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Dieses E-Book entspricht 288 Taschenbuchseiten ... Nachdem sie ihren langjährigen Freund in flagranti erwischt hat, flieht Kiara nach Japan. Dort möchte sie sich erholen, neue Eindrücke sammeln und Spaß haben, allerdings ohne Männer. Ihre Freundin Megumi weiht sie in die Kunst der lesbischen Liebe ein, was in Kiara neue, unbekannte Empfindungen weckt. Diese erreichen ihren Höhepunkt, als sie Shou begegnet und Zeugin einer Bondage-Show wird. Der Host ist gern bereit, ihrer Faszination nachzugeben und Kiara zu unterrichten. Wilde Nächte der Unterwerfung, aber auch der Leidenschaft folgen. Das alles ist dem gefährlichen Yakuza-Boss Tora ein Dorn im Auge. Nicht nur, dass er die Liebe verabscheut – in seinen Augen gehört die blonde Deutsche ihm und nur er darf sie beherrschen und besitzen … Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 390
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Impressum:
Im Bann der Yakuza | Erotischer SM-Roman
von Angelique Corse
Schon von Kindesbeinen an galt Angeliques größte Leidenschaft dem Schreiben. 2015 begann sie, unter verschiedenen Pseudonymen vielseitige Werke zu veröffentlichen. Mit „Sünde in Schwarz“ legt sie ihr Debüt im Erotik-Genre vor.Was für sie den Reiz an SM-Erotika ausmacht? „Der Kontrollverlust und die absolute Hingabe. Außerdem das Verruchte, Verbotene.“
Lektorat: A. K. Frank
Originalausgabe
© 2020 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © Guryanov Andrey @ shutterstock.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783966417235
www.blue-panther-books.de
Prolog
Es war später Abend. Die Zeit, wo er man aktivsten war. Ähnlich wie das Tier, das ihm seinen Namen gegeben hatte.
»Schlaf wird überbewertet«, so lautete sein Mantra, das er nun schon über einige Jahre bei sich trug und streng befolgte.
Fünf Stunden davon waren bereits das Höchste der Gefühle, was in seinem Umfeld zuweilen ein entrüstetes Kopfschütteln auslöste. Aber das hielt ihn nicht davon ab, weiterhin im Dunkeln aktiv zu sein. Denn jeder Mensch musste seiner Bestimmung folgen.
Lautlos ging er ein paar Schritte die Straße entlang. Heute war es für japanische Verhältnisse relativ ruhig, was ihm nur recht sein konnte. Und die Menschen, die ihn mehr als eine Zehntelsekunde wahrnahmen, schauten sofort wieder weg, wenn sie die gut sichtbare Tätowierung an seinem Hals erblickten. Ein zweideutiges Lächeln huschte über die schmalen Lippen. Sein Familienerbe war Segen und Fluch zugleich, wenn man es geschickt einzusetzen wusste.
Der junge Mann schaute sich um. Seinen tiefen schwarzen Augen mit Gelbschimmer entging nichts, und die feinen Ohren vernahmen jedes Geräusch. Sehr nützliche Gaben, die ihm schon einige Male das Leben gerettet hatten. Doch heute suchte er nicht nach Feinden, sondern nach etwas anderem. Etwas, von dem er nicht gedacht hätte, das es noch einmal in sein Leben treten würde.
Er leckte sich über die Lippen und ein plötzlicher Schweißausbruch zwang ihn, die oberen Knöpfe seines Hemdes zu öffnen. Wo war SIE? Ihr verlockendes Antlitz erhob sich vor seinem geistigen Auge. Er hatte genau beobachtet, wie sie sich in diesem Viertel bewegte und das war kaum mehr als eine Viertelstunde her. Die Vorstellung, dass sie ihm entwischt sein könnte, ließ eine Woge aus Ärger und Frust in ihm aufsteigen.
Da! Er richtete den Kopf nach vorne und konzentrierte sich erneut. Sie saß mit ihrer besten Freundin in einem einfachen, aber gemütlichen Restaurant und diskutierte über alles Mögliche. Beim Reden wurde sie niemals laut, sondern unterstrich ihre Worte lieber mit entsprechenden Gesten. Was sie in seinen Augen noch anziehender wirken ließ. Unwillkürlich schlug sein Herz einige Takte schneller und er bedauerte, nicht noch näher herangehen zu können. So konnte er zwar jede Bewegung verfolgen, jedoch nicht verstehen, worüber sie sprachen. Aber alles andere wäre zu auffällig gewesen.
Wunderschön sah sie aus. Für den Bruchteil einer Sekunde stockte sein Atem. Die blonden Haare flossen über ihre Schultern und das mintgrüne, ärmellose Kleid brachte ihre Figur ausgezeichnet zur Geltung. Ein beigefarbener Gürtel betonte zusätzlich ihre schmale Taille. Hatte diese Frau eine Ahnung, wie sexy sie war? Er zweifelte daran. Denn soweit seine Spione ihm berichtet hatten, war sie aufgrund eines gebrochenen Herzens nach Japan gekommen und hatte mit Männern vorerst abgeschlossen. Jene Tatsache hatte ihm einen leichten Schlag in die Magengrube versetzt, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Allerdings hatte er vor einigen Tagen erfahren, dass das Blatt sich zu wenden begann. Einer seiner Hosts war daran schuld. Etwas, was ihn nicht unbedingt verwunderte, jedoch sehr verärgerte. Zumal er erfahren hatte, dass sie nach und nach ihre Leidenschaft für das japanische Bondage, genannt Shibari entwickelt.
Ein merkwürdiges Gefühl, dass er nicht klar benennen konnte, durchströmte sein Inneres und er verfluchte sich, sein Fernglas nicht dabei zu haben. Wie weit war sie bereits gegangen? Hatten ihr Körper und ihre Seele bereits die Wonnen des lustvollen Schmerzes kennengelernt? Allein der Gedanke ließ seinen Atem schwerer werden und er versuchte vergeblich, Spuren an ihren freiliegenden Armen oder auch Schultern zu erkennen. Leider ohne Erfolg.
Seine Hand ballte sich zur Faust. Nur er würde sie unterwerfen und zu seiner Sklavin machen! Er allein und niemand sonst!
Kapitel 1
Kiara seufzte. Obwohl sie schon über zehn Stunden in der Luft waren, hatten ihre Ohren sich noch immer nicht an die Veränderung des Luftdrucks gewöhnt. Das Resultat war ein deutlich spürbarer, schmerzhafter Druck. Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Im Vorfeld hatte die junge Frau einiges über dieses Problem gelesen, sich mit unterschiedlichen Arten zur Linderung vertraut gemacht und jetzt halfen sie nicht. Kein Wunder.
Schließlich hatte Kiara jene Hinweise studiert, um sie »irgendwann einmal« bei einer Flugreise anwenden zu können. Dass dieses Irgendwann innerhalb von weniger als vierundzwanzig Stunden sein sollte, konnte sie zu dem Zeitpunkt nicht wissen und sogar jetzt, in diesem komfortablen Flugzeug, erschien diese Tatsache noch immer surreal. Ohne es zu merken, presste die junge Frau sich tiefer in ihren Sitz hinein. Trotz des nicht gerade preiswerten Tickets war der Platz viel zu eng für ihren Geschmack. Am liebsten wäre Kiara aufgestanden und ein bisschen gegangen, aber der enge Gang schien wenig verlockend. Auch weil einige Passagiere sich, entgegen der Vorschrift, lange dort aufhielten, anstatt sofort ihre Plätze einzunehmen. .
Gedankenverloren strich sie ihre blonden Haare zur Seite schaute aus dem Fenster. Das undurchdringliche Wolkenmeer verströmte eine unbeschreibliche Ruhe und schaffte es, ihren inneren Aufruhr ein wenig zu beruhigen. Langsam drang die Erkenntnis an die Oberfläche, dass die Beziehung zu Markus Geschichte war. Endgültig. Schamlos hatte er sie betrogen, hintergangen und das in jenem Bett, das sie selbst über fünf Jahre miteinander geteilt hatten.
Ihre Gefühle in diesem Augenblick konnte Kiara noch immer nicht beschreiben. Irgendetwas zwischen Lähmung und regelrechtem Hass. Manchmal träumte sie nachts davon.
Freudestrahlend war sie in die Wohnung getreten. Ihr Chef hatte den lang gewünschten Urlaub, zu Kiaras Verwunderung, doch noch genehmigt und hatte sie sogar einige Überstunden abbummeln lassen. Das war höchste Zeit gewesen, denn im letzten halben Jahr war nicht nur ihre Beziehung, sondern das ganze Leben außerhalb der Firma zu kurz gekommen. Arbeiten bis zweiundzwanzig Uhr abends, am Wochenende und ausgefallene Mittagspausen hatten ihren Alltag bestimmt, doch damit war erst mal Schluss. Kiara hatte die Zeit genutzt, um sich in einem exklusiven Geschäft neue Dessous zu kaufen und anschließend den Friseur aufzusuchen. Markus würde sich freuen, sie so zu sehen. Dessen war Kiara sich gewiss.
Aber kaum das ihr Fuß die Schwelle übertreten hatte, beschlich sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Markus war alles andere als ein ruhiger Typ und dafür war es in der Wohnung eindeutig zu still. An seinen, in den letzten Monaten, aufgekommenen Ordnungsdrang hatte Kiara sich mittlerweile gewöhnt, obwohl sie dafür keine Erklärung hatte. Manche Dinge passierten einfach, auch ohne Grund. Zumindest redete sie sich das ein.
Trotzdem war es merkwürdig. Kiara blieb stehen und ging im Kopf den Terminplan ihres Freundes durch. Aufgrund der strikten Haushaltsplanung wusste der eine oft sehr genau, wo der andere sich gerade aufhielt. Spontane Unternehmungen, ob allein oder zu zweit, gestalteten sich als schwierig. Doch aufgrund ihrer beiden zeitaufreibenden Jobs musste sie Kompromisse eingehen.
»Eigentlich müsste Markus zu Hause sein«, überlegte Kiara und beschloss, durch die Zimmer zu gehen.
Vielleicht war er vor dem Fernseher eingeschlafen oder hatte sich ins Bett gelegt? Bei seiner Schichtarbeit im Krankenhaus nichts Ungewöhnliches. Überrascht stellte Kiara wenig später fest, dass das Wohnzimmer leer und der Fernseher unbenutzt war. Ebenso verhielt es sich mit dem Hobbyzimmer. Sonderbar.
Auf Zehenspitzen näherte Kiara sich dem gemeinsamen Schlafzimmer und ihr Herz zog sich bei jedem Schritt mehr und mehr zusammen. Als könnte es ahnen, was sie dort vorfinden würde. Das, was sie sich nicht hatte eingestehen wollen, obwohl die Zeichen klar vorhanden gewesen waren.
Mit einem festen Griff öffnete Kiara die Schlafzimmertür und was sie dort sah, ließ das Blut in ihren Adern gefrieren. Ihr geliebter Markus, den sie seit einer gefühlten Ewigkeit kannte und mit dem sie einen großen Teil ihres Lebens verbracht hatte, lag dort Haut an Haut mit einer anderen Frau. In IHREN Laken.
Entgegen seiner sonstigen Neigung lag er dabei auf dem Rücken und hatte alle viere von sich gestreckt. Die Frau, mit ihren kurz geschnittenen schwarzblauen Haaren und großen Brüsten, ganz das Gegenteil von Kiara, saß auf seinen Hüften und genehmigte sich einen wilden Ritt. Ohne Gnade traktierte sie seine Hüften, sodass Markus sichtlich Mühe hatte, ihrem Tempo zu folgen. Dies schien ihn jedoch nicht zu stören. Im Gegenteil. Sein Oberkörper war deutlich verschwitzt, die kinnlangen, dunkelblonden Haare klebten an seinen Wangen und auch sein Keuchen offenbarte den Genuss.
Wann immer seine Kraft es zuließ, bäumte er sich auf und küsste hingebungsvoll die auf und ab wippenden Brüste seiner Geliebten. Etwas, was er bei Kiara höchstens zu Beginn ihres Liebesspiels getan hatte. Kiara zog hörbar die Luft ein. Sie wollte schreien, fluchen, die beiden zur Rede stellen, doch kein Ton kam über ihre Lippen.
Erst nach einer, aus Kiaras Sicht, viel zu langen Zeit bemerkten Markus und seine Liebhaberin ihre Gegenwart. Geschockt fuhren sie auseinander. Sie versuchte noch schamhaft, ihre Blöße zu bedecken, obwohl es dafür längst zu spät war. Markus hingegen starrte seine Freundin zunächst nur mit offenem Mund an und stammelte irgendwelche Ausreden, von der eine unglaubhafter war als die andere. Das löste Kiara aus ihrer Erstarrung, doch anstatt wie eine Furie auf ihren Noch-Freund loszugehen, musterte sie ihn kalt lächelnd.
»Ich packe jetzt meine Koffer und gehe irgendwohin, wo du mich nicht finden kannst. Wenn ich in zwei Wochen zurückkomme, bist du verschwunden. Wenn nicht, hetze ich dir sämtliche Anwälte dieses Landes auf den Hals. Und du weißt«, in Kiaras Tonfall lag deutlicher Spott. »Das ich haushoch gewinnen würde, denn ich weiß nicht, was er dir erzählt hat.«Sie wandte sich mit mitleidigem Blick an die Frau, die sich ängstlich unter der Decke verkrochen hatte. »Aber trotz seines zweifelsohne lukrativen Jobs, stehe ich allein im Mietvertrag. Und ich werde dir auch sagen, warum. Weil der liebe Herr Doktor trotz seiner fünfunddreißig Jahre zu unselbstständig ist, sich eine eigene Wohnung zu suchen.«
Mit diesen Worten drehte Kiara sich um und verließ zuerst das Zimmer, um in ihren eigenen vier Wänden zunächst ein paar Sachen zu packen. Die Tür schloss sie dabei vorsichtshalber ab. Es war unmöglich, abzusehen, wie Markus reagieren würde. Zumal aus dem Schlafzimmer ein lautstarker Streit und das Bersten fliegender Gegenstände zu hören war.
Ihren Ex-Freund als schlechten Menschen zu bezeichnen lag Kiara fern. Doch Markus neigte leider dazu, Frauen, die er mochte oder begehrte, falsche oder verdrehte Tatsachen vorzuspielen. Das hatte er auch bei ihr getan. Im Nachhinein hatte Kiara es ihm verziehen, auch weil es sich dabei um Kleinigkeiten wie die Finanzierung seines Autos gehandelt hatte. Doch offensichtlich waren nicht alle Frauen so großzügig. Ihr Lächeln wurde breiter. Das geschah ihm ganz recht!
Mit einer großen Reisetasche unter dem Arm ging sie zur Haustür. Zu ihrer Überraschung war es wieder still. Markus Geliebte hatte wohl zornentbrannt ebenfalls die Wohnung verlassen und er selbst kauerte wahrscheinlich auf dem Bett und haderte stumm über dem Scherbenhaufen seines Lebens. Eigene Schuld. Da kannte Kiara kein Mitleid. Sie ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Ihr altes Leben war vorbei.
Um einen klaren Kopf zu bekommen, hatte sie sich für eine Nacht im Hotel eingemietet. Bei einem guten Essen und Rotwein überlegte Kiara, wohin sie nun gehen sollte. Zwei Wochen. So viel hatte sie Markus angedroht und war fest entschlossen, es auch durchzuziehen. Auf diese Art und Weise konnte sie am besten auf andere Gedanken kommen, denn obwohl die große Verzweiflung mit Tränenflut bisher ausgeblieben war, zweifelte Kiara nicht eine Sekunde daran, dass diese noch kommen würden.
Kein Wunder.Schließlich hatte ihre Beziehung zu Markus fünf Jahre lang angehalten und gekannt hatten sie sich seit dem Sandkasten. Ohne es zu wollen, zitterte Kiara. Jene tausend Fragen, die sie bisher erfolgreich zurückgehalten hatte, wirbelten nunmehr durch ihre Gedanken.
Warum um alles in der Welt hatte Markus sie betrogen? Wer war die Schlampe überhaupt? Kiara konnte sich nicht erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben. Wo hatte Markus sie kennengelernt? Und, wie lange lief das schon zwischen den beiden? Akribisch ließ Kiara verschiedene Alltagssituation Revue passieren, fand aber dennoch kein eindeutiges Anzeichen.
Natürlich. Markus hatte im Laufe ihrer Beziehung Veränderungen durchgemacht, aber das Gleiche traf auch auf sie, Kiara, zu. Menschen wandelten sich mit der Zeit, besonders, wenn man schon lange zusammen war. Darin sofort ein Zeichen für einen möglichen Betrug zu sehen, lag ihr fern. Oder vielleicht hätte sie genau das tun sollen? Kiara fuhr durch ihre Haare.
Nicht wenige ihrer Freundin hätten in der aktuellen Situation zu einer neuen Frisur geraten. Als Symbol des Abschlusses, wie sie sagten. Aber Kiara brachte es nicht übers Herzen, sich von ihrer geliebten Mähne zu trennen. Außerdem, was würde das ändern? Ein neuer Haarschnitt linderte den Schmerz auch nicht schneller. Dazu bräuchte es schon etwas anderes. Zum Beispiel eine Reise in ein weit entferntes Land.
Jener Gedanke hatte sie nicht losgelassen und somit fasste Kiara um ein Uhr morgens einen Entschluss. Der Laptop wurde aufgeklappt und nach einiger Suche hatte sie die Kontaktdaten ihrer Freundin Megumi gefunden. In ihrer Jugendzeit waren die beiden Frauen unzertrennlich gewesen, hatten viel Unsinn gemacht und das eine oder andere Abenteuer miteinander geteilt. Doch dann musste die Freundin aus familiären Gründen nach Japan zurückkehren. An den genauen Tag des Abschieds konnte Kiara sich kaum erinnern. Nur, das damals viele Tränen geflossen waren, zumal der Kontakt seitdem ungleich schwieriger war.
Kiara nagte an ihrer Lippe. Hoffentlich war Megumi mit ihrem Besuch überhaupt einverstanden. Wenn nicht, so musste sie sich etwas anderes einfallen lassen. Selbst der Tapetenwechsel reichte nicht aus, um Markus zu vergessen.
Zum Glück war Kiaras Angst absolut unbegründet. Im Gegenteil, als sie Megumi von dem Betrug ihres Ex-Freundes erzählte, ließ diese eine Reihe vulgärer Beschimpfung auf Markus niederprasseln. Unabhängig davon, ob dieser sie hören konnte oder nicht.
»Dieses miese Schwein«, schrie die junge Japanerin und Kiara konnte sich ihren Gesichtsausdruck lebhaft vorstellen. »Das ist ein schwanzgesteuerter Idiot, der dich nicht verdient hat.«
Unwillkürlich musste Kiara grinsen. Trotz all den Jahren und der Entfernung war Megumi eine treue Seele geblieben. Außerdem lud diese sie ohne Zögern zu sich ein, in der festen Überzeugung, dass Japan sie auf andere Gedanken bringen würde. Optimistisch hatte Kiara sich über die Rezeption ein Hotel in Tokyo buchen lassen und sich bemüht, ihre Gedanken auf die Reise zu konzentrieren. Trotzdem mischte der Gedanke an Markus sich immer wieder dazwischen, zumal er mehrfach versucht hatte, sie auf dem Handy zu erreichen. Aber Kiara verspürte wenig Lust, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Zu einen, weil der Schmerz noch groß war, außerdem würde sowieso nur halbherzige Ausreden oder Entschuldigungen kommen. So wie bei allen Männern, die ihre Frauen betrogen. Aber Kiara wollte nichts davon hören. Für sie gab es kein Zurück.
»Ist alles in Ordnung, Miss?« Eine angenehme Stimme unterbrach ihre Gedanken und ließ sie zusammenzucken.
»Warum, warum fragen Sie?« Innerlich gab Kiara sich eine Ohrfeige. In ihrer Situation klang eine solche Gegenfrage naiv und unhöflich.
Das unsichere Lächeln ihres Gegenübers verschlimmerte den Eindruck noch. »Sie weinen.«
»Was?«, infolge ihres lauteren Tonfalls drehen einige Passagiere sich nach ihr um, was sie rot anlaufen ließ.
Reflexartig strich sie mit den Fingerspitzen über die Wangen. Tatsächlich, sie waren feucht. Unsicher schaute Kiara ihren Sitznachbarn an. Auf den ersten Blick konnte sie erkennen, dass er Japaner war. Zartgebräunte Haut, weiche Gesichtszüge. Schulterlange schwarze Haare und die typischen Mandelaugen. Sofort spürte sie, wie ihre Wangen heiß wurden, und schaute weg. So viel dazu. Noch vor einigen Stunden hatte sie sich geschworen, vorerst keine Männer mehr in ihre Gefühlswelt zu lassen. Und nun ließ schon das erste Exemplar sie erröten.
Wobei sie hatte ihn in keiner Weise zum Sex aufgefordert, oder? Nicht einmal einen Kuss hatte es zwischen ihnen gegeben. Und träumen durfte man ja wohl noch, nicht wahr? Jene Erkenntnis sorgte dafür, dass Kiaras Herzschlag sich ein wenig beruhigte. Trotzdem rannen winzige Schweißperlen ihren Oberkörper hinab und verfingen sich in ihrer weißen Seidenbluse. Hoffentlich bemerkte es niemand.
Unauffällig blickte die junge Frau zu ihrem Sitznachbarn, der, die Beine übereinandergeschlagen, sich in eine Zeitung vertieft hatte. Sein Aussehen entsprang dem eines typisch japanischen Geschäftsmannes, der gerade von einer Reise zurückkehrte. Und trotzdem verfügte er zweifelsohne über das gewisse Etwas, wobei sie nicht sagen konnte, ob dies seinen, für asiatische Verhältnisse, ungewöhnlich langen Haaren, geschuldet war. Seine Augen zogen ebenfalls ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie waren klein und trotzdem stechend. Als würde ein verborgenes Feuer in ihnen lodern.
Vermutlich warten seine Frau und ein Haufen Kinder auf ihn, überlegte Kiara sarkastisch und machte eine unauffällige Kopfbewegung.
Doch selbst jener Gedanke dämpfte die Hitze ihres Körpers nicht. Im Gegenteil. Wie von selbst wurde ihre Vermutung bis an den Rand ihres Gehirns verdrängt, und ließ eine Woge der Lust aus dem Schatten hervortreten. Kiara erstarrte. Was um alles in der Welt war mit ihr los? Hatte Markus Betrug sie derart mitgenommen, dass schon allein der Anblick eines gut aussehenden Mannes sie feucht werden ließ? Heimlich rieb Kiara ihre Oberschenkel gegeneinander, sofern dies in der Enge möglich war. Tatsächlich. Kaum zu glauben. Jene kurze Bewegung hatte ausgereicht, dass ein Film aus Lustsaft die Innenseite ihrer Schenkel befleckte. Gleichzeitig richteten ihre Brustwarzen sich Stück für Stück auf, was unter der Bluse sowie der hauchdünnen Unterwäsche deutlich zu sehen war.
Kiara fluchte innerlich. Sie musste etwas unternehmen. Wenn jemand sie in diesem Zustand sah, würde es die größte Blamage ihres Lebens werden und das, bevor sie ihr Zielland überhaupt erreicht hatte. Sie stand auf, murmelte eine hektische Entschuldigung und bahnte sich ihren Weg in Richtung der Toiletten. Das Raunen der anderen Passagiere sowie den stechenden Blick ihres Sitznachbarn ignorierte Kiara so gut es ging.
In der Toilette angekommen atmete sie erleichtert aus. Zwar mochte Kiara für gewöhnlich keine engen Räume, schon gar nicht im Sanitärbereich. Aber heute schien ihr selbst das willkommener als die emotionale Erdrückung durch ihren Sitznachbarn. Erschöpft ließ sie sich auf den Toilettendeckel sinken und strich ihre Haare zur Seite. Erleichtert stellte Kiara fest, dass die Blutzirkulation ihres Herzens sich wieder normalisierte. Gott sei Dank. Sie hatte schon befürchtet, im übertragenen Sinne, einen Infarkt zu bekommen.
Gegen ihr Klamottenproblem gab es augenscheinlich keine Lösung. Der an sich angenehme Stoff klebte noch immer viel zu fest auf ihrer Haut. Von den Schweißflecken ganz zu schweigen. Sich hier auf der Toilette zu waschen war keine realistische Option. Missmutig bedeckte Kiara ihr Gesicht mit den Händen. Was war nur in sie gefahren? Nur, weil sie neben einem gut aussehenden Mann saß, spielte ihr Körper vollkommen verrückt. Das erwartungsvolle Pulsieren ihrer Vagina hatte, im Gegensatz zu ihrem Herzen, nicht nachgelassen. Sondern eher das Gegenteil.
Mit einem Seufzer zwischen Lust und Resignation prüfte Kiara, ob die Tür abgeschlossen war. Zum Glück. Wenigstens daran hatte sie gedacht. Schicksalsergeben zog die junge Frau ihre Bluse aus, ließ sie auf den Boden fallen und betrachtete sich einige Sekunden lang im Spiegel. Der vornehme Spitzen-BH konnte sich wirklich sehen lassen. Obwohl ihr Busen nicht allzu üppig war, so wusste sie trotzdem, ihn in Szene zu setzen. Außerdem schmeichelte der leichte Stoff ihrer schmalen Statur.
Zum ersten Mal seit der Trennung von Markus lächelte Kiara. Immerhin hatte sie es geschafft, sich nicht gehen zu lassen. Was bestimmt nicht viele Frauen von sich behaupten konnten. Und der Fremde hatte ihr Äußeres schließlich auch anziehend gefunden, sagte sie sich und begann sich, so aufreizend wie möglich zu bewegen.
Mit einer Hand stützte sie sich an der Wand ab, während die andere langsam ihren knielangen, schwarzen Rock hochschob. Zum Glück hatte Kiara auf eine Strumpfhose verzichtet und stattdessen halterlose, schwarze Strümpfe angezogen. Mit sichtlicher Ungeduld strich sie die Innenseiten ihrer Schenkel entlang, während die andere Hand ihre Brüste aus dem Körbchen befreite. Frech sprangen sie heraus, die kleinen rosigen Warzen sich bereits aufgestellt. Flüchtig strich Kiara mit ihrem Finger über die noch verhüllte Scham. Die Nässe war kurz davor, ihren Baumwollslip zu durchtränken.
Doch sie zwang sich, geduldig zu sein, und setzte sich erneut auf den Toilettendeckel. Ihre Beine hoben und spreizten sich elegant. Kiara stieß einen genießerischen Seufzer aus, als sie sich zurücklehnte und die kalte Wand gegen ihren Rücken drückte. Wie in Trance spielte sie mit ihren Brüsten, kniff in die Vorhöfe oder zog an ihnen, bis es schmerzte. Ihre Fantasie brach sich ihren Weg.
»Was ist das denn für ein ungebührliches Verhalten auf der Flugzeug-Toilette?«, eine amüsierte Stimme holte sie in die Wirklichkeit.
Kiara zuckte zusammen und versuchte, ihre Blöße so gut es ging zu bedecken, was jedoch kaum noch Sinn machte. Wie war das möglich? Sie hatte die Tür doch abgeschlossen, oder nicht? Wie um alles in der Welt hatte er es geschafft, hier hereinzukommen? Ein Schauer legte sich über ihren Körper. Seine Stimme, der eindringliche Blick, alles schien ihr jetzt noch viel intensiver als im Passagierraum. Als hätte sich ein Schleier vor ihren Augen gelüftet.
»Du brauchst dich nicht zu schämen. Erstens habe ich gerade sowieso schon alles gesehen und außerdem«, er leckte sich verführerisch über die Lippen, »gefällt mir der Anblick durchaus.«
Kiaras Schauer verwandelte sich in Hitze. Sie gefiel ihm? Ernsthaft? Sie selbst hielt sich nicht für hässlich, aber ein solcher Mann spielte in einer ganz anderen Liga. Trotzdem wehrte sie sich nicht, als er ihren Rock erneut nach oben schob und mit nahezu der gleichen Bewegung ihren Slip entfernte. Im Gegenteil, ihre Scham zitterte kaum merklich und auch die Feuchtigkeit wurde mehr.
»Wunderschön«, murmelte der Fremde in jenem dunklen Timbre, das Kiara von Anfang an fasziniert hatte.
Ungeniert verschwand er mit dem Kopf zwischen ihren Beinen und ließ seine Zunge über das empfindliche Fleisch gleiten. Kiara stöhnte und rieb sich an der Wand. Solches Geschick hatte sie nicht erwartet. Obwohl ihr Sexualleben stets erfüllt gewesen war, lag sein Tun weit über dem Durchschnitt. Ihre Schenkel begannen zu zucken und die Klitoris pulsierte leicht, was dem Fremden nicht entging.
»Na, was haben wir denn hier?«, fragte er gespielt unschuldig und drückte seinen Finger eine Zehntelsekunde lang auf das sensible Zentrum. »Da hat wohl jemand Lust, wie es scheint.«
Anstatt weiterzumachen, hob er den Kopf und starrte sie herausfordernd an. Kiara öffnete den Mund, um zu protestieren, schloss ihn jedoch sofort wieder. Diesem Mann widersprach man nicht, sonst würde die Strafe auf dem Fuße folgen. Sie nickte zögernd, während eine flammende Röte in ihre Wangen kroch.
»Ich spüre es« Sein Blick streifte ihre Brüste, verharrte dort, bevor die Hand sie zu kneten anfing. »Deine Warzen sind hart wie Stein.«
Wie ein kleines Kind spielte der Fremde mit ihnen und kam nach einigen Minuten höher, um seinen Mund ins Spiel zu bringen. Sein Saugen war so gierig, dass Kiara sich aufbäumte. Ihr Lustzentrum kribbelte und sie unterdrückte den Impuls, sich zu streicheln. Das hätte der Fremde nicht witzig gefunden.
»Das könntest du machen«, erwiderte er, als könne er ihre Gedanken lesen. »Aber nur Zuschauen möchte ich nicht.«
Energisch und ohne sein Tun zu unterbrechen, drückte er zwei Finger auf ihre Klit und ein wilder Kuss erstickte Kiaras Aufschrei. Was tat er mit ihr? Sollte das eine Vergewaltigung werden? Nein. Dafür war er viel zu behutsam und langsam vorgegangen. Oder stand der Typ auf härtere Spiele? Eine Mischung aus Furcht und Neugierde stieg in ihr auf.
»Na, das hat dir gefallen, nicht wahr?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, verschwanden seine Finger in ihr, bewegten und drehten sich dort.
Kiara biss sich auf die Lippe, um nicht zu laut zu werden. Das, was der Fremde mit ihr machte, war neu, angsteinflößend und dennoch gefiel es ihr. Heimlich hatte sie sich oft ausgemalt, wie es wäre, mal etwas Härteres als Blümchensex zu probieren. Doch Markus hatte alle Annäherungsversuche in dieser Richtung strikt abgelehnt und sein Gesichtsausdruck hatte leise »pervers« geflüstert. Deswegen ließ Kiara das Thema schnell wieder fallen, obwohl die Sehnsucht blieb. Leider war sie zu treu gewesen, um sich ihre Erfüllung anderweitig zu suchen. Ein Fehler, wie sich jetzt herausstellte. Erneut spürte sie die fremden Lippen auf ihren. Sie waren rau, fordernd und trotzdem angenehm.
»Möchtest du, dass ich dich ficke?«, hauchte er in ihr Ohr und seine Finger griffen in ihren Nacken.
Kiara nickte zögernd. Aber das reichte ihrem Gegenüber nicht. Er hob nur fragend die Augenbrauen.
»Dein Schweigen verstehe ich nicht. Du musst schon aussprechen, was du willst. Sonst lasse ich dich unbefriedigt hier liegen.«
Diese Drohung wirkte. Regelrecht panisch schüttelte Kiara den Kopf. Alles, nur das nicht. Bis die Wellen ihrer Lust zur Ruhe kamen, würde es mindestens eine halbe Stunde dauern und solange konnte sie hier nicht bleiben.
»Bitte fick mich.« Sie gab sich Mühe, die Worte so selbstsicher wie möglich klingen zu lassen, während das Blut in ihren Ohren rauschte.
Zum Glück war der Unbekannte zufrieden und schneller, als Kiara schauen konnte, entledigte er sich seiner Kleidung. Ihr stockte der Atem. Der ursprünglichen Erwartung zum Trotz war die Haut zwar recht hell, sein Oberkörper jedoch von Muskeln gezeichnet. Sport war ihm nicht fremd. Aber das Besondere an ihm war sein Blick, der alle, auch Frauen, dessen war Kiara sich gewiss, in seinen Bann zogen.
Ein letztes Mal küsste er sich ihren Oberkörper hinab, bevor er grob in sie eindrang. Kiara konnte nicht anders, als sich aufzubäumen und sich in seinen Schultern festzukrallen. Was ihn dazu brachte, das Tempo noch weiter zu steigern. Auch sein Stöhnen wurde immer tiefer und war Musik in ihren Ohren. Sie spürte ganz deutlich, wie sein Saft in sie schoss und er durch weitere Stöße noch weiter pumpte. Kiara erreichte ebenfalls den Höhepunkt.
Langsam verschwand das Traumbild und gab ihr die Chance, Luft zu holen. Zahlreiche Schweißperlen liefen über Stirn und Schläfen, verfingen sich in ihren Haaren. Langsam stand Kiara auf, obwohl ihre Beine merklich wackelten.
Nicht hinfallen, befahl Kiara sich selbst und wusch automatisch ihr Gesicht.
Das kalte Wasser entspannte ihre Sinne, dämpfte jedoch nicht ihre Scham. Was war in sie gefahren, dass ihr Kopfkino dermaßen verrücktspielte? Solche Fantasien begleiteten sie zwar häufiger, aber ausgerechnet hier? Im Flugzeug? Kiara rief sich zur Ordnung. Offensichtlich war das kleine Intermezzo unbemerkt geblieben. Zum Glück. Mechanisch trocknete sie ihren Oberkörper ab, ordnete ihre Kleidung und richtete ihre Frisur. Auf Make-up hatte Kiara wegen der hohen Temperaturen schon im Vorfeld verzichtet.
Als sie in den Passagierraum zurückkehrte, schlug ihr Herz bis zum Hals. Wie sollte sie reagieren, wenn der Fremde noch immer auf seinem Platz saß? Würde ihre Fantasien schweigen? Ein Seufzer der Erleichterung glitt über ihren Lippen. Sein Platz war leer. Wohin der Unbekannte verschwunden war, wusste Kiara nicht. Und es interessierte sie auch nicht, zumindest redete sie sich das ein.
Kapitel 2
»Verflucht«, zischte Kiara und ihre Finger krallten sich regelrecht in die Armlehnen.
Obwohl das Flugzeug seine Geschwindigkeit merklich drosselte, war der Abfall deutlich zu spüren. Besonders in der Magengegend. Zwar konnte sie nicht von sich behaupten, unter Flugangst zu leiden. Natürlich nicht. Aber Start und Landung waren jedes Mal ein wenig unangenehm. Kiara presste die Lippen aufeinander. Nur keinen Laut von sich geben. Jenes hatte sie heute schon ausreichend getan. Der Gedanke an ihre heimliche Episode auf der Toilette sorgte noch immer dafür, dass ihre Wangen hochrot anliefen. Dabei hatte sie sich eigentlich entschlossen, es so gut wie möglich zu vergessen. Zu ihrer Erleichterung war ihr Sitznachbar während des gesamten Fluges nicht an seinen Platz zurückgekehrt. Gott sei Dank. Es wäre unmöglich gewesen, ihn anzuschauen, zumindest nicht, ohne wie Espenlaub zu zittern. Zwar ertappte Kiara sich ein-, zweimal dabei, dass sie über seinen Verbleib nachdachte, denn schließlich gab es im Flugzeug nicht viele Möglichkeiten zu verschwinden, hatte den Gedanken jedoch zur Seite geschoben. Auch war sie fest entschlossen, Megumi nichts davon zu erzählen. Ihre Freundin würde sonst nur liebevoll spotten.
Endlich landete die Maschine und Kiara erhob sich leicht schwankend von ihrem Platz. Sie reiste gerne und viel, aber an sechszehn Stunden Flug am Stück würde sie sich nie gewöhnen. Zu ihrem Verdruss schauten ihre Augen sich wie von selbst nach dem Fremden um, ohne ihn jedoch zu entdecken. Genervt schob Kiara einige Haarsträhnen zur Seite. Hoffentlich würde der Aufenthalt in Japan sie von unsinnigen Träumereien befreien. Denn jene machten nur Ärger.
Am Gate angekommen normalisierte Kiaras Gang sich allmählich und sie schaute sich um. Wie erwartet strömten ihr Tausende von Menschen entgegen und der Geräuschpegel war dementsprechend hoch. An den Wänden wurden durch übergroße Monitore verschiedene Nachrichten von Tagesthemen, Börsen- und Katastrophen eingeblendet. Im Gegensatz zu Europa gab es nur wenige Rückzugsorte, lediglich einige Drugstores. Kiara überlegte. Zu ihrem Ärger hatte sie es versäumt, mit Megumi einen festen Treffpunkt auszumachen. Und in diesen Menschenmassen eine einzelne Person ausfindig zu machen, war unmöglich. Ihre feuchten Hände zogen das Mobiltelefon hervor, wählten Megumis Nummer. Beim Gedanken an ihre Rechnung wurde es Kiara heiß und kalt. Zumal sie noch kein japanisches Handy besaß. Aber momentan ging es einfach nicht anders. Am anderen Ende der Leitung klingelte es.
»Hallo?«, drang Megumis angenehme Stimme durch den Hörer und Kiara konnte einen erleichterten Seufzer nicht unterdrücken.
»Kiara hier. Wo bist du?«, ihre Finger umklammerten das winzige Gerät.
»Bist du schon angekommen?« Ihre Freundin klang etwas überrascht, behielt jedoch ihre Gelassenheit.
»Ja, wieso? Hatten wir Verspätung?« Kiara fluchte innerlich.
Hatte ihr kleines Intermezzo sie dermaßen abgelenkt, das ihr sogar eine Verspätung entgangen war? Solche Dinge sollte man in einem Land wie Japan lieber im Kopf haben.
»Nein«, jetzt lachte Megumi. »Im Gegenteil, du bist sogar ein wenig zu früh. Deswegen bin ich auch noch nicht da. Was hältst du davon, wenn wir uns vor dem Flughafengebäude treffen? Dort sind die Menschenmassen wenigstens einigermaßen überschaubar.«
»Einverstanden.« Kiara legte auf und machte sich daran, sich ihren Weg durch die Menschenmassen zu bahnen.
An diesen Aspekt würde sie sich zweifelsohne noch gewöhnen müssen. Auch weil sie sich immer wieder dabei ertappte, wie ihr Blick sich auf die Suche nach dem Fremden machten. Vielleicht…
»Sei nicht dumm«, schalt Kiara sich lautlos und wich im letzten Moment einem älteren Mann aus, der sich ihr in den Weg stellte.
Tausende von Sprachfetzen, begleitet von den verstärkten Ansagen der Lautsprecher drangen an ihr Ohr. Japanisch, Englisch und andere asiatische Sprachen, die sie nicht zuordnen konnte. Kiara tat ihr Bestes, stur geradeaus zu laufen. Als sie endlich das riesige Gebäude verließ, seufzte sie erleichtert auf. Frische Luft war manchmal ein Segen. Eilig griff sie in ihre Handtasche und zog ein kleines Seidentuch hervor, um ihr Gesicht zu trocknen. Ihr Make-up würde zwar darunter leiden, aber das war Kiara gleichgültig. Sie war am Ziel angekommen und Megumi hatte sie schon weitaus schlimmer zu Gesicht bekommen. Ein flüchtiges Lächeln streifte ihre Gesichtszüge, als Kiara sich an jene endlos scheinenden Partynächte erinnerte. Damals hatten sie das Leben noch zwanglos, wie durch eine rosarote Brille betrachtet. Ob ähnliche Dinge wieder passieren konnten? Allein die Vorstellung sorgte dafür, dass ihr Herzschlag sich beschleunigte.
»Kiara«, die sanfte, melodiöse Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
Die junge Frau drehte sich um und sah eine junge Japanerin mit langen, schwarzen Haare auf sich zu stürmen. Sie strahlte übers ganze Gesicht und erwiderte die wilde Umarmung, die einige Minuten lang anhielt.
»Megumi, ich freue mich, dich zu sehen.«
Die Angesprochene erwiderte ihr Lächeln herzlich. Sie war, für japanische Verhältnisse, recht groß gewachsen und nur einige Zentimeter kleiner als Kiara. Ihr Haar schimmerte blauschwarz und floss in leichten Wellen über ihre Schultern. Das schmale puppenartige Gesicht mit betonten Mandelaugen und dem rot geschminkten Mund rundeten das Gesamtbild ab. Ehe Kiara sich versah, presste sich eben dieser auf ihre Lippen und verwickelte sie in einen flüchtigen Kuss. Die Hitze kehrte in ihre Wangen zurück. Obwohl Kiara diese Begrüßung durchaus vertraut war, stand sie ihr immer etwas zwiespältig gegenüber. Auch wenn es sich um ihre beste Freundin handelte.
»Zum Glück bist du endlich hier.« Entweder sah Megumi ihre Reaktion auf den Kuss nicht oder ignorierte sie gekonnt. Stattdessen griff sie nach Kiara und führte sie in Richtung der zahlreichen Stände. »Ich gebe zu, mir in letzter Zeit große Sorgen um dich gemacht zu haben.«
Wie bei den Asiaten üblich, zeigte Megumi ihre Gefühle nur sehr selten, was aber nicht bedeutete, dass sie keine empfand. Ein Blick in ihre Augen genügte, um zu merken, dass sie die Wahrheit sagte. Innerlich fragte Kiara sich, wie viele schlaflose Nächte ihre Freundin gehabt hatte. Und nicht nur infolge ihrer Gespräche.
»Am liebsten würde ich diesen Typen auf den Mond schießen.« Entgegen der japanischen Etikette ballte Megumi die Fäuste. »Er hatte dich nicht verdient, zu keinem Zeitpunkt.«
Kiara lächelte müde. Allmählich drang jene Erkenntnis auch zu ihr vor, nur leider verschwand der Schmerz deswegen nicht. Aber aus diesem Grund war sie ja nach Japan gekommen. Um zu vergessen und sich zu erholen. Dennoch schwebte ein Teil ihrer Gedanken immer wieder zu dem Fremden im Flugzeug. Viel zu lange war es her, dass sie eine solche Lust empfunden hatte. Leider war die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung nicht sehr hoch. Auch weil sie sich geschworen hatte, möglichst keinen Mann mehr ranzulassen.
Megumi bemerkte nichts von ihren Gedanken und winkte stattdessen ein Taxi heran. Der Fahrer, ein junger Mann Anfang zwanzig, lächelte das typisch höfliche Lächeln und bat die beiden einzusteigen. Im Radio erklang japanische Rockmusik. Sie ließen den Flughafen hinter sich und fuhren in Richtung Tokyo. Beeindruckt ließ Kiara ihren Blick durch das Fenster schweifen. Wolkenkratzer, kleinere Grünanlagen, öffentliche Verkehrsmittel und zahllose Menschen huschten regelrecht an ihr vorbei. Es war ganz anders als in Europa. Fremd und doch wundersam.
Kiara zuckte erschrocken zusammen, als Megumi nach ihrer Hand griff und diese festhielt.
»Mach dir keine Sorgen. Hier wirst du auf andere Gedanken kommen. Mein Land und ich selbst werden dafür sorgen.«
Jene an sich beruhigenden Worte ließen Kiara schaudern und sie unterdrückte den Impuls, ihre Hand zurückzuziehen. Megumi hatte von jeher etwas Geheimnisvolles an sich gehabt und in den ganzen Jahren ihrer Freundschaft hatte Kiara sich nicht entscheiden können, was sie davon halten sollte. Manchmal fand sie jenen Wesenszug interessant, fast schon aufregend und manchmal machte er ihr regelrecht Angst. Was meinte sie mit dieser Äußerung?
Doch Zeit, Fragen zu stellen, blieb ihr nicht, denn im nächsten Moment stoppte das Taxi an einer typisch japanischen Villa. Kaum war Kiara aus dem Taxi gestiegen, fiel ihr die Kinnlade auf den Boden. Dass ihre Freundin so luxuriös lebte, hatte sie bisher nicht gewusst. Auf ihren fragenden Blick hin erwiderte Megumi. »Meine Geldquelle heißt Erbschaft. Wie du weißt, sind meine Eltern gestorben, als ich noch ein Teenager war. Sie hinterließen mir, neben einer hohen Geldsumme, auch dieses Haus.«
Fast wie ein Schloss, dachte Kiara versonnen und blinzelte, als die Sonnenstrahlen sich am weißen Mauerwerk brachen.
Das Gebäude umfasste zwei Stockwerke mit aufwendigen Dachansätzen, dessen Giebel in smaragdgrünen Tönen gehalten waren. Dazwischen mischten sich, neben zahlreichen Applikationen, vergoldete Bilder von Drachen und anderen mythologischen Gestalten. Unwillkürlich fragte Kiara sich, wie viel Zimmer es hatte.
»Faszinierend, nicht wahr?«, holte Megumi sie in die Wirklichkeit zurück und grinste. »Warte erst mal, bis du den Garten siehst.«
Kiara hatte keinen Zweifel, dass dieser dem Haus in nichts nachstehen würde. Doch zunächst sehnte sie nach einer guten Tasse grünen Tee und einem entspannten Bad. Der lange Flug steckte ihr mehr in den Knochen, als sie zunächst angenommen hatte. Von der unheimlichen Begegnung ganz zu schweigen. Ohne es zu merken, gruben ihre Zähne sich in die Lippe. Sollte sie Megumi davon erzählen? Ihre Freundin war immer eine gute Zuhörerin gewesen, leider schlug sie mit ihren vermeintlichen Ratschlägen oft ein wenig über die Stränge. Vor allem, wenn es um das Thema Männer ging. Nicht selten hatte Kiara sich gefragt, warum. Mit gemischten Gefühlen folgte sie ihrer Freundin ins Haus.
»Möchtest du auf einer Tatami schlafen? Oder lieber im Bett?«, erkundigte Megumi sich. Sie hatte die europäischen Gepflogenheiten nicht vergessen.
»Futon ist völlig ok. Schließlich möchte ich etwas anderes probieren«, erwiderte Kiara und lächelte. Wie mochte es wohl sein, auf einer solchen Unterlage zu schlafen?
Megumi lächelte ebenfalls. Doch ihr Blick reichte sehr viel tiefer als gewöhnlich. Es schien beinahe, als würde sie versuchen, Kiaras Seele zu fotografieren. Einzelne Schweißperlen rannen über ihren Rücken.
»Vertraue mir!« Das Leuchten in den Augen ihres Gegenübers erinnerte Kiara an einen schwarzen Tümpel, dessen Abgrund nicht zu sehen war. »Du wirst noch viele andere neue Dinge kennenlernen. Vielleicht sogar mehr, als du ahnst.«
»Was…was meinst du damit?«, stammelte sie verwirrt und folgte wie in Trance Megumis Hände, die ihren Oberkörper entlang glitten.
Kiaras Nackenhaare stellten sich auf. Trotzdem unternahm sie keinen Versuch, sich der Berührung zu entziehen. Es überraschte sie lediglich, dass die Freundin ihre Brüste regelrecht umging. In Anbetracht der elektrisierten Spannung, die in diesem Moment zwischen ihnen herrschte, hätte es sie nicht überrascht, wenn sich eine Gänsehaut über ihren Körper gelegt hätte. Nur wusste Kiara nicht, was sie davon halten sollte. Wollte Megumi sie verführen? Und, wenn dem so war, würde es ihr gefallen? Kiara hatte keinerlei Erfahrungen in Sachen lesbischer Liebe.
»Was tust du?« Zu ihrem Verdruss klang ihre Stimme etwas heiser.
Entgegen Kiaras Erwartung stoppte Megumi ihre Geste und brach in schallendes Gelächter aus, welches sie irritiert schnauben ließ. Was um alles in der Welt hatte ihre Freundin damit bezweckt?
»Du bist recht verklemmt. Man könnte meinen, du hättest seit Jahren keinen Sex mehr gehabt.«
Kiara errötete bis unter die Haarspitzen. Zwar hatte Megumi mit ihren Worten nicht ganz unrecht, aber musste sie das so offen sagen? Zu ihrem Verdruss reagierte der Körper noch immer auf die sanften Berührungen, insbesondere Kiaras Brustwarzen schmerzten regelrecht.
»Wollten wir nicht einen Tee trinken?«, fragte sie schnippisch, um die Situation in eine andere Richtung zu lenken.
Nun war es an Megumi, rot anzulaufen. Jetzt hatte sie die Regeln der Gastfreundschaft missachtet. »Sofort, natürlich.«
Eilig verschwand sie in der Küche und Kiara blickte ihr schmunzelnd nach. Manchmal brauchte Megumi etwas, das sie auf den Boden der Realität zurückholte und ihr zeigte, dass es neben farbenfrohen Träumen und lustgeballten Fantasien noch etwas anderes gab. Außerdem konnte Kiara ihren eigenen Herzschlag endlich beruhigen. Sie seufzte befreit. Der heutige Tag war eindeutig zu viel gewesen. Erst die Begegnung mit jenem seltsamen, äußerst anziehenden Fremden, den Kiara, zu ihrem Ärger, noch immer nicht aus ihren Gedanken bekam und danach Megumis anzügliche Bemerkungen.
Kiara spürte den lang unterdrückten Frust und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. In der Tat war ihr Liebesleben während der letzten Wochen und Monate ziemlich eingeschlafen. Ein weißes Blatt Papier hätte mehr Erfüllung bieten können, als Markus‘ flapsige Annäherungsversuche und wenn es mal bis zum Äußersten kam, hatte sich alles einzig und allein um sein Vergnügen gedreht. Nicht selten war Kiara unbefriedigt eingeschlafen, obwohl ihr Körper erbarmungslos nach mehr verlangt hatte. Sie war neugierig, unersättlich, wollte Dinge ausprobieren, die über das normale Vorstellungsvermögen hinausgingen. Zwar hatte sie nur vage eine Ahnung, wie jene Praktiken genau aussehen sollten, aber die Sehnsucht war da und weigerte sich hartnäckig zu schweigen. Immer wieder hatte Kiara versucht, mit Markus über ihre verborgenden Wünsche zu sprechen. Doch dieser hatte jede Diskussion in dieser Richtung abgeblockt.
Heute wusste sie auch, warum. Wahrscheinlich war er diesem Zeitpunkt schon längst mit der anderen zusammen gewesen. Und wenn einem die Zweisamkeit mit einem Partner nur noch anwiderte, konnte man sich nur um seine eigenen Bedürfnisse kümmern. Wie dumm und naiv sie gewesen war.
Fünf Minuten später kehrte Megumi mit zwei dampfenden, typisch runden Tassen zurück und obwohl der Tee noch heiß war, trank Kiara sofort. Die leicht bittere Flüssigkeit lief ihre Kehle hinunter und schien die Gedanken regelrecht aufzuhellen. Selbst das Bild des Fremden verblasste ein wenig und verlor seine Wirkung. Schließlich hatte weder dieser noch irgendjemand anders etwas von ihrer Eskapade mitbekommen, oder? Wenigstens hoffte Kiara, dass es so war.
Zu ihrer Erleichterung umging Megumi sexuelle Themen geschickt und plauderte mit ihr locker über belanglose Dinge. Kiara war ebenfalls sehr neugierig und stellte viele Fragen über das Leben in Japan. Auch für sie war es der erste Besuch in Asien, obwohl die Faszination lange da gewesen war. Die Zeit verging wie im Fluge und die Nacht brach herein.
»Ich bin müde«, stöhnte Kiara und gähnte, was Megumi schmunzeln ließ.
»Kein Wunder. In einer Viertelstunde ist Mitternacht und du hast einen heftigen Jetlag.«
Schnell erhob sie sich und griff nach ihrer Hand. »Komm. Ich zeige dir dein Zimmer.«
Kiara folgte Megumi eine breite Treppe hinauf in den zweiten Stock. Trotz ihrer Erschöpfung fesselten die Bilder an den Wänden ihre Aufmerksamkeit. Wie in Japan üblich, waren diese unterschiedlicher Größe und zeigten traditionell geschichtliche sowie mythologische Motive. Riesige Drachen wechselten sich mit aufwendigen Blumen ab und zwischen ihnen kämpften Samurais und Mönche gegen Unterdrückung. Kiara stieß die Luft aus. Unwillkürlich erinnerte sie sich an den Fremden. Jener hatte eine ähnliche Ausstrahlung besessen. Stark, furchtlos, aber auch gefährlich. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und sie fuhr regelrecht zusammen, als Megumi ihre Zimmertür aufstieß.
»Hier kannst du schlafen.« Sie machte eine einladende Handbewegung.
Auf Zehenspitzen betrat Kiara den Raum und blieb wie angewurzelt stehen. Nicht nur, dass dieses Zimmer für japanische Verhältnisse abnormal groß war, sein Erscheinungsbild wurde von farbenfrohe Seidenmalerei sowie zahllosen Büchern dominiert. Trotzdem wirkte alles harmonisch und gemütlich.
»Wahnsinn«, hauchte Kiara und stellte ihren Koffer in eine Ecke. Auspacken würde sie ihn morgen früh.
In Deutschland hätte sie diesen Raum als Chaos wahrgenommen, doch hier gehörte alles zusammen. Lächelnd nahm Kiara auf dem Tatami Platz und wünschte ihrer Freundin eine gute Nacht. Die weiche Decke sorgte für zusätzlichen Komfort und sie fühlte sich so sicher, wie schon lange nicht mehr. Trotzdem fiel es ihr schwer, einzuschlafen. Die zahlreichen Eindrücke verdarben ihre Ruhe.
Stoßweise atmend setzte Kiara sich auf und schaute sich um. Sogar die schemenhaften Umrisse besaßen eine eigene Ästhetik, die sie tief beeindruckte. Jede Dekoration, ob kleine Pflanze oder Statue schien ihren eigenen Platz zu haben. Nicht zu vergleichen mit dem Durcheinander, dem sie zuweilen in Europa begegnet war.
Plötzlich wurden ihre Augen groß, konnte das sein? Kiara schüttelte den Kopf, schaute erneut hin. Nein. Es war kein Trugbild. In der hintersten Ecke des Zimmers stand ein etwa 83 x 122 cm großes Bild. Trotz des fahlen Mondlichtes konnte sie erkennen, dass es sich nicht um eine Zeichnung, sondern um ein gemaltes Werk handelte. Kiara bewegte den Kopf, um es genauer zu studieren. Eine Gänsehaut legte sich über ihren Körper. Kein Zweifel. Es handelte sich bei der Darstellung um zwei Frauen in erotischer Pose.
Beide waren nackt. Nur die langen Haare flossen über ihre schmalen Körper, ohne jedoch ihre Blöße zu verhüllen. Im Gegenteil. Ihre runden Brüste zeigten keck auf den Betrachteter, was jedoch nicht auf ihre Augen zutraf. Diese waren ineinander versunken und sprachen von ausdrücklicher Liebe. Außerdem waren ihre dunkelrot geschminkte Lippen weit geöffnet und kurz davor, sich leidenschaftlich zu küssen.
Kiara schluckte. Der Schweiß rann kaum spürbar über ihr Gesicht. Eine Mischung aus Abscheu und Faszination schlängelte sich durch ihre Adern. Wie konnte das sein, dass sie die Abbildung von sexuell aktiven Frauen nicht nur im künstlerischen Sinne schön fand? Natürlich war der Malstil perfekt und ansprechend, doch er machte nicht die eigentliche Faszination aus. Jenes taten eher die beiden weiblichen Körper, die im Begriff waren, miteinander sinnlich zu spielen und sich anschließend zu vereinen.
Abrupt wandte Kiara den Blick ab und drehte sich auf die andere Seite. So durfte sie unter keinen Umständen denken. Zwar hatte das Ziel ihrer Japanreise darin bestanden, neue Erfahrungen zu machen, aber musste sich deswegen ihre sexuelle Orientierung ändern? Den Gedanken, auch oder ausschließlich auf Frauen zu stehen, hatte es bisher nicht gegeben. Ebenso fragte Kiara sich, warum Megumi ein solches Bild in ihrem Besitz hatte. Gleich morgen würde sie danach fragen.
Sie zog die Decke noch enger um ihren Körper und zwang sich, so wenig wie möglich an das Bild zu denken. Der Tag war lang und die Reise anstrengend gewesen, von der psychischen Belastung in den letzten Wochen ganz zu schweigen. Schlaf. Kiara brauchte Schlaf. Und zwar dringend. Einige Minuten später schloss sie die Augen und glitt ins Land der Träume.
Sie stand allein in einem holzvertäfelten Raum. Es war angenehm warm, fast schwül. Ein Blick an sich hinunter verriet Kiara, dass sie vollkommen nackt war. Merkwürdigerweise störte sie jener Umstand nicht. Im Gegenteil, die Vorstellung bei dieser Hitze angekleidet zu sein, gefiel ihr nicht. Mit einer Handbewegung nahm sie ihre Haare zurück und schaute sich um. Auf den ersten Blick schien dies ein Spa-Raum oder etwas Ähnliches zu sein. Von vereinzelten Holzregalen hingen künstliche Pflanzen herab und nur wenige Schritte von ihr entfernt stand eine weiß bezogene Liege. Sofort spürte Kiara erneut eine Müdigkeit in sich aufsteigen. Wie konnte das sein? War es der Jetlag? Höchstwahrscheinlich. Sie gähnte ausgiebig, ließ sich anschließend darauf nieder und schloss die Augen. Ihre Erschöpfung war so groß, dass sie nicht bemerkte, dass die Tür sich leise öffnete und wieder schloss.
Ein zarter Lufthauch streifte ihre Haut. Kiara lächelte versonnen. So entspannt hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Daher zuckte sie zusammen, als plötzlich Schritte zu hören waren. Ruckartig setzte die junge Frau sich auf.
»Wer sind Sie?« Ärgerlicherweise klang ihre Stimme piepsig.
Ihr Gegenüber, eine junge Japanerin mit kinnlangen tiefschwarzen Haaren, lächelte nachsichtig.
»Ich bin Saya«, erwiderte diese und musterte ungeniert Kiaras entblößten Körper. Diese unterdrückte ihren Wunsch, sich zu bedecken.
»Leg dich hin«, forderte Saya entschieden, bevor ein weiteres Wort gesprochen wurde.
Gleichzeitig zeigte sie Kiara eine mittelgroße Flasche Massageöl, die nach Gardenie roch. Wie in Trance gehorchte Kiara und legte sich auf den Rücken. Zu ihrer Überraschung beugte Saya sich zu ihr und küsste zärtlich die geröteten Wangen. Derartige Zärtlichkeiten waren für Kiara nicht ungewohnt, trotzdem war es anders. Lag es an ihrer Nacktheit? Sie wusste es nicht. Wie automatisch hob sie den Kopf, was die Japanerin als Zustimmung deutete. Sofort lagen ihre weichen Lippen auf Kiaras und sie schmeckte das blumige Kirscharoma.
Einige Minuten später lösten sie sich voneinander und Kiara schnappte nach Luft. Was um alles in der Welt war gerade passiert? Sie hatte freiwillig eine Frau geküsst. Doch anstatt sich über die Lippen zu wischen, wünschten ihre Sinne sich eine Wiederholung.
»Entspann dich.« Wieder zeigte Saya ein süßes Lächeln. »Und keine Panik, es ist alles gut.«
Dem konnte Kiara nicht ganz zustimmen. Trotzdem ließ sie sich wieder zurücksinken.
»Dreh dich auf den Bauch.«
Zuerst wollte sie enttäuscht protestieren.
Erst brachte die Japanerin ihre Gefühle durcheinander und dann berührte sie sie nicht einmal. Aber der Tonfall ihres Gegenübers duldete keinen Widerspruch. Plötzlich legten sich Sayas sanfte, geübte Hände auf ihren Po und streichelten das empfindliche Fleisch. Anschließend wanderten sie zu ihren Oberschenkeln und spreizten diese ein wenig. Kiaras Wangen überzog eine flammende Röte. Sie ahnte, was Saya sehen konnte.
Ihre Scham wurde abgelenkt, als das Öl auf ihren Rücken tropfte, wo die Japanerin es verteilte. Dabei ging sie äußerst sorgsam vor und Kiara verkniff sich ein Stöhnen. Danach reiben sie kreisend über ihre Pobacken, mal zärtlich, dann kräftiger. Kiara seufzte. Ob aus Genuss oder Widerwillen konnte sie nicht sagen.