Kings of Retribution MC: Nikolai (Das Volkov-Imperium) - Sandy Alvarez - E-Book

Kings of Retribution MC: Nikolai (Das Volkov-Imperium) E-Book

Sandy Alvarez

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Beschreibung

Seit seiner Kindheit wurde Nikolai Volkov darauf vorbereitet, eines Tages über das Imperium seines Vaters zu herrschen. Wenn man in einer Bratva-Familie aufwächst, hat man nicht viele Möglichkeiten. Man lebt und stirbt mit dem Namen Volkov. Nachdem er seinen Halbbruder in den USA gefunden hat, beschließt Nikolai, sich von den familiären Verpflichtungen zurückzuziehen, um das zu finden, was ihm sein ganzes Leben lang gefehlt hat. Er hat jedoch nicht damit gerechnet, dass eine kurvenreiche junge Frau mit bernsteinfarbenen Augen und Brille das fehlende Puzzleteil sein würde. Er schwört, diese schüchterne und verängstigte Frau um jeden Preis zu beschützen. Als Feinde das Leben von Leah Winters bedrohen, kommen Nikolais Volkov-Wurzeln zum Vorschein. Für diejenigen, die sich zwischen Nikolai und die Frau, die er liebt, stellen, gibt es nur eine Antwort: Krieg, Blutvergießen, Tod. Jeden Tag in Angst zu leben, ist keine Art zu leben, aber es ist das einzige Leben, das Leah Winters je gekannt hat. Die Familie sollte ein sicherer Hafen sein, und nicht die Monster, die einen nachts in Albträumen verfolgen. Bis sie beschließt, ihr Leben dem Kings of Retribution MC anzuvertrauen, wo sie auf Nikolai Volkov trifft. Gebrochen durch Gewalt, grausame Worte und ein geringes Selbstwertgefühl, hätte Leah nie gedacht, dass ein mächtiger, attraktiver Mann wie Nikolai sich jemals in sie verlieben könnte, bis ... Seine Worte geben ihr Hoffnung. Seine Berührung spenden ihr Leben. Sein Kuss verspricht ihr die Welt. Teil 10 der Reihe rund um den Kings of Retribution Motorcycle Club der USA Today-Bestsellerautorinnen Sandy Alvarez und Crystal Daniels.

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Crystal Daniels & Sandy Alvarez

Kings of Retribution MC Teil 10: Nikolai (Das Volkov-Imperium)

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Svenja Ohlsen

© 2020 by Crystal Daniels & Sandy Alvarez unter dem Originaltitel „Nikolai: The Volkov Empire“

© 2024 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-662-1

ISBN eBook: 978-3-86495-663-8

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Buch oder Ausschnitte davon dürfen ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Herausgebers nicht vervielfältigt oder in irgendeiner Weise verwendet werden, außer für kurze Zitate in einer Buchbesprechung.

Dieses Werk ist frei erfunden. Die Personen, Orte und Handlungen in diesem Buch sind fiktiv und entspringen der Fantasie des Autors. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist rein zufällig.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Epilog

Autorinnen

Kapitel 1

Nikolai

Ein Jahr zuvor

Schweißgebadet schrecke ich im Bett hoch und mein Herz hämmert gegen meine Brust. Ich brauche eine Sekunde, um mich zu orientieren und mich daran zu erinnern, wo zum Teufel ich bin, während ich mich an die Dunkelheit meiner Umgebung gewöhne. Mein verschwommener Blick richtet sich auf das große Fenster auf der anderen Seite des Zimmers, ich konzentriere mich auf den Schein des Mondes, der die Baumwipfel beleuchtet, und beobachte, wie sich die Äste leicht im Wind wiegen. Schließlich beruhigt sich mein Atem.

Ich werfe die Decke zurück und steige aus dem Bett. Der Holzfußboden unter meinen nackten Füßen scheint mich zu erden, als ich mich auf den Weg ins Bad mache.

Ich lasse das Licht aus und betrete die offene Dusche, die bereits von den Mondstrahlen erhellt wird, die durch das deckenhohe Sichtfenster einfallen. Ich drehe das Wasser auf und es prasselt wie Regen auf meinen Kopf. Zunächst ist es kalt, und ich genieße den Schock, den es meinem Körper versetzt, bevor es wärmer wird.

Ich habe diesen Traum seit Jahren nicht mehr gehabt. Während ich die Erinnerung Revue passieren lasse, wärmt das Wasser angenehm meine Haut. Ich war acht Jahre alt – bloß ein verdammtes Kind. Ich wusste nicht, dass meine Verwandtschaft anders war als die anderer Familien. Für mich war mein Leben ganz gewöhnlich – einfach normal. Ständig gingen Männer ein und aus – man flüsterte hinter verschlossenen Türen. Alle respektierten meinen Großvater und meinen Vater und taten, was von ihnen verlangt wurde, ohne Fragen zu stellen. Eines Tages lernte ich die Macht und die Angst kennen, die von dem Namen Volkov ausging, als ich in der Nacht vor meinem achten Geburtstag von einem Geräusch geweckt wurde. Eigentlich sollte ich mein Zimmer nach dem Schlafengehen nicht mehr verlassen, aber diesmal tat ich es doch. Ich schlich mich aus meinem Zimmer und den dunklen Flur entlang in den Westflügel des Hauses, wo ich das Geräusch aus einem der Zimmer vernommen hatte. Gerade als ich mich der geschlossenen Tür meines Großvaters näherte, schwang sie auf, und ein Mann, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, starrte mich eiskalt an. „Na, was haben wir denn hier?“, seine dunklen Augen verengten sich, als er sich auf mich konzentrierte. Der Mann öffnete die Tür weiter und gab die Sicht auf meinen Großvater frei, der eine Pistole in der Hand hielt.

Als mein Großvater den Kopf drehte und mir in die Augen schaute, wusste ich, dass ich in Schwierigkeiten steckte. Niemand kam Alexander Volkov in die Quere und ich war keine Ausnahme. „Komm her, Nikolai.“ Seine Stimme war tief und leise vor Zorn. Um ihn nicht noch mehr zu verärgern, zwang ich mich, meine Füße zu bewegen, und trat neben ihn. Meine Pupillen weiteten sich und mein Herz begann schnell zu schlagen. Ich sah einen regungslosen Mann auf dem Boden liegen, mit dem Gesicht nach unten in einer Blutlache. Neben ihm kniete eine Frau, deren hübsches Gesicht von Tränen überströmt war. „Du denkst, du bist Manns genug, um die Regeln in diesem Haus zu missachten? Wenn du dabei erwischt wirst, wie du deine Nase in Dinge steckst, die dich nichts angehen, dann wirst du auch Manns genug sein, hier zu stehen und zu lernen, was es heißt, ein Volkov zu sein“, sagte mein Großvater und richtete seine Waffe auf die Frau vor mir. Sie sah mich direkt an. Tränen liefen ihr über das Gesicht, aber sie gab keinen Laut von sich und unternahm keinen Versuch zu fliehen. Ich sah, wie die Kugel ihren Kopf durchschlug, im selben Moment, als ich den Schuss meines Großvaters hörte. Ihre Augen waren noch immer auf meine gerichtet, als ihr lebloser Körper auf dem Boden aufschlug. Ich wollte mich umdrehen und wegsehen, aber raue Hände packten mein Kinn und zogen an meinen Haaren, sodass ich meinen Blick nicht abwenden konnte. Ich sah, wie der Tod die Augen der Frau glasig werden ließ. Schnell wurde ich herumgewirbelt, wobei mich der harte, missbilligende Blick meines Großvaters wie angewurzelt verharren ließ, und ich tat mein Bestes, um die Tränen zurückzuhalten. „Weine niemals um unsere Feinde.“ Sein Griff um mein Kinn wurde fester, bis sich seine kurzen Nägel in meine Haut bohrten. „Und spioniere mir nie wieder nach.“

Es war das erste Mal, dass ich echte Angst verspürte. Es sollte zugleich das letzte Mal sein, dass ich dieses Gefühl zuließ.

Auf dem Weg, der zu werden, der ich seit meiner Geburt hatte werden sollen – ein Soldat, ein guter Sohn, ein Volkov – fing ich an zu trinken; viel. Der Alkohol wurde meine Art, mit der Außenwelt und mit mir selbst fertig zu werden. Ich habe es gut versteckt. Am Anfang war es hart. Nicht, dass mein Vater nicht da gewesen wäre, das war er. Aber er versuchte, die Leitung eines Imperiums zu übernehmen, während er gleichzeitig damit beschäftigt war, mit seinem eigenen Vater umzugehen, und mit einer Ehe, in der er unglücklich war, wie ich wusste. Erst einige Jahre später sollte ich erfahren, wie tief sein Hass auf meinen Großvater und meine Mutter tatsächlich ging.

Ich drücke meine Handflächen gegen die Steinwand der Dusche und lasse den Kopf hängen. Nicht einmal meine Mutter wusste, dass ich mich in einer Abwärtsspirale befand. Nicht, dass es ihr etwas ausgemacht hätte. Die einzige Rolle, die sie in meinem Leben gespielt hat, war, mich auf die Welt zu bringen. Die einzigen Dinge, die für sie wichtig zu sein scheinen, sind Geld und Macht. Ich schließe die Augen und verdränge die unangenehmen Gedanken an meine Vergangenheit, bis das Wasser kalt wird und ich nicht weniger angespannt bin als beim Betreten der Dusche.

Ich drehe das Wasser ab, steige heraus, ziehe das Handtuch vom nahen Haken und trockne mich ab. Ich ziehe meine Sporthose an, verlasse mein Zimmer und gehe den langen Korridor entlang, bis ich den Aufzug erreiche, mit dem ich in den Keller fahre. Die Tür gleitet auf und gibt den Blick auf den Fitnessraum frei, in dessen Mitte sich ein Boxring in Standardgröße befindet. Ich durchquere den Raum und gehe an der Gewichtsmaschine vorbei, direkt auf den schweren Sandsack zu. Mit einer Rolle Klebeband beginne ich, meine Knöchel zu umwickeln, bevor ich mir ein Paar Sparringhandschuhe anziehe.

Ich lasse die Schultern rollen, nehme Haltung an und lande meinen ersten Schlag.

Meine gepolsterten Fingerknöchel prallen mit einem Klatschen auf das Leder. Schlag auf Schlag verblassen die Welt und das, was ich empfinde. Ich verliere das Zeitgefühl, bis ich merke, dass mich jemand beobachtet. Als ich mich umdrehe, sehe ich meinen Vater am anderen Ende des Raumes sitzen, sein Blick ist eindringlich und besorgt. „Ich dachte, ich wäre allein.“ Ich wische mir mit der Rückseite meines Handschuhs den Schweiß von der Stirn. Ein paar Meter weiter bücke ich mich und öffne die Tür des kleinen Kühlschranks, um eine kalte Flasche Wasser herauszuholen. Ich drehe den Deckel auf, werfe den Kopf zurück und kippe die Hälfte des Inhalts hinunter, um mich zu erfrischen, während die Flasche in meiner Hand knirscht. „Wie lange hast du mich beobachtet?“, frage ich ihn.

„Seit du hier hereingekommen bist.“ Eine kurze Zeit herrscht Schweigen zwischen uns, bevor mein Vater wieder spricht. „Kannst du nicht schlafen?“ Ich antworte ihm nicht, trinke den Rest meines Wassers aus und werfe die leere Flasche in den Mülleimer. „Setz dich zu mir.“ Mein Vater erhebt sich von seinem Platz, und ich bemerke, dass er seine Sparringausrüstung trägt.

Ich folge ihm in den Ring und beobachte, wie er seine Handschuhe auszieht und seine Knöchel mit Bandagen umwickelt, woraufhin ich es ihm gleich tue. Es ist lange her, dass er und ich gegeneinander gekämpft haben. Er hat mir alles beigebracht, was ich kann, zusammen mit Sasha und Victor. Als mein Vater meine Probleme in meiner Teenagerzeit bemerkte und schließlich herausfand, dass ich in so jungem Alter schon trank, griff er ein. Daraufhin beschloss er, dass meine Ausbildung beginnen sollte. Spetsnaz, das ist die Nahkampfausbildung des russischen Militärs. Viele seiner Soldaten, der Männer, die für ihn arbeiten, sind entweder ehemalige Militärs oder wurden als solche geschult, auch er selbst. Ich war jünger als alle anderen, die Victor und Sasha bisher unterrichtet hatten, aber mein Vater glaubte, dass es mich wieder aufrichten und mir mehr Kontrolle und Konzentration geben würde. „Alkohol trübt dein Urteilsvermögen. Ich sage nicht, dass du keinen Alkohol trinken darfst. Beherrsche ihn, lass dich nicht von ihm beherrschen. Stütze dich niemals darauf oder auf irgendeine andere Substanz, um inneren Frieden zu finden. Du musst ihn in dir selbst finden, indem du meditierst und deine Wut in etwas Nützlicheres kanalisierst.“

Es stellte sich heraus, dass er recht hatte. Die Ausbildung war brutal, und sie zeigten keine Gnade mit mir, nur weil ich jünger und schmächtiger war. Aber ich habe mich davon nicht unterkriegen lassen. Ich nutzte es als Motivation. Mit der Zeit wurde ich besser, größer, stärker und schneller. Meine Fähigkeiten übertrafen viele der Männer um mich herum.

Ich steige in den Ring, wo mein Vater auf mich wartet. „Ich werde dich schonen.“ Ich schmunzle.

Er lacht. „Ich verspreche, dass ich dir nur ein bisschen wehtun werde, mein Sohn.“ Wir heben die Hände und umkreisen uns gegenseitig.

Ich setze schnell zu einem linken Haken an, der sein Ziel verfehlt, da mein Vater nach meinem linken Bein taucht. Daraufhin reiße ich mein Knie hoch und treffe seine Schläfe, sodass er ins Taumeln gerät. Er kommt schnell wieder zu sich und trifft mich mit einem Seitenhieb und einem rechten Haken am Oberkörper, der mir die Luft aus den Lungen nimmt. Ich halte meine Füße in Bewegung und schüttle seinen Treffer ab. „Nicht schlecht, alter Mann“, stichle ich.

„Du redest zu viel.“ Er pirscht um mich herum.

Sobald mein Vater in Schlagdistanz kommt, treffe ich mit den Fingerknöcheln seinen ungeschützten Kiefer und sein Kopf peitscht zurück. Mein Vater stolpert zurück und schlägt gegen den Ring. Er erholt sich schnell und wischt sich das Blut von der Stelle, an der ich ihm gerade die Haut aufgerissen habe. Er sieht zu mir auf und grinst. „So ist es schon besser.“

Als mein Vater und ich mit dem Sparring fertig sind, schnappen wir beide nach Luft. Jeder Muskel in meinem Körper brennt von dem Training. Zwischen uns herrscht Schweigen, bis ich das Wort ergreife. „Danke.“

Ich rolle die Schultern und versuche, den Muskelkater loszuwerden. Es ist schon einige Monate her, dass ich mich von der Familie Volkov zurückgezogen habe, und jetzt stehe ich hier neben meinem Vater, Victor und Sasha, während wir zusehen, wie ein Abschleppwagen ein versunkenes Auto aus dem Wasser am östlichen Ende unserer Werft zieht. Vor ein paar Nächten ist einer unserer Mitarbeiter verschwunden, aber das ist nicht der Grund, warum wir nach Russland zurückgekehrt sind. Vierundzwanzig Stunden nach dem Verschwinden einer unserer Männer wurde auch eine wichtige Waffenlieferung gestohlen. Die beiden Vorfälle, die so kurz aufeinander folgten, deuteten auf Probleme hin. Da ich kein Risiko eingehen und eine geschlossene Front zeigen wollte, zögerte ich nicht, als mein Vater mich bat, ihn dieses Mal zu begleiten.

Ich stecke meine Hände in die Vordertaschen meiner Anzughose und beobachte, wie die Polizisten in das Auto unseres vermissten Mitarbeiters schauen. Ihren Gesichtern nach zu urteilen, befindet sich darin eine Leiche.

„Ich bin weniger als eine Woche weg, und schon passiert so etwas“, sagt mein Vater in schroffem Ton. „Weiß man schon, wer dahintersteckt?“

„Wir gehen der Sache nach. Die Sicherheitsaufzeichnungen werden gerade überprüft“, antwortet Victor meinem Vater prompt.

Eine unserer schwarzen Limousinen kommt in Sicht. Ich kann durch die getönten Scheiben nichts erkennen, aber sobald das Auto anhält, die Tür aufschwingt und Sergei aussteigt, sinkt meine Laune rapide. Ich kann Sergei nicht leiden. Habe ich nie und werde ich auch nie. Seine Abneigung gegen mich spiegelt sich in seinem hässlichen Gesicht wider, als er bemerkt, dass ich neben meinem Vater stehe, und seine Miene verhärtet sich. Er hat eindeutig nicht damit gerechnet, dass ich hier sein würde.

Sergei arbeitet schon seit langem mit meinem Vater zusammen, aber ich traue ihm nicht. Alles an diesem Mann lässt mich an seiner Integrität und seiner langfristigen Loyalität gegenüber der Familie zweifeln.

„Ich war nicht darüber informiert, dass du deinen Vater nach Hause begleitest“, wendet sich Sergei mit monotoner Stimme an mich.

„Was ich tue oder wohin ich gehe, geht dich nichts an. Du arbeitest für mich. Das solltest du dir merken“, warne ich und hoffe insgeheim, dass er ein weiteres Mal zu weit geht. Sein Blick wandert in Richtung meines Vaters, der jedoch nichts sagt, und ich grinse.

„Sergei, du wirst hier nicht gebraucht“, gibt ihm mein Vater zu verstehen. Er will etwas sagen, aber mein Vater bringt ihn schnell zum Schweigen. „Ich werde den größten Teil des Tages nicht im Büro sein. Verschiebe alle meine Besprechungen auf nächste Woche.“ Sergei bleibt regungslos stehen, seine Wut über die Zurückweisung steht ihm ins Gesicht geschrieben, dann entfernt er sich.

Zwei Ermittler kommen auf uns zu, die wir von mehreren Begegnungen im Laufe der Jahre gut kennen. Officer Natalya mustert mich kurz, bevor sie auch meinem Vater einen Blick zuwirft. Ich behalte eine neutrale Miene und verberge meinen kühlen Blick hinter einer dunklen Sonnenbrille. „Demetri“, spricht sie meinen Vater an. „Wem habt ihr beide denn ans Bein gepisst?“, fragt sie, während sie sich meinen geprellten Kiefer und das lädierte Kinn meines Vaters ansieht.

„Wir sind nicht per Du, Officer Mikhailov.“ Der Tonfall meines Vaters ist eine Warnung an sie, es mit den Nettigkeiten nicht zu übertreiben.

Der andere Officer, ihr Partner Pavlov, tritt einen Schritt vor und räuspert sich. Er holt einen kleinen Notizblock und einen Stift aus seiner Tasche. „Erkennen Sie das Fahrzeug?“ Pavlov hält seinen Blick gesenkt, den Stift auf dem Papier, um sich Notizen zu machen.

„Ja“, antwortet mein Vater.

„Und den Namen des Eigentümers?“

„Abram Popov.“ Wieder antwortet mein Vater nur knapp und Pavlov hebt den Kopf.

„Arbeitet er hier?“, fragt der Polizist und zieht die Frage in die Länge, als würde er mit einem Kind sprechen. Die beiden haben eine starke Abneigung füreinander. Nicht, weil sie auf verschiedenen Seiten stehen – Kriminelle und Polizisten –, sondern, weil Pavlov auf seine Partnerin scharf ist und die wiederum ihre Krallen in meinen Vater schlagen will.

Bevor Pavlov eine weitere Frage stellen kann, unterbricht Officer Mikhailov. „Iwan, würdest du bitte einen von Herrn Volkovs Männern mitnehmen, um die Leiche im Auto zu identifizieren?“ Ohne den Blick von meinem Vater abzuwenden, dreht sich Pavlov widerwillig um und geht davon.

Obwohl mir das nicht gefallen wird, nehme ich es auf mich und gehe zum Auto, von dessen geschlossenen Türen immer noch Wasser tropft, und überlasse es meinem Vater, sich mit den Behörden herumzuschlagen. Eine Sekunde später ist Sasha an meiner Seite. Victor und Sasha sind schon seit Jahren bei uns. Sie sind ein fester Bestandteil meines Lebens geworden – ein Teil der Familie.

„Geht es dir gut?“, fragt Sasha in leisem Ton.

Ich bin ein wenig nervös. Das ist schon so, seit ich vor einer Stunde hier angekommen bin, und es überrascht mich nicht, dass Sasha es bemerkt hat. „Es ist ja nicht so, als hätte ich noch nie eine Leiche gesehen.“ Meine Worte sind scharf und ein wenig gereizt, aber nicht seinetwegen, sondern wegen der Situation.

„So habe ich das nicht gemeint“, erwidert Sasha, ungerührt von meiner Unhöflichkeit. Ohne etwas zu erwidern, setzen wir unseren Weg zum Auto fort. Wir bleiben etwa einen Meter vor dem hinteren Ende stehen, der Kofferraum ist leicht geöffnet, und der Geruch des Todes verpestet die Luft, die wir einatmen. Ein älterer Mann in einem Schutzanzug hebt den Kofferraum an, die Metallscharniere quietschen dabei. Darin liegt Abram, unser zuverlässiger Mitarbeiter, mit gefesselten Hand- und Fußgelenken und einem Einschussloch mitten auf der Stirn. Sein Gesicht ist aufgedunsen, wie der Rest seines Körpers, aber es sind seine leblosen Augen, die mich nicht mehr loslassen. Er war ein guter Mann – ein Familienmensch.

„Scheiße. Das wird dem Boss nicht gefallen.“ Sasha gibt dem Kerl ein Zeichen, die Klappe herunterzulassen, und Officer Poplov bedeutet seiner Partnerin, sie solle herüberkommen.

„Haben wir eine positive Identifizierung?“ Mikhailov bleibt vor mir stehen. „Abram Popov“, bestätige ich.

„Haben Sie eine Ahnung, wer ihn umgebracht haben könnte oder ihn überhaupt tot sehen wollte?“

„Nein“, lüge ich und beiden Polizisten ist das klar. Die Wahrheit ist, dass es für jeden ein Risiko darstellt, für uns zu arbeiten.

Da sie weiß, dass sie keine Details oder Informationen erhalten werden, seufzt sie. „Sag deinem Vater, dass ich mich melde.“ Ohne auf weitere Fragen zu warten, gehen Sasha und ich zurück. „Wir brauchen die Sicherheitsaufzeichnungen der letzten 48 Stunden!“, ruft Mikhailov, aber ich reagiere nicht. Sie weiß, dass sie nur das bekommen wird, was wir ihr geben wollen, und nicht mehr.

„Novikoff“, sagt Sasha, als wir zu meinem Vater zurückkehren.

„Sieht so aus. Es entspricht seiner Vorgehensweise“, stimme ich ihm zu.

Sowohl Victor als auch mein Vater sehen mir in die Augen, und mein Nicken bestätigt, was sie bereits vermutet haben.

Als wir uns vom Tatort entfernen und zum Auto gehen, fragt mein Vater: „Wie?“

„Hände und Knöchel mit einem Seil gefesselt. Mit einem Schuss zwischen die Augen.“ Ich muss den Namen nicht in den Mund nehmen, mein Vater spricht ihn für mich aus.

„Novikoff.“ Ich höre die Wut in seiner Stimme.

Im Wagen schnappe ich mir ein Glas und die Wodkaflasche, die neben dem Whiskey meines Vaters steht. Ich gieße mir einen Schluck der klaren Flüssigkeit ein, genieße die leichte Wärme, die sie mir gibt, während sie meine Kehle hinabrinnt, und gieße dann schnell noch einmal die gleiche Menge in das Glas, bevor ich die Flasche wieder an ihren Platz stelle. Ich kann einem Menschen eine Kugel verpassen und sein Leben beenden, ohne es zu bereuen, aber Abram so zu sehen, ist wie ein Schlag in die Magengrube. Ich kannte den Mann mein ganzes Leben lang und er hat es nicht verdient, auf diese Weise zu sterben. Meine Wut wächst. Mein Vater setzt sich an das andere Ende der Sitzbank und gießt seinen bernsteinfarbenen Whiskey in ein Glas, bevor er sich zurücklehnt. Victor und Sasha steigen vorn ein, Victor sitzt am Steuer. Die Trennwand zwischen ihnen und uns hebt sich, sodass wir ungestört sind.

„Novikoffs Dealer werden immer dreister und verschlagener und vermehren sich wie Kakerlaken in einem Crackhaus.“ In Gedanken versunken blickt er auf den Schnaps, den er in seinem Glas schwenkt.

Ich streiche mir mit der Handfläche über den Bart. „Wie oft kommt es zu solchen Vorfällen?“

Mein Vater stößt einen schweren Seufzer aus, als sich das Auto in Bewegung setzt. „Alek Belinsky wurde vor etwa vier Wochen überfallen. Sein Lagerhaus wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen, und damit auch sein Geldbeutel. Der Einbruch hat ihn ein paar Millionen gekostet.“ Er kippt die Hälfte seines Whiskeys hinunter.

Ich schaue aus dem getönten Fenster und beobachte, wie das Industriegebiet der Stadt in der kargen Landschaft verschwindet. „Vielleicht sollten wir uns mit Belinsky treffen“, schlage ich vor. „Da Novikoff ein Ärgernis für unsere beiden Operationen ist, wird er bereit sein, uns alle Informationen zu geben, die sie sich verschafft haben.“

Mein Vater drückt auf einen Knopf, um die Scheibe zwischen uns und dem vorderen Teil des Wagens herunterzulassen. Victor wirft einen Blick in den Rückspiegel. „Sir?“

„Arrangiere ein Treffen zwischen Alek Belinsky und mir.“

Kapitel 2

Leah

Beim ersten Schlag des Ledergürtels meines Vaters auf meinen Rücken brennt meine Haut. Ich zucke zusammen und schreie auf, da er mich unvorbereitet trifft. Selbst schuld, denn ich bin eingeschlafen, anstatt auf der Hut zu sein. Wäre ich wach gewesen, hätte ich mich wenigstens auf die Bestrafung vorbereiten können. Die Zeit an der Uni hat mich geschwächt, und ich bin leichtsinnig geworden. Ich habe vergessen, wie wichtig es ist, wachsam zu sein. Als ich heute Nachmittag nach Hause kam, hätte ich wissen müssen, dass das passieren würde. Dad kam von der Arbeit zurück und benahm sich wie immer, aber Mom war nervöser als sonst. Meine Mutter weiß immer, wenn mein Vater im Begriff ist, eine seiner Bestrafungen zu verhängen. Sie warnt mich nie, denn das würde ihr die gleichen Schläge einbringen, aber sie hat bestimmte Ticks, die ich über die Jahre beobachtet habe. Zeichen, die mir signalisieren, was auf mich zukommt. Nur heute bin ich unvorsichtig gewesen und habe nicht gut genug aufgepasst – ein schwerer Fehler meinerseits.

„AHH!“ Ich schreie erneut auf, als der Gürtel auf meinen Hinterkopf trifft. Meine Kopfhaut brennt, als sich der Riemen in meinen Haaren verheddert und Strähnen aus meiner Kopfhaut reißt. „Hör auf! Dad, bitte!“ Ich springe aus dem Bett und lande mit einem dumpfen Aufprall auf dem Schlafzimmerboden. Ich habe nur zwei Sekunden Atempause, bevor mein Vater mit rotem Gesicht und vor Wut bebender Brust über mir steht. Kurz erhasche ich einen Blick auf sein verzerrtes Gesicht, bevor ich meinen Kopf mit den Armen bedecke, um mein Gesicht vor dem nächsten Schlag zu schützen.

„Du dachtest, du könntest aufs College gehen und dich wie ein kleines Flittchen aufführen! Ziehst mit einer Hure und diesem Jungen aus der Uni zusammen! Du dachtest, du kommst damit durch, dass du in Bars gehst und dich wie eine Schlampe anziehst! Gehst in die Öffentlichkeit und lässt zu, dass Männer dich so sehen!“, schreit mein Vater und versetzt mir einen Schlag nach dem anderen, wobei das Leder auf jeden Zentimeter meines Körpers eindrischt. Ich höre das Schluchzen meiner Mutter vom Flur aus, aber sie greift nicht ein.

Ein Teil von mir hasst sie dafür, dass sie so schwach ist, dass sie mich nicht beschützt.

Aber das letzte Mal, als sie das versucht hat, ist sie im Krankenhaus gelandet.

„Warst du so dumm zu glauben, ich hätte dich nicht im Visier?“ Klatsch, klatsch, klatsch.

„Es tut mir leid!“, schreie ich zwischen den Schlägen, während der Zorn meines Vaters sich auf mir entlädt.

„Es tut dir nicht leid. Aber das wird es, wenn ich mit dir fertig bin.“

Die Hiebe des Gürtels meines Vaters, vermischt mit meinen Schreien, seinem stoßweisen Atmen und dem Schluchzen meiner Mutter hallen im Schlafzimmer wider. Dasselbe Zimmer, in dem ich aufgewachsen bin. Wenn diese Wände sprechen könnten, würden sie Albträume erzählen.

Ich kann nicht sagen, wie lange die Bestrafung andauert. Mein Vater hört erst auf, wenn er völlig erschöpft ist, das weiß ich mittlerweile. Und das dauert normalerweise eine ganze Weile. Das Einzige, was ich tun kann, ist zu beten, dass der nächste Schlag mich bewusstlos macht. Als ich sieben Jahre alt war, hörte ich auf, zu Gott zu beten, dass mein Vater mich nicht mehr schlägt, und fing an, stattdessen für den Schlag zu beten, der mir den Schmerz nehmen würde.

Einen Augenblick später wird mein Gebet erhört, als die Metallschnalle mich an der Schläfe trifft und ich in die Dunkelheit gerissen werde.

***

Einige Zeit später blinzele ich und öffne die Augen. Das Zimmer ist leer, durch die Vorhänge des Fensters über meinem Kopf fällt ein wenig Sonnenlicht ein. Der unmittelbare Schmerz, der meinen Körper durchströmt, ist lähmend. Ich beiße mir auf die Lippe und atme scharf ein, während ich mich auf Hände und Knie stemme.

In Gedanken gehe ich alle Symptome durch, die eine Fahrt in die Notaufnahme erforderlich machen würden. Keine Übelkeit oder Schwindelgefühl, das ist normalerweise meine Hauptsorge. Sobald ich es in eine sitzende Position geschafft habe, stütze ich mich mit den Armen auf der Bettkante ab und zische, als meine Rippen aus Protest stechen. Ich glaube nicht, dass sie gebrochen sind, aber sie tun weh und sind wahrscheinlich geprellt. Langsam gehe ich zu dem deckenhohen Spiegel neben der Kommode hinüber. Als ich den Saum meines T-Shirts anhebe, sehe ich den Stiefelabdruck in Größe siebenundvierzig, den mein Vater hinterlassen hat und der meinen Verdacht bestätigt. Ich hebe den Blick auf mein Gesicht und betrachte meine aufgeplatzte Lippe und die deutliche Schwellung um mein linkes Auge. Mit einem Finger berühre ich meine schmerzende Wange. Mein Kinn zittert und ich unterdrücke ein Schluchzen, während ich auf meine Wunden starre.

Mein Vater hat gesagt, er hätte jemanden auf mich abgestellt, während ich in der Uni war. Ich hätte es wissen müssen. Ich wusste, dass es ein Fehler war, mit Alba und Sam ins Crossroads zu gehen. Mein Vater hat seine Methoden, alles herauszufinden. Er ist der Polizeichef von Post Creeks, James Winters. Ihm stehen einige Mittel zur Verfügung. Eines davon ist, dass er mich im Auge behalten kann, auch wenn ich fast vier Stunden entfernt in Bozeman bin. Wenn es nicht einer seiner neuen Lakaien war, der für ihn arbeitet, dann wohl der Sohn des Pastors. Soviel ich weiß, ist Aaron, der Sohn von Pastor Lawson, der Polizeiakademie beigetreten. Aaron ist zurzeit wahrscheinlich der größte Arschkriecher meines Vaters. James Winters hält jeden in dieser Stadt zum Narren. Nach außen hin ist er ein ehrbarer Bürger, ein geachteter Polizeichef und ein rundum gesunder Familienvater, der jeden Sonntag in der ersten Reihe in der Kirche sitzt. Dad ist in dieser Stadt zusammen mit Pastor Lawson aufgewachsen. Man kann sagen, die beiden sind gute Freunde. Mein Vater predigt das Wort Gottes in unserem Haus und verlangt von meiner Mutter und mir ein gewisses Benehmen.

Obwohl ich nicht glaube, dass Gott damit einverstanden wäre, dass er uns seine Meinung einprügelt.

Er ist kein Mann Gottes – er ist der Teufel in Menschengestalt.

Als ich meine Mutter in der Küche herumwuseln höre, gehe ich ins Bad, das meinem Schlafzimmer gegenüberliegt, um mich zu waschen. Mein Vater erwartet mich heute Morgen zum Frühstück am Tisch. Das ist eine seiner vielen Regeln: Die Mahlzeiten werden gemeinsam als Familie eingenommen. Familie. Was für ein Witz. Ich wasche mir das Gesicht und wechsle mein blutiges T-Shirt, während ich die Tränen unterdrücke, die zu fließen drohen, da der Schmerz mich zerreißt. Ich verharre für einen Augenblick und nehme einige beruhigende Atemzüge, um mich geistig und körperlich für den bevorstehenden Tag zu wappnen, bevor ich mich auf den Weg durch den Flur in die Küche mache. Als ich die Küche betrete, sitzt Dad am Tisch, mit einer Kaffeetasse vor sich. Er hat seine Uniform angezogen und ist bereit für den Tag. Er blickt nicht von seinem Telefon auf, als ich mir einen Stuhl heranziehe und mich ihm gegenübersetze. Meine Mutter verlässt ihren Platz am Herd, kommt zu mir herüber und küsst mich auf den Scheitel. „Morgen, Leah.“ Dann macht sie sich wieder ans Rührei, ohne mit der Wimper zu zucken – auch das bin ich gewohnt.

„Morgen, Mom“, murmle ich.

Eine Minute später stellt sie einen Teller mit Eiern, Würstchen und Toast vor meinem Vater ab, anschließend stellt sie das Gleiche vor mir hin. Doch bevor sie den Tellerrand loslassen kann, hält Dad sie auf. „Nein. Leah bekommt Haferflocken. Während ihrer Abwesenheit hat sich nicht nur ihr Verhalten verschlechtert, sondern auch ihr Gewicht.“

Scham überkommt mich und meine Wangen werden heiß. Ich habe fast mein ganzes Leben lang mit meinem Gewicht gekämpft. An einem Tag hatte ich den Körper eines kleinen Mädchens und am nächsten trug ich einen BH, um meine großen Brüste unterzubringen. Außerdem ragen meine Hüften über die Stuhlseiten hinaus, wenn ich sitze, und ich habe einen etwas rundlichen Bauch. Es dauerte nicht lange, bis die Kommentare meines Vaters über die Jahre hinweg mein Selbstbild veränderten. Die Rüpel in der Highschool waren auch nicht gerade hilfreich. Mein Vater bestand darauf, dass die Hänseleien meiner Mitschüler als Motivation zum Abnehmen dienen würden. Das war nicht der Fall. Wenn überhaupt, brachte es mich dazu, mein Aussehen noch mehr zu hassen. Klein und pummelig zu sein, gepaart mit krausem Haar und einer Brille, machte mich zu einer Zielscheibe. Dieselben Kinder, die mich in der Schule quälten, waren auch die, die sonntags in der Kirche neben mir saßen. Manchmal kann das Leben ganz schön krank und verdreht sein, vor allem für jemanden wie mich. Egal, wie schwierig die Dinge in der Schule waren, sie waren nie so schlimm wie mein Leben zu Hause. Es ist schon ziemlich verkorkst, wenn man seine Tage lieber mit den Kindern verbringt, die einen schikanieren, als nach Hause zu gehen und sich seinem Vater zu stellen.

Schließlich schaue ich von meinem Schoß auf, schiebe mir die Brille auf die Nase und sehe meinem Vater in die Augen. „Du wirst nie einen Mann finden, der dich nimmt, wenn du dich weiter so gehen lässt. Kein Mann will eine fette Frau, Leah.“

Er sollte es wissen. Mein Vater kontrolliert immer noch jeden Bissen, der in den Mund meiner Mutter wandert. Ich beiße mir auf die Unterlippe, während die Demütigung seiner Worte über mich hereinbricht.

Mom stellt eine Schüssel mit Haferflocken vor mich hin. Ich bleibe einige Sekunden lang sitzen. Mein Blick senkt sich abermals. Doch bei den Worten, die mein Vater als Nächstes ausspricht, schnellt mein Kopf in seine Richtung und alle Atemluft verlässt meine Lungen.

„Ich möchte, dass du heute nach Bozeman zurückfährst, deine Sachen packst und wieder zu Hause bist, bevor ich morgen meine Schicht antrete. Du bist fertig mit der Uni. Es war ein Fehler, dich dorthin zu schicken. Du hast dich als zu widerspenstig erwiesen, als dass ich dir erlauben könnte, deine Ausbildung außerhalb von zu Hause fortzusetzen.“

Mein Protest liegt mir auf der Zunge, aber mein Vater ermahnt mich mit seinem Blick, es besser zu lassen. In diesem Haus ist sein Wort Gesetz. Es wird nicht verhandelt und nicht gestritten. Es war ein Wunder, dass mein Vater mich überhaupt aufs College hat gehen lassen. Die Aufgabe einer Frau ist es, zu Hause zu bleiben und sich um ihren Mann und ihre Kinder zu kümmern. Arbeiten gehen und die Familie an der Seite ihres Mannes ernähren, ist nicht ihre Aufgabe. Nein, das würde sie zu einer Gleichgestellten machen. Mein Vater kann sich nicht vorstellen, einer Frau gleichgestellt zu sein. Er begründete seine Entscheidung, mich zur Uni gehen zu lassen, damit, dass er nicht glaube, dass ich einen Mann finden werde, der mich heiratet. Er sagte, ich müsse mich nützlich machen, damit ich für mich selbst sorgen kann. James Winters' Überzeugungen sind veraltet und er ist frauenfeindlich. Gott sei Dank hatten er und meine Mutter nie einen Sohn, dem sie seine verquere Denkweise weitergeben konnten.

„Habe ich mich klar ausgedrückt, Leah?“, schnauzt er, als ich nicht sofort antworte.

Ich schlucke. „Ja, Sir.“

Zufrieden mit meiner Antwort, steht mein Vater vom Tisch auf, geht zu meiner Mutter hinüber und küsst sie auf die Wange. Ich beobachte, wie sie ihre Augen schließt und sich in seine Berührung hinein lehnt. Nach fast zwanzig Jahren mit diesem Monster kann man immer noch die Liebe und Hingabe sehen, die sie für ihn empfindet. Ich möchte sie hassen. Ich möchte sie so sehr hassen wie ihn. Ich möchte sie packen, schütteln und fragen: „Wie kannst du ihn noch lieben? Warum lässt du zu, dass er uns das antut?“ Mom ist immer auf seiner Seite. Nicht, dass sie mich nicht lieben würde, denn das tut sie. Ich glaube nur, dass sie ihn mehr liebt.

In dem Moment, in dem Dad aus der Haustür geht und man seinen Wagen aus der Einfahrt fahren hört, setzt sich Mom auf den Stuhl neben mir. Sie streckt ihre Hand aus und berührt meine geprellte Wange. „Oh, Leah.“

Ich lasse endlich die erste Träne kullern.

„Warum musst du deinen Vater verärgern? Du wusstest doch, dass er jemanden beauftragen würde, nach dir zu sehen. Ich habe dir gesagt, dass du dich nicht mit den falschen Leuten einlassen sollst, Leah. Dein Vater hat mir von dem Kleid und der Bar erzählt. Er sagt, du verbringst viel Zeit mit einem Footballspieler und bist sogar bei ihm und einem schwangeren Mädchen eingezogen. Um Himmels willen, Kind.“ Mom schüttelt den Kopf.

Sie bezieht sich auf meine Freunde Sam und Alba. Meine einzigen Freunde. Zwei Menschen, die es geschafft haben, über mein Äußeres und meine wahnsinnige Unbeholfenheit hinwegzusehen und mein wahres Ich zu erkennen. Solche wahren Freunde hatte ich noch nie. Und jetzt bin ich gezwungen, sie und die Uni aufzugeben. Da ich keine Kraft habe, mich mit meiner Mutter auseinanderzusetzen, stütze ich mich mit einer Hand auf den Tisch und mit der anderen auf der Stuhllehne ab und stehe auf. Durch die Bewegung zwicken meine Rippen und ich wimmere. Mom schaut mit beschämtem Gesicht weg. „Ich mache mich jetzt fertig und fahre nach Bozeman“, sage ich ihr und verschwinde wieder in meinem Zimmer. Ich mache mir nicht die Mühe, meiner Mutter irgendetwas zu erklären. Es spielt keine Rolle, dass Sam nur ein Freund ist. Männliche Freunde sind gegen die Regeln und die habe ich gebrochen. Ich habe noch eine weitere missachtet, als ich mich so angezogen habe und in diese Bar gegangen bin. Es spielt keine Rolle, dass meine Handlungen harmlos waren. Entscheidend ist, dass ich die Grenzen überschritten habe, die mein Vater mir gesetzt hat.

„Es tut mir leid, Leah“, sagt sie, kurz bevor ich die Tür schließe. Ich spare mir eine Antwort.

Als ich mich auf den Weg zurück nach Bozeman machen will, sehe ich Mrs. Mae auf ihrer Veranda gegenübersitzen. Ich kenne Mrs. Mae schon mein ganzes Leben. Als Kind hatte ich keine Freunde, aber als ich fünf Jahre alt war, fuhr ich in der Gegend vor meinem Haus mit dem Fahrrad, als ich Musik aus einem offenen Fenster von Mrs. Maes Haus hörte. Es dauerte nicht lange, bis mich meine Neugierde übermannte und ich mich auf die andere Straßenseite schlich, um hineinzuspähen. Da entdeckte ich die Quelle der Musik – Mrs. Mae spielte Klavier. Ich war wie hypnotisiert.

„Willst du nur dastehen, Kind, oder möchtest du reinkommen?“, fragt sie.

Ich lächle breit und eile die Stufen ihrer Veranda hinauf. Mrs. Mae steht schon an der Tür, um mich zu begrüßen. „Du bist das kleine Mädchen der Winters, nicht wahr?“

Ich nicke und meine Locken fallen mir über die Augen. „Ich heiße Leah.“

„Freut mich, dich kennenzulernen, Leah. Mein Name ist Mae. Wie wäre es, wenn du reinkommst, während ich deine Mutter anrufe und ihr sage, wo du bist, damit sie sich keine Sorgen macht.“

„Okay, Mrs. Mae“

Ich beobachte, wie Mrs. Mae Mommy anruft. Sie sprechen eine Minute lang miteinander, bevor Mrs. Mae auflegt. Sie schenkt mir ein warmes Lächeln. „Würdest du gerne Klavier lernen?“

Ich nicke eifrig.

Das war der Tag, an dem Mrs. Mae mehr als nur eine Nachbarin wurde. Sie wurde meine beste Freundin und mein Zufluchtsort. Mrs. Mae brachte mir das Klavierspielen und das Kochen bei. Sie war meine Schulter, an der ich mich ausweinen konnte, wenn die Welt da draußen mich verschluckte und wieder ausspie. Es dauerte nicht lange, bis Mrs. Mae merkte, dass ich mich nach einer Art emotionaler Verbindung zu einem anderen Menschen sehnte. Sie hatte ihren Mann verloren, bevor sie die Chance hatten, eigene Kinder zu bekommen, und sie heiratete nie wieder. Ich war vielleicht noch ein Kind, aber ich glaube, ich war auch ihre beste Freundin.

Mrs. Mae steht von ihrem Platz auf der Veranda auf und winkt mich zu sich. Ich möchte nicht, dass sie meinen gegenwärtigen Zustand sieht, aber ich kann sie auch nicht ignorieren. Es ist ja nicht so, dass sie nicht die Spuren gesehen hätte, die der Gürtel meines Vaters hinterlassen hat. Neben meiner Mutter ist Mrs. Mae die einzige Person, die weiß, was in meinem Haus vor sich geht. Sie glaubt, ich würde nicht wissen, dass sie meinen Vater zur Rede gestellt hat, als ich zehn war. Ich war mit einem blauen Auge zu meiner Klavierstunde erschienen. Mrs. Mae bezahlte schwer für das Gespräch mit meinem Vater. Gleich in der nächsten Nacht wurde sie bei einem Einbruch überfallen. Sie erlitt ein gebrochenes Handgelenk und ihre Wohnung wurde durchwühlt. Ich wusste, dass mein Vater hinter dem Vorfall steckte, und ich vermute, dass Mrs. Mae das ebenfalls ahnte. Umso mehr habe ich sie dafür geliebt, dass sie versucht hat, sich für mich einzusetzen.

Als ich die Straße zu ihrem Haus überquere, schenkt mir Mrs. Mae ein breites Lächeln. Je näher ich komme, desto schwächer wird es. Mit einer zittrigen Hand hält sie sich den Mund zu. „Lieber Gott. Komm her, Kind.“ Sie nimmt mich in die Arme und führt mich ins Haus zum Küchentisch. „Setz dich hierher, damit ich dich ansehen kann.“ Ihr Gesicht verhärtet sich, als sie das Licht anknipst, um einen besseren Blick auf die Verletzungen zu werfen. „Es muss etwas getan werden. Jemand muss diesem Mann Einhalt gebieten.“

Ich lasse die Schultern sinken und schüttle den Kopf. „Man kann ihn nicht aufhalten. Mein Vater ist der Mann, zu dem die Leute gehen, wenn sie Hilfe brauchen. Leider funktioniert das nicht, wenn die Person, die dich beschützen sollte, dir auch noch wehtut.“

Mrs. Mae setzt sich auf den Stuhl neben mich und nimmt meine Hand in ihre. „Du solltest diesen Ort verlassen, Leah. Geh und sieh nie wieder zurück.“

Ich wische die Träne weg, die mir über die Wange läuft, sage aber nichts. Ich wünschte, es wäre so einfach – dass ich einfach in mein Auto springen und meine Probleme hinter mir lassen könnte. Ich habe kein Geld, keine Familie und kann nirgendwo hin. Es vergehen einige Minuten, bis Mrs. Mae aufsteht und mir den ersehnten Frieden beschert, nach dem ich mich gesehnt habe, als ich die Straße überquerte. „Komm und spiel etwas für mich, bevor du gehst.“

Ich setze mich auf die vertraute Bank mit Mrs. Mae an meiner Seite, fahre mit den Fingerspitzen über die vertrauten Tasten und lächle zum ersten Mal seit vierundzwanzig Stunden. Von dem Moment an, als meine Finger im Alter von fünf Jahren erstmals diese Klaviertasten berührten, wurde das Instrument zu meiner Flucht – eine Möglichkeit, all den Schmerz loszulassen. Das alte Klavier weint, wenn ich meinen Kummer in die Noten lege. Wenn ich die Augen schließe, verblasst die Welt um mich herum und ich verwandle meinen Schmerz in eine wunderschöne Melodie.

Die Sonne ist bereits untergegangen, als ich die Wohnung erreiche, die ich mit Sam teile. Vor ein paar Monaten habe ich Alba und Sam in der Universitätsbibliothek kennengelernt. Sie kamen eines Tages aus heiterem Himmel auf mich zu und fingen ein Gespräch an. Seitdem sind wir drei unzertrennlich. Sam kommt aus Texas und ist Footballspieler mit einem Stipendium an der Montana State University. Alba ist in meinem Alter und im ersten Studienjahr, genau wie ich. Sie ist aus Polson nach Bozeman gekommen. Lange Rede, kurzer Sinn: Alba hat erfahren, dass sie schwanger ist, und wollte auf dem Campus wohnen und Online-Kurse belegen. Sie und Sam fragten mich, ob ich mit ihnen in einer Wohnung wohnen wolle. Dummerweise dachte ich, mein Vater würde es nicht herausfinden. Es war Monate her, dass er mich wegen irgendetwas gerügt hatte. Ich dachte, wenn ich ihm wöchentlich Bericht erstatte und oft nach Hause komme, würde er nicht herumschnüffeln.

Als ich meinen alten Toyota vor der Wohnung parke, stelle ich den Motor ab und atme tief ein. Die vierstündige Fahrt war brutal. Bei jeder Kurve und jeder Bodenwelle, die ich passierte, wollte ich weinen. Die Schmerztablette, die ich vor Stunden eingenommen habe, hat wenig dazu beigetragen, die Beschwerden zu lindern. Ich schnappe mir meine Tasche vom Beifahrersitz, greife hinein und finde die Tablettendose, die ich suche. Ich schraube den Deckel ab, nehme zwei weitere Pillen heraus, stecke sie mir in den Mund und trinke eine halbe Flasche Wasser. Nachdem ich mich einen Moment gesammelt habe, suche ich den fast leeren Parkplatz nach Sams Wagen ab. Ich atme erleichtert auf, als ich ihn nicht sehe. Seit ein paar Wochen wohnt Alba nicht mehr hier. Sie hatte Ärger mit einem Stalker und ist zurück nach Polson gefahren. Die ganze Situation war beängstigend. Alba, Sam und ich waren zum Abendessen ausgegangen. Als wir in unsere Wohnung zurückkehrten, war sie durchwühlt worden. Und nicht nur das, es war auch noch eine unheimliche Nachricht für Alba hinterlassen worden. Ich brachte die erschrockene Alba nach Hause nach Polson, während Sam zurückblieb und sich um die Polizei kümmerte. Ich war schockiert, als Alba mich zu einem MC-Clubhaus lotste. Es stellte sich heraus, dass ihre Familie zu den Kings of Retribution gehört. Ich weiß nicht viel über den MC, aber ich lebe auch nicht so weit hinter dem Mond, dass ich nicht von ihnen gehört hätte. Wenn man einen Polizisten zum Vater hat, erfährt man so einiges. Alba hat nur Gutes über den Club erzählt. Um ehrlich zu sein, vertraue ich ihren Worten eher als denen meines Vaters.

Ich schüttle diese Gedanken ab, öffne die Autotür und steige aus, um mir den kalten Winterwind um die Nase wehen zu lassen. Ich ziehe meinen Mantel enger um mich und mache mich auf den Weg in die Wohnung. Zum Glück ist es nicht dasselbe Apartment, in das eingebrochen wurde. Sam hat es geschafft, dass wir in eine andere Wohnung ziehen konnten. Trotzdem ist es mir unheimlich, wenn ich allein zu Hause bin.

Mit meinem Schlüssel schließe ich die Tür auf und trete ein. Sobald ich verriegelt habe, schalte ich das Licht ein. Ich hatte vor, heute Nacht hierzubleiben und mich auszuruhen, bevor ich morgen packe und nach Hause fahre, aber Sam hat mir auf dem Weg hierher geschrieben, dass er die Wohnung seines Vaters früh verlassen hat und den ersten Flug aus Texas nehmen wird. Ich kann nicht riskieren, dass Sam mich in meinem jetzigen Zustand sieht, und ich ihm dann erklären muss, warum ich wegziehen werde. Also packe ich jetzt und fahre heute Abend nach Hause. Am liebsten würde ich mich hier in meinem Bett verkriechen, wo ich mich sicher fühle, und darauf warten, dass mein Freund nach Hause kommt. In meinem Zimmer lasse ich mich auf den Boden neben dem Kleiderschrank sinken, als mir ein Schluchzen entweicht. Ich fühle mich so hoffnungslos.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, während ich auf dem Boden kauere und meine Gefühle mich überwältigen, aber der Klang von Sams tiefer Stimme, als er meinen Namen ruft, lässt mich aufschrecken. Schnell ziehe ich mir die Kapuze meines Sweatshirts über den Kopf, um mein Gesicht zu verbergen, und wische mir mit dem Ärmel die Tränen weg, während ich mein Bestes gebe, um meinen Schmerz vor meinem Freund zu verbergen. Aber Sam entgeht nichts.

„Leah, was ist los?“, fragt er, seine Worte sind voller Sorge. „Nichts“, die Lüge verschlägt mir fast den Atem, während ich versuche, das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken.

Ich höre, wie er vorsichtig weiter hereinkommt. „Blödsinn. Sieh mich an, Leah.“ Sein Tonfall wird sanft. Er hockt sich hin, umklammert meinen Ellbogen und zwingt mich, ihm ins Gesicht zu sehen und ich wehre mich nicht. Ich habe nicht die Kraft dazu.

Sam holt scharf Luft, kurz bevor sein Blick einen mörderischen Ausdruck annimmt. Er ist sehr beschützerisch, wenn es um die geht, die ihm wichtig sind. „Was zum Teufel, Leah. Wer hat dir das angetan? Ich werde sie verdammt noch mal umbringen.“ Er bläht seine Nasenflügel auf.

Seine Sorge macht mich fertig und ich breche zusammen. Ein Aufschrei entfährt mir und Sam zögert nicht, mich in seine Arme zu nehmen. Ich ignoriere den Schmerz in der Seite, als er mich drückt. Doch mein Zusammenzucken bleibt nicht unbemerkt. Sein Körper strafft sich und er drückt mich sanft an seine Brust. Sein Blick fällt auf meinen Oberkörper. „Zeig es mir.“

Sams Augen glühen vor Intensität und ich gehorche tapfer seiner Aufforderung. Ich ziehe mein Sweatshirt über meine Rippen und zeige ihm die Spuren, die mein Vater hinterlassen hat.

„Leah“, knirscht Sam. „Wer hat dir das angetan?“

„Mein Vater“, stammle ich, während mir ein steter Strom von Tränen über das Gesicht rinnt.

„Ich …“ Ich atme tief ein. „Er zwingt mich, nach Hause zu kommen und die Uni abzubrechen.“

„Warte mal. Beruhige dich, Süße. Dein Vater hat dir das angetan?“

Ich nicke. „Ja. Mein Vater hat mich beobachtet und weiß, dass ich hier lebe – dass ich ins Crossroads gehe. Ich habe gegen die Regeln verstoßen, Sam.“

Sein Kiefer zuckt. „Er hat dir das angetan, weil du in eine Bar gegangen bist und bei mir wohnst?“

Ich weine noch heftiger. „Ja. Ich habe es vermasselt. Ich war nicht vorsichtig genug. Ich wollte doch bloß ein normales Leben führen. Ich wollte Freunde haben. Ich dachte, ich könnte glücklich sein und es vor ihm verbergen“, schluchze ich.