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Von Saarstücken, Mondfischen, Chancengleichheit, Kompromissbereitschaft und Paradiesen handelt die neue Gegenwartslyrik von Vera Hewener. Sie ist wie ein intellektueller Kompass, mit dem sie durch die aktuelle gesellschaftliche Topographie navigiert. Dies geschieht in einer originellen, teils witzigen Sprache. Mit Humor und Ironie treibt sie Absurditäten auf die Spitze, oft mit überraschendem Ausgang. Eher konkret ist die Landschafts- und Naturlyrik, mit der sie den Leser einlädt, ins Weite zu blicken oder innezuhalten, um vielseitige Einblicke in magische Landschaften zu entdecken. Sie gehört dabei zu jenen Autoren der Gegenwart, die verständlich bleiben und Lyrik auch als wohltuenden Wortklang verstehen.
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Seitenzahl: 84
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Von Saarstücken, Mondfischen, Chancengleichheit, Kompromissbereitschaft und Paradiesen handelt die neue Gegenwartslyrik von Vera Hewener. Sie ist wie ein intellektueller Kompass, mit dem sie durch die aktuelle gesellschaftliche Topographie navigiert. Dies geschieht in einer originellen, teils witzigen Sprache. Mit Humor und Ironie treibt sie Absurditäten auf die Spitze, oft mit überraschendem Ausgang. Eher konkret ist die Landschafts- und Naturlyrik, mit der sie den Leser einlädt, ins Weite zu blicken oder innezuhalten, um vielseitige Einblicke in magische Landschaften zu entdecken. Sie gehört dabei zu jenen Autoren der Gegenwart, die verständlich bleiben und Lyrik auch als wohltuenden Wortklang verstehen.
Vera Hewener, *1955 in Saarwellingen, studierte Betriebswirtschaft, Sozialarbeit und Sozialpädagogik, lebt in Püttlingen, arbeitet in Saarbrücken. Für ihr literarisches Werk erhielt Vera Hewener mehrere internationale Literaturpreise und Auszeichnungen, u.a. den Superpremio Cultura Lombarda vom Centro Europeo di Cultura Rom (I) 2001, den Grand Prix Européen de Poésie vom Centre Européen pour la Promotion des Arts et des Lettres Thionville (F) 2005, zuletzt Goethepreis 2013.
„Anspruchsvoll und ungewöhnlich zugleich.“ (SZ 25./26.11.2000) In ihrer Gegenwartslyrik „hagelt es sogar so viele Wortgags, dass man gerne bei manchen verweilen möchte. Sie ist eine politische Autorin.“ (SZ, 17.11.2003)
„In Heweners Gedichten überlagern sich die Zeiten und Epochen. Die Vergangenheit ist in ihren Zeilen ebenso nah wie die Gegenwart. Die Gedichte sind im wahren Sinne des Wortes farbenfroh.“ (SZ, 29.07.2009)
„Jedes Wort schillert und ruft ein Bild hervor..... Vera Hewener baut aus dem, was sie sieht, kleine Wortkunstwerke.“ (07.11.2011)
Wasserspiele
Kleines Saarstück
Wasserbruch
Stadt der Brücken
Wasserspiele
Schwimmversuch
Die Klage des Wassers
Babylon
Mondfisch
Libera me
In Paradisum deducant te angeli
Eine Sehnsucht nach Heil
Eine Sehnsucht nach Heil
Zwischenrufe
Messgang
Eigentumsverhältnisse
Bittgesuch
Dogmatisch
Selbstverherrlichung
Frau Christin
Die Unvollendeten
Karwoche
Der Ruf
Todesstunde
Gesegnete Mahlzeit
Lichtfest
Glaubensfrage
Kompromissbereitschaft
Chancengleichheit
Kompromissbereitschaft
Netzfabrik
Ausgleich
Inschriften
Übereinstimmende Predigt
Wetterwechsel
Ausgeglüht
Fundsache
Verlinkt
Vernetzt oder die Lust zur privaten Existenz
Fingerhüte
Stahlstadt
Relativitätstheorie
Von einem der auszog, den Druck zu verlernen
Liebesdeklination
Liebeskunst
Liebesdeklination
Mutterrechte II
Schwarzer Sonntag
Evas Paradies
Freudentanz
Schattenspiel
Drei Glocken im Turm
Stolperfalle
Hanauer Mittagsmärchen
Saarbrücker Schlossgedichte
Schlossgarten
Orangerie
Schlossbrunnen
Schlossgeschichten
Saarbrücker Schloss
Unsichtbares Mahnmal
Nanteser Platz
Berliner Spaziergang, August 2015
Prenzlauer Berg
Karl-Liebknecht-Straße
Berlin Alexanderplatz
Berlin Lustgarten
Von Lorraine nach Aquitaine
Unterwegs auf der Rue D 984
Vormittag in der Champagne-Ardenne
Maitag am Lac du Der
Frühlingsfest
Brienne-le-Chateau
Karfreitag in der Champagne-Ardenne
Die hängenden Holunderbüsche des Périgord
April in der Brenne
Champagne Berrichonne
Land der tausend Teiche
Poitou-Charente
Auf dem Weg nach Cognac
Sturmgesänge am Atlantik
Donnerwetter
Ebbe
Nordische Impressionen
Im Norden
Sonnenuntergang am Meer
Am Stavanger Dom
Im Hordaland
Im Selbjörnsfjord
Bootsfahrt
Spaziergang auf Bömlo
Winter im Stavanger Hafen
Weihnachtszeit in Stavanger
Durch Jahr und Tag
Monatslosungen
Auf der Gartenbank hinter dem Haus
März
Katzenjammer
Frühlingssturm
Wenn die Krähe ächzt hör ich
Frühlingsaufbruch
April
Roter Morgen
Monduntergang
Mittagsbad
Abendschlummer
Gewitter des Sommers
Sterbender Sommer
Sommerauswärts
Blitzbesuch
Augusthimmel
Dämmerung
Im Garten
Zwischenzeiten
Wendekreis des Herbstes
Regenfrucht
Beerengesang
Mundpropaganda
Verdunklung
Farbwechsel
Die Stunde des Siegers
Winterherde
Kalter Krieg
Überwinterung
Winterfischen
Polarlicht
Hier ist heut Nacht ein Kind geboren
Oh heilige Nacht
In den Höhen Engel singen
Du lieber Weihnachtsmann
O kleines Städtchen Bethlehem
Ein Stern leuchtet in Dunkelheit
Gott schenkt euch Freude allezeit
Bajuschki Baju
Ein Tannenbäumchen wuchs im Wald
Schlafe mein Jesulein
Anmerkungen
Bücher von Vera Hewener
„Keine Wahrheit ist also gewisser, von allen andern unabhängiger und eines Beweises weniger bedürftig, als diese, dass alles, was für die Erkenntnis da ist, also diese ganze Welt, nur Objekt in Beziehung auf das Subjekt ist, Anschauung des Anschauenden, mit einem Wort, Vorstellung.“ Arthur Schopenhauer in „Die Welt als Vorstellung“, 1. Band.
1
Aus der Traufe der Steinwände
entspringen in den Vogesen
zwei Flüsse rot und weiß,
rinnen durch Wälder und Wiesen.
Oh kleine Gewässer,
Schlachten liegen in der Luft.
Einsamer Lauf zwischen Grenzen,
treffen sich Teile eines Ganzen:
ein Fluss, eine Richtung, ein Land.
Oh Saravus, Sarre, Saar,
Wasser kennt keine Grenzen.
Oh Strom, Grenzüberwinder,
grundständiger Tiefer,
auf dem Weg in die Weite.
2
Durch die Stadt der vielen Brücken
fließt das Wasser der Saar,
unter dem Gewölbe des Himmels,
Blaustich für Blaustich.
Ein Fürstengeschlecht hängt in der Luft,
das ging und nicht wiederkam.
Die Saar hat viele Schleppen
von der Farbe der Platanen.
Doch braun ist das Bett,
die Kunst ein Theater.
Oh braunes Blut,
das in den Schleppen verging!
3
Ein Fluss der Spektakel,
zerflossene Geschichte,
dein Streben teilt die Stadt.
Ein Zug durchdringt die Luft,
gezwitschert von Vogel zu Vogel.
Von Brücke zu Brücke
ein anderes Grün,
die gelben Margeriten,
die roten Tamarisken,
braun ist der Grund, schwarzes Land.
Eine Liebe hängt in der Luft
wie die Farbenlehre der Jahre.
4
Durch die Stadt der vielen Brücken
strömt die Wasserader Saar.
Sie fällt von Staustufe zu Staustufe.
Oh blaues Blut
läuft aus deinem Rachen.
Ein Strom für Drachenboote,
ein Ufer weißer Tische,
Glockentürme über dir.
Ein Regenbogen hängt in der Luft,
Farbenspiele des Himmels
Die Haine der Eichen,
die Stämme aus Bast,
die an Grenzen nicht enden.
Oh Liebe, die du warst,
kamst und nicht gingst.
Wer kann dich mir nehmen,
wer deine blutigen Blätter reinigen?
Oh blaues Blut,
das im Lauf des Wassers verschwimmt.
Manchmal beklage ich das Wasser,
das, ohne zu fragen, die Richtung wechselt
und nicht nach den Fischen fragt.
Welches Meeresgetier irrt nicht,
wenn die Strömung unüberwindliche Soge
erfindet, Strudel, die uns in die Tiefe reißen.
Im Untergegangenen forschen viele
nach den Ursachen der Unwetter.
Schatzsucher wertvoller Gründe
wirbeln Staub auf.
Wer kann schwimmen, wenn selbst
die Abgründe nicht zu erkennen sind,
wenn im tiefen Ozean Vulkane brodeln.
Mir aber bleibt die Schuppenhaut,
um die Reibung auszuhalten,
mich durchzuschlängeln
in die oberen Schichten der Klärung,
bis das Wasser wieder klar und ruhig fließt
und die Haut sich erneuern kann.
Die vielen Brücken, die alte Tage verbinden
und eine Straße der Zuflucht übermauern,
darunter der Fluss ohne Wiederkehr strömt,
ohne Rücksicht auf Zurückgelassenes,
legen mir die Morgendämmerung in die Hand,
meine und deine, dass wir den Aufgang der Sonne
wie Kinder bestaunen, den milde gewordenen Wind
allen Anfangs spüren,
dass all die vergangenen Tage nur der Weg
in neue Tage war, dass wir all die alten Tage
Hand in Hand durchliefen und wir trotz
der Sternenverlassenheit immer Licht sahen,
lässt uns die Stadt der verlassenen Häuser
noch grauer erscheinen und unser Haus
als ein kleines unter all den Palästen
der Tränen und Trauer,
das wir von Brücke zu Brücke
immer wieder neu errichteten
mit neuen Zimmern
und Fenstern mit Aussicht
Das Wasser, das in seiner Erscheinung
durchsichtiges Medium der Materie ist,
sickert in unseren Körpern wie ein Fluss
durch die Zeit, die bestimmt oder unbestimmt,
die Gegenwart begrenzt.
Lange bevor wir austrocknen
verlässt es uns als Schweiß,
Perlen der Anstrengung, ungeliebte Dinge
sorgfältig durch den Tag zu leiten,
als sei es das einzige Glück des Lebens,
den Anforderungen unserer Existenz
nachzukommen.
Wir fließen mit ihrem Fluss, ununterbrochen,
die Fließfähigkeit unserer Gedanken prüfend,
wissend, dass niemandes Ausscheren
das Versickern aufhält,
wie sehr unser Spiegelbild
im Glanz eines Lichts auch scheint.
Im Schlaf finden wir zurück zu Träumen,
die, einer frischen Quelle entsprungen,
uns von Grund auf das Schwimmen lehrten.
Wir rudern alle mit Segeln,
die das Windspiel des Meeres
aufbläht und wieder verfallen lässt,
wie unendlich tief,
unendlich weit,
unendlich blau,
es uns auch immer umspült.
Endlose Weite, Weite ohne Ziel, die sich
ins nicht mehr Erkennbare durchschlägt
und sich auflöst, ohne zurück zu schauen.
Ziellose Tage, die nichts hinterließen,
als eine Treppe ohne Stufen, die uneinnehmbar
den Blick nach oben zwang,
ahnen, dass eine unnütze Wand
keinem Sturm standhalten wird,
darauf warten, dass die Wolkenansammlung
dunkel genug scheint, um den Dorn ins Sturmauge
zu stoßen, damit der Wasserfall
die Treppe zum Einstürzen bringt,
dass uns die Flut nach oben spült
ins ewige Blau des Himmelreichs.
So lernten wir schwimmen, dem Fluss zu folgen,
der uns mitreißt mit seiner ewigen Strömung
in die Weite des Horizonts.
Haltet das Wasser
tragt es nicht fort
in der Quelle des Flussbetts
ruht mein Herz wie von allein
verlassen klingt die weiße Farbe
ohne mehrstimmigen Gesang
vom Schloss sickert das Aroma
der Orangerie mit neuen Würzen
Ihr aber, die ihr Haus und Hof
schon versteigert
werdet zu den letzten eurer Art
die fernen Hände
schöpften das Wasser schon aus
es ist leerer geworden
aber es ist immer noch voller Freude
Die Keuschheit der Fermate
heuchelt den Stillstand
der Flussstadt
die Wassermusik der Brunnen
das allerälteste Lied
hat dir Hörner wachsen lassen
ein Paradies eigener Gesetze
die Spieluhr ist neu aufgezogen
der Glockenturm des Rathauses ruft
nach neuen Gebeten
die Sprachverwirrung ist groß
1
In der Saar
schwimmen keine Krokodile
sie sind vor langer Zeit
an Land gegangen
schau auf den Kriechfuß
den schleppenden Schritt
die verblassten Augen den erstarrten Mund
in der Saar
schwimmen keine Krokodile
feines Leder trägt man wieder
niemand mit prächtigen Schuppen will
sich mit anderen ruppen
2
Die Glücksmomente der Wassertiere
liegen bei den Fischen:
kein Landgang
glitschiger Mond
fischt im Sternenmeer
strandet seine Springflut vor meinen Füßen
Neumond für Neumond
Fischhaut trägt die Meerjungfrau
hin und wieder
steigt sie aus Saares Fluten
am Biss der Krokodile wird sie verbluten
Zittern und Bittern herrscht in der Stadt am Fluss
durch die Häuser zischt die Sintflut