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Der zweite Roman der neuen Bestsellerserie
Las Vegas macht’s möglich: In einer heißen Nacht heiratet der sexy Cop Mike Corwin nicht nur die umwerfende Amber, sondern gewinnt darüber hinaus 150.000 Dollar. Doch als er am nächsten Morgen aufwacht, ist Amber verschwunden – und das Geld auch. Hat sie ihn reingelegt? Oder entfaltet der Fluch, der auf dem Corwin-Clan lastet, tatsächlich seine Wirkung?
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Seitenzahl: 478
Das Buch
Gegensätze ziehen sich an – und größere Gegensätze als Amber Rose und Mike Corwin kann es kaum geben. Trotzdem funkt es sofort zwischen der jungen Trickbetrügerin und dem korrekten Cop. Und wenn man sich schon in Las Vegas kennenlernt, warum dann nicht gleich heiraten? Nach einem rauschhaften Abend stolpern Amber und Mike in eine Hochzeitskapelle und geben sich das Jawort. Und die Glückssträhne reißt nicht ab: Zu allem Überfluss gewinnt Mike auch noch 150 000 Dollar. Nach der folgenden heißen Hochzeitsnacht bereut zunächst keiner der beiden die schnelle Entscheidung.
Allerdings gibt es da noch der Fluch, der auf Mikes Familie laste, wonach kein männliches Mitglied des Corwin-Clans mit seiner großen Liebe glücklich werden kann. Prompt bestätigen sich Mikes schlimmste Befürchtungen, als Amber am nächsten Morgen mit seinem gesamten Geld verschwunden ist. Für Mike ist der Fall klar: Er will die Scheidung.
Doch Amber glaubt an ihre Liebe zu Mike und lässt sich von nichts aufhalten – weder von seiner schrulligen Familie noch von der Tatsache, dass er ihre Vergangenheit vehement ablehnt. Sie ist entschlossen, dem Corwin-Fluch die Stirn zu bieten und ihren Traummann für sich zu gewinnen.
Die Autorin
Carly Phillips hat sich mit ihren romantischen und leidenschaftlichen Geschichten in die Herzen ihrer Leserinnen geschrieben. Sie veröffentlichte bereits über zwanzig Romane und ist inzwischen eine der bekanntesten amerikanischen Schriftstellerinnen. Mit zahlreichen Preisnominierungen ist sie nicht mehr wegzudenken aus den Bestsellerlisten. Ihre Karriere als Anwältin gab sie auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie lebt mit ihrem Mann und den zwei Töchtern im Staat New York.
Weitere Informationen auf ihrer Homepage: www.carlyphillips.com
Im Heyne Verlag liegen vor: Küss mich, Kleiner!
Die Chandler-Trilogie: Der letzte Kuss – Der Tag der Träume – Für eine Nacht
Die Hot-Zone-Serie: Mach mich nicht an! – Her mit den Jungs! –
Komm schon! – Geht’s noch?
Die Corwin-Serie: Trau dich endlich! – Spiel mit mir!
Stewart, Massachusetts, ein kleines Dorf etwa zwei Kilometer westlich von Salem, dem Schauplatz der berüchtigten Hexenprozesse. Ende des neunzehnten Jahrhunderts herrschte unter den Bewohnern von Stewart schreckliche Furcht vor Verwünschungen und Hexenzauber. Just in jener Zeit geschah es, dass ein gewisser William Corwin sein Herz an eine Frau verlor und mit ihr durchbrannte, obwohl sie bereits einem anderen versprochen war. Martin Perkins, der sitzengelassene Mann, war der älteste Sohn einer wohlhabenden Familie aus dem Nachbardorf, das ebendieser Familie auch seinen Namen verdankte.
Seine Mutter, Mary Perkins, war eine Hexe, und sie rächte sich umgehend für das Unrecht, das ihrem Sohn widerfahren war, indem sie die Corwins mit einem Fluch belegte. Seither ist jeder männliche Spross der Familie dazu verdammt, die Frau seines Herzens und sein Hab und Gut zu verlieren, sobald er sich verliebt.
Fortan gab es keinen männlichen Nachfahren von William Corwin, dem dieses Schicksal erspart geblieben wäre …
Amber Rose wollte das Trickbetrüger-Geschäft hinter sich lassen. Karten zählen in Vegas bei Pokerspielen mit hohen Einsätzen, das war nicht das Leben, das sie führen wollte – selbst wenn es ihr das Geld einbrachte, das sie so dringend brauchte, um für die Arztrechnungen ihres an Alzheimer leidenden Vaters und für seine Unterbringung in einem erstklassigen Pflegeheim aufzukommen. Doch nun hatte sie genug gespart, um umsatteln zu können. Sie ließ den Blick durch das überfüllte, verrauchte Casino gleiten, wo sie mit Marshall Banks, ihrem zukünftigen Ex-Partner, verabredet war. Das Bellagio war sein Lieblingshotel auf dem Strip. Sie konnte nur hoffen, dass ihn die Atmosphäre in gute Laune versetzen würde, ehe sie ihm die schlechte Nachricht überbrachte.
Amber warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Es kam ihr vor, als wäre sie schon ewig hier, dabei waren seit ihrer Ankunft erst fünf Minuten vergangen. Entspann dich, sagte sie sich. Dann erspähte sie Marshall endlich am anderen Ende der Halle.
Es entging ihr nicht, dass er zahlreiche bewundernde Blicke von weiblichen Gästen erntete, als er sich einen Weg durch die Menge bahnte. Kein Wunder. Er hatte den Sex-Appeal eines Andy Garcia und passte mit seiner eleganten schwarzen Hose, dem bunt gestreiften Anzughemd und dem dunklen, nach hinten gegelten Haar hervorragend in Las Vegas’ Glamourwelt. Marshall war seit je ein Frauenschwarm gewesen, und als junger, leicht zu beeindruckender Teenager hatte auch Amber seiner Fangemeinde angehört. Bis über beide Ohren war sie in den Top-Protegé ihres Vaters verknallt gewesen.
Auch ihren Vater hatte Amber stets bewundert. Sam Brenner, ein Spieler der Extraklasse, war das personifizierte Las Vegas gewesen – groß und imposant, dynamisch, aufregend. Er hatte seine Tochter vergöttert und dafür gesorgt, dass es ihr an nichts fehlte. Als Berufsspieler war er häufig unterwegs gewesen, sodass Amber viel Zeit bei seinen Eltern verbracht hatte, und irgendwann hatte sie ihre ehrfürchtige Zuneigung zu ihrem Vater auch auf seine Heimatstadt übertragen. Sie liebte den Glanz und Glamour, der Vegas umgab.
Ihre Begeisterung für Marshall war längst verpufft. Heute wusste sie, was für ein Mann hinter der glänzenden Fassade steckte: Ein Hochstapler mittleren Alters, der sich seinen Lebensunterhalt mit Spielen und Trickbetrügereien verdiente – schlicht und einfach deshalb, weil er damit durchkam. Zugegeben, eine Zeit lang hatten sie gemeinsame Sache gemacht, doch waren Ambers Gründe, sich darauf einzulassen, weniger eigennützig gewesen.
»Hallo, meine Schöne«, unterbrach Marshall nun ihre Gedankengänge und drückte ihr einen kühlen Kuss auf die Wange. »Wie geht’s dir heute?«
»Ganz gut.« Sie spreizte die Finger, um sich nicht durch ihre Körpersprache zu verraten.
»Möchtest du einen Drink?«, fragte Marshall.
Sie runzelte die Stirn. »Ist es dafür nicht noch ein bisschen früh?«
»Ach komm schon, Kleines, entspann dich. Es ist Freitag, praktisch schon Wochenende.« Er hielt eine Bedienung an. »Einen Johnnie Walker Black für mich und einen Chardonnay für die Dame.«
Amber trank stets Chardonnay, wenn Marshall und sie einen auf »der Spieler und seine Tussi« machten, doch jetzt stand ihr nicht der Sinn nach solchen Possen.
Sie winkte ab. »Für mich nichts.«
Die Bedingung nickte und wandte sich zum Gehen.
Marshall musterte sie fragend. »Stimmt etwas nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, es ist nur noch so früh am Tag.« Selbst für einen Freitag.
Er fixierte sie mit seinem charakteristischen, listig verschmitzten Blick. »Was hast du denn? Sonst kümmert es dich doch auch nicht, wann oder was ich trinke, wenn wir einen Coup geplant haben, der etwas Bargeld in die Kasse spült. Und wie gesagt, für morgen Abend ist alles arrangiert. Also, entspann dich.« Er strich ihr über die langen Locken.
Sie zwang sich, tief durchzuatmen. Er hatte Recht. Seine Trinkgewohnheiten waren nie ein Thema gewesen. Sie hatte ihn schalten und walten lassen, wie es ihm beliebte, seit sie ihn vor einem halben Jahr gefragt hatte, ob er mit ihr das große Geld machen wolle – mithilfe der Tricks, die sie als Kind von ihrem Vater gelernt hatte. Doch im Augenblick hätte sie es vorgezogen, wenn er nüchtern geblieben wäre. Je mehr Alkohol er intus hatte, desto unvorhersehbarer wurde seine Reaktion auf ihre Neuigkeit.
Am besten brachte sie es auf der Stelle hinter sich. »Also, was das Spiel morgen angeht …« Amber unterdrückte den Drang, sich die feuchten Hände an ihrem dunklen Kleid abzuwischen und ballte sie stattdessen zu Fäusten.
Seine Augen verdunkelten sich, als sein wachsamer Blick nun auf ihr ruhte, doch das konnte Amber nicht beunruhigen. Für gewöhnlich besaß er genügend Charme, um sein explosives Temperament im Zaum zu halten. Für gewöhnlich.
»Ja?«, fragte er.
»Du wirst auf mich verzichten müssen.«
»Das ist ein schlechter Witz, oder?« Er runzelte die Stirn, seine Miene verdüsterte sich. »Du weißt genau, dass ich ohne dein fotografisches Gedächtnis nicht gewinnen kann. Was könnte wichtiger sein als das Spiel?«
Sollte sie ihm nun mit Werten wie Ehrlichkeit, Moral und Verantwortung kommen, wo er sich doch um all das keinen Deut scherte? Amber biss sich auf die Unterlippe und überlegte, wie sie ihre Gefühle in Worte fassen sollte, damit er sie verstand.
Sie begegnete seinem einschüchternden Blick. »Marshall, ich habe die Nase voll vom Kartenzählen. Ich hänge meinen Job an den Nagel und fange ein neues Leben an.«
Sie hatte den Adrenalinrausch geliebt, die Herausforderung, die jedes Spiel mit hohem Einsatz darstellte, aber sie musste auch die Person ertragen können, die ihr jeden Morgen aus dem Spiegel entgegenblickte. Und das konnte sie nicht mehr, seit sie ihre Stelle als Concierge in Beverly Hills hatte aufgeben müssen, um sich um ihren Vater zu kümmern. Concierge, das war ein ehrbarer Beruf, und Amber hatte ihn geliebt, auch, weil er ihr genügend Aufregung geboten hatte, um ihre Abenteuerlust zu stillen. Sie hatte damals das perfekte Leben geführt, und in dieses Leben wollte sie zurückkehren, nachdem sie nun ausreichend Geld beiseitegeschafft hatte, um sich in aller Ruhe zu überlegen, wie sie künftig für die Pflege ihres Vaters aufkommen sollte.
»Ein neues Leben? Komm schon, Kleines, sei vernünftig. « Marshall lachte dröhnend und ließ den Blick über sie gleiten. »Wir sind doch ein Team, du und ich.«
»Das war einmal.« Mit ihren vierundzwanzig Jahren hatte sie gelernt, dass sie sich lieber auf ehrliche Art und Weise amüsierte.
»Ach, wirklich?« Er verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Körpersprache ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er ihr kein Wort abkaufte. »Und wie willst du künftig an das steuerfreie Bargeld kommen, um das schicke Pflegeheim für deinen alten Herrn zu finanzieren?« Er rückte ihr bedrohlich nahe auf den Pelz.
Der aufdringliche Geruch seines markanten Rasierwassers stieg ihr unangenehm in die Nase. Sie wich zurück. »Das lass mal meine Sorge sein. Jedenfalls sind unsere Tage als Partner gezählt. Ich steige aus.«
»Den Teufel wirst du tun.« Er packte ihren Arm.
Amber entwand sich seinem Griff und bedachte Marshall mit einem wütenden Blick. »Untersteh dich, mich noch einmal so grob anzufassen. Mich überhaupt noch einmal anzufassen.« Sie rieb sich die schmerzende Stelle. »Mein Entschluss steht fest, da kannst du sagen – oder tun –, was du willst.«
»Tut mir leid, Kleines, aber für mich steht morgen Abend zu viel auf dem Spiel, um dir solche Kinkerlitzchen durchgehen zu lassen«, knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen. Er kam noch näher an sie heran, wohl in der Hoffnung, sie damit einschüchtern und zum Umdenken bewegen zu können.
Doch kaum hatte er sie erneut mit eisernem Griff am Unterarm gepackt, da ertönte neben ihnen eine sexy Männerstimme. »Was ist hier los?«
Amber wandte den Kopf und starrte den dunkelhaarigen Unbekannten, der sich neben ihnen aufgebaut hatte und sie ehrlich besorgt betrachtete, wie vom Donner gerührt an. Gut aussehend war gar kein Ausdruck.
»Alles in Ordnung«, versicherte sie ihm, um zu verhindern, dass er in eine Auseinandersetzung mit dem zusehends streitlustigen Marshall geriet. So lange sie unter Leuten waren, würde sich ihr Ex-Partner darauf beschränken, den großen Macker zu markieren.
»Sieht für mich aber nicht danach aus.« Der Fremde ließ die blauen Augen betont auffällig auf Marshalls Finger ruhen, die ihren Arm umklammerten.
Normalerweise hätte Amber Marshall einfach weggeschubst, aber sie wusste, damit würde sie ihn erst recht provozieren – und dem geheimnisvollen Fremden, der offenbar wild entschlossen war, den Retter in der Not zu spielen, noch mehr Ärger einbrocken.
»Ich wüsste nicht, was Sie das angeht«, schnarrte Marshall großspurig.
»Es geht mich gleich eine ganze Menge an.« Ihr Retter schob die Hand in die hintere Hosentasche, brachte eine Brieftasche zum Vorschein und ließ eine Dienstmarke aufblitzen, die er ebenso rasch wieder einsteckte. »Die Dame hat Sie doch laut und vernehmlich gebeten, sie in Ruhe zu lassen. Also müssen Sie entweder taub oder strohdumm sein. Was trifft denn nun auf Sie zu?«
Sofort hob Marshall beschwichtigend die Hände und wich einen Schritt zurück. »Hey, ich hab doch gar nichts getan.«
»Ach ja?« Der Detective straffte die breiten Schultern, die in seinem marineblauen T-Shirt ausnehmend gut zur Geltung kamen. »Fragen wir doch die Dame, ob sie das auch so sieht. Hat er Ihnen wehgetan?«, wandte er sich nun an Amber. Seine weiche, besorgte Stimme umhüllte sie wie eine zärtliche Liebkosung.
Sie sah ihm in die Augen. »Mir geht’s gut, danke.« Sie biss sich auf die Innenseite der Wange, um nur ja nichts zu sagen, das für noch mehr Ärger sorgen würde.
Marshall nickte zustimmend. »Sag ich doch. Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit unter Liebenden. Nicht wahr, Schatz?«
Von wegen Liebende. Sie war hier, um Marshall loszuwerden; sie dachte gar nicht daran, seine kleine Freundin zu mimen. Zumal dieser gut aussehende Knabe, der ihr zu Hilfe geeilt war, keinen falschen Eindruck bekommen sollte, was das Verhältnis zwischen Marshall und ihr anging.
Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich sind wir … das heißt, wir waren Geschäftspartner. Aber das ist vorbei.«
Der Polizist musterte Marshall mit schmalen Augen. »Dann gibt es hier wohl nichts weiter zu diskutieren, oder?«, fragte er knapp und signalisierte ihm damit, dass er entlassen war.
Marshall trat unentschlossen von einem Fuß auf den anderen.
Amber wusste, dass ihn niemand zwingen konnte, zu gehen, wenn er bleiben wollte, doch die Dienstmarke hatte ihre Wirkung nicht verfehlt.
Schließlich wandte sich Marshall zum Gehen, aber nicht ohne Amber einen letzten warnenden Blick zuzuwerfen.
Er war noch nicht fertig mit ihr.
Michael Corwin sah dem schmierigen Typen nach, bis er sicher war, dass er das Casino auch wirklich verlassen hatte. Erst dann wandte er sich wieder der wunderschönen Frau zu, die er einfach hatte retten müssen.
»Ist wirklich alles in Ordnung?«
Sie legte den Kopf schief, sodass sich ihre blonden Locken über ihre Schulter ergossen, und musterte ihn. »Ich werd’s überleben«, erwiderte sie trocken. »Ich wäre zwar auch allein mit Marshall fertig geworden, aber danke, dass Sie mir zu Hilfe geeilt sind.« In ihren hellblauen Augen blitzten Dankbarkeit und, wenn ihn nicht alles täuschte, Bewunderung auf.
Michael hatte als Kriminalbeamter ohnehin reichlich Beschützerinstinkt im Blut, aber auch der Mann in ihm hatte sich eindeutig zu diesem verführerischen Wesen hingezogen gefühlt, das offensichtlich in der Klemme gesteckt hatte. »Gern geschehen.«
Sie studierte aufmerksam sein Gesicht. »Sie arbeiten nicht für die hiesige Polizei, stimmt’s?«
Er hob verblüfft eine Augenbraue. »Gut beobachtet. Ich komme aus Boston, Massachusetts. Woran haben Sie das erkannt?«
»An der Aussprache. Sie sind eindeutig nicht von hier. Das hätte Marshall auch bemerkt, wenn er nicht so unentspannt gewesen wäre.« Sie reichte ihm die Hand. »Ich bin Amber. Freut mich, Sie kennenzulernen. «
»Mike Corwin.« Er ergriff ihre Hand und fühlte einen Stromstoß durch seinen Körper gehen, der ihm direkt in den Unterleib fuhr. Unerwartet, aber nicht unerwünscht, dachte er. »Haben Sie auch einen Nachnamen, Amber?«
»Rose. Amber Rose.«
Er hob eine Augenbraue. Eine Frau mit einem exotischen Namen, in einem kurzen schwarzen Cocktailkleid, dessen Ausschnitt ein für ihre zierliche Figur ausgesprochen üppiges Dekollete enthüllte … Alles in allem eine ziemlich verlockende Erscheinung; eine, der er beim besten Willen nicht hätte widerstehen können.
Nicht, dass er das gewollt hätte.
»Klingt ungewöhnlich, ich weiß«, fuhr Amber fort.
»Um ehrlich zu sein wollte ich gerade sagen, dass er nach einem Vegas Showgirl klingt. Nichts für ungut.«
Ihr Porzellanteint rötete sich sanft im gnadenlosen Casinolicht, ihr Lächeln zauberte ein Grübchen auf ihre Wange. »Da liegen Sie schon richtig. Rose war der Mädchenname meiner Mutter. Celia Rose. Sie war ein Showgirl.«
»Ist sie inzwischen im Ruhestand?«
»Sie ist bei meiner Geburt gestorben.« Amber schlug betrübt die Augen nieder. »Und, Mike, was führt Sie nach Vegas?«, fragte sie, um das Thema zu wechseln. Erst jetzt bemerkte sie, dass er ihre rechte Hand noch immer festhielt.
Mike genoss die Berührung, die sich so richtig anfühlte und hatte angefangen, mit dem Daumen sanfte Kreise auf ihr Handgelenk zu malen. Da sie offensichtlich nicht über ihre Mutter sprechen wollte, ließ er das Thema fallen. »Eine Hochzeit.«
»Sie heiraten?« Sie entzog ihm mit erschrockener Miene ruckartig ihre Hand.
»Um Himmels willen, nein, nicht ich. Sehe ich etwa aus, als würde ich kurz vor meiner Hochzeit noch andere Frauen anbaggern? Einer meiner Kollegen heiratet«, klärte er sie eilig auf.
»Oh.« Sie atmete hörbar auf. »Sie baggern mich also an, ja?«, fragte sie. Es klang, als wäre sie äußerst angetan von dieser Vorstellung.
»Absolut.« Er trat näher. Obwohl die Luft von Zigarettenrauch geschwängert war, stieg ihm ein Hauch ihres blumigen Parfüms in die Nase, der seine Erregung nur noch schürte. »Ich bin weder verheiratet noch habe ich eine Freundin«, versicherte er ihr.
Sie lächelte.
Welcher heterosexuelle Mann würde sich nicht zu einer solchen Frau hingezogen fühlen? Außerdem hatte Mike in letzter Zeit so viel gearbeitet, dass er sich überhaupt nicht erinnern konnte, wann er das letzte Mal Sex gehabt hatte. Es war sonst gar nicht seine Art, mit Frauen anzubandeln, denen er aus der Klemme geholfen hatte, aber Amber war einfach anders. Sie war nicht nur sexy, sondern auch intelligent, und wie es aussah, war Anstand für sie kein Fremdwort: Sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich nicht für Männer interessierte, die bereits anderweitig vergeben waren.
Er war für ein langes Wochenende nach Las Vegas gekommen, und ehe er am Montag in aller Herrgottsfrüh in Boston vor Gericht erscheinen musste, um in einem Fall auszusagen, den er letztes Jahr abgeschlossen hatte, wollte er hier einmal so richtig abschalten, sich amüsieren und mit seinen Freunden feiern. Da kam ihm diese Amber gerade recht, und ihm wurde schlagartig klar, dass er sich fortan mit ihr an seiner Seite amüsieren wollte.
Normalerweise war er nicht so impulsiv, aber wo sonst sollte ein Mann ohne Schuldgefühle seinen Gelüsten nachgehen, wenn nicht in Las Vegas? Solange die Gelüste auf Gegenseitigkeit beruhten …
Sie leckte sich mit der Zunge über die glänzenden Lippen. »Und was haben Sie jetzt vor, nun, da Sie mich angebaggert haben?«, fragte sie heiser.
»Oh, mir wird schon etwas einfallen.« Er versuchte, ihr Interesse abzuschätzen.
Sie lächelte noch breiter und weckte damit ein Verlangen in ihm, wie er es schon lange nicht mehr verspürt hatte. Er nahm ihre Hand, und sogleich knisterte es wieder heftig zwischen ihnen. Unwillkürlich hatte er das Gefühl, sie schon ewig zu kennen, und nicht erst ein paar Minuten. Kein Zweifel, er brauchte mehr Zeit.
»Gibt es eigentlich noch mehr Marshalls in Ihrem Leben, über die ich Bescheid wissen sollte?«, erkundigte er sich.
Sie hatte behauptet, er sei ihr Geschäftspartner gewesen – Vergangenheitsform –, und er glaubte ihr.
Amber schüttelte den Kopf. »Sie haben Glück – und ich auch. Ich bin ungebunden.« Ihr Grinsen drückte unmissverständliches Interesse aus. An ihm.
Just in diesem Moment rief einer seiner Kollegen:
»Hey, Corwin, wir machen uns auf den Weg zum Hard Rock Hotel. Kommst du mit?«
Mike fuhr herum.
»Einen Augenblick.« Er wandte sich wieder Amber zu. »Das war der Bräutigam. Und da drüben stehen unsere Kollegen aus Boston.«
Sie warf einen Blick auf das Grüppchen, das auf ihn wartete. »Gehen Sie ruhig«, sagte sie, aber es klang nicht so, als würde sie es ernst meinen.
Auch er war nicht bereit, sie schon zu verlassen. »Schließen Sie sich unserer wandernden Hochzeitsgesellschaft doch an. Es wird bestimmt lustig.« Er machte eine Pause. »Es sei denn, Sie haben schon was Besseres vor?«
»Nein, bis jetzt jedenfalls nicht«, witzelte sie.
Mike entging nicht, dass sie prüfend den Blick über seine Clique wandern ließ. »Es sind auch ein paar Frauen mit von der Partie«, beruhigte er sie. »Und einige von ihnen sind ebenfalls Cops.«
Sie lachte. »Na, dann habe ich ja den idealen Begleitschutz. «
»Also, geben Sie sich einen Ruck.« Er stupste sie leicht mit dem Ellbogen an, um sie endgültig zum Mitkommen zu bewegen. »Gönnen Sie sich mal eine kurze Pause von Ihrem Leben.«
Amber lächelte. Er wusste gar nicht, wie verführerisch dieses Angebot für sie klang. Sie spähte über seine Schulter hinweg zur Bar, wo Marshalls schmieriger bester Freund J. R. herumlungerte.
Er beobachtete sie.
Sie hatte geahnt, dass Marshall sie nicht kampflos ziehen lassen würde. Er hatte J. R. auf sie angesetzt, damit er sicher sein konnte, dass er sie später finden würde, um sie doch noch umzustimmen. Die Aussicht, aus dem Casino des Bellagio zu verschwinden, kam ihr daher mehr als verlockend vor; zumal sie im Begriff war, mit einer ganzen Horde Polizisten loszuziehen. Und wenn sie obendrein noch etwas mehr Zeit mit ihrem sexy Retter in der Not verbringen konnte, war das quasi das Sahnehäubchen auf der Schokoladentorte.
»Außerdem, wie soll ich Sie denn weiterhin anbaggern, wenn Sie nicht mitkommen?«, fragte er und ließ seinen Atem sanft über ihre Wange streichen. Sein nach Moschus duftendes Rasierwasser ließ ihr die Knie weich werden.
Er übte eine unbeschreiblich starke Wirkung auf sie aus, und sie konnte weder seinen Argumenten noch seinem Charme widerstehen. Eigentlich war ein neuer Verehrer das Letzte, was sie jetzt brauchte, aber die Erregung, die von ihr Besitz ergriffen hatte, sagte ihr unmissverständlich: Es konnte auch nicht schaden.
»Dann mal los.« Sie hakte sich bei ihm unter.
Mit überraschter, aber erfreuter Miene führte Mike sie zu seinen Freunden. »Darf ich vorstellen: Mein Partner Dan Sullivan und seine Gattin Natalie. Die beiden haben gestern Abend geheiratet, und das feiern wir jetzt gebührend.« Dann ratterte Mike noch ein halbes Dutzend weiterer Namen herunter, und Amber prägte sich die dazugehörigen Gesichter ein.
Personen, Orte, Namen und Zahlen waren ihre Spezialität, was sie nicht nur zu einer guten Concierge, sondern zu einer der besten in der Branche gemacht hatte. Diesbezüglich kannte sie keine falsche Bescheidenheit. Ein fotografisches Gedächtnis war im Dienstleistungsgewerbe unbezahlbar. Genau wie ein freundliches Wesen, und das hatte sie von ihrem Vater geerbt.
Wie erwartet versetzte es ihr einen Stich in die Brust, als sie an den vor Lebensfreude sprühenden Charmeur dachte, der er einst gewesen war. Es war nicht mehr viel übrig von Sam Brenner; die fortschreitende Erkrankung hatte ihn richtiggehend ausgehöhlt. Um sie vor seinem Leben als Schwindler zu beschützen, hatte er ihr nicht seinen eigenen Nachnamen gegeben, sondern den Mädchennamen seiner verstorbenen Frau. Und Amber fühlte sich geehrt, ihn zu tragen, denn auf diese Weise lebte die Erinnerung an ihre Mutter, die sie nie kennengelernt hatte, weiter. Und es hatte ihren Vater glücklich gemacht, jedenfalls so lange, bis die Krankheit die Oberhand gewonnen hatte.
Amber und ihr Vater waren sich immer nahegestanden, weshalb sie irgendwann beschlossen hatte, ihre Großeltern zu verlassen und ihn auf seinen Touren zu begleiten. Mit achtzehn hatte sie eine dem herkömmlichen Schulabschluss gleichgestellte Prüfung abgelegt und dann den Chef-Concierge im Crown Chandler Hotel in Vegas überredet, sie als seine Assistentin einzustellen. Er hatte sie in die Branche eingeführt, und anschließend war Amber quer durchs Land gereist, um sämtliche Hotels der Kette kennenzulernen und schließlich im Alter von gerade einmal einundzwanzig Jahren in Beverly Hills als leitende Angestellte anzufangen.
Dort war sie dann drei Jahre geblieben, bis sie vor einem halben Jahr wieder zu ihrem Vater nach Las Vegas gezogen war, um sich um ihn zu kümmern. Sie hatte eine Stelle als Bedienung in der Bar eines alten Freundes angetreten, der ihr versicherte, sie könne sich jederzeit freinehmen, falls ihr Vater dringend Hilfe brauche. Derlei wäre völlig undenkbar gewesen, wenn sie in einem Hotel in Vegas gearbeitet hätte. Doch es war keine drei Monate gutgegangen. Als sie eines schönen Tages nach Hause gekommen war und festgestellt hatte, dass ihr Vater ziellos durch die Straßen von Las Vegas wanderte, hatte sie der Wahrheit ins Auge sehen und ihm ein Pflegeheim suchen müssen.
Die ersten Heime, die sie sich angesehen hatte – Heime, die sie sich mit dem Gehalt einer Concierge hätte leisten können – waren schäbige Bruchbuden, in denen sie ihren Vater nicht im Traum gelassen hätte. Heruntergekommene Einrichtungen, geführt von Leuten, die offensichtlich nicht gut genug entlohnt wurden, um sich gebührend um ihre greisen Insassen zu kümmern. Die Zustände dort – und der Geruch – hatten Amber die Tränen in die Augen getrieben. Ihr war klar geworden, dass sie schleunigst eine Menge Geld auftreiben musste, um ihren Vater in einem ordentlichen privaten Heim unterzubringen.
Noch in derselben Nacht hatte sie sich auf die Suche nach Marshall gemacht. Dieser hatte innerhalb weniger Tage einen Coup arrangiert, nach dem sie mit genügend Bargeld und der Gewissheit nach Hause gegangen war, dass für die Zukunft ihres Vaters gesorgt war.
Sie schüttelte die Erinnerung daran ab und konzentrierte sich wieder auf Mike und seine Freunde. Mike hatte bei der Vorstellungsrunde den Arm um ihre Schultern gelegt, was für die anderen bedeutete, sie herzlich und ohne Fragen zu stellen in der Gruppe willkommen zu heißen.
Ehe sie zum nächsten Hotel aufbrachen, versorgten sie sich noch mit Drinks. Jemand reichte Amber eine Bloody Mary, die sie unauffällig gegen ihren Lieblingsdrink austauschte: Grey Goose Orange, Club Soda und eine Orangenscheibe. Wenn sie sich schon etwas gönnte, dann wollte sie es auch genießen.
Mike nahm ihre Hand, und sie traten aus dem Casino in die schwüle Hitze von Las Vegas, ihrem Las Vegas, ihrer geliebten Heimatstadt. Die blinkenden Lichter, der Trubel, die allenthalben spürbare Lebenslust … Sie fühlte sich regelrecht high, wie sie so durch die Straßen dieser aufregenden Stadt spazierte, an der Seite eines nicht minder aufregenden Mannes.
Sie war gerade solo, und ihre letzte Beziehung war schon eine ganze Weile her. Fast hatte sie das Gefühl, als hätte sie bewusst gewartet. Auf ihn. Und sie ertappte sich bei dem Wunsch, dass ihre gemeinsame Zeit nie enden würde.
Sie würde sich dieses unerwartete Glück nicht verderben lassen.
Nicht einmal von der dumpfen Ahnung, die ihr sagte, dass Marshall und sein Kumpel J. R. ihr dicht auf den Fersen waren.
Den ganzen Tag lang becherten sie hemmungslos, und genauso hemmungslos lachte Amber immer wieder und berührte Mike spontan am Arm oder legte ihm die Hand auf den Rücken. Sie fühlte sich sichtlich wohl damit, ihm ihre Zuneigung offen zu zeigen, und versetzte ihn damit in einen permanenten Erregungszustand, der auch den ganzen feuchtfröhlichen Abend über anhielt. Sie schien es zu genießen, Zeit mit ihm zu verbringen, und er amüsierte sich so blendend, dass er nicht darüber nachdenken, geschweige denn sich danach erkundigen wollte, wie sie diesen Tag verbracht hätte, wenn sie sich nicht über den Weg gelaufen wären.
Seine Freunde hatten keine festen Pläne; sie wollten lediglich feiern, und Amber bereitete es das größte Vergnügen, ihnen sämtliche Luxushotels aus der Sicht einer Einheimischen zu zeigen. Unterwegs machten sie in jedem Lokal und Casino am Strip halt, unter anderem in einer Bar, die einem Bekannten von Amber gehörte, und in der sie, wie sie sagte, stundenweise jobbte.
Mike hatte aufgehört, mitzuzählen, wie viel Bier er schon konsumiert hatte; er wusste nur, dass er schon ordentlich einen sitzen hatte. Amber hatte fleißig mit den anderen Frauen mitgehalten und einen Wodka Orange nach dem anderen gekippt. Sie verbrachten Stunden in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett im Venetian Resort Hotel und schossen Erinnerungsfotos mit einer Digitalkamera, die irgendjemand mitgebracht hatte. Dann aßen sie im Grande Lux Café zu Abend, verdrückten zum Nachtisch Käsekuchen und kehrten dann zum Casino zurück. Dort löste sich die Gruppe auf, nachdem man sich lose für den nächsten Morgen verabredet hatte.
»Sieht so aus, als wären wir allein«, bemerkte Amber.
Er nickte. »Stört es dich?«
»Um ehrlich zu sein, bin ich erleichtert. Wie soll ich dich sonst besser kennenlernen?« Sie schlang ihm den Arm um die Taille und umhüllte ihn mit ihrer verlockenden Wärme. »Komm mit.«
»Wo gehen wir hin?« Nicht, dass er sich groß Gedanken machte. Er wäre ihr überallhin gefolgt.
Ihre Augen funkelten, als sie mit ihm die Eingangshalle durchquerte und die Ladenzeile passierte. »Wir machen eine Tour mit der Gondel.« Fröhlich lachend bugsierte sie ihn durch das Hotel, bis sie sich am Ende einer kurzen Warteschlange wiederfanden.
Er warf einen Blick über das Geländer und sah, dass ein Kanal quer durchs Hotel verlief, überspannt von Brücken, die zu teuren Boutiquen führten. »Las Vegas ist wirklich unglaublich«, stellte er beeindruckt fest.
Er war in einer Kleinstadt an der Küste von Massachusetts aufgewachsen und nicht an all den Glamour und die Aufregung gewöhnt, von den Frauen hier ganz zu schweigen.
»Da kommt eine.« Amber reckte den Hals und deutete auf ein langes, elegantes Boot, das soeben unter einer Brücke hindurch und auf sie zu glitt. »Eine echte venezianische Gondel, inklusive singendem Gondoliere.«
Fünf Minuten später hatten sie eine Gondel nur für sich ergattert und schwebten an hübschen kleinen Kopfsteinpflastergässchen mit Cafés, Balkonen und Läden vorüber durch das Wasser.
Mike lehnte sich zurück, legte Amber den Arm um die Schulter und zog sie an sich. Sie kuschelte sich an ihn und machte es sich bequem. Ihr Haar duftete frisch und kitzelte ihn im Nacken, und ihre sanften Kurven schmiegten sich perfekt an seine muskulösen Oberschenkel und seine stählerne Brust.
»Deine Freunde Dan und Natalie machen einen sehr glücklichen Eindruck.«
»Das sind sie auch. Sie haben sogar die Vorschriften ausgehebelt, um zusammen sein zu können. Beziehungen unter Arbeitskollegen waren bei uns verboten, aber Natalie hat die anderen Frauen dazu gebracht, Unterschriften zu sammeln, um diese Vorschrift abzuschaffen. « Er schüttelte den Kopf und lachte, als er sich an ihre wilde Entschlossenheit erinnerte. »Sie war so hartnäckig, dass am Ende sogar wir Männer unterschrieben haben.«
Mike war gestern während der Trauungszeremonie sogar einen kurzen Moment neidisch gewesen. Doch dann hatte er sich an den Fluch erinnert, der über seiner Familie lag.
Solange er sich erinnern konnte – und auch schon lange vor seiner Generation – hatte jeder männliche Corwin, der sich verliebte, unter dessen unausweichlichen Auswirkungen zu leiden gehabt. Sein einzelgängerischer Vater Edward war der lebende Beweis dafür, dass der Fluch existierte, und Hank und Thomas, die Brüder seines Vaters, hatten ebenfalls darunter gelitten.
»Ich bewundere Frauen, die sich einfach nehmen, was sie haben wollen«, sagte Amber. Just in diesem Augenblick glitt die Gondel unter einer langen, dunklen Brücke hindurch.
Wie um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, schob Amber eine Hand auf seinen Oberschenkel und legte den Kopf in den Nacken. Ihre geöffneten Lippen ließen keinen Zweifel daran aufkommen, was sie wollte.
Im Gegensatz zu seinen männlichen Verwandten weigerte sich Mike, sich vom Corwin-Fluch diktieren zu lassen, wie sein Leben auszusehen hatte. Seine Strategie bestand darin, bestimmten Frauen einfach aus dem Weg zu gehen. Frauen, die an ein »Glücklich-bis-an-ihr-Lebensende« glaubten. Frauen, die nicht gewillt waren, ihre Zeit an einen Polizisten zu verschwenden, der jedes Mal, wenn er das Haus verließ, riskierte, getötet zu werden. Frauen, die nach einem Blick in seine Familienchronik panisch kreischend das Weite suchten.
Ich bin wahrlich ein Hauptgewinn, dachte Mike und schnaubte.
Aber er war schließlich nicht hier, um sich zu verlieben; er war hier, um sich zu amüsieren.
Und dafür schien Amber genau die Richtige zu sein.
Las Vegas weckte stets die Abenteuerlust in Amber, und der heutige Tag bildete da keine Ausnahme, zumal sie schon reichlich Alkohol im Blut hatte. Sie blendete ihre Umgebung aus, schmiegte sich noch enger an Mike und nahm ihren ganzen Mut zusammen.
»Küss mich«, raunte sie, getreu ihrem Vorsatz, sich zu nehmen, was sie wollte.
Er sah ihr tief in die Augen und fuhr ihr mit dem Finger über die Wange. Amber schwirrte der Kopf. Lag das jetzt an ihrem Schwips oder an ihm? Mike hatte von Anfang an eine umwerfende Wirkung auf sie ausgeübt. Dank ihm hatte sie zum ersten Mal, seit sie aus Los Angeles zurückgekehrt war, um ihren Vater zu pflegen, all ihre Sorgen vergessen und sich ungeniert amüsiert. Mike war großzügig; er hatte ihren Protesten zum Trotz darauf bestanden, ihre Drinks und das Mittagessen zu bezahlen, und alles andere dazwischen auch.
Seine lockere, geistreiche Art, sein Charme und sein Sex-Appeal wirkten auf sie absolut unwiderstehlich. Neben ihrer Arbeit und der Sorge um ihren kranken Vater hatte die Romantik in ihrem Leben in letzter Zeit eine ziemlich untergeordnete Rolle gespielt. Aber da es zwischen Mike und ihr nun so gewaltig funkte, fragte sie sich unwillkürlich, ob sie vielleicht einfach bislang noch keinen Mann getroffen hatte, der sie so richtig gereizt hatte.
Er hatte nur Augen für sie, als wäre alles andere unwichtig. Als der Moment gekommen war, erschien es ihr nur natürlich, dass sie sich küssten.
Geradezu unvermeidbar.
Sie drückte sacht den Mund auf seine Lippen, und er erwiderte die Berührung, fuhr ihr mit den Fingern durchs Haar und hielt sanft, aber bestimmt ihren Kopf fest. Sie ließ zu, dass er die Kontrolle übernahm, und öffnete einladend den Mund. Sogleich wurde der Kuss leidenschaftlicher. Er erkundete jeden Winkel mit der Zunge, ließ sie kreisen und hierhin und dorthin gleiten, fordernd und zugleich so sanft, wie ihre Gondel durchs Wasser glitt. Amber kam sich vor wie im siebten Himmel. Ihr Herz klopfte, und sie wünschte sich nur noch, dass dieses schwindelerregende Gefühl ewig anhalten möge.
»Ah, wie schön ist doch das junge Liebesglück.«
Die Stimme des Gondelführers holte Amber jäh zurück in die Realität. Enttäuscht löste sie sich von Mike.
»Die Fahrt ist vorbei«, informierte sie der Gondoliere und fügte verschmitzt hinzu: »Oder soll ich vielleicht noch eine Runde mit Ihnen drehen?«
Amber sah keinen Grund, sich für etwas zu schämen, das sich so goldrichtig angefühlt hatte. Außerdem musste ein Gondoliere doch daran gewöhnt sein, dass die Leute vor seinen Augen knutschten. Sie sah zu Mike. Sie wäre zwar liebend gern noch ein bisschen herumgeschippert, aber sie hatte andere Pläne mit ihm.
»Nein, wir gehen«, sagte sie entschieden.
Mike hob sichtlich überrascht eine Augenbraue, kletterte aber aus der Gondel und reichte ihr dann die Hand, um ihr beim Aussteigen zu helfen.
»Na, bereit für noch mehr Spaß?«, fragte sie ihn.
Er nickte. »Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, was noch mehr Spaß machen könnte als das eben.« Er deutete mit einer Kopfbewegung zurück auf die Gondel. Seine Augen glühten vor ungestilltem Verlangen.
Und auch Amber spürte das Begehren tief in ihrem Inneren lodern. »Du hast noch längst nicht alles von Vegas gesehen.« Sie nahm seine Hand und ging voran. Ihr Bedürfnis, ihre Heimatstadt mit ihm zu teilen, erschien ihr nur natürlich – schließlich würde er auf diese Weise auch sie selbst besser kennenlernen, denn Las Vegas hatte sie nachhaltig geprägt.
Sie verließen das Venetian und machten sich auf den Weg zum Circus Circus, wo sie geradewegs auf den Adventuredome zusteuerte. »Mein Vater liebte Achterbahnen, und ich habe diese Leidenschaft von ihm geerbt. Als ich klein war, haben wir in ganz Amerika keinen Jahrmarkt ausgelassen.«
Mike entging der wehmütige Ton in ihrer Stimme nicht. »Ist dein Vater auch gestorben?«
»Nein, er hat Alzheimer, und die Krankheit ist sehr rasch fortgeschritten. Manchmal fühlt es sich an als ob …« Sie verstummte und schüttelte den Kopf.
Er drückte ihre Hand. »Das tut mir leid zu hören. Ich weiß, wie es ist, einen Vater zu haben, der nicht ganz da ist.«
In der Tat. Edward Corwin war im Grunde seit jeher ein Sonderling gewesen. Mike hatte schon vor der Scheidung seiner Eltern kaum je Freunde mit nach Hause bringen können, weil sein Vater so exzentrisch und kontaktscheu war, und nach der Scheidung hatten sich seine sonderbaren Macken nur noch weiter verschlimmert.
»Ist dein Vater auch krank?«, erkundigte sich Amber.
»Nun, er hat kein Alzheimer, er ist bloß … ein bisschen neben der Spur.« Er tippte sich an die Stirn, da er nicht recht wusste, wie er seinen eigenbrötlerischen Vater und dessen kuriose Angewohnheiten beschreiben sollte. Sie standen sich nicht sehr nah. Wie denn auch? Sein Vater lebte in der Vergangenheit, in panischer Angst vor dem Corwin-Fluch. Trotzdem liebte Mike ihn.
»Nun, dann haben wir ja schon etwas gemeinsam. Also, fährst du gerne Achterbahn?«, fragte sie, sichtlich bemüht, das Thema zu wechseln. »Hier gibt es die unglaublichsten Fahrgeschäfte. Der Canyon Blaster zum Beispiel rast mit fast neunzig Sachen in einen Looping.« Sie beschrieb mit den Armen einen großen Kreis. »Und dann wären da noch Sling Shot und Chaos … Und beim Rim Runner ist sogar eine kalte Dusche zur Abkühlung mit dabei«, sprudelte sie begeistert hervor. »Also, wo fangen wir an?«
Er spähte mit gerunzelter Stirn zu den riesigen Fahrgeschäften. »Nirgendwo. Ich habe für Achterbahnen nicht besonders viel übrig. Ehrlich gesagt kann ich sie nicht ausstehen.« Er gab seine Schwäche nur ungern zu, aber das war ihm immer noch lieber, als in eines dieser mit Muttern und Bolzen zusammengeschusterten Vehikel steigen zu müssen.
»Wie, du magst keine Achterbahnen?« Sie stemmte die Hände in die Hüften und legte sichtlich verblüfft den Kopf schief. »Achterbahnen mag doch jeder!«
»Nein, ich nicht.«
»Warum denn nicht? Bist du als Kind etwa mal aus einer rausgefallen?« Sie boxte ihn spielerisch in die Seite.
»Nein, ich hasse nur dieses Gefühl, wenn es mir meinen Magen umdreht.« Er verschwieg ihr, dass ihn dieses Gefühl zu sehr an die unglaublichen Hochs und die niederschmetternden Tiefs erinnerte, die er in seiner Kindheit erlebt hatte.
Wie oft hatte Mike seinen Vater angebettelt, zu einem seiner Baseballspiele zu kommen und das leichtfertig dahingemurmelte »Vielleicht« als Versprechen interpretiert! Irgendwann hatte er dann begriffen, dass er sich nicht auf seinen Vater verlassen konnte. Inzwischen musste er, der Sohn, für seinen Vater sorgen, obwohl sich dieser nie wirklich um ihn gekümmert hatte.
»Im Ernst?« Ihre Augen funkelten ungläubig.
»Ja, im Ernst.«
Sie hob die Augenbrauen und trat auf ihn zu. Der Duft ihres Parfüms, der ihn schon den ganzen Tag kirre machte, verursachte prompt wieder ein Kribbeln in seiner Magengegend.
»Tja, ich wette mit dir, dass ich dich auch anders in schwindelerregende Höhen führen kann, und es wird dir nicht nur gefallen, du wirst sogar um mehr betteln«, flüsterte sie ihm ins Ohr, und es war unmissverständlich klar, was sie mit diesem verführerischen Angebot meinte.
Er legte ihr den Arm um die Taille und zog sie an sich. »Ach ja?«
»Oh ja.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mund.
Er fand es absolut unwiderstehlich, wie sie ihr Netz immer enger um ihn spann, ihn fesselte, wie es keine Frau zuvor getan hatte. Er verabredete sich zwar gelegentlich mit Frauen, hatte aber wegen seines gefährlichen Berufs und nicht zuletzt wegen seines Vaters nie eine von ihnen nah genug an sich herangelassen. Wirklich ernst war es bislang mit keiner geworden. Er war selbst zum Einzelgänger geworden, zumindest, was Beziehungen anging. Er hatte nichts gegen Sex, wenn ihn das Bedürfnis danach überkam, aber alles andere brachte zu viele Komplikationen mit sich.
Doch jetzt war plötzlich Amber aufgetaucht. Das Verlangen pochte heftig in ihm, als sie die Lippen öffnete und ihre Zunge die seine umspielte. Wie angekündigt nahm sie ihn mit auf eine wilde Fahrt, rasant, atemberaubend; besser als es sich in einer Achterbahn jemals anfühlen konnte.
Leider beendete sie den Kuss allzu bald und ergriff seine Hand.
»Und was jetzt?«, fragte er.
»Tja, ich kann noch immer nicht glauben, dass sich mein großer, tapferer Cop vor Achterbahnen fürchtet«, neckte sie ihn. »Dann werde ich mich wohl oder übel mit dem Casino begnügen müssen.«
Die folgende Stunde verbrachten sie damit, abwechselnd altmodische Glücksspiele auszuprobieren und heiße Küsse auszutauschen. Mike verlor eine erkleckliche Summe bei dem Versuch, einen Ring mit einem riesigen falschen Diamanten für Amber zu erbeuten. Egal, wie viel er ausgab, egal, wie viele Dartpfeile er warf, der Ring blieb unerreichbar. Dafür lachten sie beide Tränen, und Amber konnte kaum die Finger von ihm lassen. Alles fühlte sich an, als müsste es genau so sein und nicht anders.
Mike konnte sich der ausgelassenen Jahrmarktatmosphäre nicht entziehen und genoss es, Zeit mit einer Frau zu verbringen, die gern mit ihm zusammen war und keine Angst vor dem Fluch hatte, der auf ihm und seiner Familie lastete. Keine Erwartungen, keine Spielchen, einfach nur Spaß. Er wusste, es konnte allerhöchstens ein unverbindlicher One-Night-Stand werden, und doch ertappte er sich plötzlich dabei, dass er sich wünschte, es möge mehr daraus entstehen, etwas Ernstes, Dauerhaftes.
Sie schlenderten von Stand zu Stand, nur um immer wieder zu dem mit den Dartpfeilen und den Luftballons zurückzukehren, wo Mike ein ums andere Mal versuchte, den Ring zu ergattern. Amber feuerte ihn an, bis sie ganz heiser war. Er besorgte ihnen je ein kühles Bier, und sie scherzten über den hässlichen Teddy, den er im Austausch gegen mehrere kleinere Gewinne bekommen hatte.
Die Sache mit dem Ring ärgerte Mike. Er wusste, sie wünschte sich diesen Ring als kleines Andenken an ihren gemeinsamen Tag, und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte sie ihn auch bekommen.
»Lass uns ins Bellagio zurückkehren«, schlug sie nach einer Weile vor.
»Willst du es für heute gut sein lassen?« Er sah ihr in die Augen und fragte sich, wie ihr gemeinsamer Tag wohl enden würde. Er wusste, was er wollte, aber er würde sie nicht drängen.
»Von mir aus können wir gehen.« Sie wartete einen Augenblick, leckte sich über die glänzenden Lippen.
Soweit er wusste, hatte sie nicht ein einziges Mal ihr Make-up aufgefrischt, und doch hatte ihr Mund den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinein verführerisch geschimmert. Der Lipgloss schmeckte ganz leicht nach Vanille, und jedes Mal, wenn sie sich küssten, hätte Mike sie am liebsten mit Haut und Haaren verschlungen.
»Lass uns ein Taxi nehmen.« Er ergriff ihre Hand und schlug den Weg durch die Ladenpassage in Richtung Ausgang ein.
»Mike …«
Er drehte sich zu ihr um.
»Ich glaube, ich will noch ein bisschen mehr Zeit mit dir verbringen.«
Er atmete aus und bemerkte erst jetzt, dass er die Luft angehalten hatte. »Geht mir genauso.« Er drückte ihre Hand.
Sein Körper stand förmlich unter Strom, und es gab nur einen Weg, um das Verlangen, das in ihm pulsierte, zu stillen. Als sie auf dem Weg zum Taxistand noch einmal an dem Dartspiel vorbeikamen, blieb Mike stehen, fischte seine letzten fünf Dollar Kleingeld aus der Hosentasche und klatschte sie auf die Theke.
»Sie sind ja wirklich wild entschlossen.« Der Mann hinter dem Tresen reichte ihm fünf Pfeile. »Wissen Sie was? Wenn drei Treffer landen, können Sie Ihren Bären gegen den Ring eintauschen«, schlug er vor und zwinkerte Amber zu.
Mike nahm den ersten Dartpfeil und fixierte einen der spärlich verteilten und schwer zu treffenden Luftballons.
»Was auch immer passiert, ich will einfach nur mit dir alleine sein«, flüsterte ihm Amber ins Ohr.
Er warf und verfehlte das Ziel.
Sie lachte, ihr warmer Atem kitzelte ihn in der Ohrmuschel. »Fühl dich um Himmels willen nicht unter Druck gesetzt.«
Er zielte erneut, warf und brachte einen Ballon zum Platzen.
Amber quietschte aufgeregt auf, tätschelte seinen Rücken und trat einen Schritt zurück, um ihn nicht in seiner Konzentration zu stören.
Volltreffer.
Wieder jauchzte sie.
Er lockerte die Schultern. Nur noch einer …
»Entspann dich«, murmelte sie, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Du hast noch zwei Versuche.«
Er bedachte sie mit einem warnenden Blick.» Ruhe.«
Sie grinste.
Er nahm den vierten Dartpfeil, zielte und warf. Der Ballon zerplatzte auf der Stelle. Amber jubelte, schlang ihm die Arme um den Hals und zog ihn an sich. Ein langer, leidenschaftlicher Kuss folgte. Einer, der ihm einen Vorgeschmack auf all das lieferte, was ihn erwartete, sobald sie in seinem Hotelzimmer waren.
»Glückwunsch, Kumpel.« Der Schießbudenmann reichte Mike den Ring mit dem riesigen, falschen Diamanten.
Amber streckte die Hand aus, und Mike steckte ihr den viel zu weiten Ring an den zierlichen Finger. Prompt überkam ihn dabei ein unheimliches Gefühl, als wäre sein Wunsch nach mehr als nur einem One-Night-Stand wie durch Zauberei wahr geworden.
Amber lachte, als der schwere falsche Stein zur Seite rutschte und zwischen Mittel- und Ringfinger verschwand. »Ich mache ihn später mit etwas Tesafilm enger.«
»Also, wenn Sie mich fragen, hat eine hübsche Lady wie Sie einen echten Diamanten verdient«, meinte der Schießbudenmann.
Wenn er und Amber tatsächlich ein Paar gewesen wären, hätte Mike ihm absolut Recht gegeben. »Gehen wir«, sagte er zu Amber.
Sie nickte mit einem breiten Lächeln im Gesicht.
»Warten Sie. Da Sie offenbar gerade eine Glückssträhne haben … Hier.« Der Mann hinter dem Tresen hielt Mike einen Silberdollar hin. »Man kann nie wissen, mit welcher Münze man bei diesen Spielautomaten den großen Wurf macht.«
Mike schüttelte den Kopf. »Behalten Sie sie. Ich habe schon den großen Wurf gemacht.«
Amber lief rot an.
Mike konnte es gar nicht erwarten, mit ihr allein zu sein.
Hand in Hand schlenderten sie durch das Casino. Sie hatten wieder ziemlichen Durst und machten kurz halt, um sich etwas zu trinken zu bestellen. Amber leerte ihr Glas Wein genauso rasch wie Mike sein Bier, was den kleinen Schwips wieder aufleben ließ, den sie schon den ganzen Tag über hatte. Dann gingen sie in Richtung Ausgang, um sich vor dem Hotel ein Taxi zu nehmen.
Amber hatte die Zeit mit Mike so genossen, dass sie Marshall und die unschöne Szene am Vormittag schon beinahe vergessen hatte. Sie hatte zwar immer wieder das ungute Gefühl gehabt, von jemandem verfolgt zu werden, es jedoch erfolgreich verdrängt – bis sie nun J. R. im Foyer des Circus Circus stehen sah.
Mist. Marshall war ganz schön hartnäckig. Aber so war er eben, wenn er etwas – oder jemanden – als sein Eigentum betrachtete. Zum Glück war das Circus Circus mit seinem verwinkelten Grundriss und den zahlreichen Attraktionen das reinste Labyrinth, ideal also, um etwaige Verfolger abzuschütteln.
Doch irgendwie schaffte es J. R. trotzdem, ihnen auf den Fersen zu bleiben.
Mit seinem kahl rasierten Schädel und den breiten Schultern sah er ohnehin reichlich furchteinflößend aus, und nach dem Streit mit Marshall wollte sie es nicht auf eine Konfrontation ankommen lassen. Vor allem war sie nicht erpicht darauf, dass Mike in eine Schlägerei mit J. R. verwickelt wurde. Also tat sie das Einzige, was ihr in der Eile einfiel: Sie zog Mike um die nächstbeste Ecke und lenkte ihn mit einem heißen Kuss ab.
Einem Kuss, den sie selbst von den Zehenspitzen bis zu den Haarwurzeln spürte. Das Gefühl seiner Lippen auf den ihren entfaltete eine geradezu magische Wirkung. Mit jedem Vorstoß, jedem Herumwirbeln seiner Zunge flatterte ihr der Magen, und alles um sie herum verschwamm. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, presste sie an sich und drückte sie zugleich gegen die Wand, damit sie nicht das Gleichgewicht verloren. Sie spürte die Erektion in seiner Jeans anschwellen, als er sich an ihrem Unterleib rieb. Dieser Mann erregte sie so unbeschreiblich, dass sie nicht mehr geradeaus denken konnte.
»Gehen wir auf mein Zimmer«, murmelte er.
Sie schluckte schwer, und ein mulmiges Gefühl
Die Originalausgabe LUCKY STREAK erschien bei Harlequin Enterprises Limited, Ontario, Canada
Vollständige deutsche Erstausgabe 01/2010
Redaktion: Sabine Kranzow
Copyright © 2009 by Karen Drogin Copyright © 2010 dieser Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Satz: Greiner & Reichel, Köln
eISBN 978-3-641-06264-4
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