Liebe oder falsches Spiel? - Toni Waidacher - E-Book

Liebe oder falsches Spiel? E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Als Raimund Benkner sein Auto auf den Hof des elterlichen Anwesens steuerte, durchströmte ihn ein selten gekanntes Glücksgefühl. An diesem Tag kehrte er nämlich für immer heim. Er würde am Sonntagabend nicht mehr nach Triesdorf zurückfahren müssen, um sein Studium als Bachelor in der Landwirtschaft zu absolvieren. Er hatte es nämlich abgeschlossen, und zwar mit Prädikat. Seit er nach Weihenstephan-Triesdorf gegangen war, hatte er die kleine Gemeinde Miesbach und die gleichnamige Kreisstadt nur ganz selten zu sehen bekommen. Um an den Wochenenden in aller Ruhe seine eigenen Studien betreiben zu können, war er nur zu besonderen Anlässen, wie zu Geburtstagen, zu Ostern oder zu Weihnachten, nach Hause gekommen. Ganz selten mal an einem Wochenende. Jetzt war er fertig. Nun war er qualifiziert, nachhaltige landwirtschaftliche Rohstoffe und Nahrungsmittel zu erzeugen sowie eine Landwirtschaft selbstständig zu führen. Er würde den elterlichen Betrieb modernisieren und technisch auf den neuesten Stand bringen sowie zukunftsorientiert, also auf Nachhaltigkeit ausrichten. Er war voller Ideen und Pläne. Dass er einmal den Hof übernehmen sollte, war längst beschlossene Sache. Seine ältere Schwester Juliane würde irgendwann heiraten und sich mit ihrem Mann etwas Eigenes aufbauen. Einen entsprechend hohen Erbanteil an dem landwirtschaftlichen Anwesen wollte man ihr noch zu Lebzeiten der Eltern ausbezahlen. Raimund malte sich die Zukunft hier in Miesbach in den schillerndsten Farben aus. Vor dem Wohnhaus parkte er sein Auto, einen etwas älteren Kombi. Er stieg aus, öffnete den Kofferraum und hob einen Koffer sowie eine große, prall gefüllte Reisetasche heraus, stellte die Gepäckstücke auf den Boden und wandte sich seiner Mutter zu, die in diesem Moment aus dem Haus kam. »Da bist du ja«, rief sie hocherfreut. »Und dieses Mal kommst du für immer, Bub.

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Der Bergpfarrer – 486 –

Liebe oder falsches Spiel?

Unveröffentlichter Roman

Toni Waidacher

Als Raimund Benkner sein Auto auf den Hof des elterlichen Anwesens steuerte, durchströmte ihn ein selten gekanntes Glücksgefühl. An diesem Tag kehrte er nämlich für immer heim. Er würde am Sonntagabend nicht mehr nach Triesdorf zurückfahren müssen, um sein Studium als Bachelor in der Landwirtschaft zu absolvieren. Er hatte es nämlich abgeschlossen, und zwar mit Prädikat.

Seit er nach Weihenstephan-Triesdorf gegangen war, hatte er die kleine Gemeinde Miesbach und die gleichnamige Kreisstadt nur ganz selten zu sehen bekommen. Um an den Wochenenden in aller Ruhe seine eigenen Studien betreiben zu können, war er nur zu besonderen Anlässen, wie zu Geburtstagen, zu Ostern oder zu Weihnachten, nach Hause gekommen. Ganz selten mal an einem Wochenende.

Jetzt war er fertig. Nun war er qualifiziert, nachhaltige landwirtschaftliche Rohstoffe und Nahrungsmittel zu erzeugen sowie eine Landwirtschaft selbstständig zu führen. Er würde den elterlichen Betrieb modernisieren und technisch auf den neuesten Stand bringen sowie zukunftsorientiert, also auf Nachhaltigkeit ausrichten.

Er war voller Ideen und Pläne. Dass er einmal den Hof übernehmen sollte, war längst beschlossene Sache. Seine ältere Schwester Juliane würde irgendwann heiraten und sich mit ihrem Mann etwas Eigenes aufbauen. Einen entsprechend hohen Erbanteil an dem landwirtschaftlichen Anwesen wollte man ihr noch zu Lebzeiten der Eltern ausbezahlen.

Raimund malte sich die Zukunft hier in Miesbach in den schillerndsten Farben aus.

Vor dem Wohnhaus parkte er sein Auto, einen etwas älteren Kombi. Er stieg aus, öffnete den Kofferraum und hob einen Koffer sowie eine große, prall gefüllte Reisetasche heraus, stellte die Gepäckstücke auf den Boden und wandte sich seiner Mutter zu, die in diesem Moment aus dem Haus kam. »Da bist du ja«, rief sie hocherfreut. »Und dieses Mal kommst du für immer, Bub. Ich könnt‘ weinen vor Freud‘.«

Raimund ging seiner Mutter, einer dreiundfünfzigjährigen, schlanken Frau mit dunklen Haaren, durch die sich die ersten grauen Fäden zogen, entgegen, umarmte sie, küsste sie auf die Wange und erwiderte: »Das ist kein Grund zum Weinen, Mama, das ist allenfalls ein Grund zum Feiern. Gott sei Dank ist es vorbei. So gern ich in Triesdorf war, viel schöner ists daheim. Dass ich den Bachelor mit Bravour bestanden hab‘, das hab‘ ich euch ja schon telefonisch mitgeteilt. Ich hoff‘, ihr seid ein bissel stolz auf mich.«

»Wir platzen regelrecht vor Stolz«, gestand seine Mutter. »Aber es hat für den Papa und für mich nie einen Zweifel gegeben, dass du das net mit links packst.«

»Wo ist denn der Papa?«, fragte Raimund und richtete den Blick auf die offenstehende Haustür, als erwartete er, seinen Vater in ihrem Rahmen stehen zu sehen.

»Er ist im Wald und holt Totholz heraus. Aber er wird bald kommen. Heut‘ ist Freitag und da macht er immer ein bissel früher Schluss. Das Holz muss raus, da sich sonst der Borkenkäfer einnistet.« Sie lachte auf. »Wem sag‘ ich das?«

Raimund ließ seine Mutter los, holte den Koffer und die Reisetasche und sagte: »Ich hab‘ net nur einen Berg schmutzige Wäsche im Gepäck, Mama, sondern auch tausend Ideen und Absichten, wie ich diesen Betrieb hier auf Vordermann bringen werd‘. Ihr – der Papa und du -, werdet aus dem Staunen net herauskommen.«

Einen Augenblick lang schien das Lächeln im etwas verhärmt anmutenden Gesicht seiner Mutter zu erstarren. Sogleich aber hatte sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle. »Gehen wir hinein, Bub. Vielleicht möchtest du was essen. Ich kann dir aber auch einen Kaffee kochen und ein Stück Gugelhupf anbieten.«

»Hunger hab‘ ich keinen, Mama. Zu einer Tasse Kaffee sag‘ ich allerdings net nein.«

Er schleppte den Koffer und die Reisetasche ins Haus und stellte sie in der Nische ab, in der sich auch die Garderobe befand. Seine Mutter war ihm gefolgt, ging nun an ihm vorbei und betrat die Küche. »Setz‘ dich ins Esszimmer, Bub«, rief sie über die Schulter. »Ich bring‘ den Kaffee gleich.«

Raimund hörte den Kaffeeautomaten summen, begab sich ins Esszimmer, das ziemlich rustikal eingerichtet war, und setzte sich an den Tisch. Er hatte die bestürzte Reaktion seiner Mutter auf seine Eröffnung, dass er die elterliche Landwirtschaft auf Vordermann bringen wolle, nicht bemerkt, und so gab es nichts, was seine gehobene Stimmung dämpfen hätte können.

Sie kam mit zwei Haferln Kaffee, stellte eins davon ihrem Sohn hin, lächelte und sagte: »Wie fühlst du dich, weil du endlich nimmer nach Triesdorf fahren musst?« Sie setzte sich mit der anderen Tasse Kaffee Raimund gegenüber an den Tisch.

»Zunächst war ich ein bissel traurig, weil ich dort eine Menge Freunde gehabt hab‘. Aber mit jedem Kilometer, den ich Miesbach, und damit der Heimat, nähergekommen bin, ist diese Traurigkeit einem kaum zu beschreibenden Hochgefühl gewichen. Und jetzt, wo ich zu Hause angekommen bin, könnt‘ ich die ganze Welt umarmen.«

»Ich glaub‘s dir«, sagte Else Benkner. »Ich bin auch froh, dass du wieder da bist. Es hat einfach was gefehlt ihm Haus, nachdem du damals nach Triesdorf gegangen bist. Die paar Mal, die du in der ganzen Zeit heimgekommen bist, haben das auch net geändert.«

»Wo ist eigentlich die Juliane? Wieso ist sie net daheim? Weiß sie denn net, dass ich heut‘ nach Hause komm‘. Ich hab‘ eigentlich schon erwartet, dass ich von ihr begrüßt werd‘. Dass der Papa net anwesend ist, versteh‘ ich, denn die Erntezeit naht und im Wald gibts auch allerhand zu tun.«

»Die Juliane ist verliebt«, erwiderte Else mit verschwörerischem Gesichtsausdruck. »Die schwebt seit einiger Zeit gewissermaßen auf Wolke sieben. Sie und der Elmar haben sogar schon vom Heiraten gesprochen.«

»Der Elmar?«, wiederholte Raimund den Namen und musterte seine Mutter total verstört. »Du redest doch net etwa vom Gschwandtner-Elmar, Mama?«

»Doch, genau von dem ist die Rede, Bub. Die beste Partie für die Juliane weit und breit. Aber das muss ich dir ja net sagen. Der Vater vom Elmar ist einer der begütertsten Bauern in der ganzen Gemeinde. Und der Elmar kriegt den ganzen Besitz einmal.«

Raimund zeigte nicht die Spur von Begeisterung. »Seit wann geht denn das schon?«

»Seit fast einem Jahr. Erst wars nur ein Techtelmechtel. Das hat sich aber mehr und mehr zu einer großen Liebe entwickelt, und seit einem guten Vierteljahr sind die Juliane und der Elmar nun ein Paar. Auch sie haben Großes vor. Aber darüber musst du mit dem Papa reden.«

Raimunds Brauen hatten sich zusammengeschoben, was seinem Gesicht einen düsteren Ausdruck verlieh. »Was haben Sie denn vor, die beiden?«, fragte er. »Außerdem würd‘ ich gern wissen, warum ich nie was davon erfahren hab‘, dass die Juliane und der Elmar verbandelt sind.«

»Weil wir wissen, wie wenig du den Elmar leiden kannst, Bub. In deinen Augen ist er ein arroganter Angeber, ein Windhund, der sich auf den Lorbeeren ausruht, die sein Vater und sein Großvater zusammengetragen haben.«

»Er taugt nix, Mama«, kleidete Raimund im Brustton der Überzeugung seine Meinung über den künftigen Schwager in Worte. »Früher habt ihr genauso gedacht. Kein Madel war sicher vor ihm, er hat viel zu viel getrunken und sich in den Wirtshäusern oft gebärdet, als stünd‘ er haushoch über allen anderen. Er selbst hat doch überhaupt noch nix zuwege gebracht. Er ist ein wichtigtuerischer Großkotz, der den Hof mal schneller heruntergewirtschaftet haben wird, als es sich seine Eltern vorstellen.«

»Er ist dir unsympathisch, und drum lässt du kein gutes Haar an ihm«, verlieh Else ihrer Überzeugung Ausdruck. »Du hast ihn ja in den vergangenen dreieinhalb Jahren, in denen du weg warst, net so richtig erlebt. Er hat sich entwickelt und ist längst nimmer der, den du in Erinnerung hast. Außerdem lieben er und die Juliane sich.«

»Der liebt nur sich selbst!«, blaffte Raimund. »Ich will mit ihm nix zu tun haben.«

»Aber wenn ihn die Juliane heiratet, gehört er zur Familie«, erklärte Else mit Nachdruck. »Dir wird nix anderes übrig bleiben, als dich damit zu arrangieren.«

»Niemals!«, fauchte Raimund. »So einer ändert sich net. Irgendwann zeigt er sein wahres Gesicht.«

Der Blick seiner Mutter irrte ab, sie wirkte plötzlich ausgesprochen verlegen. Dieses Mal entging es Raimunds nicht. Er registrierte es, wusste es jedoch nicht zu deuten, begann aber, sich Fragen zu stellen.

*

Etwas stimmte nicht. Raimund fühlte es ganz deutlich, je länger er darüber nachdachte. Wenn jemand mit ihm ein Problem hatte, spürte er das, als besäße er feine Sensoren, die es anzeigten. Sie saßen beim Abendessen. Nun war auch sein Vater aus dem Wald zurück. Die Stimmung war irgendwie gedrückt. Raimunds Schwester hatte lediglich angerufen und ihn zu Hause willkommen geheißen. Sie würde erst am folgenden Tag wieder nach Hause zurückkehren, hatte sie erklärt, und ihn persönlich begrüßen.

Der Fünfundzwanzigjährige schluckte einen Bissen hinunter, spülte mit einem Schluck Wasser hinterher, heftete den Blick auf seinen Vater und fragte: »Was ist los? Euch bedrückt etwas. Ein Blick in eure Gesichter sagt mir das. Ein Blinder mit dem Krückstock würde das sehen können.«

Einen Moment lang erwiderte Karl Benkner den Blick seines Sohnes, dann schaute er schnell wieder weg, stocherte mit der Gabel in seinem Kartoffelsalat, den die Bäuerin zu den Fleischpflanzerln serviert hatte, herum und war nur noch die personifizierte Betretenheit. »Es ist nix«, erwiderte er, aber seine Stimme klang wenig bestimmt, geradezu lahm, und er vermied es, Raimund anzuschauen.

»Das glaub‘ ich dir net«, widersprach Raimund. »Etwas ist im Busch. Hat es was mit meiner Heimkehr zu tun? Komm‘ ich irgendwie ungelegen? Ich hab‘ fast den Eindruck. Die Mama hat wenigstens ein kleines bissel Freude gezeigt. Du aber vermittelst den Eindruck, als würdest du mich weit weg wünschen.«

»Unsinn!«, brummte Karl und schob sich ein Stück Fleischpflanzerl in den Mund, begann zu kauen und starrte auf einen unbestimmten Punkt an der Wand hinter Raimund.

Der Bursche schaute seine Mutter an. »Ist es, weil die Juliane mit dem Gschwandtner-Hallodri verbandelt ist?«, wollte er wissen. »Macht euch deswegen keine Gedanken. Solang der Elmar mir net in die Quere kommt, ist mir das wurscht. Soll s‘ glücklich werden mit ihm. Ob Sie‘s wird, das ist allerdings fraglich. Oder …«

Raimund brach unvermittelt ab, sein Blick, den er wieder auf den Vater richtete, war stechend. »Der Kerl wirds doch net auf unseren Betrieb abgesehen haben?« Beim Gedanken daran erfasste Raimund eine fiebrige Unruhe, sein Herz schlug schneller und in seiner Brust staute sich etwas, das ihn schneller atmen ließ.

Karl und Else Benkner wechselten einen schnellen, unbehaglichen Blick. Keiner von beiden schien sich in seiner Haut wohlzufühlen.

Else erhob sich und ging in die Küche, als wäre ihr etwas eingefallen, das sie dort unverzüglich erledigen musste.

Karl konnte den stechenden Blick seines Sohnes kaum noch ertragen. Er zog die Schultern an, schluckte, räusperte sich, schluckte erneut und sagte schließlich mit belegter Stimme: »Würd‘ man beide Betriebe in einen Topf werfen, ergäb‘ das einen Großbetrieb, wie du ihn weit und breit net findest.«

»Soll ich mal der Kompagnon vom Gschwandtner werden?«, entfuhr es Raimund geradezu entsetzt. »Darüber kannst du doch net ernsthaft nachgedacht haben, Papa. Du und ich – wir würden auf dem Benknerhof nur noch die zweite Geige spielen, denn der Elmar würd‘ uns sagen, wo’s langgeht. Außer, dass er den Ton angibt, würd‘ er nix tun. Wie habt ihr euch das überhaupt vorgestellt? Indem die Juliane den Hallodri heiratet, sollen der Gschwandtnerhof und der Benknerhof fusionieren. Nach dem Motto, es bleibt ja alles in der Familie. Das sehe ich doch richtig, Papa? Oder steckt da noch mehr dahinter?«

Es war eine beunruhigende Ahnung, die Raimund plötzlich im Klammergriff hielt. »Red‘ mit mir, Papa«, forderte er. »Da ist noch mehr. Mach‘ aus deinem Herzen keine Mördergrube und sag‘ mir, was Sache ist. Lass‘ mich net im Dunkeln tappen.«

»Es – es war vielleicht ein Fehler, net schon eher mit dir drüber zu reden, Raimund«, murmelte Karl Benkner. »Aber mir hat einfach der Mut dazu gefehlt …«

Raimund war sich plötzlich sicher, dass seine düstere Ahnung gleich Gewissheit werden würde. Seine Gesichtszüge begannen zu entgleisen. Aber er zwang sich zur Ruhe. »Warum sprichst du net weiter?«, fragte er mit belegter Stimme.

»Es ist so«, ächzte der Bauer. »Wir – der Gschwandtnerbauer und ich – sind übereingekommen, dass wir die Höfe, sobald der Elmar und die Juliane heiraten, zu einem Großunternehmen zusammenlegen.«

»Damit werd‘ ich niemals einverstanden sein!«, entfuhr es Raimund. »Ich mach‘ net den Knecht für den Gschwandtnerbauern, und für den Elmar schon zweimal net.«

»Für dich haben wir uns was anderes überlegt«, murmelte Karl Benkner verunsichert. Er begann nervös seine Hände zu kneten. Seine Augen flackerten unruhig. Zeichen seines inneren Aufruhrs …

»So, was dann?« Raimunds Kiefer mahlten. Seine Miene verriet Anspannung. Sein erregter Puls jagte das Blut regelrecht durch die Adern. »Ich glaub‘, langsam blicke ich durch«, fügte er seiner Frage sofort hinzu. Seine Stimmbänder wollten ihm kaum gehorchen. »Ich spiel‘ in euren Plänen überhaupt keine Rolle mehr, weil ihr wisst, dass ich bei einem derartigen Deal niemals mitspielen würd‘. Was habt ihr euch denn für mich ausgedacht?«

Karl Benkner schien auf seinem Stuhl regelrecht zu schrumpfen. Er war in einer Gemütsverfassung, in der er sich am liebsten in einem Mausloch verkrochen hätte. »Du sollst mit zweihunderttausend Euro abgefunden werden«, brach es über seine zuckenden Lippen, und seine Verunsicherung wuchs. »Ich – ich denk‘«, stammelte er, »das ist angemessen, Raimund. Du kannst dir was Neues damit …«

Erschreckt schwieg er, denn Raimund war derart abrupt aufgestanden, dass der Stuhl, auf dem er gesessen hatte, polternd umkippte. Seine Augen sprühten regelrecht vor Zorn. »Das habt ihr euch ja sauber ausgedacht!«, knirschte er. »Die Juliane übernimmt den Hof, der Gschwandtner-Elmar verleibt ihn sich ein, und mich speist man mit ein paar Euro ab. Wessen Idee war das? Deine? Oder war es die Idee des Häuslschleichers vom Gschwandtnerhof? Es würd‘ ihm ähnlich sehen.«

Raimund beugte sich weit vor und stemmte sich mit beiden Armen auf den Tisch. »Ich sag‘ dir jetzt was, Papa. Vielleicht ist es respektlos, aber respektloser als das Ansinnen, mich mit zweihunderttausend Euro abzuspeisen, ist es ganz sicher auch net. Euer Plan ist schäbig. Aber wie’s scheint, ist es schon beschlossene Sache. Jedes Wort, das ich sag‘, ist wahrscheinlich in den Wind gesprochen.«

»Na ja … Ja mei … Es ist doch nur, weil …«

»Du kannst dir das sparen, Papa. Für mich ist die Sache erledigt. Werdet alle glücklich mit dem Hallodri vom Gschwandtnerhof. Ich …«

Raimund verstummte und vollführte eine wegwerfende Handbewegung, ergriff aber sofort noch einmal das Wort, indem er hervorstieß: »Ich muss nachdenken. Hier bin ich überflüssig geworden. Mir wird sicher was einfallen. Denk‘ nur net, dass ich jetzt verzweifle. Dass ihr mich, kaum dass ich für immer nach Hause komme, vor die vollendete Tatsache stellt, das kreid‘ ich euch an und das werd‘ ich euch auch niemals vergessen. Ihr habt mich schnöde um mein Erbe betrogen. Wozu hab‘ ich dreieinhalb Jahre studiert?«

Mit jedem Wort, das er gesprochen hatte, hatten sich seine tiefe Enttäuschung und seine Verbitterung gesteigert.

Sekundenlang starrte er seinen Vater vorwurfsvoll, vielleicht sogar mit einem hohen Maß an Verachtung im Blick, an. Karl duckte sich regelrecht, als würde jemand nach ihm schlagen. Er schien den Anprall all der leidenschaftlichen Emotionen, die Raimund bis in seinen Kern aufwühlten, zu spüren und kam sich in diesen Augenblicken wahrscheinlich wirklich schäbig vor.

Plötzlich wandte Raimund sich ab und verließ, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, das Esszimmer. Der halbe Kartoffelsalat und anderthalb Fleischpflanzerl waren noch auf seinem Teller. Ihm war der Appetit vergangen.

Else Benkner, seine Mutter, streckte den Kopf zur Küchentür heraus. Als ihr Sohn das Esszimmer verließ, wollte sie ihn schnell zurückziehen, doch sie war nicht schnell genug.

»Sauber eingefädelt, Mama!«, stieß Raimund hervor. »Von dir hätt‘ ich eigentlich mehr erwartet. Aber so kann man sich halt täuschen.«

Seine Mutter stand in der Küchentür, presste die Hand flach auf ihren Halsansatz und hatte Mühe, die Fassung zu bewahren. Sie war nicht gefragt worden. Karl, ihr Mann, hatte sie lediglich in Kenntnis gesetzt. Sie hatte aber auch nicht dagegen aufbegehrt. Nun fühlte sie sich schuldig, ihr war aber klar, dass es für Reue zu spät war.