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Peragon! Eine Substanz, die man nur auf sehr wenigen Planeten findet, ist Auslöser für eine große Schatzjagd, bei der Owen Richter alles riskiert. Er weiß nicht, dass bösartige Spinnen den Planeten wie eine biblische Plage überziehen und alles töten, was ihnen in die Klauen gerät.
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Seitenzahl: 151
Logan Kenison
SPINNENTERROR
AUF WARGA-8
Spacewestern.
Das Buch
Peragon! Eine Substanz, die man nur auf sehr wenigen Planeten findet, ist Auslöser für eine große Schatzjagd, bei der Owen Richter alles riskiert. Er weiß nicht, dass bösartige Spinnen den Planeten wie eine biblische Plage überziehen und alles töten, was ihnen in die Klauen gerät.
Der Autor
Logan Kenison ist Autor von Western-, Abenteuer- und Spaceromanen. Neben seinen Western, die er mit Leidenschaft verfasst, schreibt er seit 2018 die Reihe Spacewestern.
Inhalt
Impressum
Disclaimer
Spinnenterror auf Warga-8
Weitere Titel von Logan Kenison
Impressum
04/2018
Copyright dieser Ausgabe: 06/2022
by Logan Kenison
Lektorat: Carola Lee-Altrichter
Abdruck auch auszugsweise
nur mit Genehmigung des Autors.
Cover: »The Insect Pit« by Jan Wiebershausen 2012
https://www.deviantart.com/mask1985
Disclaimer
Dies ist ein belletristisches Werk. Alle Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entstammen der Fantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen, lebenden oder toten Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Tiere
Die in diesem Roman verwendeten Tiere wurden in keiner Weise geschädigt oder misshandelt. Alle Szenen, in denen sie auftreten, stehen unter strengster Aufsicht durch unsere qualifizierten Tiertrainer bezüglich aller Belange für ihre Behandlung.
Logan Kenison
SPINNENTERROR
AUF WARGA-8
Ein Spacewestern.
In der Enge der Fahrerkabine war es drückend heiß, wahrscheinlich über 40 Grad Celsius, doch Owen Richter nahm die Hitze gar nicht wahr. Er drückte das Gaspedal des Rovers bis zum Anschlag durch und jagte in einem Tempo über die unebene Planetenoberfläche, dass es ihn und seine Beifahrerin nur so durchschüttelte. Immer wieder, bei jeder Unebenheit, jedem Loch und jedem Stein hob es sie von den Sitzen, wonach sie unsanft wieder zurückplumpsten, und Richter lief unablässig Gefahr, das Lenkrad aus den Händen gerissen zu bekommen. Doch Richter ignorierte es. Ihm schoss der Schweiß in Sturzbächen unter seinem Haaransatz hervor, lief ihm übers Gesicht, sickerte in den Kragen seines Hemds und von dort über Brust und Rücken. Sein Hemd klebte am Körper; sogar die Hosenbeine spannten an den Knien, weil sie vom Schweiß vollgesogen waren. Grund für all dies war das Grauen, das er erblickte, wenn er durch die Rückscheibe sah; wenn er gehetzt über die Schulter blickte, wobei ihn jedes Mal ein Schaudern erfasste, das ihm am ganzen Körper Gänsehaut auslöste.
Die Hügelkuppe, die sie gerade eben passiert hatten, und die wie alles in der Wildnis dieses Planeten eine sandgelbe Färbung besaß, denn Gebüsch und Gesträuch gab es hier nur kniehoch, und es war von der Hitze meist ausgedörrt und braun, und die Bäume, die herumstanden, waren dürr und knorrig und blattlos – all diese natürlichen Elemente hatten ihre Eigenfarbe verloren und waren inzwischen völlig schwarz geworden – schwarz von dem, was ihnen in einer Geschwindigkeit folgte, die Richter schwindelig werden ließ.
Es war ein Schwarm Spinnen, der ihnen in atemberaubendem Tempo nachjagte – einem Tempo, das Richter zwang, keine Millisekunde seiner Flucht zu verlieren oder zu verschwenden, denn jede Millisekunde Verzögerung konnte jene Zeitspanne sein, in der die erste Spinne es schaffte, auf den Rover zu hüpfen, zu springen, zu schlüpfen, wie auch immer, und von da an würde sie sich unaufhaltsam zur Fahrerkabine vorarbeiten. Sollte das auch nur einem einzigen dieser Biester gelingen, das wusste Richter mit tödlicher Sicherheit, war dies sein Ende. Und Viviennes.
Vivienne … er wandte den Kopf und sein Blick streifte flüchtig seine Begleiterin. Sie war ein verdammt hübsches Exemplar ihres Geschlechts: Unter dem zerknautschten Cowboyhut fiel ihr langes, schwarzes Haar auf die Schultern und umrahmte ein ebenmäßiges, feingemeißeltes Gesicht, aus dem grüne Augen leuchteten. Das rotkarierte Cowboyhemd hatte sie nicht zugeknöpft, sondern dessen Ende mit einem Knoten über ihrem Bauchnabel zusammengebunden. Die hochgekrempelten Ärmel gaben den Blick auf nahtlos gebräunte Arme preis; dazu die ultrakurzen Jeanshosen, die Beine zeigten, welche jeder noch so eingehenden Prüfung problemlos standhielten. Die Füße steckten in Socken und Wanderschuhen mit grobem Profil – genau das Richtige, wenn man wie sie in der Wildnis nach etwas so Wertvollem wie Gold suchen wollte.
Gold … verdammtes Gold, verfluchtes Gold, geliebtes Gold.
Noch immer war Gold ein Wertgegenstand, dem jeder im Universum nachjagte. Eine gute Goldader konnte einen Mann innerhalb weniger Tage zum Milliardär machen. Andererseits konnte sie ihn auch in Sekundenschnelle umbringen.
Doch diesmal war es nicht Gold, das sie gesucht hatten, sondern eine andere, vielleicht noch viel wertvollere Substanz; wertvoll, weil selten. Aber umbringen konnte auch sie einen Menschen, der zu achtlos und sorglos war, um sie zu suchen und abzubauen.
Und jetzt waren sie, Richter und Vivienne, auf der Flucht vor Millionen schwarzer Spinnen, die ihnen auf jeweils acht Beinen nachjagten und sich nicht davon beirren ließen, dass sie es mit einem Antriebsmotor zu tun hatten, der es auf ebenem Gelände bis auf 100 Meilen pro Stunde schaffte, und der ihnen giftige Abgase ins Gesicht schleuderte.
Doch wo war die Ebene, auf der er diese Geschwindigkeit ausfahren konnte? Wo war der Abhang, der ihm Schwung und Geschwindigkeit verschaffen würde? Zumal gar nicht sicher war, dass die Spinnen nicht ebenfalls einen Vorteil gewinnen würden, wenn es bergab ginge; sie könnten sich zusammenkugeln und den Hang herabrollen, und nur Gott allein wusste, welche Geschwindigkeit sie dann erreichten.
Richter riss das Steuer herum und folgte dem Lauf eines Bachs. Die kleine Melanie Donnegan hatte ihn Wolf Creek genannt, und unter diesem Namen war der Wasserlauf Richter in Erinnerung geblieben.
Er wusste jetzt, wo er war, konnte sich an Felsbrocken, Geländemarken und Bäumen orientieren. Und richtig – vor ihm tauchten kurze Zeit später die bekannten Gebäude der Donnegan-Farm auf. Vier Gebäude mit grauen Dächern, mit Holzlatten verkleidet und rostrot gestrichen, dazu ein in den Himmel emporragender Silo mit rundem Dach, dessen oberste Fenster und Luken offenstanden, um giftige Gase ablüften zu lassen … vor ein paar Tagen hatten Richter und Vivienne hier Station gemacht und sich mit der Familie Donnegan unterhalten. Sie hatten sogar frische Lebensmittel gekauft – Butter, Milch, Eier – und mitgenommen … als sie noch dachten, eine reelle Chance zu haben, in den Besitz einer Substanz zu gelangen, die ihnen ihr Auskommen für viele Jahre sichern würde. Jetzt freilich sah alles anders aus. Jetzt schien es, als bräuchten sie gar nichts mehr, weil sie jeden Moment dabei waren, den Löffel abzugeben.
Die kleine Kurve, die Richter geschlagen hatte, wirbelte eine große Menge Staub auf, und er war froh darum; wenigstens musste er jetzt die geifernde Horde schwarzer Spinnen nicht mehr sehen, die ihnen nach dem Leben trachteten. Und vielleicht sorgte etwas von dem hochspritzenden Dreck dafür, dass die kleinen Biester etwas zurückblieben.
Tatsächlich schien es so, nachdem der Staub sich etwas gelegt hatte, dass die Menge der Angreifer etwas mehr Abstand zu dem fliehenden Rover gelassen hatte.
Vielleicht hat der Staub ihnen nicht geschmeckt, dachte Richter, vielleicht sollte ich so einen Schlenker öfters hinlegen.
Vor ihnen wurden die Farmgebäude größer und größer, je näher sie ihnen kamen; inzwischen waren bereits viele Details zu erkennen wie zum Beispiel die Nagelreihen, mit denen die Bretter an den Balken festgenagelt worden waren.
Plötzlich begann Vivienne laut und anhaltend zu schreien.
Sie hatte Melanie, Barbara und Ludwig, die Kinder der Donnegans, entdeckt, die im Hof spielten. Und Richter, verfolgt von einer Million wütender und rasender Spinnen, hielt genau auf die Kleinen zu.
Die kleine Melanie hatte das Motorengeräusch gehört und blickte auf. Sie rief ihren Geschwistern etwas zu, sprang auf die Beine und rannte dem heranbrausenden Rover entgegen. Barbara und Ludwig folgten. Abwechslung! Besuch! Sie freuten sich, erkannten Richter und Vivienne, die sie vor Tagen in ihr Herz geschlossen hatten, und liefen schreiend, lärmend und winkend auf sie zu.
»Nein!«, schrie Vivienne panisch auf; es klang wie ein Todesschrei. »Du bringst die Kinder um! Das kannst du nicht machen. Die Biester töten die Kinder. Du kannst sie nicht auf die Farm lotsen, du verdammter Dummkopf!«
Richter schien sie nicht zu hören – oder aber, er verstand sie ganz genau und ignorierte sie absichtlich. Stur jagte er weiter, Meter für Meter, geradewegs auf die Kinder zu, verfolgt von einer Million hungriger Mäuler, die in wenigen Sekunden die Farm erreicht haben würden.
*
Zwei Wochen zuvor …
»Sie nennen es Peragon«, sagte Vivienne Otto und versenkte den Blick ihrer grünen Augen tief in Richters Inneres; so tief, dass er gar keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, was zu erreichen ihr bei ihrer wilden Schönheit keineswegs schwerfiel. »Peragon«, fuhr sie fort, »ist eine Substanz, die man bisher nur auf wenigen Planeten ausfindig gemacht hat. Wenn wir davon …, hm, sagen wir, eine Schiffsladung voll auftreiben könnten und sie verkauften, kann uns das stinkreich machen, Owen. Stinkreich!«
Richter hatte Mühe, ihren Ausführungen zu folgen. Sie saßen in einer Bar, und der Geräuschpegel war hoch. Über die Ränder ihrer Gläser hinweg schrien sie sich fast an, und doch hatten sie Mühe, einander zu verstehen. Hinzu kam, dass er in Gedanken mit ganz anderen Dingen beschäftigt war; mit der Weichheit und Wärme ihrer geschmeidigen Haut zum Beispiel, ihren Fingerspitzen und was sie erkunden konnten oder dem Geruch ihres Haars.
»Wenn es so leicht wäre, gäbe es keinen Engpass mit dem Zeug«, rang er sich mit Mühe ab zu sagen. »Wie heißt es gleich? Pargon?«
»Doch nur deshalb, weil kein Mensch weiß, wie man Peragon vom Weltraum aus orten kann. Dazu muss man Prospektoren losschicken, und viele von denen suchen gar nicht nach der Substanz. Sie suchen nach Metallen, wertvollem Gestein, nach irgendetwas anderem, weiß der Teufel, was! Kaum einer kommt auf die Idee, gezielt nach Peragon zu suchen. Aber ich, Owen, ich weiß, wo sich eine gewaltige Menge davon befindet. Und ich suche einen Partner; jemand, der Manns genug ist, mit mir dorthin zu fliegen, seine Laderäume mit der Substanz vollzuschaufeln und eine Schiffsladung davon in eine Orbitale Handelsstation zu bringen.«
Richter wollte die Gelegenheit nutzen und Vivienne beeindrucken.
»Solche Kerle muss es doch dreizehn auf ein Dutzend geben. Wo liegt das Problem, Baby?«
»Das Probleeem«, sagte sie gedehnt, »liegt darin, dass der Planet, den wir anfliegen müssen, Warga-8 ist.«
Sie wartete, musterte Richter eingehend, sekundenlang, ob der Name irgendeine Reaktion in ihm auslöste. Er tat es nicht, und sie schob eine Erklärung nach.
»Ein nicht ganz ungefährlicher Ort.«
Das war für Richter wie Wind unter den Flügeln.
»Gefährliche Orte sind mein Zuhause, Baby. Ich wurde an einem gefährlichen Ort geboren, und nachdem ich auf der Welt war, wurde er noch gefährlicher.«
»Mach’ keine Witze darüber, Owen«, sagte sie grob, fast beleidigend scharf. »Du bist ein verdammter Kindskopf! Hier geht es um richtig viel Geld, also reiß dich am Riemen und hör mir lieber gut zu.«
Richter zuckte innerlich zusammen. Hatte er etwas Unbotmäßiges gesagt? Natürlich. Doch warum musste sie ihn gleich so hart anfahren? Er spürte, dass er Vivienne bislang unterschätzt hatte. Sie war eine Frau, die aufs Ganze gehen konnte, wenn es nötig war – und es wohl auch tat.
»Schon gut, Viv. Ich kann natürlich auch ernsthaft sein, aber dann macht mir das Leben eben weit weniger Spaß. Hast du die Koordinaten? Lass mal sehen.«
Sie tippte ein paar Sekunden lang angestrengt auf ihrem Handgelenkscomputer herum, hielt dann aber plötzlich inne und sah ihn an – mit einem Blick, als würden plötzliche Zweifel sie überfallen.
»Ich sende sie dir zu, doch sag mir erst, was für ein Schiff du hast. Ich meine, für zwei oder drei Tonnen brauchen wir da gar nicht erst hinzufliegen. Wir brauchen was Großes, was richtig Großes! Ein richtig großes Ladevolumen.«
»Hmm … mein derzeitiges Baby ist da tatsächlich ein bisschen beschränkt. Aber ich hab’ ’ne Idee. Ich miete einfach ’nen Transportraumer für diese Tour. Was hältst du davon? Wir können tausend Tonnen Laderaum mieten. Ich fliege dir alles, selbst diese Größe, und lande es auf einer Fliege, wenn’s sein muss.«
»Du verdammtes Großmaul! Aber ich glaube, du bist der Richtige für den Job. Na gut, Owen. Aber damit wir gleich klare Fronten schaffen: Ich bringe das Knowhow mit, du die Technik. Schließlich bist du der Mann für solche Dinge. Wenn du also einen Mietvertrag abschließt, bezahlst du ihn aus eigener Tasche. Dafür machen wir beim Erlös Halbe-Halbe. Und mach’ dir bloß nichts vor: Ich schufte mindestens genauso hart wie du. Das wirst du sehen, wenn ich das erste Mal Schaufel und Pickel in der Hand halte. – Einverstanden?«
»Einverstanden!«, sagte Richter, und sie besiegelten den Deal mit einem Handschlag.
Er hatte das Gefühl gehabt, sie mit einer schnellen Entscheidung am deutlichsten beeindrucken zu können. Doch warum hatte er überhaupt das Gefühl, sie beeindrucken zu müssen? Weil sie trotz ihrer verbindlichen Art etwas Unnahbares hatte, etwas, das ihn auf Abstand hielt, also genau das Gegenteil dessen, was Richter sich von ihrer Bekanntschaft versprach.
Wusste er, worauf er sich einließ? Natürlich nicht. Doch machte das was aus? Ebenfalls nicht. Er würde auf alles, was in dieser Sache auf ihn zukam, entsprechend reagieren – wenn es erst mal soweit war. Warum also sich bis dahin den Kopf zerbrechen?
Außerdem … dies war nicht das erste Geschäft dieser Art, das er abschloss. Als ein im Weltraum tätiger »freischaffender Künstler« war er es gewöhnt, Risiken einzugehen und alles auf eine Karte zu setzen. Sowas passierte ihm alle paar Wochen einmal. Die Miete für einen Transportraumer dieser Größe lag zwar innerhalb seines Budgets, weil er gerade auf ein neues, großes … ach was, auf ein riesiges Raumschiff sparte, jedoch reichte es nur gerade so. Von seinen Ersparnissen würde nichts mehr übrigbleiben, wenn er das Ding in den Sand setzte oder wenn andere unvorhergesehene Ereignisse eintraten. Doch darüber machte er sich jetzt keine Gedanken. Darum würde er sich kümmern, wenn es so weit war. Jetzt musste er erst mal den Abschluss unter Dach und Fach bringen, danach sah man weiter.
Vivienne sprach eine Aufzeichnung in ihren Handgelenkscomputer, und eine halbe Minute später sandte sie das entstandene Dokument an den öffentlichen Drucker in der Bar. Das Gerät begann zu surren und spuckte ein bedrucktes Papier aus.
Vivienne lief zum Drucker.
Während sie weg war, um das Dokument zu holen, forschte Richter in seinem eigenen Handgelenkscomputer nach, was eine Fuhre von beispielsweise 1.000 Tonnen Peragon einbringen würde – und fiel fast vom Stuhl. Nicht nur, dass er sich ein nagelneues Raumschiff davon leisten könnte, das mit Seitenrudern und Sprungmotoren für maximale Reichweite bestückt wäre, es könnte auch die begehrten DeBeer-Triebwerke und zwei unabhängige Maxxit-Strahlenschilde besitzen sowie gepolsterte Sitze mit Sicherheitsgurten, Bierglashalter auf der Brücke, Multiphasenzeuge, Aschenbecher, Kaffeemaschine auf jedem Deck, einen acht Meter breiten V3-Bildschirm und dazugehörig ein Abo für die neuesten holografischen Horrorfilme, Livekonzerte und Theateraufführungen der ultramodernen Panrealistischen Bühne von Ippalippso.
Letzteres strich er natürlich sofort wieder von der Liste der Dinge, die er vor seinem Tod noch getan und gesehen haben wollte, doch er konnte sich gut vorstellen, während eines langweiligen Raumflugs Konzerte seiner Lieblingsband Händel Deadlock, den erbittertsten Gegnern der Mozart Guitar Connection, zu genießen. Dazu noch zwei Wartungsroboter, die auch einen Raumschifflenker-Chip besaßen, damit das Schiff nicht gegen Meteoriten knallte, während er sich Dröhnung auf Augen und Ohren verpasste.
Alles schien möglich – wenn er nur erst den Erlös dieser Fuhre in Händen hielt.
Er konnte ein Grinsen nicht unterdrücken; es stahl sich unwillkürlich in sein Gesicht, ohne dass Richter etwas dafür oder dagegen tun konnte, und blieb dort, bis Vivienne es bei ihrer Rückkehr entdeckte. Sie nahm es gar nicht gut auf.
»Was lachst du so blöd, du Heini? Ich kann nichts Lächerliches daran finden, im Gegenteil, für mich ist das ein sehr ernster und feierlicher Moment. Ich erfülle das Vermächtnis meines Vaters; etwas, das er sich immer gewünscht, aber zeitlebens nie bekommen hatte. Für die Entdeckung dieses Vorkommens auf Warga-8 hat er sein Leben gelassen. Unter Todesgefahr hat er dafür gesorgt, dass ich und meine Schwester die Koordinaten erhielten, weil er wollte, dass wir ein sorgenfreies Leben führen. Meine Schwester hatte keine Gelegenheit, vor ihrem Tod Nutzen daraus zu ziehen. Mir wäre es wirklich lieber, du würdest den Ernst der Situation verstehen, Owen.«
»Das tu ich, Baby, das tu ich«, sagte Richter, dem das Lachen vergangen war.
»Dann unterschreib!«, sagte sie, das Papier vor Richter hinschiebend zusammen mit dem Stift, den sie dem Kellner abgeschwatzt hatte.
Er las es genau durch – was nicht viel Zeit in Anspruch nahm, da das Dokument außer Überschrift, Ort, Datum und zwei gepunkteten Zeilen zum Unterschreiben nur zwei Absätze enthielt –, nahm den Schreibstift auf und setzte in blauer Farbe seinen Namen darunter. Sie tat es ihm gleich, sobald das Blatt vor ihr lag.
Damit verpflichtete Richter sich, die technische Ausrüstung für das »Unternehmen Peragon« zu besorgen, während Vivienne sich verpflichtete, alle notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, oder, falls nicht vorhanden, zu beschaffen. Die Aufwendungen für Lebensmittel, Trinkwasser, Atemluft im Allgemeinen und Sauerstoff im Besonderen sowie andere lebensnotwendigen Dinge wurden geteilt. Der zu erwartende Erlös würde in zwei gleiche Teile geteilt werden, damit konnte dann jeder die Unkosten begleichen und seiner Wege ziehen. Oder, falls es sie beide gelüstete, an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit, wieder eine Kooperation zu bilden, könnten sie erneut einen Vorstoß nach Warga-8 unternehmen, um nochmals eine Ladung zu beschaffen. Gleichzeitig verpflichteten sich beide Parteien, einen Vorstoß zum Abbau von Peragon zu einem späteren Zeitpunkt nicht ohne die andere Partei zu unternehmen, und falls doch, dann nur mit Zustimmung der anderen Partei.
*
Zwei Tage später senkte sich die Schnauze der Agamemnon RS210, Richters gemietetem 1000-Tonnen-Transportraumer, auf Warga-8 nieder – einem schönen Planeten mit rosaroten, ockerfarbenen und sandgelben Landflecken und türkisgrünen Ozeanen. Allein die Farben, die man vom All bereits sehen konnte, und die während des Landfalls immer deutlicher, stärker und intensiver wurden, bis sich aus Flächen und Formen eine wunderbare und detaillierte Landschaft herausbildete, verhießen Großartiges. Ja, dachte Richter, hier konnte ein Mann, der verwegen und hartnäckig genug seinem Glück nachjagte, Erfolg haben. Und er war dieser Mann! Er würde alles dafür tun, damit das Unternehmen kein Fehlschlag wurde.
Doch inzwischen hatte er durch empfangene Funkmails und Radiosprüche auch eine vage Vorstellung davon bekommen, was ihm bei der Rückreise blühen könnte – wenn die Laderäume mit etwas so Wertvollem wie Peragon gefüllt waren und er daher versuchen musste, unentdeckt bis zu einer Raumstation durchzukommen. In dem Planetensystem trieben ein paar üble Piraten ihr Unwesen, die immer wieder und an den verschiedensten Orten zuschlugen, um danach wieder spurlos zu verschwinden. Es würde Richter alle Flugkünste, die er aufwenden konnte, kosten, von hier zu verschwinden, ohne dass ihm das Fell gegerbt werden würde.