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In Kairo beginnt Andreas Altmann seine Reise in den Süden Afrikas. Mit viel Sinn für die absurde Komik des Schrecklichen führt uns der renommierte Reporter durch diesen geheimnisvollen Kontinent; dabei hat Altmann keinerlei Berührungsängste: Er geht nah heran und verführt die Menschen zum Reden. So entsteht ein Kaleidoskop beeindruckender Momentaufnahmen: der Besuch beim Friseur, der mit einer Ziege auf seinem Schoß in seinem Laden sitzt; die fünfköpfige Familie, die in die Totenstadt im Osten von Kairo gezogen ist, weil unter den Lebenden kein Platz mehr war. Auf Sandpisten und Dschungelwegen nähert sich Altmann langsam seinem Ziel - durch den Sudan, Zentralafrika, Sambia, Simbabwe, Botswana nach Südafrika. Immer wieder wird das Vorankommen zur fast unlösbaren Aufgabe: Die scheinbar verlorene Art des Reisens bringt ihn an seine körperlichen Grenzen, er wohnt in Hotels "mit einem halben Stern" oder verbringt die nächtliche Überfahrt auf dem Lake Nasser auf einem Küchentisch dösend. Altmann versteht es, den Abgründen dieses Landes nicht auszuweichen und dennoch der Poesie seiner Menschen gerecht zu werden, denn: "Ihr Leben ist schwer und ihre Worte sind leicht. Die träumen."
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Seitenzahl: 155
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Copyright © 2012 Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien Alle Rechte vorbehalten Grafische Gestaltung: Dorothea Löcker, Wien Umschlagabbildung: © Uli Reinhardt / Zeitenspiegel Datenkonvertierung E-Book: Nakadake, Wien ISBN 978-3-7117-5114-0 Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt
Informationen über das aktuelle Programm des Picus Verlags und Veranstaltungen unterwww.picus.at
»Einen Fremden anfassen bringt Glück.«
AZEN, DER SUDANER
»Ich besitze zwei Gewänder, eines, um mich auf ihm auszuruhen, eines, um mich zu bedecken: die Erde und den Himmel.«
TANI, EINE MASSAI
»Die Reisenden treten die Flucht an, und die Stubenhocker verstecken sich.«
FRANCIS WYNDHAM
Eines Nachts schlendere ich durch die leeren Straßen von Old Cairo und sehe unter dem fahlen Schein einer Laterne jemanden stehen, der mich herüberwinkt. Seine Handbewegung hat etwas seltsam Suggestives. Ohne zu zögern gehe ich auf ihn zu. Als ich vor ihm stehe, umarmt er mich und fährt behutsam mit den Fingern über mein Gesicht. Er zieht mich zu sich heran, und ich erkenne seine toten Augen. Er küsst meine Stirn. Einmal, sacht, ohne freche Intimität. Der Alte sagt nichts, und ich habe den Kuss wohl verstanden. Er ist blind, und er ist allein. Wer immer hier durch diese verlassene Gasse kommt, wird geküsst. Als Heilmittel gegen die Einsamkeit. Seine. Und die des Fremden.
Im Westen beginnen Märchen mit »Es war einmal«. Hier heißt es Kan ya makan, was wohl so viel bedeutet wie »Es gab einmal, es gab einmal nicht«. Vielleicht passierte es, vielleicht passierte es nicht. Die arabische Sprache ist zuallererst Zauberer. Um eine Wirklichkeit herzustellen, die in der Realität nicht stattfindet. »Ein Morgen voller Segen, ein Morgen voller Licht«, so begrüßen sie sich hier. Auch wenn der Tag trüb ist und düster, auch wenn sie im nächsten Augenblick zurückkehren zum Unrat und den Pariahunden ihrer Straßen. Ihr Leben ist schwer und ihre Worte sind leicht. Die träumen.
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