Maxim Gorki, revolutionärer Romantiker und sozialistischer Realist - Friedrich Wolf - E-Book

Maxim Gorki, revolutionärer Romantiker und sozialistischer Realist E-Book

Wolf Friedrich

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Beschreibung

Maxim Gorki, Dichter, Revolutionär und Symbol des sozialistischen Realismus und proletarischen Humanismus, prägte mit seinen Werken wie Nachtasyl und Die Mutter die Weltliteratur nachhaltig. In seiner Festrede zu Gorkis 85. Geburtstag beleuchtet Friedrich Wolf die außergewöhnliche Lebensgeschichte, die kreative Methode und den unvergleichlichen Einfluss Gorkis. Er zeigt den Dichter als visionären Realisten und romantischen Träumer, dessen Heldenmut und Menschlichkeit in jeder Zeile aufscheinen. Diese Rede ist nicht nur eine Würdigung eines der größten Literaten des 20. Jahrhunderts, sondern auch ein Plädoyer für die Kraft der Literatur, die Welt zu verändern. Sie eröffnet eine zeitlose Perspektive auf den Kampf für soziale Gerechtigkeit, den Wert von Kritik und die Bedeutung des schöpferischen Optimismus. Ein Muss für alle, die sich von Gorkis ungebrochener Leidenschaft für Menschlichkeit und Fortschritt inspirieren lassen möchten.

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Seitenzahl: 37

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Impressum

Friedrich Wolf

Maxim Gorki, revolutionärer Romantiker und sozialistischer Realist

ISBN 978-3-68912-395-6(E–Book)

Die Festrede wurde am 25. März 1953 in der Deutschen Akademie der Künste gehalten.

Das Titelbild wurde mit der KI erstellt.

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Festrede zum 85. Geburtstag Maxim Gorkis, gehalten am 25. März 1953 in der Deutschen Akademie der Künste

„Die revolutionäre Romantik ist im Grunde genommen ein Pseudonym des sozialistischen Realismus."

(Maxim Gorki: „Über die sowjetische Literatur“ 1934)

Alexei Maximowitsch Peschkow, den die Welt als Maxim Gorki verehrend und liebend kennt – welche Vorstellungen tauchen schon bei diesem Namen auf? Das Zarteste und Stillste, wenn wir an das Sterben der Anna im ,Nachtasyl‘ denken, oder an jene Stelle der Erzählung ,Wie der Mensch geboren ward‘, wo der 23-jährige Wanderbursche Gorki, den eben entbundenen Säugling auf seinem Arm, neben der jungen Mutter im sanften Licht des Tages am Meer entlangschreitet. Und dann wieder ertönt das zornige ,Lied vom Sturmvogel‘, da einem „schwarzen Blitz vergleichbar“ der Sturmverkünder über die Meeresfläche fegt, diese um 1901 geschriebene Marseillaise der russischen Revolutionäre, oder der Stolz und Hass des Lokomotivführers Nil gegen den Spießer Bessemjonow im Drama ,Die Kleinbürger‘, die unerbittliche Härte und Logik im ‚Jegor Bulytschow‘. Und wie trifft uns gerade heute die schneidende Schärfe jener militanten Streitschriften und Artikel ,Mit wem seid Ihr, Meister der Kultur?‘ und ‚Wenn der Feind sich nicht ergibt, wird er vernichtet‘. Ja, das Zarteste und das Härteste waren in diesem Menschen vereint: der empfindsame Dichter der Natur und der Menschenseele und der unerbittliche revolutionäre Kämpfer gegen Lüge, Trägheit und Grausamkeit. Beide Kraftfelder vereinten sich in Gorki zu dem hohen Wirkungsgrad des kämpferischen Humanisten.

REALIST UND ROMANTIKER. DIE ERSTEN ERZÄHLUNGEN

Wem das Glück zuteil geworden ist, Gorki während eines Gespräches zu beobachten, der wird nie wieder das Gesicht dieses Menschen vergessen können – das durch lange Jugendjahre der Not, des Hungers, des Vagabundierens, des Erlebens von Grausamkeit und durch entbehrungsvolles Selbststudium gehärtete kantige Gesicht eines russischen Arbeiters; und plötzlich darin Dutzende, gleichsam zärtlich bewegte Fältchen und jene aus der Tiefe leuchtenden seltsam blauen Augen, die mit großer Aufmerksamkeit und Hingabe die Gesprächspartner zu verstehen suchten … ein Menschenantlitz! Soviel Gegensätze und Schroffheiten, soviel Einklang, Zusammenklang, Harmonie.

Korolenko, der bekannte russische Schriftsteller, der den jungen Gorki bei seinen frühen Erzählungen in rührender Weise beriet, war ganz beglückt, als er 1894 die erste größere Arbeit gelesen hatte – den ,Tschelkasch‘, jene Geschichte des Barfüßlers und Vagabunden aus Odessa. Korolenko erklärte damals dem sechsundzwanzigjährigen Gorki: „Ich habe Ihnen ja immer gesagt, Sie sind ein Realist.“ Doch dann überlegte er und fügte lächelnd hinzu: „Aber auch Romantiker zugleich.“

Es sei gestattet, gleich eingangs diese beiden Richtpunkte in Gorkis Entwicklung und Wesen anzuleuchten: Realist und Romantiker. Um es vorwegzunehmen, Gorki hat sich später oft selbst als revolutionären Romantiker bezeichnet – natürlich nicht im geläufigen bürgerlichen Sinne als einen Dichter mit Sehnsüchten nach der Vergangenheit und einer Flucht vor der Gegenwart ins Land der „blauen Blume“; sondern als einen Romantiker nach vorn, der in der Gegenwart schon von der Zukunft träumt, der die nahe Zukunft einer neuen Menschengesellschaft der sinnvollen, freudigen Arbeit und sozialen Gerechtigkeit voraussieht, der seine Zeitgenossen für die schon greifbare Welt der befreiten Arbeit aufruft und sie zu Taten mitreißt. Diese Wachträume der noch nicht vorhandenen, aber nahen Wirklichkeit, dieses Verkünden des nahenden Sturmes, das zugleich ein Aufruf zur Tat ist, machen Gorki zu jenem ersten proletarischen Romantiker und sozialistischen Realisten. Gerade dieser Begriff der revolutionären Romantik als untrennbarer Bestandteil des sozialistischen Realismus wurde bei der jüngsten Beurteilung Majakowskis vor kurzem in der Januarkonferenz des Gorkiinstituts für Weltliteratur in Moskau eingehend erörtert. Die ,Prawda‘ vom 2. 3. 1953 spricht in einem zusammenfassenden Artikel von der „herrlichen revolutionären Romantik, die ein untrennbarer Bestandteil der Kunst des sozialistischen Realismus“ im Schaffen Majakowskis sei.

Gorki selbst erklärte schon im Jahre 1928: „Ich denke, die Verbindung des Realismus und der Romantik ist unerlässlich. Nicht der Realist, nicht der Romantiker, sondern sowohl der Realist als auch der Romantiker sind gleichsam zwei Hypostasen (Substanzen) eines einheitlichen Wesens.“ Und 1934 variiert er in seinem Aufsatz ,Über die sowjetische Literatur' das gleiche Thema mit den Worten: „Die revolutionäre Romantik ist im Grunde genommen ein Pseudonym des sozialistischen Realismus.“

HEROISCHE GEGENWART. KÄMPFERISCHER OPTIMISMUS