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Dies ist die 21. Episode der Romanserie "Homo Sapiens 404". Niemand rechnet mit der spanischen Inquisition, und niemand erwartet, dass vier Bände vor Ende der Serie eine Figur auftaucht, von der man bisher nur gehört hat. Aber genau das passiert. Natürlich gibt es auch wieder Zombies, gleich ein paar Hundert, und einen Anblick, der selbst Arnest aus der Bahn wirft. Über die Serie: Einige Jahrzehnte in der Zukunft: Dank außerirdischer Technologie hat die Menschheit den Sprung zu den Sternen geschafft und das Sonnensystem kolonisiert. Doch die Reise endet in einer Katastrophe. Auf der Erde bricht ein Virus aus, der Menschen in mordgierige Zombies verwandelt. Daraufhin riegeln die Außerirdischen das Sonnensystem ab und überlassen die Menschen dort ihrem Schicksal. Die, die entkommen konnten, werden zu Nomaden in einem ihnen fremden Universum, verachtet und gedemütigt von den Außerirdischen, ohne Ziel, ohne Hoffnung. Neue Folgen der vierten Staffel erscheinen vierwöchentlich als E-Book.
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Seitenzahl: 92
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Episode 21
Eins zu einer Million
Claudia Kern
Digitale Originalausgabe
Homo Sapiens 404 wird herausgegeben vom Rohde VerlagRohde Verlag, Uhlandstr. 35a, 53757 Sankt Augustin
Verleger & Redaktion: Markus RohdeAutorin: Claudia KernLektorat: Katrin AustCovermotiv & -gestaltung: Sebastian Lorenz
Copyright © 2015 by Rohde Verlag
ISBN 978-3-95662-039-3www.claudia-kern.comwww.helden-in-serie.dewww.rohde-verlag.de
Was bisher geschah
Kapitel Eins
Kapitel Zwei
Kapitel Drei
Kapitel Vier
Kapitel Fünf
Kapitel Sechs
Kapitel Sieben
Kapitel Acht
Kapitel Neun
Kapitel Zehn
Kapitel Elf
Kapitel Zwölf
Die Autorin
Lesetipps des Verlags
»Habitate. Dieses Wort höre ich immer öfter. Es gibt Listen von Stationen, die uns noch aufnehmen, aber sie werden mit jedem Tag kürzer. Mak’Uryls verdammte Haie jagen uns, sobald wir die Sprungtore verlassen, und das Tool, das uns als Jockeys ausgeben soll, funktioniert nur, solange kein Sichtkontakt besteht. Manche geben bereits auf und lassen sich zu den Habitaten bringen. Immerhin wirbt Algernon Reynolds für sie und was die Menschen, die dort leben, auf Twitter posten, klingt nicht schlecht. Wenn sie es wirklich selbst posten. Wenn sie überhaupt noch leben. Ihr wisst es nicht und ich auch nicht.
Nur eines gibt mir Hoffnung und es ist nicht dieser Blödsinn über die Erde. Es sind die Jockeys selbst. Es sind die Postings und Videos und Tweets, in denen sie sich für uns einsetzen, in denen sie Mak’Uryl seinen zweiten Namen verweigern und eigene Patrouillen ankündigen, die uns schützen sollen. Es gefällt uns vielleicht nicht, aber diese Jockeys könnten unsere letzte und einzige Hoffnung sein.«
– Nerdprediger Dan, ASCII-Zeichen für die Ewigkeit
Was bisher geschah
»Ich bin mit dem Virus infiziert, ebenso die beiden Skorpione. Und wer weiß, wie viele noch. Eingesperrt in einem Labor versuche ich, ein Mittel gegen den Virus zu finden und Wiedergutmachung zu leisten – so lange ich dazu noch in der Lage bin.«
– Ama’Ru
»Es steht nicht gut um die neue Kolonie. Gonzales hat die Rationen ein weiteres Mal kürzen lassen, um die Vorräte, die uns nach der Zerstörung der Destination Moon geblieben sind, zu strecken. Sie erschafft eine Zweiklassengesellschaft und erstickt jede Kritik an ihren Plänen, indem sie sie als den Willen Gottes bezeichnet. Sie ist dabei, Unsere kleine Farm in das Jonestown-Massaker zu verwandeln. Ich werde von Ryn’Nel, dem Jockey-Wissenschaftler, beschützt. Er will mit meiner Hilfe Ama’Ru finden, ich will mit seiner Hilfe fliehen.«
– Kipling Jonnessey
»Ich übernahm das Kommando und stellte ein kleines Team zusammen. Zehn Gen2-Soldaten«, sagte Auckland. »Zwei haben die Reise nicht überlebt. Die anderen sind in Sydney zurückgeblieben, was eventuell ein Fehler war, da der Schwarm sehr rastlos wurde.«
Er lehnte am Fensterbrett. Den olivgrünen Hoodie hatte er abgelegt. Darunter trug er ein schwarzes T-Shirt und eine ebenfalls schwarze Scharfschützenweste. Es nieselte nicht mehr und durch das Fenster fiel helles Sonnenlicht. Rin sah Soldaten auf der Veranda patrouillieren und hörte ihre Schritte.
»Wie seid ihr hierhergekommen?«, fragte sie.
»Mit Flugzeugen. Wir sind von einem Flughafen zum nächsten geflogen, immer so weit der Treibstoff reichte. Wir haben drei Wochen gebraucht. Euch haben wir durch die Signatur von Rins Kapsel gefunden. Unser Flugzeug steht zwei Meilen von hier entfernt.«
»Warum hast du dich nicht gemeldet?« Lanzo saß auf der Sofalehne und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Jho’tol lauschte der Unterhaltung schweigend.
»Weil ich nicht wusste, wer zuhört«, sagte Auckland. »Ich habe ein Tool gezogen, das es so aussehen ließ, als wäre ich offline. So konnte ich mitlesen.«
Rin bemerkte, wie sehr er sich bemühte, Jho’tol nicht anzusehen. Trotzdem glitt sein Blick immer wieder zu ihm. Sie und Arnest hatten Zeit gehabt, sich an den Anblick zu gewöhnen, er nicht.
»Bisschen paranormal, oder?«, fragte Arnest. Er lag auf dem Sofa und polierte die Klinge seines Messers. Seine Beine ragten weit über die Lehne hinaus, auf der Lanzo saß. »Wenn Kipling sagt, dass da keiner mithört, dann hört auch keiner mit.«
»Paranoid, nicht paranormal«, sagte Lanzo.
Arnest grinste. »Deine Klugscheißerei hab’ ich echt vermisst.«
»Kipling geht mit Computern von Better Life Solutions ins Netz«, sagte Auckland. »Selbst er kann nicht hundertprozentig sicher sein, dass Brown darauf keinen Zugriff hat.« Er drehte den Kopf, als er ein Geräusch von draußen hörte, und nickte jemandem zu, den Rin nicht sehen konnte. »Wir kriegen Besuch.«
Arnest sprang auf. Dreck bröckelte von seinen Stiefelsohlen auf den Boden. »Mit oder ohne Puls?«
»Ohne.«
»Geil. Da hab ich jetzt richtig Bock drauf.« Arnest lief bereits zur Tür. Auckland schien ihn aufhalten zu wollen, überlegte es sich dann aber anders und folgte ihm. Rin und Lanzo schlossen sich ihm an.
Die Leichen der Angreifer lagen noch auf der Lichtung. Die Gensoldaten hatten ihnen die Kehle durchgeschnitten und ihnen anschließend das Messer in die Stirn gerammt. Rin war sich nicht sicher, ob es wirklich nötig gewesen war, sie alle zu töten, aber Lanzo hatte nur mit den Schultern gezuckt. »Sie haben wie Abschaum gelebt und sind wie Abschaum gestorben.«
Aber das hat John nicht gewusst, als er den Befehl gab, hatte sie gedacht, ohne es auszusprechen.
Aus dem Mangrovenwald taumelten Zombies. Der Lärm, den Billy Ray und seine Angreifer verursacht hatten, musste sie angelockt haben. Rin versuchte, sie zu zählen, gab aber bei zehn auf und schätzte stattdessen: mindestens zwanzig, höchstens dreißig.
Die Gen2-Soldaten bildeten einen Halbkreis vor dem Haus. Sie hatten die Kapuzen ihrer Hoodies zurückgeschlagen und ihre Maschinenpistolen über die Schulter geschlungen. Jeder von ihnen hielt eine Machete in der Hand. Eine Frau, die Auckland als Chanel vorgestellt hatte, drehte den Kopf und sah ihn an.
»Sir?«
Er warf einen Blick auf die schlurfende, fauchende Menge. »Formation A. Keine Schusswaffen. Wir wollen nicht noch mehr anziehen.«
»Ja, Sir.«
Chanel gab den Befehl weiter. Die Soldaten legten ihre Maschinenpistolen ab und liefen ohne ein weiteres Wort los. Arnest stieg über Billy Rays Leiche. »Ich komm mit.«
»Sie haben die Situation im Griff«, sagte Auckland. »Du kannst hier bleiben.«
»Ich will aber nicht.« Arnest wirbelte das Messer in seiner Hand herum. Die Klinge blitzte im Sonnenlicht. »Ich sitz schon zu lange auf meinem Arsch.«
Vor ihm erreichten die ersten Gensoldaten die Zombies. Rin konnte sich die meisten ihrer ungewöhnlichen und selbstgewählten Namen noch nicht merken, nur Chanel und Ginger Ale hatte sie behalten. Beide schwangen ihre Macheten. Bei jedem Hieb flog der Kopf eines Zombies durch die Luft. Sie schlugen eine Schneise in die Menge und wandten sich dann nach rechts und links, sodass sie Rücken an Rücken standen. Methodisch arbeiteten sie sich vor. Die anderen Soldaten hatten ebenfalls Zweiergruppen gebildet und gingen nach der gleichen Taktik vor.
Methodisch arbeiteten sie sich durch die Menge. Obwohl sie den Zombies zahlenmäßig deutlich unterlegen waren, hatte Rin nicht den Eindruck, dass sie in Bedrängnis gerieten. Arnest warf sich mit einem wilden Schrei zwischen sie und stach auf die Zombies ein. Die Soldaten machten ihm Platz. Er schien sie eher zu stören, als sie zu unterstützen.
Auckland beobachtete den Kampf. Die Machete steckte in seinem Gürtel. »Wir haben auf der Reise trainiert. Der Albaner war zwar einer von ihnen, aber verstanden hat er sie nicht. Er hat ihnen zu viele Entscheidungen überlassen und sie verwirrt. Nur wenn man ihnen klare Anweisungen gibt, können sie ihr Potenzial ausschöpfen. Wie man sieht.«
Rin hörte den Stolz in seiner Stimme. Die Soldaten hatten bereits mehr als die Hälfte der Zombies getötet. Zähflüssiges, fast schwarzes Blut mischte sich wie Öl in die Pfützen am Boden. Überall lagen Leichen. Ihre abgetrennten Köpfe starrten aus trüben Augen ins Leere.
»Und er ist wirklich tot?«, fragte Rin.
»Der Albaner? Ja.« Auckland nahm den Blick nicht von den kämpfenden Soldaten. Einige Zombies waren aus der Menge ausgebrochen, aber zwei Menschen – Gremlin und jemand von den Simpsons? – setzten sofort nach. Neben ihr zog Lanzo die Machete, die er einer der Leichen abgenommen hatte. Jho’tol griff in seine Satteltasche, verzog dann aber das Gesicht, als ihm einfiel, dass sich dort keine Waffe mehr befand.
Gremlin und – Lisa Simpson, fiel Rin im gleichen Moment ein – waren bereits dicht hinter den fünf Zombies. Gremlin holte mit seiner Machete aus und schlug einer jungen Frau, die nur einen Bikini trug und von Bissspuren übersät war, den Kopf ab. Sie knickte ein und riss einen anderen Zombie mit sich. Er war so voller Schlamm, dass Rin sein Geschlecht nicht einmal erahnen konnte.
Lisa tötete ihn mit einem Stich in die Stirn und schlug noch im Aufstehen dem auf sie zutaumelnden Zombie den Kopf ab. Nur noch zwei waren übrig.
Hinter ihr stach und schlug Arnest gleichzeitig mit Messer und Machete um sich. Dunkles Blut spritzte über seine Hände und in sein Gesicht. Er grinste, als er Rins Blick bemerkte. »Is nich alles schlecht seit Omega«, rief er. »Man kommt viel rum und keiner quatscht einem rein, wenn man mal die Sau rauslässt.«
Er rammte einem Zombie die Machete in den Bauch und zog sie bis zum Brustbein hoch. Eingeweide klatschten in eine Pfütze aus Blut und Wasser. Arnest schüttelte angewidert den Kopf, lachte aber gleichzeitig. Mit einem Stich in die Schläfe tötete er den Zombie.
»Das ist wirklich dein Bruder, ja?«
Rin hörte Jho’tols leise Frage und sah Lanzos Nicken. »Er kommt nach unserer Mutter.«
Sie lachte. Drei Meter vor ihr brachten Gremlin und Lisa Simpson die letzten beiden Zombies mit Tritten in die Kniekehlen zu Fall. Gleichzeitig stießen sie ihnen die Macheten in den Hinterkopf.
»Sie hätten euch nicht entkommen dürfen«, sagte Auckland.
»Sorry, Sir.« Lisa zog ihre Machete aus der Wunde und wischte graue Hirnmasse an der Jeansjacke des Zombies ab. »Das war mein Fehler.«
»Ich weiß. Du musst besser auf deine Umgebung achten.«
»Ja, Sir. Danke, Sir.« Lisa wandte sich ab und lief zusammen mit Gremlin zu den anderen.
Lanzo hob die Augenbrauen. »Du kommandierst sie ganz schön rum.«
»Nur, wenn es nötig ist.«
Er hat sich verändert, dachte Rin. Auckland wirkte entspannt und schien in sich zu ruhen, wie jemand, der seinen Platz gefunden hatte und das auch wusste. Die Gensoldaten sind das, was wir nie sein konnten: seine Leute.
»Also«, sagte Lanzo, als der letzte Zombie seinen Kopf verlor. »Mit wem würdest du lieber kämpfen? Mit ihnen oder …« Er zeigte auf Arnest, der sich gerade mit dem Rücken zu ihnen vor einen Baum stellte und den Reißverschluss seiner Hose öffnete. »… mit ihm?«
Sie hatte erwartet, dass Auckland ausweichen würde, aber er antwortete sofort: »Hängt vom Kampf ab. Manchmal braucht man ein Tier und manchmal …« Er lächelte. »… einen Roboter.«
Bevor Lanzo darauf reagieren konnte, trat er vor und wandte sich an die Gensoldaten: »Gute Arbeit, schnell und effizient. Sichert die Kapsel. Wegtreten.«
Ein achtstimmiger Chor antwortete ihm: »Ja, Sir.«
»Und wie war ich?«, rief Arnest über das Plätschern seiner Pisse hinweg. Er drehte den Kopf und grinste. »Sir?«
»Wie immer.«
Arnest lachte. Das Plätschern verstummte und er zog den Reißverschluss seiner Hose hoch. Dann wischte er sich die Hände an einem Palmblatt ab. »Das war übrigens das erste und letzte Mal, dass ich dich ›Sir‹ genannt hab«, sagte er, als er herüberkam. »Das blöde Getue hat mich schon immer genervt.«
Er sah die anderen an. »Was machen wir jetzt?«