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Dies ist die 15. Episode der Romanserie "Homo Sapiens 404". Die Erde. Millionen Menschen sind von dort ins All geflohen, um den Zombies zu entgehen. Milliarden wurden dort eingesperrt, als die Jockeys das Sonnensystem abriegelten. Ein Jahr ist seitdem vergangen. Niemand weiß, wie es auf der Erde aussieht. Doch die Besatzung der T.S. Eliot wird das bald herausfinden, wenn auch unfreiwillig. Über die Serie: Einige Jahrzehnte in der Zukunft: Dank außerirdischer Technologie hat die Menschheit den Sprung zu den Sternen geschafft und das Sonnensystem kolonisiert. Doch die Reise endet in einer Katastrophe. Auf der Erde bricht ein Virus aus, der Menschen in mordgierige Zombies verwandelt. Daraufhin riegeln die Außerirdischen das Sonnensystem ab und überlassen die Menschen dort ihrem Schicksal. Die, die entkommen konnten, werden zu Nomaden in einem ihnen fremden Universum, verachtet und gedemütigt von den Außerirdischen, ohne Ziel, ohne Hoffnung. Neue Folgen der dritten Staffel erscheinen vierwöchentlich als E-Book.
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Seitenzahl: 99
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Episode 15
Ups
Claudia Kern
Digitale Originalausgabe
Homo Sapiens 404 wird herausgegeben vom Rohde Verlag
Rohde Verlag, Uhlandstr. 35a, 53757 Sankt Augustin
Verleger & Redaktion: Markus Rohde
Autorin: Claudia Kern
Lektorat: Katrin Aust
Covermotiv & -gestaltung: Sebastian Lorenz
Copyright © 2014 by Rohde Verlag
ISBN 978-3-95662-027-0
www.claudia-kern.com
www.helden-in-serie.de
www.rohde-verlag.de
Kapitel Eins
Kapitel Zwei
Kapitel Drei
Kapitel Vier
Kapitel Fünf
Kapitel Sechs
Kapitel Sieben
Kapitel Acht
Kapitel Neun
Kapitel Zehn
Kapitel Elf
Kapitel Zwölf
Kapitel Dreizehn
Epilog
Die Autorin
Lesetipps des Verlags
»Eigentlich lief alles besser als erwartet. Das hätte mich stutzig machen sollen, denn wann ist es für uns schon mal gut gelaufen? Ama’Ru und ich saßen zwar immer noch auf der Destination Moon fest, aber wir hatten zusammen mit Bob Swanson, dem ehemaligen und von Mariana Gonzales gestürzten Flottenkommandanten, die Brücke erobert. Ich wollte Rin, Auckland und Arnest auf der Eliot kontaktieren, aber ich kam zu spät. Das Schiff war bereits zur Erde gesprungen, und damit zu den automatischen Waffensystemen der Jockeys, die es mit Sicherheit zerstören würden. Und dann fing Gonzales, die wir mit ihren Anhängern eingesperrt hatten, auch noch an, die Menschen zum Selbstmord zu motivieren. Sie will ihr gelobtes Land erreichen, koste es, was es wolle. Weder Bob noch ich sind kaltschnäuzig genug, uns auf diese Konfrontation mit ihr einzulassen. Vielleicht wäre es Ama’Ru, aber sie mischt sich kaum ein, als ginge sie das alles nichts an. Ich weiß nicht, ob sie bereits mit ihrem Leben abgeschlossen hat. Gonzales wird unsere kleine Revolte bestimmt nicht mit Humor sehen. Wenn sie die Erde erst mal erreicht hat und die Eliot zerstört ist, wird sie sich wohl nicht mehr an ihr Versprechen gebunden fühlen, Ama’Ru und mich leben zu lassen. Unser einziger Zweck bestand darin, Auckland, Rin und Arnest dazu zu bringen, sich zu opfern. Ich hoffe, sie haben es nicht getan. Ich hoffe, dass sie überlebt haben, wie die Typen in den alten SF-Serials, die beim Cliffhanger in einem brennenden Raum festsaßen, nur um zu Beginn der nächsten Folge durch eine vorher verborgene Tür nach draußen zu spazieren. So eine Tür könnten wir jetzt alle dringend gebrauchen.«
– Kipling Jonnessey
»Vor uns liegt die Erde. Geile Scheiße.«
– Arnest
»Erinnert ihr euch noch an die Zeit, als wir mit Freunden Zombiefilme ansahen und darüber diskutierten, was wir besser als die Überlebenden machen würden? Es lag ein gewisser romantischer Reiz in der Vorstellung, alles zu verlieren, jede Verantwortung außer der für das eigene Überleben abzulegen, zurückzukehren zu der in unserer Kollektiverinnerung verankerten Existenz als Jäger und Sammler. Die Vorstellung ist Realität geworden, wie wir alle wissen – beschissene, schreckliche Realität. Und nun sehen wir irgendwelche Sitcoms und Familienserien mit Freunden und stellen uns vor, wie schön es wäre, in einer geordneten Welt und nicht im Chaos zu leben. Der Kreis hat sich geschlossen.«
– Nerdprediger Dan, ASCII-Zeichen für die Ewigkeit
»Spring!«
Daniel schlug mit der flachen Hand auf die Konsole. »Wenn du jetzt nicht springst, werden sie umsonst sterben.«
»Ich würde es vorziehen, dass sie gar nicht sterben.« Kipling fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
Bob Swanson drehte den Kopf zu ihm. »Ich weiß, aber die Eliot ist gesprungen und den Rest können wir uns denken.«
Ja. Kipling schluckte. »Daniel hat recht. Spring«, sagte er dann heiser und räusperte sich. »Die Eliot hat Rettungsshuttles an Bord. Vielleicht gelingt es Rin, Auckland und Arnest, mit einem zu fliehen, bevor der ganze Laden in Stücke geschossen wird.«
»Könnte schon sein«, sagte Daniel in einem Tonfall, der verriet, dass es eben nicht sein konnte.
Ama’Ru neigte den Kopf. »Ich halte das für sehr unwahrscheinlich. Diese Waffensysteme wurden-«
»Ama’Ru«, unterbrach sie Swanson leise. »Nicht.«
Sie nickte nach einem Moment. Die Gottesanbeterin unter ihr seufzte leise und rieb sich die Scheren. Kipling hätte gern gewusst, was das bedeutete. Er warf einen Blick auf den Monitor, auf dem das Innere von Modul-B zu sehen war. Einige von Gonzales’ Anhängern hatten sich um die tote Julie versammelt und sangen. Kipling sah ihre Mundbewegungen, hörte aber nichts. Swanson hatte den Ton abgeschaltet, nachdem Gonzales das Modul verlassen hatte. Sie war auf dem Weg zur Brücke, um das Kommando wieder an sich zu reißen. In Julies Stirn steckte ein Messer. Jemand hatte es ihr in den Kopf gerammt, als sie zum Zombie geworden war.
So viel zum Thema sinnloser Tod, dachte Kipling. An der Konsole neben ihm rief Swanson einige Systemanzeigen auf.
»Bereite Sprung vor«, sagte er währenddessen. »Koordinaten sind bereits eingegeben, wie ich sehe. Ich halte das übrigens immer noch für eine beschissene Idee.«
»Wir haben keine Wahl.« Daniel breitete die Arme aus. »Entweder springen wir jetzt und hoffen, dass die Flotte von der Ablenkung durch die Eliot profitieren kann, oder wir springen, wenn Gonzales uns dazu zwingt. Und dann ist es vielleicht schon zu spät.«
Swanson rieb sich müde die Augen. »Ich weiß.« Seine Hand schwebte einen Moment lang über der Konsole, dann legte er sie fest darauf. »Sprung erfolgt.«
»Achtung«, sagte die höflich klingende Schiffsstimme. »Lockdown in zwanzig Sekunden, Sprung erfolgt in sechzig. Achtzehn, siebzehn …«
Einer der beiden Soldaten, die an der Wand hockten, räusperte sich. Er hieß Burt. Sein Kamerad saß mit schmerzverzerrtem Gesicht neben ihm und hielt seinen gebrochenen Arm. »Braucht ihr uns hier noch? Ich würde Mac echt gern zur Krankenstation gegenüber bringen, bevor die Moon in Lockdown geht.«
Swanson nickte. »Geht. Und wenn Gonzales fragt, wird Daniel beteuern, dass du und Mac heldenhaft gekämpft habt. Ihr habt nichts falsch gemacht und ihr habt euch erst ergeben, als es nicht mehr anders ging. Okay?«
Die beiden Männer nickten. Sie wirkten erleichtert. Burt half Mac auf die Beine und ging zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. »Danke, Bob. Wir wissen das zu schätzen. Ich hoffe, dass wir uns revanchieren können.«
So ist das Leben in Diktaturen, dachte Kipling. Die Realität spielte keine Rolle. Um einer Strafe zu entgehen, verbündete man sich mit dem, der einem einen Ausweg aufzeigte. Früher oder später würde genau das wahrscheinlich zu Gonzales’ Untergang führen, aber bis dahin mussten er und Ama’Ru das Gleiche tun wie die Wachen: Lügen und sich vor Strafe schützen.
Kipling hörte das Klopfen und Ächzen, mit dem sich die Destination Moon auf den Sprung vorbereitete, aber er achtete kaum darauf. Seine Gedanken waren bei der Eliot und sein Blick richtete sich auf die Nachricht, die er in seinen V-Specs aufgerufen hatte. Das Fenster war leer, nur den Empfänger hatte er bereits ausgewählt: Rin Takahashi. Der Cursor blinkte unter ihrem Namen wie ein Pulsschlag. Kipling wollte etwas schreiben, ihr und den anderen etwas sagen, aber er wusste nicht, was. Egal, was ihm auch einfiel, es erschien ihm unangemessen und dumm. Die Eliot war bereits gesprungen, er konnte nichts mehr ändern. Ihm blieb nur noch der Abschied, aber der–
Er zuckte zusammen, als die Schere der Gottesanbeterin über seinen Arm strich.
»Wir sind im Internet, oder?«, fragte Ama’Ru leise. Ihr Atem roch nach frisch gefallenem Schnee.
»Ja.«
»Was tust du dort gerade?«
Kipling hob die Schultern. »Ich versuche, den anderen etwas zum Abschied zu schreiben, aber ich weiß nicht, was. Ich komme mir vor wie ein Vollidiot.«
Die Türen zur Brücke schlossen sich. »Lockdown erfolgt«, sagte die Schiffsstimme. »Sprung in achtunddreißig, siebenunddreißig …«
»Du bist ein Vollidiot«, sagte Ama’Ru. In ihrem Blick sah Kipling nichts, was die Worte abmilderte, keinen Humor, kein Mitgefühl. »Du verschwendest die wenige Zeit, die uns bleibt, mit den Toten. Kümmere dich um die Lebenden.«
»Du meinst, um dich.« Es überraschte Kipling, wie wütend ihn Ama’Rus Worte machten. Er ballte eine Hand zur Faust. Die Gottesanbeterin zischte, als würde sie seine Aggression erkennen.
»Ich meine, um uns.« Ama’Ru sah ihn ruhig an. »Uns kannst du helfen, ihnen nicht.«
Er wusste, dass sie recht hatte, auch wenn er nicht wollte, dass sie recht hatte. An eine Zukunft ohne Rin, Auckland und Arnest zu denken, erschien ihm wie Verrat.
»Dein Talent ist das Beschaffen von Informationen«, fuhr Ama’Ru fort. »Nutze es.«
Es fiel ihr nicht immer leicht, Menschen richtig einzuschätzen, aber in diesem Fall, musste ihr Kipling zugestehen, wählte sie den richtigen Weg: als Tatsachen getarnte Komplimente. Er rückte die V-Specs zurecht und setzte sich auf. Sein Gewissen versetzte ihm einen Stich, als er die Nachricht an Rin schloss und ein Terminal öffnete, aber er zwang sich, an die Zukunft zu denken. »Da ist eine Sache …«, sagte er.
»… zwei, eins … Sprung erfolgt.«
Der Unterlichtantrieb schaltete sich ab. Einen Sekundenbruchteil lang herrschte Stille auf der Brücke der Destination Moon, dann sprang der Bubble-Antrieb wummernd an. Aus dem Augenwinkel sah Kipling, wie sich die Gottesanbeterin an Boden und Wänden festhielt. Seit die Eliot aus dem Hyperraum gestürzt war und dabei nur knapp eine Sonne verfehlt hatte, machten Sprünge sie nervös.
»Welche Sache?«, fragte Ama’Ru, während sie ihr den Nacken streichelte.
Kipling rief mit seinen Fingerspitzen ein Programm auf. »Bisher konnte ich nur auf die Nachrichten zugreifen, die Gonzales über das schiffsinterne System verschickt hat, aber da wir wieder Internet haben, müsste ich auch die auf den externen Servern sehen können.« Er loggte sich in ihr Benutzerkonto ein und aktivierte die lokale Datensicherung. Ein Downloadfenster öffnete sich und zeigte 1 von 15442 gespeicherten Nachrichten. Kipling seufzte. »Es wird aber ein bisschen dauern, die alle abzurufen. Gonzales scheint sehr mitteilungsbedürftig zu sein.«
Ein Licht blinkte an seiner Konsole. Kipling schob das Fenster mit einer Augenbewegung zur Seite und las die Meldung, die über dem Licht im Display auftauchte. »Gonzales meldet sich über Funk.«
»Die ist garantiert sauer, weil alle Türen zu sind«, sagte Swanson. Er sah Daniel an. »Red du mit ihr. Sag, dass du das Kommando in ihrem Namen übernommen hast. Und wenn sie fragt, kannst du noch erwähnen, dass Burt und sein Kumpel hier …« Er zeigte auf die Wachen, die an der Wand hockten. Einer der beiden hielt seinen gebrochenen Arm mit schmerzverzerrtem Gesicht hoch. »… heldenhaft gekämpft haben. Sie haben nichts falsch gemacht. Okay?«
Das letzte Wort richtete er an die Männer. Sie nickten, ohne zu zögern. Beide wirkten erleichtert.
Daniel aktivierte die Funkverbindung. »Messner hier, Ma’am. Ich habe das Kommando über die Moon von Bob Swanson übernommen. Was kann ich für Sie tun?«
Gonzales’ Stimme drang aus den Lautsprechern: »Öffnen Sie die verdammten Türen, Messner.«
»Halt sie hin«, flüsterte Kipling.
Daniel verzog das Gesicht. »Ma’am, aus Sicherheitsgründen sollten die Türen während des Aufenthalts im Hyperraum, beziehungsweise während–«
Sie ließ ihn nicht ausreden. »Sofort, Mr. Messner.«
»Ja, Ma’am.« Daniel schaltete die Verbindung ab und sah Swanson an, der den Kopf schüttelte.
»Erstklassig hingehalten, Daniel«, sagte er mit hochgestrecktem Daumen. »Respekt.«
»Du hast sie doch gehört? Was hätte ich denn sagen sollen?«
»Vielleicht ein bisschen mehr als ›Ja, Ma’am‹.« Swanson drückte auf einen Knopf an seiner Konsole. »Türen sind auf. Das heißt, sie wird in zwei Minuten hier sein, Kipling.«
Das Downloadfenster zeigte an, dass Nachricht 58 von 15442 abgerufen wurde. Na toll, dachte Kipling. Er öffnete den lokalen Ordner und scrollte durch Gonzales’ Mails. Sie unterschieden sich kaum von denen, die sie über das Internet der Moon verschickt hatte – Befehle, religiöse Botschaften und Durchhalteparolen, die sie auf Anfragen ihrer Anhänger verschickte. Viele hatte sie einfach kopiert. Wahrscheinlich, vermutete Kipling, hatte Gonzales während der Blockade des externen Internets immer wieder versucht, sie zu verschicken, weil sie nicht wusste, wie sie ihre eigene Software umgehen sollte. Doch nun trafen neue Mails ein, noch während er die alten sicherte. Er warf einen kurzen Blick darauf: Spam von gleich drei Pornoseiten, eine Anleitung zum Botoxspritzen, das Bibelzitat des Tages – und eine Mail, die nur aus einer langen Buchstaben- und Zahlenkette bestand.
Verschlüsselt, dachte Kipling. Er rief sie auf, aber wie erwartet erfolgte eine »Passphrasenabfrage«. Allein das Wort »Passphrase« verriet ihm, dass er mit Gonzales’ üblichem Passwort »Passwort12345« nicht weiterkommen würde. Er schloss das Fenster und öffnete stattdessen ein Tool, um die Verschlüsselung zu analysieren.