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Ältere Menschen verfügen über einen reichhaltigen Erinnerungsschatz – der bei Demenz jedoch tief vergraben scheint. Es lohnt sich, ihn wieder in die Gegenwart zu holen. Diese Geschichtenreihe hilft Ihnen, bei der Betreuung Demenzkranker in der Heim- oder Tagespflege, aber auch in der häuslichen Pflege, themenbezogen ins Gespräch zu kommen. Lebensstationen, Feste und Feiertage, jahreszeitliche Begebenheiten oder humoristische Anekdoten bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für Zwiegespräche oder kleinere Gesprächsrunden – und wer gar nichts erzählen mag, genießt einfach das Vorleseritual und den Inhalt der jeweiligen Geschichte. Alle Vorlesegeschichten sind kurz und verständlich gehalten, überfordern nicht, verkindlichen aber auch nichts, sodass sich Demenzkranke trotz der einfachen Handlungsstruktur mit den Inhalten und den Figuren sehr gut identifizieren können. Fragen, die an jede Geschichte anknüpfen, aktivieren die Erinnerung und ermuntern die Zuhörer zum Erzählen.
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Seitenzahl: 79
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Impressum
Titel
5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz - Humoristische Anekdoten
Autorin
Petra Bartoli y Eckert
Titelbildmotiv
© muffinmaker – Photocase.com
Fotos im Innenteil
Wackeldackel: © muffinmaker – Photocase.com
Notizzettel: © John Henkel – Fotolia.com
E-Book-Herstellung und Auslieferung readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net
Verlag an der Ruhr
Mülheim an der Ruhr
www.verlagruhr.de
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© Verlag an der Ruhr 2013
E-Book ISBN 978-3-8346-2711-7
Inhalt
Vorwort
Über die Reihe
Auf dem Jahrmarkt
Beim Friseur
Das Grammophon
Das neue Auto
Der Konfirmandenausflug
Der verschwundene Fisch
Das Seifenkistenrennen
Die Jugend von heute
Die Kaffeemühle
Die Zigarre auf dem Fensterbrett
Draußen nur Kännchen
Eisstockschießen
Erster in der Badewanne
Frisch gewaschen
Die Kreuzworträtsel-Königin
Das Motorrad mit Beiwagen
Rindfleisch für den Nachbarshund
Sünden sind gut fürs Geschäft
Wichtiger Hinweis:
Die Inhalte im Buch sind von der Autorin mit großer Sorgfalt erarbeitet und ausgewählt worden, stellen jedoch keine therapeutischen Maßnahmen dar. Nehmen Sie dennoch eine genaue Prüfung entsprechend Ihrer Situation vor und wägen verantwortungsvoll ab, welche Übungen Sie mit welchen Personen durchführen. Wenn Unsicherheiten oder bereits bestehende Erkrankungen/Allergien vorliegen, klären Sie die Anwendung mit der Pflegedienstleitung oder dem behandelnden Arzt ab. Die Autorin und der Verlag übernehmen weder für die Aktualität, Korrektheit und Vollständigkeit der bereitgestellten Inhalte eine Gewähr noch dafür, dass diese für Ihren individuellen Einzelfall geeignet und ausreichend sein. Alle Inhalte dienen ausschließlich der Information, ebenso wie deren Durchführung ausschließlich in eigener Verantwortung des Anwenders erfolgt.
Vorwort
Liebe (Vor-)Leserin,
lieber (Vor-) Leser,
Erinnerungen sind wie eine kleine Schatztruhe …
Während der Entstehung der Geschichten „Humoristische Anekdoten“ habe ich mit vielen Senioren gesprochen. Einige von ihnen haben den Inhalt ihrer Schatztruhe mit mir geteilt. So wurde ich für so manche Geschichte inspiriert, konnte mir Gegebenheiten, die noch vor meiner Geburt passierten, besser vorstellen und ausmalen. Ich wurde also in so manchen Gesprächen von vielen lieben Menschen mit ihren Erinnerungen reich beschenkt. Danke dafür!
Mit Ihnen möchte ich dieses Geschenk jetzt teilen.
Ich hoffe, Sie erleben beim Lesen und Vorlesen Momente, in denen Sie schmunzeln und andere zum Schmunzeln bringen. Mit den Geschichten wünsche ich Ihnen genauso viel Freude, wie ich sie beim Recherchieren, Erfinden und Schreiben hatte.
Herzliche GrüßePetra Bartoli y Eckert
Über die Reihe
Lesen ist eine der schönsten und zeitlosesten Freizeitbeschäftigungen für Jung und Alt. In Erzählungen abtauchen, sich in andere Personen hineinversetzen, via Fantasie Zeitreisen unternehmen … Lesen bietet die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und ihn gleichzeitig zu verarbeiten. Wem das Lesen jedoch Mühe bereitet, kann Lesevergnügen auch über das Vorlesen erleben.
Die Reihe „5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz“ berücksichtigt die Einschränkungen von dementen Menschen mit kurzen, pointierten und einfachen Geschichten, die an das Alltagserleben anknüpfen. Mal humoristisch, mal nachdenklich oder auch religiös-besinnlich – je nach Anlass und Situation können Sie die passende Geschichte auswählen und die Zuhörer zum Gedankenaustausch anregen. Die entsprechenden Anschlussfragen zu jeder Geschichte bieten die dazu nötigen Anknüpfungspunkte – für ein abwechslungsreiches (Vor-)Lesevergnügen!
Auf dem Jahrmarkt
„Wann gehen wir los?“, quengelte Edeltraud. Sie trat von einem Fuß auf den anderen und konnte sich keine Sekunde still halten.
„Hier hast du noch Marktgeld. Davon kannst du dir ein Eis kaufen“, sagte Großvater und hielt seiner Enkeltochter zehn Pfennige hin. Das war viel Geld. Edeltraud hörte auf zu jammern, und hing ihren Gedanken nach.
Was ich mir davon wohl kaufen werde? Eine Fahrt mit dem Karussell? Oder lieber etwas vom „Süßen Fritz“?, überlegte Edeltraud. Der „Süße Fritz“ hatte eine Bude mit den besten Zuckerstangen weit und breit.
Endlich kamen Vater, Mutter und ihr Bruder Ludwig fertig angezogen zur Tür. Edeltraud riss die Wohnungstür auf und flitzte zur Treppe.
„Ich warte unten auf euch“, rief sie und verschaffte sich schon einmal einen Vorsprung. Als die anderen sie vor dem Haus eingeholt hatten, konnte Edeltraud endlich den ersehnten Weg zum Rummelplatz einschlagen.
Man konnte noch nichts sehen, aber die Geräusche des Jahrmarkts waren schon von Weitem zu hören. Eine Drehorgel spielte pfiffige Melodien. Leute lachten.
Dosen schepperten an einer Bude beim Umfallen. Edeltraud, die den gesamten Weg vorneweg gegangen war, sah es als Erste.
„Schaut nur, das Karussell mit den Holzpferden! Darauf möchte ich fahren. Mindestens dreimal“, krähte sie. Ludwig, der gleich hinter ihr ging, gab seiner Schwester einen leichten Stoß in die Seite.
„Schaffst du es auch, auf der Schiffsschaukel zu schaukeln?“, fragte er und grinste hämisch. Im Jahr zuvor war Edeltraud erst sechs Jahre alt gewesen. Und da hatte ihr noch die Kraft gefehlt, die schweren Schaukelschiffe in Bewegung zu setzen. Da musste Ludwig sich zu ihr in die Schaukel stellen und als großer Bruder kräftig Schwung holen. Aber dieses Jahr würde Edeltraud es bestimmt alleine schaffen, hoch in die Luft bis zu den Wolken zu schaukeln. Edeltraud ließ sich nicht lange necken, sondern beachtete Ludwigs Gerede gar nicht.
Sie waren mittlerweile mitten auf dem Jahrmarktplatz angekommen. Edeltraud blieb stehen und drehte sich einmal um die eigene Achse. Die vielen Buden. Und die wunderbaren Klänge. Edeltraud sog die Luft ein. Und wie das hier duftete. Nach gebrannten Mandeln. Und nach Bratwurst. Edeltraud schloss die Augen. Sie stellte sich vor, dass es im Himmel wie auf einem großen Jahrmarkt aussehen müsse. Mit freier Fahrt für alle.
Ja, bestimmt war das so.
Edeltraud, Vater, Mutter und Ludwig drehten erst gemeinsam eine Runde um den Rummelplatz, um sich alles genau anzusehen. Am Rande des Getümmels standen einige Verkaufsbuden. Mutter kaufte beim „Billigen Jakob“ Kernseife und Vater ein Paar Schnürsenkel. Dann schlenderten sie weiter. Als sie an der Bude mit den Dosen standen, wollte Edeltraud unbedingt einmal werfen. Für fünf Pfennige bekam sie drei Bälle. Sie stellte sich ganz nah an den Tresen der Holzbude und griff nach einem Ball. Sie holte weit aus und schleuderte ihn nach vorne. Bumm. Daneben! Der Ball war an die Rückwand der Bude gekracht. Die Dosen wackelten dabei kein bisschen. Auch der zweite und dritte Wurf ging daneben.
„Da hast du dein Geld aber schön zum Fenster rausgeschmissen“, lachte ihr Bruder Ludwig. Vater strich Edeltraud tröstend über den Kopf.
Dann kamen sie bei der Schiffsschaukel an. Edeltraud gab die letzten Pfennige ihres Großvaters für eine Runde aus. Sie stieg in das Schaukelschiff. Der kräftige Mann, der ihr das Fahrtgeld abgenommen hatte, gab der Schaukel einen Schubs. Edeltraud spannte die Muskeln. Sie versuchte mit aller Kraft, das schwere Holzschiff in Bewegung zu halten. Neben Edeltraud stand Ludwig in einem anderen Schaukelschiff. Er schwang immer höher und höher. Dabei ging er bei jeder Aufwärtsbewegung in die Hocke und stellte sich beim Schwung nach unten wieder auf. Edeltraud versuchte, ihm das nachzumachen. Aber statt mehr Schwung zu bekommen, wurde ihre Schaukel immer langsamer und kam schließlich von alleine zum Stehen. Enttäuscht stieg Edeltraud aus. Nachdem Ludwig seinen rasanten Flug in der Schaukel beendet hatte, stellte er sich schadenfroh grinsend neben seine Schwester.
„Bist eben doch noch zu klein für so was“, lachte er. Mutter sah Ludwig streng an. Dann gingen sie weiter. Endlich standen sie vor dem wunderbaren Karussell.
Edeltraud bekam beim Anblick der Karussellpferde ein Kribbeln im Bauch. Jetzt wollte sie endlich auf ihre Kosten kommen. Sie griff in ihre Rocktasche. Doch die war leer. Kein einziger Pfennig des Marktgeldes war mehr übrig. Enttäuscht ließ sie ihren Kopf hängen. Ludwig dagegen löste eine Fahrt und stieg auf die runde Plattform. Er schwang sich auf eines der Holzpferde und winkte seiner Schwester zu. Edeltraud funkelte ihren Bruder böse an. Doch dann sah sie, wie Ludwig ganz weiß um die Nase wurde. Schnell stieg er mit zitternden Beinen vom Pferd und stolperte zu seinen Eltern und Edeltraud.
„Mir ist schlecht“, murmelte er.
„Da hast du dir wohl beim Schiffsschaukeln den Magen verdorben“, meinte Mutter.
„Du solltest das Karussellfahren lieber bleiben lassen“, meinte Vater ernst. Edeltraud sah ihre Chance.
„Aber ich könnte doch statt Ludwig die Fahrt fortsetzen“, schlug sie vor.
Erst schüttelte Ludwig den Kopf. Doch dabei wurde ihm nur noch mehr übel. Schließlich zuckte er resigniert mit den Schultern und reichte Edeltraud seinen Fahrschein.
„Juhu!“, jubelte Edeltraud. Sie lief zum Karussell, schwang sich auf das schönste weiße Holzpferd und winkte zufrieden Vater, Mutter und Bruder zu.
So ein Jahrmarkt war wirklich herrlich!
Beim Friseur
Hilde sah auf den Kalender und seufzte. Es war Freitag. An diesem Tag stand wie immer der Gang zum Friseur an. Der musste schon letzte Woche ausfallen. Und vorletzte Woche auch. Denn der „Salon Elke“ hatte zugemacht. Was für eine Schande!
„Immer mehr alte Läden müssen schließen. Und was ist mit uns? Die ältere Generation bleibt auf der Strecke. Wir müssen uns dann mit neumodischem Kram anfreunden“, jammerte Hilde. Dabei betrachtete sie sich im Spiegel, der seitlich von der Küchentür neben dem Kalender hing. Mit Frisiercreme hatte sie die Haare die vergangenen Wochen in Schuss gehalten. Aber jetzt führte kein Weg mehr am Friseur vorbei. Nur an wen sich Hilde da wenden könnte, wusste sie beim besten Willen nicht.