Kings of Retribution MC: Wick (Louisiana Chapter) - Sandy Alvarez - E-Book

Kings of Retribution MC: Wick (Louisiana Chapter) E-Book

Sandy Alvarez

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Beschreibung

Malik "Wick" Dawson ist der Vizepräsident des Kings of Retribution MC in New Orleans. Der Zusammenhalt und die Loyalität der Bruderschaft geben ihm ein Gefühl von Sinn und Zugehörigkeit, die er nach Jahren des Dienstes für sein Land vermisste. Aber alle Männer haben ihre Dämonen, und Wick leidet unter dem Schmerz und der Schuld, seinen Jugendfreund verloren zu haben, als sie Seite an Seite im Krieg kämpften. Bevor er starb, nahm Damien Wick das Versprechen ab, seine kleine Schwester Vayda zu beschützen, falls ihr etwas zustoßen sollte. Seitdem wacht Wick über die Schwester seines gefallenen Kameraden. Dann, eines Nachts, küsst er sie. Das hätte nie passieren dürfen. Hin- und hergerissen zwischen seinem Verlangen und seinem Versprechen distanziert er sich von Vayda, um dem überwältigenden Bedürfnis zu entgehen, Vayda für sich zu gewinnen. Als eine Rettungsmission gefährdet ist und Vaydas Leben auf dem Spiel steht, hält Wick nichts mehr zurück. Er macht sich auf die Suche nach ihr - bereit, jeden Gegner zu erledigen, der sich ihm in den Weg stellt. Vayda "Tequila" Wilder entstammt einer langen Reihe von Militärs: Großvater, Vater und ihr Bruder Damien. Direkt nach der High School verwirklichte sie ihren Traum, eine der besten Hubschrauber-Pilotinnen zu werden. Mit ihrer jahrelangen Erfahrung übernimmt Vayda geheime Missionen und rettet zusammen mit dem Kings of Retribution MC unzählige Menschenleben aus den Fängen eines Kartells von Menschenhändlern. Bei ihren Einsätzen kreuzen sich ihre Wege mit Malik. Ein unvergesslicher Kuss verändert alles. Vayda vergräbt sich tief in die Söldnerarbeit, in der Hoffnung, dass sie dadurch von dem Mann, den sie liebt, abgelenkt wird. Doch dann wird sie von dem Kartell gefangengenommen. Malik und der Kings of Retribution MC werden zu Vaydas einziger Hoffnung, lebend dieser Hölle zu entkommen. Teil 12 der packenden Reihe rund um den Kings of Retribution Motorcycle Club der USA Today-Bestsellerautorinnen Sandy Alvarez und Crystal Daniels.

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Crystal Daniels & Sandy Alvarez

Kings of Retribution MC Teil 12: Wick (Louisiana Chapter)

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Svenja Ohlsen

© 2019 by Crystal Daniels & Sandy Alvarez unter dem Originaltitel „Wick (Kings of Retribution Louisiana Book 2)“

© 2024 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-710-9

ISBN eBook: 978-3-86495-711-6

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Buch oder Ausschnitte davon dürfen ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Herausgebers nicht vervielfältigt oder in irgendeiner Weise verwendet werden, außer für kurze Zitate in einer Buchbesprechung.

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Epilog

Autorinnen

Prolog

Wick

Ein Rascheln reißt mich aus dem Schlaf. Ich öffne die Augen und sehe Damien auf der Bettkante sitzen und etwas auf ein Stück Papier kritzeln. „Warum bist du wach? Wir müssen doch erst in drei Stunden aufstehen.“

Damien schaut von seinem Papier auf. „Ich kann nicht schlafen.“

Ich setze mich auf, schwinge meine Beine über den Rand der Koje und greife nach meinen Zigaretten. Ich zünde mir eine an und ziehe den Rauch tief ein. „Mir ist aufgefallen, dass du seit deiner Ankunft hier wenig geschlafen hast.“

„Du weißt ja, wie es ist.“ Damien zuckt mit den Schultern.

Vor drei Wochen landete Damiens Einheit in Kabul. Ich war begeistert, als ich erfuhr, dass wir unseren Einsatz gemeinsam beenden würden. Damien und ich haben zusammen die Highschool abgeschlossen, die Grundausbildung absolviert und wurden drei Jahre nach Dienstantritt gemeinsam nach Afghanistan entsandt. Das war vor zehn Jahren. Vor zwei Jahren traten wir den Special Forces bei. Seitdem haben wir dreimal Seite an Seite gedient. Wir haben noch acht Wochen vor uns bis zur Heimkehr. Damiens Schlafmangel ist mir besonders aufgefallen, seit wir die Koje teilen. „Willst du darüber reden?“

Damien hält mit dem Stift in der Hand inne, aber er schaut nicht auf. „Nein, mir geht es gut. Ich bin nur unruhig. Ich denke viel an zu Hause.“

Ich ziehe noch einmal an meiner Zigarette. „Verstehe ich. Noch acht Wochen, Bruder.“

Wir schweigen, bis Damien plötzlich seine Arbeit unterbricht und mich ernst ansieht. „Malik, kann ich dich um einen Gefallen bitten?“

„Natürlich. Du bist mein bester Freund. Was brauchst du?“

„Versprich mir, dass du dich um Vayda kümmerst, falls mir etwas zustößt.“

Seine Bitte überrascht mich. Der Gedanke, dass ihm etwas passieren könnte, gefällt mir nicht, aber ich stimme zu. „Du hast mein Wort.“

Ein düsterer Ausdruck huscht über sein Gesicht. „Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.“

Damien beendet sein Schreiben, faltet das Papier und steckt es in einen Umschlag. „Noch eine Sache.“ Er schiebt mir das Kuvert zu. „Falls ich nicht nach Hause komme, gib das meiner Schwester. An ihrem Hochzeitstag.“

Ein komisches Gefühl beschleicht mich bei der Erwähnung von Vaydas Hochzeit. Ich schüttle es ab und sehe Damien mit schmalen Augen an. „Du tust so, als würdest du nicht mit mir zurückkommen.“

„Malik, es tut mir leid, dass ich dich damit belaste. Die Wahrheit ist, ich schlafe schlecht, weil mir so viel durch den Kopf geht. Ich werde ruhiger schlafen können, wenn ich weiß, dass sich jemand um meine Schwester kümmert. Und ich kann mir keinen besseren Mann für diese Aufgabe vorstellen als dich.“

„Verdammt, Mann.“ Ich seufze. „Okay. Es tut mir leid.“ Ich nehme ihm den Umschlag ab. „Falls etwas passiert, sorge ich dafür, dass sie ihn bekommt. Aber dazu wird es nicht kommen. Du wirst ihr selbst sagen, was drinsteht, wenn sie irgendeinen Kerl heiratet.“

„Warum bist du so wütend wegen des hypothetischen Ehemanns meiner Schwester?“ Damien verengt seine Augen, doch ich sehe auch den Humor darin aufblitzen.

„Halt die Klappe, Arschloch.“ Ich stecke den Umschlag in meine Hosentasche und lege mich zurück ins Bett. „Können wir jetzt bitte schlafen?“ Ich werde ihm sicher nicht sagen, dass ich in seine kleine Schwester verknallt bin. Der Gedanke, dass sie heiratet, macht mich rasend. Das würde nicht gut ankommen.

Damiens leises Lachen ist das letzte, was ich höre, bevor ich wieder einschlafe.

Am nächsten Tag brennt die Sonne auf uns herab, als wir durch ein fast verlassenes Städtchen laufen. Das Dorf wurde vor einem Monat angegriffen und gleicht einer Geisterstadt. Die Verluste waren hoch, die Hälfte der Gebäude sind zerstört worden. Damien und ich patrouillieren mit ein paar anderen Soldaten durch die Straßen, während ein Armee-Geländewagen uns folgt. Dabei halten wir Ausschau nach potenziellen Bedrohungen. „Ich kann es kaum erwarten, die nächsten acht Wochen zu überstehen und endlich nach Hause zu gehen“, sagt Damien neben mir begeistert.

„Zwei Wochen. Das ist alles, was wir bekommen, bevor sie uns zum nächsten Einsatz schicken“, erinnere ich ihn.

„Zwei Wochen mit meiner Familie und meinem Mädchen zu Hause.“ Damien grinst und stößt mich an. „Feierst du Thanksgiving mit deinen Lieben?“

„Ja. Mom hat schon alles geplant. Sie konnte von nichts anderem erzählen in ihrer letzten Mail. Ich wünsche mir nichts mehr, als in einem anständigen Bett zu schlafen und ihre Hausmannskost zu essen.“ Wir halten an, als wir auf einen Lastwagen mit Hühnerkisten stoßen. Damien ruft den Männern, die etwas weiter entfernt von uns stehen, in ihrer Muttersprache zu: „Bewegung!“ Doch sie ignorieren seinen Befehl und tuscheln miteinander, bevor sie uns mitteilen, dass der Lkw nicht anspringt.

„Verdammt“, murmle ich. „Ich habe mich nicht verpflichtet, um kaputte Lastwagen zu reparieren und stinkende Hühner bei vierzig Grad zu transportieren.“ Ich signalisiere, dass ich helfen werde, damit wir schnell wieder zu unserem Basislager zurückkönnen. „Los, lasst uns das Ding aus dem Weg schaffen.“ Wir bewegen uns auf das Heck des Trucks zu. Kaum haben wir den hinteren Reifen erreicht, werde ich von einer Explosion geblendet und nach hinten gegen eine Betonwand geschleudert.

Orientierungslos schaue ich mich um und suche mein Team. Ich schüttle den Kopf, um die Benommenheit zu vertreiben.

„Malik!“ Ich höre meinen Namen. „Malik!“

Ich erkenne Damiens Stimme, bevor ich spüre, wie ich einige Meter weit gezogen werde. Sein Gesicht taucht vor meinem auf. Er bewegt die Lippen, aber das Klingeln in meinen Ohren lässt mich kaum verstehen, was er sagt. Als ich wieder zu mir komme, strahlt ein heißer Schmerz über meine linke Seite. „Shit. Halt durch, Bruder. Wir bringen dich hier raus.“ Damien versucht, meine Verletzungen zu begutachten, während ich die Zähne vor Schmerz zusammenbeiße.

Ich sehe zu ihm auf. „Wo zum Teufel ist dein Helm, Soldat?“

„Du blutest stark, Malik.“ Er ignoriert meine Frage und versucht, die Blutung zu stillen.

„Wie schlimm ist es?“, frage ich.

„Du schaffst das, Malik. Du wirst wieder gesund.“

„Wenn etwas passiert und ich es nicht packe, sag meiner Familie, dass ich sie liebe“, erwidere ich und sehe die Schwere meiner Worte in seinem Gesicht.

Kapitel 1

Wick

Ich verlasse den Highway und fahre in Richtung Twisted Throttle, der Bar, die ich gemeinsam mit meinem langjährigen Freund und Präsidenten unseres Clubs, Riggs, betreibe. Die Fahrt von Texas nach New Orleans dauert acht Stunden. In diesen acht Stunden, in denen ich mit meinen Gedanken allein bin, geht es mir nicht gerade besser als vor einer Woche, als ich New Orleans verließ, um der einen Frau aus dem Weg zu gehen, die sich für immer in meine Seele gebrannt hat. Als ich vor der Bar anhalte, sehe ich die rote KRGT-1, die zwischen Novas und Fenders Motorrädern steht. Ich weiß, dass es jetzt am klügsten wäre, umzudrehen und direkt zum Clubhaus zu fahren, aber weil ich anscheinend masochistisch veranlagt bin, halte ich an und parke auf meinem üblichen Platz; eine von mehreren Parklücken, die für die Besitzer und Clubmitglieder reserviert sind.

Ich stelle den Motor ab und bleibe auf meinem Motorrad sitzen, während ich eine Zigarette aus meiner Kutte ziehe und sie anzünde. Ein paar Stammgäste verlassen die Bar und nicken mir zu, während sie die Straße hinuntergehen. Ein Blick auf meine Uhr zeigt mir, dass es bald Mitternacht ist. Ich werfe meine Zigarette auf den Bürgersteig und steige von meiner mitternachtsblauen Custom Fat Bob, während ich die Stimme in meinem Kopf ignoriere, die mich auffordert, mich aus dem Staub zu machen, bevor ich die Bar betrete. Ich muss sie nicht einmal suchen, denn ich scheine wie magnetisch von ihr angezogen zu werden. Mein Blick bleibt an Vayda hängen, sobald ich eintrete. Als ob sie meine Anwesenheit spüren könnte, dreht sie sich auf ihrem Platz an der Bar um und sieht mir in die Augen. Selbst von der anderen Seite des Raumes aus kann ich den Aufruhr in diesen bernsteinfarbenen Augen erkennen. Meine Finger zucken an meinen Seiten und ich möchte sie berühren. Stattdessen schiebe ich mein Bedürfnis beiseite und richte meine Aufmerksamkeit auf Riggs, der an der Bar bedient. Doch der kurze, verletzte Ausdruck, der über Vaydas Gesicht huscht, lässt mich alles andere als kalt.

Als ich mich an die Bar begebe, spürt mein Bruder meine düstere Stimmung und reicht mir, ohne ein Wort oder eine bohrende Frage zu verlieren, einen Whiskey sowie ein kaltes Bier. Ich nicke ihm zu, setze den Whiskey an die Lippen und ignoriere das Brennen, als der Schnaps meine Kehle hinunterrinnt. Ich schließe die Augen und lasse mich von der Musik berieseln, die den Raum erfüllt. Auf der kleinen Bühne am anderen Ende der Bar sitzt Fender und zupft auf seiner Gitarre herum.

Es gibt Tage, an denen sich der Strudel der Hölle zu öffnen droht und mich in die Tiefen der ewigen Verdammnis reißen will; Tage, an denen meine Vergangenheit und meine Albträume mich ganz verschlingen und mich an die Dämonen erinnern, die in den Schatten lauern. Heute ist einer dieser Tage. Ich weiß, dass sie der Grund dafür ist. Vayda zu sehen, erinnert mich ständig daran, wie ich nicht nur Damien, sondern auch sie im Stich gelassen habe.

Vayda tauchte vor ein paar Wochen auf, als im Club und bei Luna, Prez’ Frau, einiges im Argen lag. Sie hatte beschlossen, in der Stadt zu bleiben und es sich im Clubhaus gemütlich zu machen.

Vayda Wilder ist seit einigen Jahren mit dem Club befreundet, aber ich kenne sie, seit sie ein Kind war. Sie ist die kleine Schwester meines Jugendfreundes Damien. Vayda, Damien und ich sind zu Hause in Texas zusammen aufgewachsen. Wir kommen beide aus Militärfamilien. Als die Wilders in das Haus neben meiner Familie einzogen, wurden Mr. Wilder und meine Eltern sofort Freunde, ebenso wie ich und Damien. Unsere Väter arbeiteten auch zusammen. Ich war ein Einzelkind, während Damien eine Schwester hatte: Vayda. Ich merkte bald, dass, wo immer Damien war, Vayda nicht weit sein konnte. Es war nicht schwer, zu erkennen; sie vergötterte ihren großen Bruder. Um ehrlich zu sein, störte es mich nicht, dass Damiens kleine Schwester immer dabei war, wenn wir unterwegs waren. Es dauerte nicht lange, bis sie auch wie eine Schwester für mich wurde. Als Damien und ich zusammen in unserem Highschool-Footballteam spielten, war sie unsere größte Cheerleaderin. Keine richtige, denn kurze Röcke und Pompons waren nicht ihr Stil, aber sie war die Lauteste auf der Tribüne.

Ich erinnere mich an ein bestimmtes Spiel; es war das Meisterschaftsspiel unserer Schule. Ich erzielte einen Touchdown, und als Vayda meine Trikotnummer rief, drehte ich mich zur Tribüne und grinste sie breit an. Ich habe sie nie mit mehr als brüderlicher Zuneigung angeschaut, aber Damien muss in diesem Moment etwas in meinem Gesicht gesehen haben, denn er drehte sich zu mir um und sagte: „Wenn du irgendetwas mit meiner kleinen Schwester versuchst, bringe ich dich um.“ Wohlgemerkt, er sagte diese Worte mit einem Lächeln im Gesicht, aber die Warnung in seinen Augen war nicht zu übersehen.

Als ich das unverwechselbare Lachen am Ende der Bar höre, lasse ich meine Gedanken an die Vergangenheit hinter mir und richte meine Aufmerksamkeit auf Vayda, die auf einem Hocker neben Nova sitzt. Ich verkrampfe mich und knirsche mit den Zähnen bei dem Anblick meines Bruders, der sich dicht zu ihr herüberlehnt und dann etwas sagt, das sie zum Lächeln bringt. Die Bierflasche in meiner Hand droht unter dem schraubstockartigen Griff zu zerbersten, mit dem ich sie festhalte.

Besser diese Flasche als Novas Kopf.

„Was zum Teufel knurrst du so vor dich hin, Wick?“, brummt Riggs hinter der Theke. „Du siehst aus, als würdest du gleich einen verdammten Schlaganfall bekommen.“

Ich werfe Riggs meinen düstersten Blick zu. Er legt den Kopf schief und schaut an das Ende der Bar, wohin ich eben noch geschaut hatte. Dann sieht mich der Bastard mit einem verfluchten Grinsen an. Ich habe große Lust, ihm die Fresse zu polieren. „Du weißt, dass er dich absichtlich verarschen will? Cain würde sich nie an deine Frau ranmachen, egal, was für eine verdammte männliche Hure er ist.“ Cain, der im Club aus offensichtlichen Gründen als Nova, kurz für Casanova, bekannt ist, ist Riggs’ Zwillingsbruder. Außerdem ist er eine Nervensäge.

Ich nehme einen Schluck von meinem Bier. „Ich weiß nicht, wovon du redest, Prez. Vayda ist nicht meine Frau.“

Riggs schüttelt den Kopf, nimmt die leere Flasche, die ich ihm entgegenschiebe, und wirft sie in den Mülleimer unter der Bar. „Das glaubt dir keine Sau.“ Riggs holt ein frisches, kaltes Bier hervor und stellt es vor mir ab. Ich nehme es mit einem finsteren Blick entgegen. Riggs weist mich auf meine Lügen hin, weil er mich besser kennt als jeder andere und meinen Schwachsinn durchschaut. Ich hasse das verdammt noch mal. Ich kenne ihn, seit wir zusammen bei den Special Forces waren. Er ist auch der einzige Bruder, der von Damien weiß und von dem Tag, an dem ich es vermasselt und meinen besten Freund getötet habe. „Ich erkenne es an der Art, wie du sie ansiehst, Bruder. Ich wage auch eine wilde Vermutung und behaupte, dass sie der Grund dafür ist, dass du die letzte Woche nicht in der Stadt warst.“

Ich grunze lediglich.

„Lass dir nur nicht zu lange Zeit, deinen Scheiß zusammenzukriegen.“ Mit diesen abschließenden Worten geht Riggs davon. So ungern ich es auch zugebe, er hat nicht unrecht. Vor einer Woche habe ich mich entschuldigt, um meine Mutter in Texas zu besuchen. Die Wahrheit war, dass mir Vaydas ständige Nähe unter die Haut ging. Ich musste gehen, bevor ich etwas Dummes tat. Zum Beispiel, sie für mich zu beanspruchen. Sie zu ficken. Jedem Wichser in dieser Bar zeigen, dass sie zu mir gehört.

Als ich ein weiteres Mal zum Ende der Bar schaue, begegne ich abermals Vaydas Blick. Augen in der Farbe von Whiskey und Sonnenschein. Sie starrt mich unverblümt an. Die Anziehungskraft, die wir füreinander empfinden, ist kein Geheimnis, aber wenn sie die Wahrheit über meine Rolle bei dem, was ihrem Bruder passiert ist, herausfände, würde sie mich nicht so ansehen, wie sie es jetzt tut. Mein Schwanz drückt gegen den Reißverschluss meiner Jeans, als sie ihr Bier an die Lippen führt, einen Schluck nimmt und dann mit der Zunge über ihre Unterlippe fährt. Vayda ist sexy, ohne sich anstrengen zu müssen. Verdammt, sie macht mich steinhart, wenn ich lediglich dieselbe Luft atme wie sie. Ich schüttle diese Gedanken ab, wende mich um und stehe auf.

„Haust du ab, Bruder?“, fragt Riggs.

„Ja. Ich bin noch müde von der Heimfahrt. Ich bin auf dem Weg zurück ins Clubhaus.“ Ich klopfe mit den Fingerknöcheln auf die Theke und mache auf dem Absatz kehrt. Es kostet mich all meine Selbstbeherrschung, nicht zurückzublicken, als ich aus der Tür des Twisted Throttle trete.

Als ich vor dem Clubhaus, das direkt am Fluss liegt, vorfahre, joggt der Prospect des Clubs, Everest, der draußen steht und mich kommen sieht, zum Tor, zieht es auf und lässt mich ein. Ich parke, stelle den Motor ab und steige von meinem Motorrad. „Ist das Tor wieder kaputt?“, frage ich Everest.

Er nickt. „Ja. Das verdammte Ding hat ständig einen Kurzschluss. Kiwi wird sich das morgen mal ansehen.“

Mit einem kurzen Nicken gehe ich ins Clubhaus. Everest ist jetzt seit über einem Jahr bei den Kings und auf dem besten Weg, sich sein Patch zu verdienen. Riggs hat die Art und Weise, wie Everest die Situation mit Luna gemeistert hat, zur Kenntnis genommen; er wird den Jungen bald aufnehmen. Everest ist derzeit unser einziger Prospect. Nachdem Lunas Ex, Rex Sullivan, der inzwischen verstorbene Präsident von Savage Outlaw, unseren anderen Anwärter, Track, getötet hat, hatte es der Club nicht eilig, einen Ersatz zu finden.

Sobald ich das Clubhaus betrete, begrüßt mich Josie hinter der Theke mit einem warmen Lächeln. Josie ist eines von zwei Clubmädchen. Sie ist klein und hat die Art von Kurven, die jedem Mann das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Außerdem trägt sie eine rote Lockenpracht. „Hallo, Fremder.“

„Hey, Süße. Wo sind denn alle?“, frage ich und setze mich.

Josie wirft den Lappen, mit dem sie geputzt hat, beiseite und stützt sich mit den Ellbogen auf der Theke ab. „Sie sind alle ausgegangen. Heute Abend sind nur Payton, Everest und ich hier.“ Josie mustert mich einen Moment lang und fragt dann: „Geht es dir gut, Wick?“

Ich fahre mir mit den Händen über mein Gesicht und stelle fest, dass eine Rasur fällig ist. „Es waren ein paar lange Wochen, Darling. Das ist alles.“

„Ja, das denke ich mir. Du weißt, ich bin da, wenn du darüber reden willst.“ Josie wirft mir einen wissenden Blick zu. Offenbar hat jeder meine Stimmung mitbekommen und gemerkt, wie sehr mich Vaydas Anwesenheit verunsichert hat. Zum Glück wechselt Josie das Thema. „Und, wie geht es deiner Mom? Hattest du eine gute Reise nach Hause?“ Josie kommt hinter der Bar hervor und setzt sich auf den Hocker neben mich.

„Ihr und Pop geht es gut. Sie hat ihn endlich davon überzeugt, mit ihr nach Kalifornien zu fahren. Ich habe ihnen bei den Reisevorbereitungen geholfen und dafür gesorgt, dass die Nachbarn vorbeikommen, um die Post abzuholen, während sie weg sind.“

„Das ist toll von dir, Wick. Ich hoffe, sie haben eine großartige Zeit.“ Josie schenkt mir ein aufrichtiges Lächeln. Das ist etwas, was ich an unseren beiden Clubmädchen, Payton und Josie, bewundere. Beide sind verdammt fürsorglich, dulden kein Drama und fangen auch keines an. Sie sind entspannt und nehmen ihre Arbeit hier im Clubhaus ernst.

Josie tätschelt mir den Oberschenkel. „Kann ich dir etwas zu trinken holen, oder gehst du jetzt schlafen?“

Ich will gerade Josies Angebot auf einen Drink ablehnen und in mein Zimmer gehen, als die Tür zum Clubhaus aufspringt. Nova schreitet hindurch und Vayda schlendert hinter ihm herein. Er geht weiter auf die Bar zu, während Vayda innehält. Die Zeit bleibt für einen Moment stehen, als ich ihren Anblick von Kopf bis Fuß in mich aufnehme, die gesamten etwa einen Meter fünfundsiebzig. Sie trägt ein Paar Jeansshorts, die ihre langen, durchtrainierten Beine zeigen, und schwarze Combat Boots. Mein Blick wandert nach oben, wo sich ihre vollen Brüste gegen das jägergrüne Top, das sie trägt, abzeichnen, dann noch weiter hinauf, wo ihre dicken nachtschwarzen Haare in sanften Wellen den oberen Teil ihrer Schultern küssen, bevor er auf ihren Augen landet. Augen, in denen in diesem Moment ein verletzter Ausdruck steht, während sie mich kurz anblickt und dann schnell nach unten schaut, wo Josies Hand auf meinem Oberschenkel ruht. Nur für den Bruchteil einer Sekunde ist dieser Ausdruck sichtbar. Josie muss diesen Blick ebenfalls gesehen haben, denn sie nimmt ihre Hand von mir, als hätte sie sich verbrannt. Wie gesagt, die Mädchen wollen wirklich kein Drama.

„Es tut mir leid, Wick“, entschuldigt sich Josie im selben Moment, als Vayda sich wortlos nach oben zurückzieht.

„Es muss dir nicht leidtun, Darling.“ Ich stehe auf und küsse Josie auf den Kopf. Als ich den Raum durchquere und zur Tür hinausgehe, ruft Nova mir hinterher.

„Es ist auch schön, dich zu sehen, Bruder.“

„Fick dich“, erwidere ich in demselben neckischen Ton, was Nova zum Lachen bringt. Ich hatte geplant, heute Nacht im Clubhaus zu übernachten, aber ich traue mir nicht, wenn Vayda unter demselben Dach schläft.

Ich steige auf mein Bike, starte es und lasse den Motor aufheulen. Als ich zum Fenster im zweiten Stock hinaufschaue, durch das Licht scheint, sehe ich Vayda, die auf mich herabblickt. Wir starren uns einige Sekunden lang gegenseitig an. Diesmal ist sie die Erste, die die Verbindung unterbricht. Kopfschüttelnd klappe ich den Ständer hoch und fahre vom Parkplatz des Clubhauses.

Der Weg zu mir nach Hause ist kurz. Ich wohne etwa zehn Minuten vom Clubhaus entfernt. Ich habe mein Haus zwei Jahre nach meinem Beitritt zum Club gekauft. Als ich es das erste Mal sah, wusste ich sofort, dass ich es haben musste. Ich kaufte das Haus im viktorianischen Stil von 1936 zu einem Spottpreis. Riggs hatte versucht, mir den Kauf des baufälligen Gebäudes auszureden, aber ich bestand darauf. Ich erzählte meinem Freund nicht, warum ich das Haus wirklich wollte. Ich erzählte ihm nicht, dass Vayda, als sie dreizehn war, davon träumte, zu heiraten und in einem blauen viktorianischen Haus mit schwarzen Fensterläden zu wohnen. Sie hatte schon damals sehr konkrete Vorstellungen. Mit der Hilfe meiner Brüder haben wir das alte Haus in knapp eineinhalb Jahren restauriert. Es ist zweihundertachtzig Quadratmeter groß, hat vier Schlafzimmer, drei Bäder und eine komplett erneuerte Küche mit einem angrenzenden Wintergarten mit deckenhohen Fenstern.

Ich fahre in die Einfahrt und lenke mein Bike in die angebaute Garage, bevor ich absteige und die Küche durch den Seiteneingang betrete. Ich schalte das Licht zu meiner Rechten ein, um das Haus zu beleuchten, und gebe den Code in die Alarmanlage ein. Dann werfe ich meine Schlüssel auf den Tresen, gehe um die Kücheninsel herum und steuere auf den Kühlschrank zu. Ich öffne ihn und seufze, als mich nichts als gähnende Leere und ein paar Bierflaschen empfangen. Eine davon greife ich mir, öffne den Deckel und nehme einen Schluck, während ich durch den Türbogen ins Wohnzimmer gehe. Ich bleibe stehen und starre auf den riesigen, leeren Raum. Mein ganzes Haus steht leer, bis auf mein Schlafzimmer und einen kleinen Tisch in der Küche.

Mehrere meiner Brüder haben mich von Zeit zu Zeit aufgezogen und gefragt, warum ich so ein riesiges Haus habe, aber mir nicht die Mühe mache, es einzurichten. Meine Ausrede ist immer die gleiche: Ich habe keine Zeit. Die Wahrheit ist, dass ich mich nicht wohl dabei fühle, es fertigzustellen. Dieser Ort ist Vaydas Traumhaus. Ein Teil von mir fühlt, dass es nicht meine Aufgabe ist. Das Perverse an der ganzen Situation ist, dass sie keine Ahnung hat, dass dieser Ort existiert. Sie würde mich wahrscheinlich für verrückt halten, wenn sie es wüsste. Ich meine, Vayda erinnert sich wahrscheinlich nicht einmal mehr an das Gespräch, das sie mit dreizehn mit mir hatte.

Ich schüttle die Erinnerungen an die Vergangenheit ab, durchquere das Wohnzimmer und steige die Treppe hinauf zum Ende des Flurs, wo sich mein Schlafzimmer befindet. Meine Kutte streife ich ab und lege sie über den Stuhl neben dem Bett.

Als ich ins Bad gehe, um zu duschen, ziehe ich mein T-Shirt und meine Jeans aus und werfe sie auf den Boden. Vor dem Spiegel betrachte ich die Narben, die sich über die linke Seite meines Unterleibs und entlang meiner Rippen bis zu meinem Rücken ziehen. Meine Narben sind zackig und sehen böse aus. Außerdem erinnern sie mich an den schlimmsten Tag meines Lebens. Der Tag, an dem mir der Teufel persönlich einen Besuch abstattete und meine Zukunft für immer veränderte.

Nachdem ich geduscht habe, ziehe ich mir eine graue Jogginghose an und gehe zu dem Schreibtisch, den ich vor dem Fenster aufgebaut habe. Da ich weiß, dass ich heute Nacht nicht viel Schlaf finden werde, beschließe ich, den Computer hochzufahren und die Buchhaltung für den Club und die Bar zu machen.

Als ich mit dreißig Jahren aus dem aktiven Dienst ausschied, stürzte ich mich kopfüber in die Fortführung meiner Ausbildung. Nachdem ich die Highschool abgeschlossen hatte, boten mir mehrere Colleges Stipendien an, darunter auch die Columbia. Die Uni war jedoch nicht meine Berufung. Meinem Land zu dienen, das war es, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Sobald mein Traum zu Ende war, habe ich meinen ganzen Ehrgeiz in etwas gesteckt, in dem ich in der Schule hervorragend war. Ich konnte schon immer gut mit Zahlen umgehen. Zahlen ergeben für mich Sinn. Also ging ich, ohne zu zögern, wieder zur Uni und machte meinen Bachelor-Abschluss in Mathematik an der University of California-Berkeley. Ich brauchte vier Jahre, bis ich meinen Abschluss in der Tasche hatte. Als ich fertig war, wusste ich nicht, in welche Richtung ich als Nächstes gehen sollte.

Zu diesem Zeitpunkt trat Riggs wieder in mein Leben. Er und ich hatten in meinen letzten beiden Jahren bei den Special Forces zusammen gedient. Nach meinem Ausscheiden aus dem Dienst hatten wir hin und wieder Kontakt gehalten, aber als er mich eines Tages anrief und mich nach New Orleans einlud, ergriff ich die Chance, meinen Freund wiederzusehen. Als ich hier ankam, erzählte mir Riggs, was er seither gemacht hatte, wie er in Montana gelebt hatte und dem MC beigetreten war. Kurz nachdem er Mitglied der Kings geworden war, wurde sein Großvater krank, und er musste seinen Club für längere Zeit verlassen.

Kapitel 2

Tequila

Nachdem ich die Nacht schlecht geschlafen habe, beschließe ich, schnell zu duschen, bevor ich mich zum Schießstand aufmache. Vielleicht helfen ein paar Schießübungen, meine Wut zu besänftigen.

Wem will ich hier etwas vormachen? Ich bin wütend, weil mich die Eifersucht im Griff hat, nachdem ich Malik mit einem der Clubmädchen gesehen habe. Also nehme ich ein früheres Angebot der Jungs an, packe meine Ausrüstung ein, schnalle sie auf mein Bike und fahre in Richtung Stadt.

Vor dem Laden für militärische und Outdoor-Ausrüstung, der dem Club gehört, parke ich mein Motorrad neben den anderen. Ich werfe mir die Tasche über die Schulter und gehe hinein, wo ich Everest sofort hinter dem Tresen entdecke. „Hey, Tequila.“

Ich begrüße ihn mit einem Lächeln und frage: „Sind die Jungs hinten?“

„Ja. Geh einfach durch.“

Er macht sich wieder an die Arbeit, ich durchquere den Raum und öffne die Tür, die zum überdachten Schießstand auf der Rückseite des Ladens führt. Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich mir die Zeit nehme, den Schießstand zu nutzen, seit Riggs und seine Männer den Laden eröffnet haben.

Als ich um die Ecke biege, komme ich in einen kleineren Raum, der durch ein großes Fenster abgetrennt ist und einen Blick auf den Schießstand bietet. Sofort entdecke ich Nova, Fender und Kiwi, lege meine Ausrüstung auf den leeren Tisch im Raum und packe meine Waffe aus. Mit ihr an der Seite und ein paar Schachteln Munition in der Hand betrete ich den Schießstand.

Nova schaut zu mir herüber. Er setzt seine Waffe ab, nimmt seinen Gehörschutz herunter und lässt die Kopfhörer um seinen Hals hängen. „Hey, Schönheit. Willst du uns deine berüchtigten Schießkünste vorführen, von denen wir alle schon so viel gehört haben?“ Er schenkt mir sein charakteristisches Grinsen, bei dem einem ganz anders wird.

„Habt ihr Angst, dass ich euch zeige, wo’s langgeht, Jungs?“, spotte ich amüsiert.

„Das sind harte Worte.“

Unbeeindruckt zucke ich mit den Schultern und tue so, als würde ich meine Nägel bewundern. „Wenn ich gewinne, schuldest du mir einen Drink und musst mein Bike waschen und polieren.“

„Nur, falls du bereit bist, das Gleiche zu tun, wenn du verlierst“, gibt er zurück.

„Sicher.“

„Dann zeig mal, was du kannst“, sagt Nova in spielerischem Ton und grinst.

Ich trete in einen der abgetrennten Bereiche, lege meine Waffe und Munition auf das Regal vor mir und beginne, meine Waffe zu laden. Es dauert nicht lange, bis Kiwi und Fender zu uns stoßen.

„Oh, verdammt.“ Ich schaue über meine linke Schulter, und Fender reibt seine Handflächen aneinander. „Wir werden gleich sehen, wie Nova in den Arsch getreten wird.“

„Moment mal“, mischt sich Kiwi ein. „Wir müssen den Scheiß dokumentieren.“ Als ich an Fender vorbeischaue, sehe ich, dass Kiwi sein Handy in die Luft hält, und ich lache.

Eine neue Zielscheibe wird aufgehängt, ich sichere meine Waffe und trete zur Seite. Mit einer Geste, dass Nova meinen Platz einnehmen soll, sage ich zu ihm: „Ladys first.“

Nova ist ein guter Sportsmann und wirft lachend den Kopf zurück. „Lass dir vom Meister zeigen, wie man es macht.“ Er schreitet auf mich zu, nimmt meinen Platz ein und zieht seine Waffe aus dem Holster. Er zielt und gibt drei Schüsse ab. Dann legt er die Waffe ab und drückt den Knopf zu seiner Rechten, woraufhin die Zielscheibe die Gasse hinunter in unsere Richtung saust. Nova hält sie ein paar Meter vor uns an und verschränkt die Arme vor der Brust.

Ich nicke. „Nicht schlecht.“ Ich begutachte seine Schüsse. Zwei in den Kopf und einer in den oberen Brustbereich. „Gar nicht mal schlecht“, wiederhole ich, beeindruckt von seinem Können. „Schick sie zurück.“

Sobald er den Knopf drückt, wird die Silhouette kleiner, während sie sich rückwärts bewegt. Er hält sie etwa auf halber Strecke an, ein bisschen näher, als er sie hatte. „Noch weiter.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch, und er grinst, während Fender und Kiwi hinter uns kichern. Erst als die Zielscheibe das Ende der Bahn erreicht und nicht mehr weiterkann, bin ich zufrieden. „Das ist gut so.“

Nova tritt zur Seite, und ich nehme Haltung an. Ich halte meine Waffe vor mir, richte sie auf mein Ziel und drücke den Abzug. Nachdem ich mehrere Schüsse abgefeuert habe, stecke ich meine Waffe in den Halfter und drücke den Rückholknopf. Je näher die Zielscheibe kommt, desto mehr grinse ich. Ich habe je eine Kugel in jede Markierung, die Nova gemacht hat, geschossen. Somit habe ich seine Einschusslöcher vergrößert, die er bereits in das Papier geballert hatte, bevor ich den Rest meines Magazins in die Mitte der Silhouette geleert habe.

„Heilige Scheiße, Mann. Siehst du, wie sauber die Schüsse sind?“ Fender sticht mit seinem Finger durch das Einschussloch in der Mitte. „Du hast jede Kugel mit Präzision durch die vorherige Markierung geschossen.“

Nova zieht die Zielscheibe aus dem Clip. „Scheiße.“ Er wendet sich an Kiwi. „Hast du das alles gefilmt?“

„Verdammt richtig, das habe ich.“ Kiwi strahlt.

„Gut.“ Nova dreht sich wieder zu mir um. „Das waren verdammt beeindruckende Schüsse. Genauso beeindruckend wie deine Trinkkünste. Zumindest habe ich das gehört.“

„Danke.“ Die Männer folgen mir in den anderen Raum, wo ich eine Flasche kaltes Wasser aus meiner Tasche hole. „Wollt ihr mich auch in dieser Disziplin herausfordern?“ Ich drehe den Deckel der Flasche auf.

„Im Trinken meinst du?“ Nova sieht mich an. „Auf keinen Fall. Ich habe alles über deine Trinkkünste gehört. Spar dir den Spaß für einen anderen Trottel, der es nicht besser weiß.“

Nachdem ich einen Schluck Wasser getrunken habe, antworte ich: „Riggs hat dich also aufgeklärt.“

„Moment mal. Hat diese Geschichte etwas mit dem Ursprung deines Spitznamens Tequila zu tun?“ Kiwi mischt sich ein, und ich nicke. „Die muss ich hören. Erzähl mal!“

Ich zucke mit den Schultern. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. An einem Wochenende, während eines Kurzurlaubs zwischen zwei Einsätzen, ging ich mit ein paar Jungs aus. Ein einfaches Trinkspiel wurde zu einem Wettbewerb zwischen uns und einer anderen Einheit. Wir durften uns einen Mann aus ihrer Gruppe aussuchen und andersherum. Natürlich entschieden sie sich für die Person, die sie für das schwächste Glied hielten.“ Ich halte inne, hole eine weitere Waffe aus meiner Tasche und lege die soeben benutzte in ihr Etui. „Jedenfalls wählten sie Tequila als ihr bevorzugtes Gift. Ich bin gegen einen Soldaten angetreten, der so groß wie ein Kühlschrank war. Wer zuerst kotzen würde, hätte verloren.“ Ich grinse, als ich an diese Nacht zurückdenke. „Na ja, was soll ich sagen, ihr Mann hat nicht mit mir mithalten können.“ Was ich nicht erzähle, ist, dass ich die ganze Nacht den Preis dafür bezahlt habe, als ich in meine Unterkunft zurückkehrte.

Wir gehen zum Schießstand zurück und verbringen eine weitere Stunde damit, zu schießen und uns gegenseitig anzustacheln. Das war die Medizin, die ich brauchte, um meinen Stress abzubauen und Malik für eine Weile halbwegs zu vergessen.

Als ich mit den Jungs nach draußen gehe, schnalle ich meine Tasche um und schwinge mein Bein über meine Maschine. Nova setzt seine Sonnenbrille auf, nachdem er das Gleiche getan hat. „Wie wäre es, wenn wir unsere Ärsche rüber zum Twisted Throttle schwingen“, schlägt er vor und sieht mich an. „Ich schulde dir noch einen Drink und eine Motorradwäsche.“

Zwei Wochen. So lange ist mein letzter Einsatz her, also sollte ich mich nicht beschweren, dass ich nun auf dem Weg zum Clubhaus bin, um meinen Kram zu packen und mich auf den Weg zu machen, nachdem ich einen Anruf von Scott erhalten habe. Ich diene meinem Land, seit ich die Highschool abgeschlossen habe. Ich bin immer noch im aktiven Dienst, aber die meisten meiner Missionen sind verdeckt. Bei einem dieser Einsätze lernte ich Riggs kennen, und Malik diente zufällig neben ihm. Seitdem habe ich einige weitere Missionen mit ihnen abgeschlossen.

Ich habe die letzten paar Wochen hier in New Orleans verbracht, zusammen mit meiner zweiten Familie, dem Kings of Retribution MC. Es gab sogar ein wenig Action; das heißt, ich habe in meiner ersten Nacht in der Stadt eine Schlampe verprügelt, aber hey, was soll ich sagen? Laissez les bon temps rouler, wie man in Louisiana sagt, genieße das Leben in vollen Zügen.

Dann ist da noch Malik, oder Wick, wie ihn seine Brüder nennen. Unübersehbar, wie ein Sonnenstrahl. Doch gleichzeitig scheint er jedes bisschen Spaß sofort zu verderben, sobald ich mich amüsieren möchte. Ihm und Riggs gehört eine Bar in der Bourbon Street namens Twisted Throttle. Dort gibt es immer Live-Musik, und ich muss nie für meine Drinks bezahlen. Das heißt, bis Malik beschließt, dass ich genug habe, und mich rausschmeißt. Spielverderber. Zu allem Überfluss wirft er außerdem jedem Mann, der auch nur in meine Richtung schaut, sofort einen mörderischen Blick zu, um ihn zu verschrecken. Für wen zum Teufel hält er sich eigentlich? Er will mich nicht. Das hat er schon vor langer Zeit klargestellt.

Ich drehe den Gashebel und nehme Fahrt auf, der heiße, feuchte Wind leckt an meiner nackten Haut, während ich die Straße hinuntersause. Die ganze Situation zwischen Malik und mir ist, nun ja, kompliziert. Die Erinnerung an den Geschmack seines Kusses lässt mich meine Oberschenkel gegen das vibrierende Motorrad zwischen meinen Beinen pressen. Der Kuss, der während einer Mission vor mehr als einem Jahr stattfand. Der, von dem Malik sagte, dass er ein Fehler war. Ich umfasse mein Bike ein wenig fester und tue mein Bestes, um dem Ansturm der Gefühle zu entgehen, die versuchen, das Leben aus mir herauszusaugen.

Ich halte langsam an, gebe den Sicherheitscode ein und warte, bis sich das massive Metalltor öffnet, dann parke ich mein Motorrad neben Maliks. „Toll“, sage ich augenrollend, während ich den Motor abstelle.

Erleichterung überkommt mich, als ich durch die Eingangstür trete und den Gemeinschaftsbereich leer vorfinde. Ich tue mein Bestes, um Malik nicht über den Weg zu laufen, und jogge die Treppe hinauf, direkt auf mein Zimmer zu. Da ich weiß, dass sein Zimmer nur zwei Türen weiter ist, packe ich die wenigen Sachen, die ich mitgebracht habe, schnell in meine Sporttasche.

Ich halte kurz inne und betrachte mich im Ganzkörperspiegel, der neben der Schlafzimmertür an der Wand lehnt; meine Haut glänzt noch immer vor Schweiß von der Hitze des Sommers in Louisiana.

Während ich so in den Spiegel starre, scheint es fast, als würde mein Bruder daraus zurückblicken. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an Damien denke. Es ist elf Jahre her, dass wir ihn verloren haben, aber an manchen Tagen fühlt es sich an, als wäre es erst gestern gewesen, als ich eine schwarze Limousine in unsere Einfahrt fahren sah.

Ich schließe die Augen, kämpfe gegen die Tränen an und schlucke meine Gefühle herunter.

„Haust du ab?“ Maliks kehlige Stimme durchbricht die Stille und reißt mich aus meinen Erinnerungen.

Als ich die Augen öffne, sehe ich ihn am Türrahmen lehnen, sein großer Körper nimmt die gesamte Breite der Türöffnung ein. Einen Moment lang konzentriere ich mich auf seine erdbraunen Augen und die Art und Weise, wie das Sonnenlicht, das durch das Schlafzimmerfenster fällt, warme Kupfertöne um seine Pupillen herum einfängt. „Ich bin noch nie vor etwas abgehauen.“

Unverhohlen und offen betrachte ich ihn. Er trägt schwarze Jeans, schwarze Combat Boots und nichts unter seiner Kutte. Sein Anblick ist so schön und süß wie Honig, und ich genieße ihn, bis ich meinen Blick schließlich wieder zu seinen Augen gleiten lasse. Der Geruch von Parfüm steigt mir in die Nase, sobald ich einen Schritt auf ihn zugehe, und erinnert mich an gestern und daran, wie vertraut und eng er mit Josie war. Das sollte mich nicht stören, aber das tut es. Ich verstecke meine Eifersucht und werfe mir meine Tasche über die Schulter.

„Scott hat angerufen, ich habe um zweiundzwanzig Uhr ein Briefing.“ Malik tritt einen Schritt zurück, damit ich in den Flur gehen kann. Ich spüre seine Anwesenheit hinter mir, als ich die Treppe hinuntersteige.

„Weißt du, wo er dich hinschickt?“, fragt Malik, während er mir folgt.

„Nö.“ Im Eiltempo durchquere ich den Raum. „Du weißt, wie Scott arbeitet. Er rückt mit nichts heraus, bis wir seinen Aufenthaltsort erreicht haben.“

„Hast du vor, deinen Vater zu sehen, bevor du losfährst?“

Ich ziehe die Tür auf, und mir wird plötzlich ganz weich ums Herz, als er meinen Daddy erwähnt. „Ja.“

„Grüß ihn von mir. Sag ihm, dass ich vorhabe, ihn bald zu besuchen.“ Malik hält die Tür knapp über meinem Kopf fest.

Ich schaue über meine Schulter und lächele. Ich kann auf Malik wegen vieler Dinge wütend sein, aber er kümmert sich um meinen Vater, als wäre er sein eigener. Und das allein bedeutet mir schon alles. „Das werde ich.“ Ich drehe mich um, gehe zu meinem Bike und lasse Malik in der Tür stehen. Ich spüre, wie er mich beobachtet, während ich meine Tasche festschnalle, mein Haar nach hinten streiche, meinen Helm über den Kopf stülpe und dann mein Bein über mein Motorrad schwinge.

„Vayda“, ruft Malik, und ich sehe ihn an. „Pass auf dich auf.“

„Immer.“

Nach stundenlanger Fahrt erreiche ich Scotts Standort, nicht sein Zuhause, sondern seine Einsatzzentrale. Mir fallen auch die drei anderen Fahrzeuge auf, die in der Nähe geparkt haben, und ich weiß sofort, mit wem ich bei diesem Auftrag zusammenarbeite. Nachdem ich mein Motorrad neben seinem schwarzen Jeep geparkt habe, steuere ich auf den Seiteneingang des Gebäudes zu und drücke den Knopf einer Türklingel, die mit einer Kamera ausgestattet ist.

Eine tiefe Stimme ertönt aus dem Lautsprecher. „Was immer du verkaufst, ich will es, Süße.“ Ich breche in Lachen aus, dann höre ich, wie die Türschlösser entriegelt werden, und ziehe sie auf. Drinnen sehe ich Travis alias Cowboy, der sich in seinem Stuhl zurücklehnt und seine Stiefel auf die Tischplatte vor den Sicherheitsmonitoren gelegt hat. Er wirft mir einen Blick zu, bevor er aufsteht. „Es ist schon eine Weile her. Wie geht’s dir, Süße?“ Er begrüßt mich mit einem warmen Lächeln, bevor er mich umarmt.

„Mir geht es gut.“