Mach mich nicht an! - Carly Phillips - E-Book

Mach mich nicht an! E-Book

Carly Phillips

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Beschreibung

Die attraktive Annabelle gibt sich kühler, als sie wirklich ist. Von Männern hat die selbstbewusste PR-Beraterin nämlich die Nase gestrichen voll. Doch kaum steht sie ihrem neuesten Klienten, Brandon Vaughn, gegenüber, da sprühen auch schon die Funken.

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Seitenzahl: 431

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Das Buch

Annabelle, attraktive und erfolgreiche PR-Beraterin, verliebt sich konsequent immer wieder in die falschen Männer. Nach der letzten verheerenden Beziehung hat sie sich deshalb strikte Enthaltsamkeit geschworen. Als sie jedoch ihrem neuesten Klienten, dem Ex-Football-Star Brandon Vaughn, gegenübersteht, schmilzt ihr guter Vorsatz wie ein Eiswürfel in der Sommersonne. Zunächst hält Annabelle Brandon für den typischen, oberflächlichen Sportler, doch schon bald merkt sie, dass er unter seiner harten Schale einen ziemlich weichen Kern verbirgt.

Die Autorin

Carly Phillips gab ihr Karriere als Anwältin auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Inzwischen hat sie über 20 Romane geschrieben und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Auch aus den amerikanischen Bestsellerlisten ist sie nicht mehr wegzudenken. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern im Staat New York.

Inhaltsverzeichnis

Das BuchDie AutorinVorwortKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19EpilogCopyright

Vorwort

YANK MORGAN WAR ein Junggeselle, Spieler und Frauenheld, und als solches ganz und gar nicht vorbereitet auf den Anblick, der sich ihm bot: Drei kleine Mädchen, die, alle im gleichen Kleidchen, wie Orgelpfeifen der Größe nach aufgereiht vor ihm saßen und ihn aus großen Augen erwartungsvoll anstarrten. Sie waren zwölf, zehn und acht Jahre alt und die Töchter seiner Schwester. Seine Assistentin Lola hatte stets die Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke für die drei besorgt und Glückwunschkarten in seinem Namen unterzeichnet. Bisher war er mit seinen Nichten kaum zwei oder drei Mal im Jahr konfrontiert gewesen, und auch dann selten länger als eine Stunde. Das würde sich nun ändern.

Durch einen Flugzeugabsturz in den Anden, bei dem seine Schwester und ihr Mann ums Leben gekommen waren, war Yank unerwartet zum Vormund der drei avanciert. Der Gedanke daran erschreckte ihn zutiefst; er war seit dem Tod seiner Schwester ohnehin ein seelisches Wrack. Frustriert knüllte er den Brief des zuständigen Anwalts zusammen und pfefferte ihn in eine Ecke, ohne auch nur auf den Mülleimer zu zielen.

Annabelle, die Älteste, musterte ihn stirnrunzelnd, dann setzte sie rasch wieder ihr Pokerface auf. Hatte sie etwa Angst vor ihm? Aber noch ehe er sie danach fragen konnte, meldete sich eine ihrer Schwestern zu Wort.

»Mami hatte Recht. Onkel Yank ist ein Ferkel«, krähte Sophie, die Mittlere.

»Psst!« Annabelle hielt ihr den Mund zu. »Sei nicht so frech. Außer ihm haben wir keine Verwandten mehr.«

In ihren großen, weit aufgerissenen Augen spiegelte sich so deutlich die Furcht, dass Yank beschloss, sein Bestes für die drei zu geben.

Die Kleinste – Michelle, wenn er nicht irrte – bückte sich, hob den Papierknäuel auf und beförderte ihn schwungvoll in den Mülleimer. Unter ihrem kurzen Kleid blitzte ein weißes Höschen auf.

»Ach du Scheiße«, murmelte er halblaut. »Du hast ja eine Schleife am Hintern.«

Seine Nichte wandte sich zu ihm um. »Und du hast gerade geflucht, Onkel Yackety-Yack.«

»Für dich heiße ich immer noch Yank, und zum Fluchen habe ich verdammt noch mal jedes Recht. Habt ihr damit etwa ein Problem?« fragte er die drei.

Annabelle schüttelte sogleich den Kopf. Sie hatte offenbar gleich erkannt, dass es klüger war, ihn nicht zu reizen. Es gefiel ihm, dass sie mit haarigen Situationen umzugehen wusste – andererseits könnte ihm das aber, wenn sie erst älter war, auch Kopfzerbrechen bereiten. Es würde ihm nicht schmecken, mit einem Frauenzimmer, das gewitzter war als er, unter einem Dach zu wohnen. Mal sehen, ob ihre Schwestern auch so raffiniert waren.

Die Jüngste stemmte aufmüpfig die Fäuste in die Hüften. »Wenn du fluchen darfst, kann ich dann auch tun, was ich will?«

O je. Noch so ein Früchtchen.

»Kommt darauf an. Was möchtest du denn tun?«

»Dieses blöde Kleid ausziehen!«

Yank grinste in sich hinein. Vielleicht war es ja doch nicht so schwer, den Ersatzvater zu spielen. »Ich glaube, das lässt sich einrichten. Du bist Michelle, nicht?«

Sie nickte. »Aber du darfst Micki zu mir sagen.«

»Niemand sagt Micki zu dir, und außerdem ist das ein Name für Jungs«, wandte ihre mittlere Schwester missbilligend ein.

»Geht klar, Micki«, sagte Yank und dachte dabei an sein Idol, den Baseball-Star Mickey Mantle.

Sophie verdrehte die Augen und schnaubte »Rabauke!«

»Püppchen!« gab Micki sogleich zurück.

Ein Wort ergab das andere, ihre Stimmen wurden zunehmend schriller. Yank zog den Kopf ein. Schließlich ging Annabelle dazwischen und stampfte mit dem Fuß auf. »Benehmt euch, ihr zwei!«, kreischte sie und klang dabei nicht minder schrill und quengelig.

Und schon steckte Yank mittendrin in der Welt der kleinen Ladys. Was um Himmels willen sollte er mit diesem Trio anfangen?

1

»RUHE IM SITZUNGSSAAL!« Yank Morgan klopfte mit seinem Hammer mahnend auf den Tisch, um die Anwesenden beim allwöchentlichen Hot-Zone-Meeting zur Ordnung zu rufen.

Sein voller dunkler Schopf, durchzogen von der einen oder anderen grauen Strähne, stand ihm stets etwas widerspenstig vom Kopf ab; und bis seine Nichten endlich Platz genommen hatten, war er sich wie üblich wiederholt frustriert durch die Haare gefahren und sah nun noch zerzauster aus als sonst.

In seiner Funktion als Leiter der Sport- und PR-Agentur, die er inzwischen gemeinsam mit den dreien in einem Hochhaus in Manhattan betrieb, liebte er es, zwischendurch auf seine Autorität zu pochen. Zu diesem Zweck machte er eifrig von seinem gravierten Hammer Gebrauch, den ihm Judge Judy, die Fernsehrichterin, zum Geburtstag geschenkt hatte. Allerdings änderte diese Insignie nichts an der Tatsache, dass er hier der einzige Mann unter drei Frauen war; vier, wenn man Lola, seine persönliche Assistentin, mit einrechnete, die ihm gern vorschrieb, was er zu tun hatte und wann.

Annabelle Jordan wechselte einen raschen Blick mit ihren beiden Schwestern, die Yank ebenso nachsichtig und merklich belustigt beobachteten wie sie selbst. Als Teenager hatten sie den Regeln ihres Onkels kaum je Beachtung geschenkt, was vor allem daran gelegen haben mochte, dass er keine aufstellte. Je älter die Mädchen wurden, desto verzweifelter versuchte er die Tatsache zu kaschieren, dass sich alle drei ständig über seinen Willen hinwegsetzten, sei es in Privatangelegenheiten oder in der Firma. Seinen Tick mit dem Hammer nahmen sie daher gern in Kauf, weil er ihrem Onkel ein gewisses Maß an Stolz und Selbstvertrauen verlieh und es wenigstens so aussehen ließ, als habe er seine neuen Teilhaberinnen unter Kontrolle.

Annabelle hatte sich nach dem Studium in Yanks Sportagentur den Traum vom Familienbetrieb verwirklichen dürfen. Eigentlich hatten weder sie noch ihre Schwestern je daran gedacht, in der Firma ihres Onkels als Sportagentinnen zu arbeiten; vielmehr waren alle drei ganz scharf darauf, in die PR-Branche einzusteigen. Schließlich kam Annabelle die zündende Idee, den bisherigen Betätigungsbereich von Hot Zone auszubauen und Onkel Yanks Klienten auch über ihre sportliche Karriere hinaus zu betreuen.

Ihr Konzept war von Erfolg gekrönt. Mittlerweile managte die PR-Abteilung der Firma Hot Zone Profisportler nicht nur auf dem Gipfel ihres Erfolges, sondern begleitete sie auch in den mehr oder weniger freiwilligen Ruhestand. Yank hatte jeder seiner drei Nichten nach Beendigung ihres Wirtschaftsstudiums eine Stelle bei Hot Zone verschafft und ihnen darüber hinaus auch Firmenanteile vermacht. Auf diese Weise war ein Unternehmen entstanden, das Annabelles Bedürfnis, ihre kleine Familie zusammenzuschweißen, sehr entgegenkam.

»Kommen wir zur heutigen Tagesordnung.« Lola, die Schriftführerin, zückte einen Stift. Wie immer war sie nach außen hin ganz aufs Geschäft konzentriert, auch wenn ihr sehnsüchtiger Blick in Richtung Yank auf ein ungleich persönlicheres Interesse schließen ließ. Alle wussten, dass die arme Lola – mit ihrem hochgeschlossenen Kleid und dem strengen rabenschwarzen Haarknoten der Inbegriff der Chefsekretärin  – in Onkel Yank verliebt war.

Alle bis auf Onkel Yank natürlich. Lola konnte einem wirklich Leid tun. Sie war wie er in den besten Jahren und hatte einen Großteil ihres Lebens darauf gewartet, dass ihr Boss, dieser unverbesserliche Junggeselle, in ihr irgendwann mehr sehen würde als eine perfekte Assistentin und eine Ersatzmutter für seine Nichten.

»Also, erstens: Ihr denkt hoffentlich an unser alljährliches Sommerfest, geplant für den dritten Samstag im Juli?«, fragte Lola.

Alle nickten. Annabelle hatte den Termin bereits in ihren Filofax eingetragen. Die Hot-Zone-Sommer-Party war sowohl geschäftlich als auch für die Familie das Highlight des Jahres.

»Gut. Und nun zu den Klienten«, fuhr Lola fort.

Yank erkundigte sich zunächst nach ihrem Star-Baseball-Spieler. »Micki, was gibt es neues von Roper?« Onkel Yank knöpfte sich seine Nichten immer in dieser Reihenfolge vor, angefangen von der jüngsten bis hin zur ältesten, auch wenn er sie nach ihrem Privatleben befragte.

Micki rollte ihren Stift zwischen den Handflächen. »Ich bin gerade dabei, sein Image bei den Medien ein wenig aufzupolieren. Wir werden das Kind schon schaukeln; er muss nur ein bisschen aufpassen, was er zu den Reportern sagt«, ertönte Mickis ruhige Stimme. Mit den blonden Locken und ihrer betont legeren Kleidung wirkte die Jüngste der drei stets überaus entspannt und selbstbewusst.

»Ist doch kein Wunder, dass sein Ruf als Schürzenjäger angekratzt ist, wenn er offen zugibt, dass er an seinem freien Tag zur Maniküre geht und sich im Schönheitssalon eine Ganzkörper-Schlammpackung verpassen lässt«, murmelte Annabelle.

»Nur weil er auf so was steht, ist er noch lange nicht schwul. Er darf es eben nicht überall rausposaunen«, widersprach Micki. »Ich begleite ihn ein paar Wochen lang, bis er den richtigen Umgang mit den Medien gelernt hat. Wir drehen das schon noch zu seinen Gunsten hin«, versicherte sie den anderen.

»Es wäre wahrscheinlich einfacher, wenn er sich ein Beispiel an Hugh Grant nähme, anstatt das Weichei raushängen zu lassen«, meinte Yank. »Nimm ihn dir ruhig mal so richtig zur Brust, Mick.«

Sophie kicherte. Micki bedachte sie mit einem giftigen Blick. »Mach ich, keine Sorge.«

Annabelle wusste, ihre Schwester würde ihr Ziel erreichen. Das taten sie meistens. Obwohl jede für ihre eigenen Klienten verantwortlich war, arbeiteten sie im Team, machten gemeinsam Brainstormings oder legten sich PR-Strategien zurecht. Die Betreuung selbst erledigte dann jede im Alleingang.

Micki mit ihrer kumpelhaften Art nahm sich am liebsten der Problemsportler an. Es machte ihr Spaß, eine Vertrauensbasis aufzubauen, eventuelle Wogen zu glätten und ihren Klienten ein dauerhaft positives Image bei den Medien zu verschaffen. Sophie dagegen war die Intellektuelle unter ihnen, was sie in ihrem Äußeren und Benehmen deutlich zum Ausdruck brachte. Ihr Haar war stets makellos gestylt (entweder vom Friseur geföhnt oder zu einem konservativen Dutt hochgesteckt), ihre Designer-Kostüme passten perfekt zu ihrem Auftreten. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten folglich meist Foto-Shootings oder irgendwelche ehrgeizigen Projekte diverser Topsportler.

Annabelle wiederum bevorzugte gestandene Männer  – muskelbepackte, verschwitzte Footballspieler mit breiten Schultern und einer durch und durch maskulinen Aura, neben denen sich eine Frau noch so richtig feminin fühlte. Sie liebte die Atmosphäre im Stadion und erlebte Sportler am liebsten hautnah, was ihr leider mit schöner Regelmäßigkeit zum Verhängnis wurde – etwa in der Highschool, als ihr damaliger Freund, der Mannschaftskapitän des Football-Teams, ihr das Herz brach, indem er sie mit ihrer besten Freundin betrog.

Dann war es der Star-Quarterback1 der Universität von Miami, der nur mit ihr ging, um sich mit einem attraktiven Mädchen zu schmücken und zugleich an Annabelles Onkel heranzukommen. Danach war ihr Herz erst recht gebrochen. Also fasste sie einen Entschluss: Wenn sie schon als optischer Aufputz herhalten musste, dann wollte sie wenigstens auch ihren Spaß an der Sache haben. Fortan machte sie emotional die Schotten dicht, verzichtete auf große Gefühle, absolvierte ihr Studium mit Auszeichnung und kehrte mit dem BWL-Diplom in der Tasche nach New York zurück, wo sie die Firma ihres Onkels mit durchschlagendem Erfolg umstrukturierte. Es erfüllte sie mit unheimlicher Genugtuung, in ihrem Luxusbüro mitten in Manhattan zu sitzen und den Ausblick über den East River zu genießen.

Eine Zeitlang lief alles wie am Schnürchen. Bis es Randy Dalton, dem Linebacker der N.Y. Giants, gelang, ihre Abwehr zu durchbrechen. Zum ersten Mal seit dem College gestattete sich Annabelle den Luxus, anzunehmen, ein Mann könne an ihr mehr als nur ihr Äußeres oder ihre Geschäftsbeziehungen zu schätzen wissen und gönnte sich eine heiße Affäre, wohl wissend, dass sie bald bis über beide Ohren verliebt sein würde, was auch prompt geschah.

Randy gehörte zu den reichsten, begehrtesten Junggesellen der Stadt, weshalb ihre Romanze in der Öffentlichkeit Aufsehen erregte und die Medienberichterstattung dominierte. Als Randy sie vor einem halben Jahr gegen eine jüngere Schauspielerin eingetauscht hatte, war Annabelle erneut mit gebrochenem Herzen auf der Strecke geblieben; und die Klatschblätter ließen zu allem Überfluss keine Gelegenheit aus, um die Story auszuschlachten. Manchmal fragte sich Annabelle, was wohl mehr gelitten hatte, ihr Selbstbewusstsein oder ihr Herz. Nicht, dass das einen Unterschied machte. Sie hatte ein für alle Mal genug von den Männern. Künftig würde sie sich ausschließlich ihrer Arbeit widmen.

»Gut. Sophie, was steht bei dir auf dem Plan?«, bellte ihr Onkel und riss Annabelle damit aus ihren eher tristen Überlegungen.

Er hatte zwar sämtliche Informationen schriftlich vor sich liegen, aber da er offenbar Wert auf einen häufigeren persönlichen Austausch legte, fügten sich die Schwestern seinem Willen.

»Ich vermittle gerade in Sachen Dalton und O’Keefe«, berichtete Sophie. Es handelte sich um Annabelles Ex und den neuen Besitzer der Giants, wobei Sophie Typen wie Randy Dalton normalerweise mied, aber da Micki gerade ausgebucht war, hatte sie sich nach Annabelles öffentlichem Beziehungsdebakel seiner nur zu gern angenommen. Randy war nicht zu beneiden.

»Ich habe Dalton darauf hingewiesen, dass er in punkto Diskretion noch einiges lernen muss und in seiner Dämlichkeit offenbar die Vertragsverhandlungen vergessen hat, die demnächst anstehen«, erzählte Sophie. Das bestätigte Annabelles Vermutung, dass ihre Schwester es genoss, Randy tagaus tagein unter die Nase zu reiben, was für ein Mistkerl er war. »Außerdem will dieser Wichser einfach nicht wahrhaben, dass wir uns, seit er Annies Herz gebrochen hat, nur noch für seine Kohle interessieren«, fügte sie hinzu.

»Sophie!«, brummte Onkel Yank. »Jetzt ist aber Schluss mit der Flucherei.«

Die drei Mädchen verdrehten die Augen. »Das haben wir von dir gelernt«, erinnerte ihn Annabelle. »Danke, dass du Dalton wie einen Trottel behandelst, Sophie; er hat es verdient.«

Das Geschäft ging natürlich vor, das war Annabelle klar. Hot Zone würde diese Ratte trotz allem weiterhin vertreten, bis Dalton sie feuerte oder die Agentur sich vertragsgemäß von ihm lösen konnte.

»Und was gibt’s bei dir Neues, Annabelle?« erkundigte sich ihr Onkel.

Er hatte stets ein bestimmtes Funkeln in den Augen, wenn er seine älteste Nichte ansah. Annabelle war klar, dass der alte Brummbär sie geradezu vergötterte. »Ich habe gerade die Nike-Kampagne für Ernesto Mendoza unter Dach und Fach gebracht und ihn in ein Flugzeug gesetzt, das ihn nach Dallas zurückbringt. Und gestern Abend war ich mit dem Sohn des Vorsitzenden des New York Community Trust bei einer Benefizgala. Ich habe ein paar Mal betont, dass wir genau die Stars vertreten, von denen sich der NYCT Unterstützung für sein Anliegen erwartet, damit er auch sicher zuerst bei uns anfragt, ehe er sich auf der Suche nach Sponsoren an Atkins wendet.« Sie blinzelte ihrem Onkel verschwörerisch zu.

Mit Spencer Atkins verband Yank zwar eine langjährige Freundschaft, doch in geschäftlicher Hinsicht waren die beiden erbitterte Rivalen, wie Annabelle nur zu gut wusste. Sie versuchte stets, ihrem Onkel den größtmöglichen Nutzen zu bringen.

»Das hör ich gern«, gab er zurück. Wärme und Stolz schwangen in seinen Worten mit.

»Hast du das Kleid von Louis Vuitton getragen?« Sophie spielte auf die neueste Errungenschaft ihrer Schwester an.

Annabelle grinste. »Na klar.« Ein Designerkleid mit einem derart atemberaubenden Rückendekolletee garantierte ihr die ungeteilte Aufmerksamkeit eines jeden Begleiters – erst recht, wenn die Hand selbigen Begleiters auf ihrem entblößten Rücken ruhen durfte.

Das laute Knallen des Hammers ließ Annabelle erschrocken auffahren.

»Ihr schweift schon wieder vom Thema ab«, brummte Onkel Yank. Die drei Schwestern lachten.

»Tja, abgesehen davon wartet der ganz normale Wahnsinn in meinem Büro auf mich«, schloss Annabelle.

»Micki, hättest du Zeit für einen neuen Klienten?« fragte Yank.

Micki verneinte bedauernd. »Derzeit bin ich leider total ausgebucht. Bei Armando steht demnächst der Fototermin für eine Wohltätigkeitsorganisation namens United Way an, und ich musste ihm versprechen, dass ich dabei sein würde. Und solange die Post in ihren Klatschspalten ihre Mutmaßungen bezüglich Roper anstellt, bin ich rund um die Uhr beschäftigt.«

Onkel Yank verdrehte die Augen. »Besorg ihm doch einfach eine Nutte und setz einen Fotografen auf ihn an, der in flagranti ein paar Bilder von ihm schießt!«

Dann wandte er sich hoffnungsvoll an Sophie, erntete aber auch von ihr bloß eine hilflose Geste. »Mein Terminkalender ist genauso voll. Außerdem habe ich keine Lust, mir noch so einen gehirnamputierten Footballspieler aufzuhalsen, der mir nur auf den Busen starrt und an die Wäsche will, während ich mich damit abmühe, ihn in irgendeiner Benefizgala unterzubringen.«

Micki setzte sogleich zu ihrer üblichen Predigt an: »Ach, du siehst das alles viel zu eng. Sei doch nicht immer so zugeknöpft! Kein Wunder, dass du seit einer Ewigkeit kein richtiges Date mehr hattest.« Sie stieß Sophie mit dem Ellbogen an. Das unvermeidliche Gekeife ließ nicht lange auf sich warten.

»Ich habe mehr als genug Dates«, entgegnete Sophie mürrisch. »Nur eben nicht mit Typen, die lieber Männern als Frauen auf den Hintern klopfen.«

Micki stieß einen übertriebenen Seufzer aus. »Ich kann mir einfach beim besten Willen nicht vorstellen, was an diesen ganzen Intelligenzbestien, mit denen du dich umgibst, so toll sein soll«, gab sie zurück. Und schon war das Geplänkel in vollem Gange.

»Könntet ihr diese Debatte vielleicht auf nachher verschieben?«, mischte sich Annabelle ein.

»Annie hat Recht.« Das Klopfen des Hammers beendete die Diskussion. »Im Sitzungssaal wird nicht über Sex geredet.« Wie immer bei derartigen Gelegenheiten war Yank feuerrot angelaufen.

Leider wurde er von den Mädchen überhaupt nicht ernst genommen – zumindest nicht, wenn es um das starke Geschlecht ging. Wie auch, wo er doch selbst nie geheiratet oder sich auch nur im Geringsten um Diskretion bemüht hatte?

Dass sie damals bei ihm eingezogen waren, hatte ihn als hartnäckigen Junggesellen nicht von seinen Affären abgehalten. Ganz im Gegenteil. Doch eines Tages kam Lola dahinter, dass er die Kleinen schamlos als Köder benutzte, und von da an begleitete sie die vier auf ihren Ausflügen in den Park, ins Einkaufszentrum und zum Spielplatz, sodass sie nach außen hin wie eine große, glückliche Familie wirkten. Was dem Sexualleben des guten Onkel Yank allerdings eher abträglich war. Aber die Mädchen liebten ihre Ersatzmutter Lola über alles, und Yank kam ohnehin keinen Tag ohne sie aus. Er war nur viel zu stur, um zu gestehen, wie sehr auch er sie brauchte – und liebte.

»Bis Micki und Sophie wieder etwas mehr Luft haben, können Lola und ich uns ja um die neuen Klienten kümmern«, schlug Annabelle vor, um zum Thema zurückzukehren.

»Früher oder später werden wir ohnehin ein paar neue PR-Leute einstellen müssen«, sagte Micki. »Uns bleibt bald gar nichts anderes mehr übrig – wir brauchen dringend Verstärkung.«

Sophie und Annabelle nickten zustimmend. Sie waren so erfolgreich, dass ihnen die Arbeit langsam aber sicher über den Kopf wuchs.

»Darüber reden wir noch«, versprach Yank.

»Beim nächsten Meeting?«, hakte Annabelle nach, weil sie wusste, dass er das Thema sonst nur allzu gern unter den Tisch fallen lassen würde. Sie konnte die Gründe durchaus nachvollziehen – die familiäre Atmosphäre beispielsweise, die im Augenblick in der Firma herrschte, würde zweifellos darunter leiden.

»Na schön. Über kurz oder lang tun ohnehin alle das, was du sagst«, grinste Yank.

»Tja, das ist mein Job.« Annabelle zwang sich, zu lachen, doch seine Worte ernüchterten sie – die Vergangenheit war noch immer allzu präsent. Er hatte ja keine Ahnung, dass sie als die Älteste von Anfang an wohl oder übel die Rolle der Anführerin und Vermittlerin hatte übernehmen müssen.

Nach dem Tod ihrer Eltern war die Trennung von ihren Schwestern stets wie ein Damoklesschwert über ihr geschwebt. Sie hatte als Einzige gehört, was die Zuständige vom Sozialamt dem Anwalt gedroht hatte: dass sie in einem Heim oder bei Pflegeeltern landen würden, falls ihr Onkel Yank sich weigern sollte, die drei zu sich zu nehmen oder irgendwie Mist baute. Niemand würde Kinder in ihrem Alter adoptieren wollen, schon gar nicht alle drei auf einmal. Annabelles Angst, sie könnten auseinander gerissen werden, wurde zur Besessenheit – jedes Mal, wenn Sophie und Micki sich zankten, kamen ihr die Worte der Sozialarbeiterin in den Sinn.

»Gut, kommen wir dann also zu unserem potentiellen neuen Klienten«, schlug Lola vor.

Annabelle war dankbar für den Themenwechsel. »Wer ist es denn?«

Sophie und Micki tauschten Blicke aus, die darauf schließen ließen, dass sie bereits im Bilde waren.

»Brandon Vaughn«, platzte Micki heraus, sichtlich heiß darauf, die Bombe platzen zu lassen.

»Gewinner der begehrten Heisman-Trophy für den besten College-Footballspieler und bis zu seiner verheerenden Knieverletzung als Franchise-Player einer der wertvollsten Spieler für die Dallas Cowboys«, verkündete Sophie, die sich stets mit ihrem guten Gedächtnis brüstete.

»Außerdem wurde er in die Hall of Fame aufgenommen. Bis er nach seiner Verletzung zur Konkurrenz gewechselt hat, war er einer unserer wichtigsten Klienten«, fuhr Lola fort.

Als könnte Annabelle das je vergessen, auch wenn sie zu der Zeit nicht in der Stadt gewesen war. Das war aber noch nicht alles, was ihr zum Thema Brandon Vaughn einfiel.

»Jemand hat mir Vaughn vor ein paar Jahren bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung vorgestellt«, murmelte Annabelle. Der Blick aus Brandons blauen Augen hatte sie förmlich hypnotisiert und Annabelle das Gefühl gegeben, als würde außer ihr keine einzige Frau auf der Welt existieren. Nicht einmal die aufgetakelte Tussi an seiner Seite.

Und sein dreistes Auftreten hatte ihr signalisiert: Ich weiß, dass du mich willst – genau wie alle anderen Frauen hier auch. Leider verkörperte Brandon genau den Typ Mann, zu dem Annabelle sich am meisten hingezogen fühlte. Sie bewunderte diese Art von sexy wirkender, selbstbewusster Ausstrahlung, auch wenn sie ihr jederzeit wieder zum Verhängnis werden konnte.

Genau wie sein Aussehen: Glänzendes schwarzes Haar, feine Gesichtszüge, breite Schultern, die in seinem Smoking hervorragend zur Geltung kamen. Zum Glück wird er nicht mehr von Onkel Yank vertreten, hatte sie damals gedacht. Das könnte ein schlimmes Ende nehmen. Schon der Gedanke an ihn weckte ihre Lust und ließ die Erregung durch ihre Adern fließen wie Honig. Mhm, Honig – sie liebte diese sanfte, weiche Süße einfach über alles …

Sie schluckte. »Was will Vaughn denn nach all der Zeit?«

»Vor mir im Staub kriechen, hoffe ich zumindest!«, knurrte ihr Onkel. »Der Kerl hat seinen Termin nur gekriegt, weil Lola darauf bestand.« Er deutete mit dem Stift auf seine Assistentin.

»Anscheinend hat ihn damals seine Exfrau gezwungen, sich von uns zu verabschieden.« Wie üblich plädierte die besonnene Micki an ihre Vernunft, indem sie den Spieler in Schutz nahm.

»Ach was«, widersprach Annabelle. Sie erinnerte sich lebhaft an Brandons markante Züge und sein anzügliches Grinsen. »Ich kenne den Mann. Ich bezweifle stark, dass der sich von irgendeiner Frau derart in den A … – in den Hintern treten lässt«, korrigierte sie sich rasch, als ihr Onkel ihr einen warnenden Blick zuwarf. »Ein Spieler mit Leib und Seele eben.«

Sophie nickte. »Und wir wissen alle, was das bedeutet.«

»Amen.« Annabelle wusste nur zu gut, worauf ihre Schwester anspielte. Sie hatte sich schon damals zu Vaughn hingezogen gefühlt, und angesichts der sexuellen Durststrecke, die sie hinter sich hatte – ganze sechs Monate (acht, wenn man die Zeiten dazuzählte, in denen Randy Daltons Interesse an ihr rapide abgenommen hatte) – fühlte Annabelle das Verlangen nach einer ganz bestimmten von Vaughns Fähigkeiten in sich aufsteigen.

»Bis wann werdet ihr eure derzeitigen Aufträge abschließen? « fragte sie ihre Schwestern in der Hoffnung, sich nicht allein um Onkel Yanks Neuzugang kümmern zu müssen.

Sophie und Micki warfen einander einen wissenden, verschwörerischen Blick zu. »Vorerst gar nicht.«

Dieses konspirative Mienenspiel, das Annabelle schon bei der Erwähnung von Brandon Vaughn beobachtet hatte, kannte sie noch aus Kindertagen. Es kam nicht allzu oft vor, dass ihre Schwestern an einem Strang zogen, aber wenn, dann hatten sie dabei meist Annabelle im Visier.

»Wie gesagt, wir sind mehr als ausgelastet«, meinte Sophie.

»Und das wird sich auch nicht so bald ändern«, stimmte Micki ihr zu.

Annabelle verdrehte die Augen. Natürlich. Wenn sich die beiden ausnahmsweise einig waren, dann auf ihre Kosten.

2

BRANDON VAUGHN HASSTE ES, wenn er zu Kreuze kriechen musste. Noch schlimmer fand er es, Fehler einzugestehen. Entsprechend mies war seine Laune, als er nun bei Hot Zone auf der Matte stand, um sich mit seinem ehemaligen Manager zu treffen, obwohl er nur zu gut wusste, dass er Yank Morgan brauchte, um sowohl seine Vergangenheit als auch seine Zukunft in Ordnung zu bringen.

»Du kannst jetzt zu ihm reingehen.« Lola, die schon damals Yanks Assistentin gewesen war, deutete auf die geschlossene Bürotür.

Als er sich erhob, spürte er den prüfenden Blick ihrer braunen Augen auf sich ruhen. »Gut siehst du aus, Brandon.« Sie war, von seinen Eltern einmal abgesehen, eine der wenigen, die ihn beim Vornamen nannten.

»Du könntest zwar etwas mehr Schlaf gebrauchen, wenn ich mir die Ringe unter deinen Augen so ansehe, aber du bist noch immer ein verdammt attraktiver Bursche«, sagte sie lächelnd und zwinkerte ihm zu.

Offenbar nahm sie es ihm nicht weiter übel, dass er vor all den Jahren zur Konkurrenz gewechselt hatte. Bei Yank lag die Sache vermutlich anders.

»Du siehst aber auch umwerfend aus, meine Liebe.« Tatsächlich wirkte Lola wie allerhöchstens vierzig, obwohl sie bereits gut und gern fünfundfünfzig oder sechzig sein musste. »Ich hoffe, der alte Yank ist nett zu dir.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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