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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Guten Morgen, Xaver, was macht der Rücken?« Anna Griesinger blickte den alten Knecht sorgenvoll an. Gestern hatte er sich beim Umladen des Heus verhoben und plötzlich vor Schmerzen aufgeschrien. Ein Hexenschuss! Der Alte winkte ab. »Alles bestens, dein Zeugs hat Wunder gewirkt«, meinte er grinsend und schob die erste Kuh weiter an den Melkstand. »Das Zeugs, wie du es nennst, ist es ein sehr wirksames homöopathisches Mittel«, erklärte die Bäuerin. »Schön, dass es dir geholfen hat. Trotzdem fahren wir nachher ins Dorf hinunter. Der Doktor soll sich das mal anschau'n.« Der Knecht verzog das Gesicht. »Bin mein Lebtag net beim Doktor gewesen, da geh ich wegen so einer Kleinigkeit net hin«, maulte er leise. Indes war die Melkmaschine in Betrieb gegangen, sodass Anna nichts von Xavers Bemerkung hörte. »Wenn du's hier wirklich alleine schaffst, geh ich dann schon mal ins Haus und mach das Frühstück«, sagte sie. Xaver nickte. »Geh nur.«
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Seitenzahl: 119
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»Guten Morgen, Xaver, was macht der Rücken?«
Anna Griesinger blickte den alten Knecht sorgenvoll an. Gestern hatte er sich beim Umladen des Heus verhoben und plötzlich vor Schmerzen aufgeschrien.
Ein Hexenschuss!
Der Alte winkte ab.
»Alles bestens, dein Zeugs hat Wunder gewirkt«, meinte er grinsend und schob die erste Kuh weiter an den Melkstand.
»Das Zeugs, wie du es nennst, ist es ein sehr wirksames homöopathisches Mittel«, erklärte die Bäuerin. »Schön, dass es dir geholfen hat. Trotzdem fahren wir nachher ins Dorf hinunter. Der Doktor soll sich das mal anschau’n.«
Der Knecht verzog das Gesicht.
»Bin mein Lebtag net beim Doktor gewesen, da geh ich wegen so einer Kleinigkeit net hin«, maulte er leise.
Indes war die Melkmaschine in Betrieb gegangen, sodass Anna nichts von Xavers Bemerkung hörte.
»Wenn du’s hier wirklich alleine schaffst, geh ich dann schon mal ins Haus und mach das Frühstück«, sagte sie.
Xaver nickte.
»Geh nur.«
Anna Griesinger verließ den Melkstand und ging über den Hof. Rex folgte ihr und wedelte mit der Rute.
»Ja, ja«, schmunzelte sie, »du bekommst auch gleich was.«
Der Hund blieb brav vor der Tür sitzen und wartete geduldig, bis das Frauchen wieder herauskam und ihm den Fressnapf hinstellte. Anna klopfte ihm lächelnd auf den Rücken und kehrte in die Küche zurück. Dort lief bereits die Kaffeemaschine, und ein betörender Duft machte sich breit.
Die Bäuerin stellte die Butter und Marmelade auf den Tisch, dann richtete sie Wurst und Käse auf einem Teller an. Anschließend schnitt sie Brot ab und stellte den Korb ebenfalls auf den Tisch. Als sie kurz darauf den Knecht die vollen Milchbehälter nach vorne zur Hofeinfahrt bringen sah, schnitt sie Speck in feine Streifen und gab ihn in eine Bratpfanne. Wenig später mischte sich unter den Kaffeeduft der appetitanregende Geruch von brutzelnden Spiegeleiern mit Speck.
Xaver kam in die Küche und wusch sich die Hände am Spülbecken.
»Ich fahr dann nachher gleich in den Wald hinauf«, erklärte er, während er sich an den Tisch setzte. »Der Sturm der letzten Woche wird vermutlich einigen Schaden angerichtet haben. Das will ich mir mal ansehen.«
Anna schüttelte den Kopf.
»Das kann warten«, entgegnete sie bestimmt. »Wir fahren nachher zum Doktor!«
Xavers Stirn zeigte eine Unmutsfalte, doch er wusste, dass seine Bäuerin sich davon würde kaum beeindrucken lassen. Also widmete er sich stillschweigend seinem Frühstück und behielt seine Gedanken für sich.
Die Praxis öffnete um acht Uhr. Anna hatte bereits am Vortag dort angerufen und sich einen Termin für ihren lang gedienten, treuen Mitarbeiter geben lassen, und sie würde sehr genau darauf achten, dass Xaver ihn auch wahrnahm.
Schließlich war er auf ihrem Hof unersetzlich!
Da die Bäuerin das alte Schlitzohr nur zu genau kannte, brachte sie Xaver Hochleitner persönlich bis ins Wartezimmer.
»Ich geh dann zum Friedhof«, verabschiedete sie sich von ihm, »und hol dich nachher wieder hier ab.«
Der Alte nickte und brummte irgendwas in seinen grauen Bart. Anna lächelte ihm zu und verließ die Praxis.
Ehe sie losgefahren waren, hatte die Bäuerin einen Strauß bunter Blumen im Garten abgeschnitten, den sie aus dem Auto holte. Noch herrschte kaum Verkehr in St. Johann, aber nicht mehr lange, dann würden die ersten Reisebusse anrollen, die die Tagestouristen brachten. Vor allem die Kirche des Dorfes war ein beliebtes Ziel der Besucher.
Doch jetzt ging Anna alleine den Kiesweg hinauf und drückte die Klinke der eisernen Pforte zum Friedhof hinunter.
Die Grabstätte der Familie Griesinger lag unter einer ausladenden Ulme. Zwei Generationen waren hier schon zur letzten Ruhe gebettet worden. Josef Griesinger und dessen Frau, Anna, sowie Franz und Burgl Griesinger, die Eltern der jungen Bäuerin, die nach der Großmutter benannt worden war.
Anna richtete die Blumen in einer Vase an und säuberte das Grab von herabgefallenen Blättern. Gegossen werden musste auch schon wieder. Bei diesen Temperaturen musste man beinahe jeder Tag herfahren, wenn man die Pflanzen nicht vertrocknen lassen wollte. Leider fehlte dazu die Zeit. Glücklicherweise gab es aber liebe Zeitgenossen, die die Gräber neben denen ihrer Angehörigen ebenfalls gossen, so wie Anna jetzt auch.
Nach getaner Arbeit hielt sie einen Moment inne und sprach ein stummes Gebet. Dann wandte sie sich ab und ging den Weg zum Ausgang zurück.
»Anna, grüß dich!«
Sie schaute zu der Hecke hinüber, die den Friedhof vom Pfarrgarten abtrennte. Dort stand Pfarrer Trenker und winkte ihr zu.
»Grüß Gott, Hochwürden«, erwiderte sie und ging hinüber.
»So früh schon unterwegs?«, bemerkte Sebastian, nachdem sie sich die Hände geschüttelt hatte.
»Net freiwillig«, erwiderte die junge Frau und berichtete von Xavers Besuch bei Dr. Wiesinger.
Der Bergpfarrer machte ein bedenkliches Gesicht.
»Tja, er ist eben net mehr der Jüngste. Und die Arbeit auf dem Hof wird net weniger – eher mehr!«
Er sah Anna forschend an.
»Du weißt schon, was ich meine …?«
Sie winkte schmunzelnd ab.
»Freilich, Hochwürden, oft genug haben Sie’s mir ja schon gesagt«, entgegnete sie. »Aber ich hab zum Heiraten einfach keine Zeit. Abgesehen davon, fehlt mir auch der Mann dazu.«
»Den zu finden, dürfte net das Problem sein«, lächelte der gute Hirte von St. Johann. »Du müsstest dich bloß mal wieder auf dem Tanzabend im ›Löwen‹, seh’n lassen. Seit dem Tod des Vaters bist net mehr dort gewesen.«
Die junge Bäuerin zuckte die Schultern. Sechsundzwanzig Jahre war sie jetzt alt, und der liebe Gott hatte bei ihr wieder einmal bewiesen, was für ein Künstler er war. Anna war groß und schlank, das kastanienbraune Haar trug sie meistens zu einem Zopf gebunden, und das hübsche Gesicht konnte durchaus auch mal zornig aussehen, wenn ihr etwas gegen den Strich ging. Die Figur der jungen Frau brachte Männer zum Träumen, und doch gab es niemanden in ihrem Leben, für den dieser Traum wahr geworden wäre.
»Als Vater starb, da hat sich’s net geschickt«, erklärte sie nun, »und in der schwierigen Zeit danach, hatte ich, wie gesagt, keine Zeit für Vergnügungen.«
»Aber jetzt solltest dir diese Zeit einmal nehmen«, argumentierte der Bergpfarrer. »Sonst läuft sie dir nämlich davon, und dann ist’s zu spät.«
Wieder zuckte sie die Schultern.
»Mal schau’n«, antwortete Anna Griesinger und verabschiedete sich.
Sebastian blickte ihr nachdenklich hinterher, bis sie nicht mehr zu sehen war. Genauso nachdenklich kehrte er ins Pfarrhaus zurück.
*
»Was hat er denn gesagt, der Dr. Wiesinger?«, erkundigte sich Anna auf der Fahrt zurück zum Griesingerhof.
Xaver winkte missmutig ab.
»Schonen soll ich mich«, brummte er. »So ein Schmarrn! Als wenn unsereiner dazu Zeit hätt, sich hinzulegen. Und seine Spritze hätt er sich auch sparen können. Hilft ja eh nix.«
Die junge Bäuerin schmunzelte. Genauso kannte sie ihren Knecht.
»Dann werden wir uns eben darauf einstellen müssen, dass du die nächsten Tage ein bissel kürzer trittst«, erklärte sie kategorisch. »Ins Bett musst von mir aus net unbedingt, aber schonen wirst dich! Schließlich ist es bis zur Ernte net mehr lang, da brauch ich dich wieder gesund.«
»Jedenfalls zu diesem Quacksalber geh ich net wieder!«, verkündete Xaver mit einem mürrischen Unterton. »Da frag ich lieber den Brandhuber.«
Anna riss entsetzt die Augen auf.
»Untersteh dich!«, rief sie. »Da verwechselst nämlich was. Wenn einer der Quacksalber ist, dann der Loisl, aber gewiss net unser Doktor.«
Die Rede war von Alois Brandhuber, dem selbst ernannten Wunderheiler von St. Johann. Der alte Kauz hauste am Rande des Dorfes in einer halb verfallenen Hütte und verdiente seinen Lebensunterhalt damit, dass er Einheimischen wie Urlaubern seine selbst gebrauten Tinkturen und Kräutertees für viel Geld andrehte. Sein angebliches Wissen über deren Wirksamkeit bezog der Brandhuber-Loisl aus einem obskuren »Zauberbuch«, das ihm sein Vater vererbt hatte. Dieses so genannte »6. und 7. Buch Moses«, stammte aus dem Mittelalter und bot allerhand merkwürdige Ratschläge und Hinweise. So musste etwa darauf geachtet werden, Kräuter und Wurzeln nur bei einer bestimmten Konstellation des Mondes und der Gestirne zu suchen …
Dr. Wiesinger, dem der angebliche Wunderheiler schon immer ein Dorn im Auge war, hatte zu Beginn seiner Zeit als Arzt in St. Johann keinen leichten Stand gegen den alten Gauner, dem die Leute eher vertrauten, als einem gestandenen Mediziner. Pfarrer Trenker, der Toni Wiesinger beistand, verhinderte, dass dieser seine Praxis gleich aufgab und das Wachnertal wieder verließ.
»Wirst schon seh’n«, fuhr die Bäuerin fort, »die Spritze wird wirken, und ich geb dir noch mal was von dem Mittel. Schaden wird’s gewiss net. In ein paar Tagen bist dann wieder auf den Beinen.«
Anna ließ die Seitenscheibe auf Xavers Seite hinunter. Ein Zeichen für den Knecht, dass sie nichts dagegen hatte, wenn er seine Pfeife hervorzog und rauchte. Das ließ sich der Alte auch nicht zweimal sagen, und wenig später zogen dicke Schwaden aus dem Fenster nach draußen.
Auf dem Hof angekommen, beförderte Anna Xaver auf die Bank vor dem Haus. Fürsorglich holte sie einige Kissen, die sie dem Knecht hinter den Rücken stopfte.
»Magst einen Kaffee? Mittag gibt’s in einer Stunde.«
Der Knecht schüttelte den Kopf. Er lehnte sich zurück, die immer noch qualmende Pfeife im Mundwinkel.
»Dank schön«, antwortete er. »Ich hab keinen Durst.«
Anna lächelte und ging ins Haus, als sie später aus dem Fenster schaute, war Xaver eingeschlafen.
Vermutlich hat er die Ruhe und den Schlaf auch nötig, überlegte sie. Wenn er in der letzten Nacht Schmerzen hatte, wird er auch kaum geschlafen haben.
Draußen war es inzwischen so angenehm warm, dass sie den Alten unbesorgt auf der Bank sitzen lassen konnte. Erkälten würde er sich bestimmt nicht.
Anna machte sich an das Mittagessen. Sie schälte Kartoffeln und setzte sie auf. Dann holte sie einen Beutel mit Mischgemüse aus der Kühltruhe und gab den Inhalt mit etwas Brühe und einem Stückchen Butter in einen Topf, der ebenfalls auf den Herd kam. Im Dorf hatte Anna Griesinger beim Metzger Faschiertes gekauft. Sie würzte das Hackfleisch, gab eine eingeweichte und wieder ausgedrückte Semmel, sowie ein Ei hinzu und knetete die Masse durch. Kurz bevor die Kartoffeln und das Gemüse gar waren, brieten die Fleischpflanzerl in einer schwarzen Eisenpfanne.
Die ganze Zeit über, während sie arbeitete, dachte Anna über zwei Dinge nach, die sie seit dem Morgen beschäftigten. Da war zum einen die Erkrankung ihres Knechts. Unter allen Umständen musste Xaver rasch wieder gesund werden. Es wäre eine Katastrophe, wenn er ausgerechnet jetzt zur Ernte ausfiele. Es würde schwerfallen, einen ordentlichen Ersatz zu finden.
Zum anderen gingen ihr die Worte Pfarrer Trenkers nicht aus dem Kopf. Nicht zum ersten Mal hatte er ihr eindringlich gesagt, sie müsse endlich an ihre Zukunft und somit auch an eine Heirat denken.
Indes war Anna die Notwendigkeit eines solchen Schrittes durchaus bewusst, und Xavers Krankheit hatte ihr nur allzu deutlich gezeigt, wie »wacklig« ihre Existenz war, wenn sie darauf bestand, den Hof alleine und ohne Ehemann zu führen. Hochwürden hatte ja Recht, Xaver war nicht mehr der Jüngste. Genau genommen war er längst im Rentenalter. Alleine der Tatsache, dass der Griesingerhof seit mehr als vierzig Jahren sein Zuhause war, und Xaver in einem Altenheim zugrunde gehen würde, war es zu verdanken, dass der Alte immer noch da war und mit anpackte.
Wofür Anna ihm von Herzen dankbar war!
Dennoch musste sie sich wohl oder übel mit dem Gedanken vertraut machen, dass unweigerlich der Tag kommen würde, an dem sie alleine dastand, wenn sie ihre Haltung nicht endlich aufgab.
Seufzend wischte sich die Bäuerin die Hände an der Schürze ab und fuhr sich durch das volle braune Haar.
Heiraten, ha!
Wen denn?
Der, den sie gewollt hatte, der war fortgegangen, damals, weil der Vater es nicht gewollt hatte, dass aus seiner Tochter und dem jungen Burschen ein Paar wurde, die beiden gar eine Familie gründeten.
Und die, die sie heute mit Kusshand genommen hätten, die wollte Anna Griesinger nicht …
Aber warum eigentlich?
Die Trauerzeit war ja längst vorüber, es gab keinen Grund mehr, länger zu warten. Mit dem Heiraten nicht und auf ihn schon ganz und gar net. Ganz gewiss kam er nicht wieder zurück.
Mochte der Himmel wissen, was aus ihm geworden war, wo er jetzt steckte, was er machte. Nie hatte er von sich hören lassen. Vielleicht lebte er ja schon längst nicht mehr.
Anna spürte, wie ihr bei diesem Gedanken das Herz schwer wurde. Aber vielleicht würde sie sich damit abfinden müssen.
*
Sebastian Trenker verließ die Sakristei, um zum Essen ins Pfarrhaus hinüberzugehen. In der Kirche war um die Mittagszeit der größte Besucherstrom vorüber. Die meisten der Tagesgäste saßen inzwischen im Hotel, wo ihnen eine schmackhafte Mahlzeit serviert wurde.
Hinterher spielte ein Akkordeonspieler zum Tanz auf, und am späten Nachmittag fuhren die Busse mit den Besuchern wieder heimwärts. Erst später wurden noch einmal Gruppen in die Kirche geführt, wo sie die herrlichen Gemälde, das Deckenfresko und vor allem die Statue der Mutter Gottes bewunderten. Der gute Hirte von St. Johann stutzte deshalb, als er jemanden bemerkte, der in der ersten Bank vor dem Altar saß. Es war wirklich eine ungewöhnliche Zeit für eine Besichtigung des Gotteshauses, indes kam ihm der junge Bursche irgendwie bekannt vor. Sebastian trat näher, und als er ihn erkannte, glitt ein Lächeln über sein markantes Gesicht.
»Martin Brunner! Dass ich das noch erleben darf«, rief der Geistliche aus. »Mit allem hätt ich ja gerechnet, aber net damit, dich wiederzusehen.«
Der Besucher war aufgestanden. Auch er lächelte.
»Grüß Gott, Hochwürden«, sagte er und streckte Sebastian die Hand hin.
Der ergriff und schüttelte sie.
»Ich freu mich aufrichtig, dich zu seh’n, Martin. Wie lang bist denn schon wieder daheim?«
Martin Brunner zuckte die Schultern.
»Gerad erst angekommen, mit dem Mittagsbus aus der Stadt. Heut früh bin ich in München aus dem Flieger gestiegen und gleich mit der Bahn weiter.«
»Mit dem Flugzeug bist also gekommen. Wo hast denn überhaupt gesteckt, all die Jahre? Drei waren’s, net wahr?«
Der Bursche nickte.
»Dreieinhalb, um genau zu sein«, antwortete er. »Aber was ich in dieser Zeit erlebt hab, das ist net mit drei Worten erzählt.«
Sebastian nickte verstehend.
»Weißt was? Du kommst mit zum Mittagessen ins Pfarrhaus, und nachher unterhalten wir uns ausführlich. Hast denn überhaupt schon eine Unterkunft?«
Martin schüttelte den Kopf.
»Nein. Wie gesagt, bin ich grad angekommen. Mein Koffer steht noch draußen im Vorraum. Der erste Weg hat mich gleich hierhergeführt. Ich hoff, nachher noch irgendwo ein Zimmer zu bekommen, wenn net alles ausgebucht ist. Vielleicht find ich ja sogar noch eine Arbeit. Aber die Einladung zum Essen nehm ich gern an.«