Larry Brent Classic 068: Der Horror-Butler - Dan Shocker - E-Book

Larry Brent Classic 068: Der Horror-Butler E-Book

Dan Shocker

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Beschreibung

Der Butler von Schloss Everthon ist der gute Geist des Hauses, immer zu einem Spaß aufgelegt. Doch plötzlich geschehen seltsame Dinge auf dem Schloss. Die PSA beginnt auf Intervention von Scotland Yard mit ihren Ermittlungen. Topagent Larry Brent bezieht in der Nähe Quartier und wird prompt überfallen.

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Band 68

Dan Shocker

DER HORRORBUTLER

Erstveröffentlichung „Der Horrorbutler“

© 2014 by BLITZ-Verlag

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Fachberatung: Robert Linder

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Illustration: www.ralph-kretschmann.de

Titelbildgestaltung: Mark Freier

Satz: Winfried Brand

All rights reserved

www.BLITZ-Verlag.de

ISBN 978-3-95719-868-6

Als sie das Haus verließ, wurde sie beobachtet. Aber davon merkte Geraldine Swanson nichts. Die Frau hatte es eilig. Es war später Nachmittag, und die Banken schlossen in einer Viertelstunde. Bis dahin wollte sie ihr Vorhaben erledigen. Geraldine Swanson war siebenundfünfzig. Sie sah jünger aus, und in dem grauen Tweedkostüm und den Stöckelschuhen wirkte sie geradezu flott. Sie überquerte die Straße und passierte den Eingang der Barrington-Bank. Es herrschte noch starker Publikumsverkehr. Geraldine Swanson, reich, verwöhnt, seit drei Jahren verwitwet, war im Bankhaus bekannt. Es war bereits alles vorbereitet. Sie wurde nicht im Kassenraum abgefertigt, sondern in einem Hinterzimmer, vom stellvertretenden Direktor, einem Mann mit fahler Gesichtshaut und dünnem Haar. Neben dem wuchtigen Schreibtisch aus Mahagoni stand eine große, braune Papiertüte, die zu zwei Drittel gefüllt war.

„Bitte, Miss Swanson, nehmen Sie Platz.“ Der stellvertretende Direktor zog ihr den Stuhl zurück.

Doch die Engländerin lehnte ab. „Vielen Dank! Sie wissen, ich habe keine Zeit. Es ist alles in Ordnung?“

„Ja, natürlich. Fünfzigtausend Pfund in gemischten und gebrauchten Scheinen. Wie gewünscht.“ Der Mann blickte die attraktive Kundin an.

„Was starren Sie mich so an?“, fragte Geraldine Swanson pikiert.

„Sind Sie in Ordnung, Miss Swanson?“ Die Frau erwiderte den Blick. Der stellvertretende Direktor sah in die tiefblauen Augen. „Etwas ist mit Ihnen, Miss Swanson. Soll ich einen Arzt rufen?“ Die Worte kamen zögernd über seine Lippen. Er wählte seine Worte genau, und es war ihm anzumerken, dass es ihm unangenehm schien, sie dennoch auszusprechen. Diese Frau war eine gewichtige Kundin des Bankhauses, besaß Aktien in Millionenhöhe und ein ebensolches Barvermögen. Eine solche Dame vergraulte man nicht.

Aber aus dem Verhalten und den Worten des Mannes sprach Verantwortungsbewusstsein. „Werden Sie erpresst, Miss Swanson?“, flüsterte er. „Wenn Sie nichts sagen dürfen oder können, dann geben Sie mir das durch Kopfnicken zu verstehen. Zum zweiten Mal innerhalb von vierzehn Tagen heben Sie einen derart hohen Barbetrag ab. Da stimmt doch etwas nicht.“

„Mit meinem Geld, Mister Henly, kann ich machen, was ich will“, gab Geraldine Swanson zur Antwort und reckte ihr Haupt.

„Natürlich, selbstverständlich“, beeilte Henly sich zu sagen. „Ich meine nur …“

„Ihre Meinung, Mister Henly, interessiert mich … einen feuchten Dreck!“ Ihr Lächeln wirkte verhöhnend, und Henly fühlte sich, als bekäme er eine kalte Dusche mitten ins Gesicht. „Ich kann die fünfzigtausend Pfund nehmen und sie in den Kamin stecken, in die Themse werfen oder einem Bettler an der nächsten Straßenecke schenken, verstehen Sie?“

„Selbstverständlich, Miss Swanson!“

„Na also, Henly! Warum versuchen Sie dann ständig, mich zu beschwatzen, mich zu bevormunden? Ich bin noch nicht so alt, dass ich nicht mehr weiß, was ich tue.“

Genau aber hier zweifelte der Banker. Ihm kam es so vor, als handele Geraldine Swanson unter dem Einfluss eines fremden Willens. Und Henly lag mit seiner Vermutung genau richtig. Nur war es ihm leider nicht möglich, durch die Augen der Kundin zu blicken. Sie schaute ihn an und wusste, dass sie mit Thomas Henly sprach, dass er die Tüte mit den Geldscheinen vorbereitet hatte. Und sie wusste auch, wo sie sich befand. Dennoch sah sie ihre Umgebung und Henly anders. Der Ausdruck der Augen ließ den Schluss zu, dass mit Geraldine Swanson etwas nicht stimmte. Sie befand sich wie in Trance. Die Frau sah ihre Umgebung in einem fluoreszierenden Licht, das alles in einen gelb-grünen Schein tauchte. Die Wände, die Bilder daran, die Konturen der Möbel und die von Mr Henly pulsierten in diesem seltsamen Licht. Geraldine Swanson sah die Welt als ein eintöniges Negativ. Nur eines trat scharf und deutlich hervor: der Kopf von Thomas Henly. Aber war das wirklich s e i n Kopf? Nein! Das war nicht Mr Henlys rundes, scheues Antlitz, nicht sein dünnes, nach hinten gekämmtes Haar. Geraldine Swanson sah ein anderes Gesicht vor sich. Dieses war schmal, ernst, mit buschigen Augenbrauen und einer aristokratischen Nase versehen. Das Antlitz, das die Frau sah, erinnerte an das steife, zurückhaltende Äußere eines Butlers alter englischer Schule.

Aber dieser Mann hatte ein zweites Gesicht. Der Butlerkopf machte in dem gespenstisch fluoreszierenden Licht eine Drehung um neunzig Grad. Sein Gesicht wandte sich zum Rücken hin, und das andere geriet damit in ihr Blickfeld. Das zweite Gesicht war abstoßend und monsterhaft, so widerwärtig und bedrohlich, dass ein normaler Mensch schreiend davongelaufen wäre, hätte er es gesehen. Die Gestalt, die vor der Bankkundin stand, hatte einen Januskopf.

Geraldine Swanson lief nicht davon, und Mr Henly erfuhr nie, wie sie ihn sah. Die Frau griff nach der vorbereiteten Tüte, warf nicht mal einen Blick hinein, und klemmte sie sich unter den Arm. „Nun darf ich doch wohl gehen, Mister Henly, nicht wahr?“, konnte sie sich die Bemerkung nicht verkneifen. „Ich nehme an, dass Sie mir wenigstens das gestatten?“

Der Mann schluckte und schnappte nach Luft. Er lief sogar rot an und wollte etwas erwidern. Aber es fiel ihm nichts Passendes ein. Es klopfte an die Tür, und er war froh, dass es zu dieser Unterbrechung kam. „Ja, bitte?“, sagte Thomas Henly.

Eine Angestellte trat durch die Zwischentür, die einen angrenzenden Raum mit dem Office des stellvertretenden Direktors verband. Die dunkelhaarige, schlanke Sekretärin hielt eine Akte in der Hand, nickte der Kundin zu und entschuldigte sich für die Störung. „Ich benötige nur schnell Ihre Unterschrift, Mister Henly. Der Bote ist da und möchte die Papiere gleich mitnehmen.“

„Sie stören nicht, meine Liebe“, antwortete Geraldine Swanson. „Ich wollte sowieso gerade gehen. Ich habe Mister Henlys Zeit schon viel zu lange in Anspruch genommen.“

Henly wies dies energisch zurück. Er zückte seinen goldfarbenen Füller, setzte einen Schnörkel unter einen Briefbogen und wollte seine Besucherin zur Tür begleiten.

Geraldine Swanson bedankte sich für das Öffnen mit charmantem Nicken. „Noch mal besten Dank für alles, Mister Henly! Und wenn noch etwas sein sollte, rufe ich Sie an.“

„Jederzeit zu Ihren Diensten, Mylady“, antwortete der Mann, und seine Stimme klang etwas gequält. Er sah, wie die Besucherin die Halle der Bank durchquerte, in der sich kein Kunde mehr aufhielt. Die Schalter waren geschlossen, und die Angestellten räumten ihre Schreibtische auf.

Von allen Angestellten freundlich verabschiedet, verließ die ehemalige Sängerin das Gebäude und strebte dem Taxistand zu, der nur wenige Schritte vom Eingang entfernt lag.

„Miss Nelly!“, rief Thomas Henly leise hinter sich, ehe seine Sekretärin wieder durch die Verbindungstür verschwand. „Kommen Sie doch bitte mal. Schnell.“

„Ja, Mister Henly?“ Die Frau tauchte neben ihm auf.

„Sie haben Miss Swanson doch auch gesehen, nicht wahr?“

„Selbstverständlich, Mister Henly.“

„Ich stelle Ihnen jetzt eine vertrauliche Frage, Miss Nelly, und bitte darum, mir diese offen und ehrlich zu beantworten.“

„Wenn Sie darauf bestehen.“

„Welchen Eindruck hat Miss Swanson auf Sie gemacht?“

„Sie war wie immer. Ruhig und charmant.“

„Das meinte ich nicht“, fiel Henly ihr ins Wort. „Ist Ihnen an ihr etwas aufgefallen, das anders war als sonst?“

„Anders als sonst?“ Achselzucken. „Nein. Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich nicht so genau auf sie geachtet habe. Ich war in Eile, und sie war es auch. Da passt man nicht so genau auf.“

„Haben Sie ihre Augen gesehen?“

Nach Henlys Frage entstand eine kleine Pause.

„Wenn Sie mich so fragen … ja, dann allerdings ist mir etwas aufgefallen.“

„Und was?“, fragte Henly schnell.

„Der Ausdruck … als ob sie in Trance wäre und uns gar nicht richtig wahrnähme.“

„Danke, Miss Nelly. Das wollte ich nur wissen. Sie können gehen. Das war alles.“

Draußen rollte das Taxi, in dem Geraldine Swanson saß, zur Straße vor und entschwand gleich darauf seinen Blicken.

Dass sofort ein zweites Taxi anrollte und genau in die gleiche Richtung fuhr, bekam der Beobachter noch mit, machte sich aber keine Gedanken darüber. Er hielt es für einen Zufall. Aber es war keiner! Das Taxi, in dem Geraldine Swanson saß, wurde verfolgt. Auf dem harten Rücksitz hinter dem Fahrer saß ein jüngerer Mann. Er trug abgetragene Cordhosen, einen zerknitterten Pullover und das lange Haar ziemlich ungepflegt.

Thomas Henly bekam das alles nicht mit. Er eilte in sein Büro zurück und war von dem Gedanken erfüllt, die Polizei von seiner Beobachtung zu verständigen. Mrs Swanson brauchte Hilfe. Offenbar handelte sie in hypnotischem Auftrag einer fremden Person, die es auf ihr Vermögen abgesehen hatte. Da konnte er nicht untätig bleiben. Es musste etwas geschehen.

Er griff zum Hörer, um Scotland Yard anzurufen. Aber so weit kam er nicht mehr. Vor seinen Augen begann die Luft plötzlich zu flimmern, und genau an der Stelle, wo die Sängerin, die an ihrem 50. Geburtstag ihren Beruf aufgegeben hatte, vorhin stand, registrierte er etwas sehr Seltsames. Von dem, was Geraldine Swanson gesehen hatte, war etwas im Büro zurückgeblieben. Eine Kraft, ein Schemen, ein fahlgelbes, gespenstisches Licht, das aus den Augen der Kundin kam! Aber die war doch gar nicht mehr hier! Henly hatte sie weggehen sehen, mit der Tüte und den fünfzigtausend Pfund in kleinen Scheinen! Phantasierte er schon? Sah er Dinge die es nicht gab? Eine Kraft legte sich wie ein Ring um seine Brust. Der Mann riss den Mund auf, die Augen traten aus den Höhlen hervor, und mit einer unbeherrschten, ruckartigen Bewegung fuhr er über den Schreibtisch. Die dort gestapelten Papiere flogen wie aufgescheuchte Hühner durch den Raum und flatterten nieder, das Telefon machte einen Satz über die Tischkante. Die Klingel wurde ausgelöst, als es zu Boden krachte. Thomas Henlys Körper wand sich wie unter unsichtbaren Peitschenschlägen. Sein Oberkörper wurde zurückgeworfen. Weit hatte der Mann den Mund aufgerissen, unausstehliche Schmerzen rasten durch seine Brust den linken Arm entlang und entfachten nackte Todesangst. „Nel…ly, Miss Nel…“, röchelte er. Kalter Schweiß perlte auf seiner Stirn, und seine Haut war unnatürlich weiß.

Der Mann lag halb über dem Tisch und mit unsäglicher Kraftanstrengung richtete er sich auf. Er konnte nicht aufrecht gehen. Der gesamte Innenraum seines Brustkorbes schien aus rohem Fleisch zu bestehen. Er hatte das Gefühl, abgehäutet zu werden. Er wollte atmen und konnte nicht, die Umgebung verschwamm vor seinen Augen.

Da wurde die Tür zum Nebenzimmer aufgerissen. „Mister Henly! Um Himmels willen …“, hörte er wie durch eine meterdicke Mauer die vertraute Stimme seiner Sekretärin. Die Frau war sofort neben ihm und hielt ihn am Arm. „Was haben Sie denn, Mister Henly?“

Er konnte es nicht sagen. Nur ein Röcheln kam aus seinem Mund, und sein Gesicht war eine einzige, schmerzverzerrte Fratze. Er sank zu Boden. Nelly nahm ihm schnell die Krawatte ab und öffnete in fliegender Hast die oberen Knöpfe seines Hemdes. Henly kriegte das alles kaum noch mit. Das Blut rauschte in seinen Ohren, und von innen her breitete sich furchtbare Kälte in seinem Körper aus. Die Sekretärin lief zur Tür, die nach außen in den Kassenraum mündete. Dort hielten sich noch einige Angestellte auf.

„Mister Henly hat einen Herzanfall! Schnell, er braucht Hilfe!“, stieß die Frau atemlos hervor, machte schon wieder auf dem Absatz kehrt und raste zu ihrem todkranken Vorgesetzten zurück.

Thomas Henly registrierte die Unruhe und die Aktionen wie im Halbschlaf. Er merkte, dass das Leben aus seinem Körper floh. Panik erfüllte ihn. Es wurde nach einem Arzt telefoniert. Dann lagerten sie ihn anders und massierten sein Herz, das nur noch schwach schlug. Dann war es zu Ende, noch ehe der alarmierte Notarzt eintraf, der später nur noch den Tod feststellen konnte.

Die ehemalige Sängerin, die mit einfühlsamen Songs reich geworden war, saß abwesend auf dem Rücksitz im Taxi, hatte ihre Handtasche und die Tüte mit dem Geld auf ihren Knien stehen und blickte gedankenverloren nieder. Es war ein trüber Tag. Nebel waberten von der Themse in die Stadt. Alle Autos fuhren mit Licht, und ein kühler Wind blies. Geraldine Swanson lebte in einer großen Wohnung, nicht weit von Westminster Abbey entfernt. Hier lag auch ihre Hausbank.

Die Frau hätte normalerweise nur wenige Schritte bis zu ihrer Wohnung zurückzulegen gehabt, aber die Swanson, wie sie von ihren Fans und Verehrern noch immer genannt wurde, obwohl sie mit dem Showbusiness nichts mehr zu tun hatte, fuhr raus aus London, zur Hauptverkehrszeit. Das Taxi kam nur langsam voran. Eine riesige Autoschlange zog sich durch die Innenstadt und die Vororte. Die Wagen standen Stoßstange an Stoßstange. Nach etwa vierzig Minuten hatten sie die schlimmsten Staus hinter sich.

Geraldine Swanson fuhr zwanzig Meilen weiter nördlich. Hier nahm Greater London schon ländliches Aussehen an. Die Straßen waren schmaler, die Häuser standen in kleinen Vorgärten, versteckt hinter viel Grün, der Verkehr hatte abgenommen.

„Da vorn an der Kreuzung müssen Sie aufpassen“, sagte sie plötzlich und beugte sich vor. „Da geht‘s links ab. Dann immer geradeaus bis zu einer Weggabelung. Dort steht ein altes Gasthaus. The three Oaks. Dort können Sie mich absetzen.“

Die Straße nach der ersten Abzweigung war ein besserer Weg, wie ihn landwirtschaftliche Fahrzeuge benutzten. Er war unbefestigt. Links und rechts standen Bäume. Während sich links dichtes, bewaldetes Gebiet erstreckte, wuchsen rechts nur vereinzelt Bäume, und dahinter dehnten sich Wiesen und Äcker aus. Die Landschaft war flach. Nebelschleier wehten von der Wiese herüber, und der ländliche Charakter wurde noch unterstrichen durch das kleine einsame Haus unweit der Weggabelung. Das Gebäude war nur einstöckig und bestand aus roten Ziegelsteinen. Die weißen Fensterrahmen und die Tür leuchteten aus der Dämmerung.

Das Gasthaus The three Oaks, Die drei Eichen, war schon zweihundert Jahre alt. Der typische Baustil dieser Zeit war erhalten geblieben, auch wenn es jetzt durch Renovierung bestens in Schuss war. Vor dem Gebäude parkten zwei Autos. Hinter den winzigen Fenstern der Gaststube schimmerte anheimelnd Licht.

„Warten Sie hier auf mich. Ich bin gleich zurück. Ich lasse Ihnen als Abschlagszahlung schon mal zwanzig Pfund da“, sagte Geraldine Swanson und drückte dem Fahrer zwei Scheine in die Hand. „Damit Sie nicht denken, die alte Dame spinnt und kann nachher nicht zahlen.“ Sie lachte leise und stieg aus.

Der Fahrer sah, wie sie im Halbdunkel untertauchte. Dann traf ein weiteres Taxi vor den The three Oaks ein. Ein junger Mann stieg aus, Typ Gammler mit abgewetzten Cordhosen und schmuddeligem Pulli. Der Fahrgast redete einige Worte mit dem Fahrer, drückte ihm einen Geldschein in die Hand und lief dann ebenfalls den Weg entlang, den die Frau gegangen war und der in die Felder führte. Ein Schild zeigte an, dass der Weg direkt nach Thunders Head führte, einem winzigen Nest, in dem weniger als achtzig Menschen lebten und das noch zu den Ländereien von Lord und Lady Everthon gehörte. Auch das Gasthaus gehörte dem Lord. Er hatte es an ein Pächterehepaar vermietet. Manchmal hatte man Glück und traf den leutseligen Mann, der eher aussah wie ein Holzfäller als ein Lord, bei einem Glas Bier in der Schänke. Der Fahrer, der den jungen Mann gebracht hatte, stieg aus und stiefelte auf seinen Kollegen zu, der im Wagen saß und einer Kippe die letzten Züge abquälte.

„Auch auf Warteposition?“, wollte der andere wissen.

Der im Taxi Sitzende nickte und drückte seine Zigarette aus. „Die Lady will noch mal einen Spaziergang durch die frische Luft machen und kommt dann wieder zurück.“

„Ist mit ihr denn alles in Ordnung?“, fragte der Dunkelhaarige. Er trug ein blau-weiß kariertes Hemd, darüber eine schon ziemlich speckig aussehende Lederweste, die er von seinem Großvater geerbt zu haben schien.

„Warum fragst du danach?“

„Mein Fahrgast, der junge Kerl, der ihr nachgegangen ist, sagt, dass die alte Dame nicht ganz recht im Kopf sei. Sie lässt sich manchmal stundenlang ziellos in der Gegend rumfahren oder an einen abgelegenen Ort und würde sich dann absetzen lassen.“

„Schon möglich“, meinte der Fahrer der Geraldine Swanson gefahren hatte. Er stieg auch aus und vertrat sich die Füße.

„Hast du denn gar nichts bemerkt? Hat sie Unfug geredet, oder so?“

„Nee, sie war sehr ruhig. Sie hat mir das Fahrtziel genannt, und da habe ich sie hingebracht.“

„Und ich den Sohn hinterher. Die alte Dame würde manchmal total ausflippen. Es gäbe Tage, da käme sie überhaupt nicht mehr nach Hause, würde wie weiland Robin Hood durch die Felder und Wälder streifen. Für einen solchen Fall nähme sie sich auch Verpflegung mit.“

„Eine große Tüte hatte sie dabei.“

„Hast du gesehen, was drin war?“

„Interessiert mich nicht. Vielleicht macht sie Picknick und kommt dann wieder zurück.“

„Das kann eine Weile dauern.“

„Vertreiben wir uns die Wartezeit bei einem Glas und einem Spielchen?“

„Warum nicht. Außerdem ist‘s drinnen gemütlicher als hier draußen. Und wenn die beiden kommen, werden sie sich schon melden.“