweise sind Männer, die Feierabend haben, unterwegs – entweder zum Saloon, um noch einen späten Umtrunk zu nehmen, oder auf dem Weg nach Hause, zu Frau, Kindern und Abendessen.

Doch heute ist es anders.

Es ist, als hätte sich das Eintreffen der Buchanan-Brüder schon überall herumgesprochen.

Es ist, als atme die Stadt jetzt Gefahr und Bedrohung, und deshalb haben sich alle Einwohner verzogen.

Als spürten sie es, wenn die Luft kurz davorsteht, bleihaltig zu werden.

Sheriff Garth wird sich wieder einmal bewusst, wie allein er steht, wenn es darum geht, Recht und Ordnung in der Stadt aufrecht zu erhalten. Die Buchanan-Brüder, Alfie und Pete, tauchen auf, und alle ehrbaren Bürger tauchen ab. Sie wollen nichts mit der Sache zu tun haben. Outlaws zu verhaften, das ist die Aufgabe des Sheriffs und seines Deputys. Schließlich werden die beiden dafür bezahlt. Wozu also sich die Hände schmutzig machen?

Bis zu einem gewissen Punkt kann John Garth diese Einstellung sogar nachvollziehen. Er bekommt eine Menge Geld dafür, dass er die Stadt von Parasiten und Schädlingen jeder Art freihält. Allerdings stellt er fest – und er muss stets seufzen, wenn er daran denkt –, dass sich die Menschen in den letzten Jahren geändert haben. Früher waren sie allzeit bereit gewesen zu kämpfen. Gegen die Indianer. Gegen Banditen, Desperados und Gesetzlose, die eine Gemeinschaft bedrohten. Sogar gegen ihre eigenen Brüder aus dem Süden, die die Union bedrohten.

Heute haben sie vielerorts Sheriffs und Marshals installiert und ihnen prächtige Büros aus Backsteinziegel mit angeschlossenen Jails gebaut, und widmen sich selbst nur noch ihren Geschäften.

Die Zeiten haben sich geändert. Ein gewisser Wohlstand breitet sich aus, mit Waffen will man nichts mehr zu tun haben. Geschäfte zu machen und erfolgreich dabei zu sein, ist wichtiger geworden.

Der Kampf ums Überleben ist zurückgewichen, das Überleben ist vielerorts gesichert, man genießt einen gewissen Stand der Zivilisation.

Dennoch gibt es immer wieder Momente, in denen diese Zivilisation gefährdet ist oder gefährdet scheint.

Wenn eine Bank von einer Banditenbande überfallen wird, zum Beispiel.

Oder wenn, wie jetzt, Alfie und Pete Buchanan in der Stadt auftauchten.

Die Brüder sind dafür bekannt, überall Unruhe zu stiften. Sie sind Radaubrüder der schlimmsten Sorte, die in jedem Saloon mit irgendjemandem Streit anfangen, und über kurz oder lang wird es zu einer Schlägerei kommen, bei der Stühle, Tische, Gläser, Flaschen, Treppengeländer, Fensterscheiben, Spiegel, Kronleuchter und Lampen zu Bruch gehen. Von ihrem letzten Besuch schuldeten sie Richard Olstead noch 200 Dollar, und nun sollen der Sheriff und sein Deputy diese eintreiben – oder dieses Jungs ins Jail verfrachten. Und vor allem sollen sie verhindern, dass erneut Radau ausbricht.

Neuerdings hat Sunnyvale mit Robert Ochsschlag ja auch einen Richter, und so könnte man den Buchanan-Brüdern rasch den Prozess machen. Wenn man sie für ein paar Wochen nach Brule oder Raton ins Gefängnis verfrachtet, wird das ihr Mütchen hoffentlich soweit abkühlen, sodass sie als annehmbare und (hoffentlich) friedliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft zurückkehren.

Doch vor all diesen Maßnahmen und Erziehungsversuchen steht die Verhaftung der Brüder – und die war Aufgabe von Sheriff Garth und Deputy Lorrimer.

Die Gesetzeshüter marschieren mit ihren Gewehren über die Main Street. Schon von Weitem sehen sie zwei Pferde am Haltebalken angebunden. Es sind schöne Tiere, doch man sieht ihnen an, dass sie vernachlässigt und schlecht behandelt worden sind. Eines von ihnen trägt sogar blutige Spuren vom brutalen Gebrauch der Sporen an sich.

Die Tiere tun den Gesetzesmännern leid. Doch was kann man von Rabauken wie den Buchanans erwarten? Sie terrorisieren Menschen, da behandeln sie bestimmt auch Tiere schlecht.

»Nur mal kurz checken«, sagt John Garth und tritt an die Braunen heran, öffnet die Satteltaschen, zuerst die des einen, dann die des anderen Sattels. Er tut dies zwischen den Pferden stehend und völlig unbeobachtet. Nur Hank Lorrimer ist dabei und sieht zu. Doch er sieht nicht, was sein Boss in den Satteltaschen findet.

Der Sheriff verharrt, bleibt geraume Zeit zwischen den Pferden stehen, denkt nach.

Sein Deputy weiß nicht, worüber.

Was hat er erwartet und vorgefunden? Waffen? Munition? Etwa Geld von einem Bankraub?

Dann geht ein Ruck durch ihn, und er setzt sich wieder in Bewegung.

Die beiden Männer treten an die Schwingflügel des Saloons. Sie werfen einen kurzen Blick in den Raum und weichen dann gleich wieder hinter die Hauswand zurück. Es geht so schnell, dass sie nicht bemerkt werden.

Die Buchanan-Brüder, das haben sie bei dem kurzen Blick aufgeschnappt, stehen an der Theke und haben den Wirt und einen Gast in der Zange. Ronald Blaire hat den Saloon nicht mehr schnell genug verlassen können und »klebt« nun bei den beiden, ist sozusagen zu ihrem Opfer geworden.

Sie nötigen ihn, einen Whisky nach dem andern zu trinken. Die offene Flasche steht vor ihnen, und sie füllen sein Glas nach, sobald er es geleert hat. Wenn er sich weigert, rücken sie ihm auf die Pelle und hauen ihm getarnte Drohungen um die Ohren. John Garth sieht deutlich die Angst in Blaires Gesicht, und er weiß, es ist an der Zeit, dem Treiben ein Ende zu setzen.

»Trink!«, fordert Alfie Buchanan den Gast auf.

»Bitte, nein, Mister Alfie«, sagt Ronald Blair. »Ich kann nicht mehr. Mir ist schon ganz schwindelig.«

Alfie Buchanan lacht hämisch.

Und Pete Buchanan sagt: »Trink’ lieber, Mister. Ich kenne meinen Bruder. Wenn du seinen Whisky abschlägst, nimmt er das sehr persönlich. Und du wirst ihm doch nicht etwa sagen wollen, dass du mit ihm keinen Whisky trinken willst? Willst du das? Willst du sagen, dass dir seine Gesellschaft nicht gut genug ist?«

»Aber nein!«, heult Ronald Blair auf. »So etwas würde ich niemals behaupten. Bitte, Mister Alfie, Sie müssen mir glauben.«

»Trink jetzt!«, fordert Alfie Buchanan ihn barsch auf. »Oder ich schütt’ es dir durch die Nase!«

John Garth hat genug gehört. Er stellt die Winchester gegen die Hauswand und nimmt seinem Deputy die Parker-Gun ab.

»Ich gehe allein«, knurrt er wie ein bösartiger Hund, und dabei leuchten seine Augen in einem finsteren Licht auf.

Er bringt die Schrotflinte in Hüftanschlag und geht durch die grünen Schwingflügel in den Saloon.

Die Männer fahren herum, als sie seine Schritte hören.

Ronald Blair nutzt die Gelegenheit, um zurückzuweichen.

»Ihr verdammten Sauhunde!«, sagt John Garth gefährlich ruhig. »Jetzt habt ihr lange genug Bürger dieser Stadt terrorisiert.«

Und dann drückt er den Abzug durch.

Eine Feuerlanze sticht aus dem rechten Lauf und die gesamte Schrotladung schlägt in Alfie Buchanan. Die Entfernung ist gering, da der Sheriff unentwegt auf den Mann zugegangen ist, und so treffen ihn alle neun Bleikugeln. Alfie Buchanan wird regelrecht durchsiebt.

Mit einem überraschten Gesichtsausdruck stirbt er und sackt rücklings gegen den Tresen, rutscht daran zu Boden und schlägt verkrümmt auf die Planken.

Pete Buchanan, den der Donnerknall der Schrotflinte zutiefst erschreckt hat, kann nicht fassen, was er gerade gesehen hat. Sein Bruder – ohne Vorwarnung erschossen? Von einem Sheriff? Einem Lawman?

Das geht ihm über die Hutschnur.

Niemals hat einer von ihnen geglaubt, dass es sowas auch nur im Entferntesten geben kann. Sind diese Gesetzeshüter nicht verpflichtet, sich selbst an das Gesetz zu halten? Es kann doch nicht angehen, dass er einfach einen Mann niederschießt, nur, weil er … ja, weil er was getan hat?

Sie haben diesen Kunden da zu einem Drink eingeladen. Das war alles. War das ein Verbrechen? War das ein todeswürdiges Verbrechen?

Außerdem hatte Alfie nicht einmal seine Kanone gezogen. Pete blickt zu seinem toten Bruder hinab und sieht … ja, richtig: Die Kanone steckt noch unangetastet im Holster.

Und während ihm hundert Gedanken dieser Art gleichzeitig durch den Kopf jagen, greift er selbst wie in einem Reflex nach dem Griff seines Sechsschüssers, um ihn zu ziehen und damit den Sheriff zu erledigen.

Doch der Mann hat nicht sekundenlang untätig dagestanden. Er war herumgefahren, und jetzt deutet die Mündung der Schrotflinte auf Pete Buchanans Magengrube, in der sich schlagartig ein mulmiges Gefühl ausbreitete.

Wird er jetzt ebenfalls eine Ladung empfangen?

Wird er jetzt auch erschossen werden?

Schnell bewegt er seine Hand vom Coltgriff weg, hebt sie in die Luft und sagt:

»Das war Mord, Mister. Dafür wirst du hängen. Du hast meinen Bruder kaltblütig über den Haufen geschossen. Er hat nicht einmal seine Waffe angerührt. Ich nenne so etwas kaltblütigen Mord. Damit wirst du nicht durchkommen, Mister Sheriff. Dafür wirst du teuer bezahlen.«

»So? Meinst du?«, kommt es von dem Sheriff trocken zurück.

Und dann erfolgt eine schnelle, schattenhafte Bewegung, und er schlägt Pete Buchanan den Lauf der Schrotflinte ins Gesicht, sodass dieser schmerzerfüllt aufschreit und mehrere Schritte zurücktaumelt.

Der Saloonwirt Richard Olstead und der Gast Ronald Blair stehen mit aufgerissen Augen und Mündern da und schnappen nach Luft. Sie können nur beobachten, was in diesen Momenten vor sich geht. Sie sind zu nichts anderem mehr fähig.

Dieser Mann … der Sheriff … das ist nicht der Sheriff, den sie bisher zu kennen glaubten. So etwas hat er noch nie getan. Daher überrascht sie diese Tat gleichermaßen wie diesen Raufbold Buchanan.

Pete Buchanan fängt sich am Tresen ab, sodass er nicht zu Boden fällt. Als er den Kopf nun hebt und den Handrücken gegen seinen Mund drückt, tropft Blut zu Boden.

»Das hast du nicht umsonst gemacht, du Drecksau!«, stößt er hervor. Und einen weiteren langen Augenblick ist er versucht, nach seinem Colt zu greifen und ihn auf den Sheriff zu richten und abzufeuern, doch ein letzter Rest Vernunft sagt ihm, dass er nicht schnell genug sein wird. So kämpft er seinen Zorn zurück und lässt es bleiben und verlegt sich aufs Schimpfen und Lamentieren.

Doch der Sheriff lässt nicht locker. Den Toten nicht beachtend, tritt er auf Pete Buchanan zu und rammt ihm die Mündung ruckartig in den Bauch. Und als Buchanan zusammenklappt wie ein Taschenmesser, holt der Sheriff nochmals aus und schlägt ihm den Lauf mit voller Wucht ins Genick.

Ohne einen Laut von sich zu geben fällt Pete Buchanan zu Boden, wo er polternd aufschlägt.

»Hank!«, ruft John Garth hart. »Bring diesen Versager ins Kittchen! Na los, vorwärts!« Dann wendet er sich an den Saloonwirt und dessen Kunden: »Und ihr, bringt diesen Toten zum Sargmacher. Rasch! Ich möchte, dass er in einer Stunde unter der Erde ist.«

»Aber, Sheriff …«, stammelt Ronald Blair, den das Entsetzen noch immer gepackt hat.

Richard Olstead jedoch nickt schnell.

»Wir besorgen uns nur schnell etwas, wo wir ihn drauflegen können«, sagt er, zieht Blair über die Theke hinweg am Ärmel und deutet mit dem Kopf auf die Hintertür. Er möchte so schnell wie möglich verschwinden und sucht nach einem privaten Ort, an dem er mit seinem Gast ungehört ein paar Worte wechseln kann.

Beide, Saloonwirt und Gast, gehen mit ungelenken Bewegungen zu dieser Hintertür hinaus, und erst, als sie den dunklen Gang erreicht haben und die Tür ins Schloss gefallen ist, atmen sie auf.

»Der Sheriff ist verrückt geworden«, raunt der Wirt Blair zu.

Blair nickt heftig. »Ja, genau. So muss es sein. Er hat zu viel Sonne abbekommen. Anders kann es nicht sein. Er ist durchgedreht. Was machen wir jetzt? Richard, was machen wir jetzt?«

»Wir müssen den Stadtrat informieren!«, sagt Olstead fest. »Am besten, du läufst rüber zu Dale Middleton und dann zu Philip Boyle, während ich Richter Ochsschlag und Elbert Bauer benachrichtige.«

Blair murmelt etwas, das wie Zustimmung klingt, und läuft dann sofort los.

In Wirklichkeit weiß er nicht, was er den Stadträten sagen soll. Soll er wirklich berichten, dass der Sheriff einen Mann kaltblütig ermordet hat? Ermordet hat? Das würde seine Laufbahn als Lawman sofort beenden. Mehr noch, es würde ihn zum Outlaw stempeln. Zu einem Mörder, der selbst gejagt und gestellt und gehängt werden muss.

Will er das wirklich?

Will er, Ronald Blair, daran schuld sein, dass Sheriff John Garth gehängt wird?

Der Sheriff hat in den letzten Jahren einen guten Job gemacht.

Doch immer wieder sind ihm auch Banditen entkommen.

Ist er deshalb heute durchgedreht?

Anstatt die Buchanans zu verhaften, hat er einen von ihnen niedergeschossen und den anderen brutal zusammengeschlagen.

Mit rechten Dingen ist das nicht zugegangen.

Es ist bestimmt richtig, den Stadtrat zu informieren.

Doch was soll er, Ronald Blair, den Männern sagen?

Soll er wirklich die Verantwortung auf sich nehmen, den Sheriff anzuschwärzen?

Schließlich hat der Mann ihn vor Alfie Buchanan gerettet.

Auch wenn es auf brutale und schreckliche Weise geschehen ist.

Aber er hat ihn dennoch gerettet.

Und Ronald Blair läuft durch die Straßen von Sunnyvale, ringt nach Worten und versucht, seine Gedanken zu ordnen. Und er kommt zu keiner Lösung. Er überlegt noch, und fragt sich, was richtig ist, als er an die erste Tür klopft, die von Dale Middleton, dem Bürgermeister von Sunnyvale.

*

Hank Lorrimer hat nicht gewartet, bis Pete Buchanan wieder völlig zu Bewusstsein gekommen war. Noch halb benommen, hat er den Banditen am Kragen gepackt und auf die Beine gerissen, ihn anschließend über die Straße zum Sheriff’s Office dirigiert. Dort hat er ihn durch den Büroraum getrieben und in eine Zelle gesteckt.

Pete Buchanan sinkt vor der Pritsche zu Boden, jammernd, denn er verspürt überall am Körper Schmerzen. Im Genick, im Gesicht, im Magen … auch seine Knie und Ellbogen tun jetzt weh. Der Sheriff hat all seine Kraft eingesetzt, ihn zu misshandeln.

Und so fühlt Pete Buchanan sich wie ein Opfer, nicht wie ein Verbrecher, den man ins Jail stecken musste.

Er beginnt wild zu fluchen und den Sheriff zu verdammen, und als er endlich die Augen öffnet und aufblickt, sieht er den Deputy Hank Lorrimer im Türrahmen stehen, der den Zellentrakt mit dem Büroraum verbindet, und ihn nachdenklich anblicken.

»Sag mal, ist dein Boss jetzt verrückt geworden?«, krächzt er. »Damit kommt er doch niemals durch. Ich werde ihn wegen Mordes anklagen lassen, und dann wird er hängen. Hängen, Mister. Ist dir das klar? Dein Boss wird hängen!«

Der Deputy macht keinen Mucks, gibt keine Erwiderung.

Er steht nur da und starrt Pete Buchanan an. Den unrasierten, stinkenden und schmutzigen Pete Buchanan, der Zeit seines Lebens seine Mitmenschen terrorisiert hat, nun selbst Opfer eines Verbrechens geworden ist und von Stund’ an sich aufs Jammern verlegt hat.

Deputy Hank Lorrimer ist hin- und hergerissen in seinen Gefühlen. Auf der einen Seite haben die Buchanan-Brüder endlich einmal einen Brocken bekommen, an dem sie noch lange zu würgen haben werden. Andererseits geschah dies auf eine Art und Weise, die den Sheriff sein Amt und seine Karriere kosten wird. Es tut Hank Lorrimer leid um seinen Boss, denn auch er kann nicht von der Hand weisen, dass es tatsächlich ein Mord war, den John Garth hier verübt hat.

Und so hört er dem Schreier zwar eine Weile lang zu, doch er erwidert nichts.

Was sollte er auch sagen?

Es gibt nichts, was er diesem Häftling mitzuteilen hätte.

Nach einiger Zeit wendet er sich ab, geht hinaus und macht die Tür hinter sich zu.

Ja, Pete Buchanan hat recht. Er kann den Sheriff anklagen und verurteilen und wohl auch hängen lassen. Und das ist kein Tag, an dem Hank Lorrimer in Sunnyvale sein möchte.

Doch vielleicht verlangt der Stadtrat von ihm, dass er seinen Boss, John Garth, verhaftet und zur Gerichtsverhandlung überstellt.

Vielleicht will man ihn dann zum neuen Sheriff machen.