Mit all meiner Liebe - Toni Waidacher - E-Book

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Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Der Jeep, der die kurvige Bergstraße entlangfuhr, machte einen recht betagten Eindruck. An mehreren Stellen hatte er Rostbeulen, die Windschutzscheibe klapperte und die Stoßdämpfer quietschten bei jedem Holpern über eine Unebenheit. Den Fahrer schien das allerdings nicht zu stören. Er saß fröhlich pfeifend hinter dem Lenkrad und ließ sich den Fahrtwind um die Ohren wehen. Das Verdeck war zurückgeklappt, und die Koffer und Taschen, die auf dem Rücksitz lagen, drohten bei jeder Kurve herauszufliegen. Dennoch dachte Tobias Berghof nicht daran, das Tempo zu drosseln. Ganz im Gegenteil, da wo die Straße ein wenig gerade war, drückte er so kräftig aufs Gaspedal, daß der Wagen vorwärts schoß. Dann, nach der nächsten Kurve, bremste er ab und lenkte den Jeep an den Straßenrand. Ohne die Fahrertür zu öffnen, sprang er heraus und lief auf die andere Seite. Unter ihm lag das Wachnertal. Die Kirchturmspitze von St. Johann konnte er sehen, ein paar Häuser von Engelsbach, dem Nachbardorf, und auf der anderen Seite das Dorf Waldeck. »So, da wären wir wieder«, sagte Tobias im Selbstgespräch. »Warst' ja eine ganz schön lange Zeit fort.« Er biß sich auf die Unterlippe, während er seinen Blick schweifen ließ. »Himmelspitz« und »Wintermaid« grüßten mit ihren schneebedeckten Gipfeln den Heimkehrer, und vom nahen Kogler konnte Tobias das Rauschen der Kachlach hören, die oben am Berg in die Klamm stürzte. Tobias atmete tief die frische, würzige Luft ein. Sie duftete nach Wiesenblumen und wilden Kräutern. Unter ihm fuhr ein Bauer mit seinem Traktor über ein Feld, und rechts davon stand eine Kuhherde auf der

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Der Bergpfarrer – 155–

Mit all meiner Liebe

…halte ich zu Dir!

Toni Waidacher

Der Jeep, der die kurvige Bergstraße entlangfuhr, machte einen recht betagten Eindruck. An mehreren Stellen hatte er Rostbeulen, die Windschutzscheibe klapperte und die Stoßdämpfer quietschten bei jedem Holpern über eine Unebenheit.

Den Fahrer schien das allerdings nicht zu stören. Er saß fröhlich pfeifend hinter dem Lenkrad und ließ sich den Fahrtwind um die Ohren wehen. Das Verdeck war zurückgeklappt, und die Koffer und Taschen, die auf dem Rücksitz lagen, drohten bei jeder Kurve herauszufliegen. Dennoch dachte Tobias Berghof nicht daran, das Tempo zu drosseln. Ganz im Gegenteil, da wo die Straße ein wenig gerade war, drückte er so kräftig aufs Gaspedal, daß der Wagen vorwärts schoß.

Dann, nach der nächsten Kurve, bremste er ab und lenkte den Jeep an den Straßenrand. Ohne die Fahrertür zu öffnen, sprang er heraus und lief auf die andere Seite. Unter ihm lag das Wachnertal. Die Kirchturmspitze von St. Johann konnte er sehen, ein paar Häuser von Engelsbach, dem Nachbardorf, und auf der anderen Seite das Dorf Waldeck.

»So, da wären wir wieder«, sagte Tobias im Selbstgespräch. »Warst’ ja eine ganz schön lange Zeit fort.«

Er biß sich auf die Unterlippe, während er seinen Blick schweifen ließ. »Himmelspitz« und »Wintermaid« grüßten mit ihren schneebedeckten Gipfeln den Heimkehrer, und vom nahen Kogler konnte Tobias das Rauschen der Kachlach hören, die oben am Berg in die Klamm stürzte.

Tobias atmete tief die frische, würzige Luft ein. Sie duftete nach Wiesenblumen und wilden Kräutern. Unter ihm fuhr ein Bauer mit seinem Traktor über ein Feld, und rechts davon stand eine Kuhherde auf der Weide und labte sich an dem fetten Gras.

»Hat sich nix verändert«, murmelte der Bursche. »Mal schau’n, wie’s im Dorf ist.«

Mit federnden Schritten ging er zu seinem Jeep zurück und sprang hinein. Der Motor startete mit einem lauten Knall, und als der Geländewagen losfuhr, schoß eine dicke, weißgraue Wolke aus dem Auspuff.

Tobias Berghofer war sechsundzwanzig Jahre alt und groß und schlank gewachsen. Das dunkle Haar war länger, als es der aktuellen Mode entsprach, und der Vollbart ließ sein Gesicht älter aussehen, als es wirklich war. Er trug verwaschene Jeans und ein altes T-Shirt. Auf dem Sitz neben ihm lag eine zerschlissene Bundeswehrjacke. Allerdings wirkte er in seinem Aufzug keineswegs unattraktiv. Ganz im Gegenteil, es gab ihm etwas Männliches, Abenteuerliches. In Afrika hätte man ihn ohne weiteres für einen Teilnehmer an einer Safari halten können.

Als er ein paar Minuten später durch das Dorf fuhr, starrten ihm Urlauber und Einheimische hinterher.

Indes kümmerte er sich nicht um die neugierigen Blicke, sondern lenkte den Jeep, am Hotel vorbei, in eine kleine Seitenstraße, an deren Ende ein altes, verfallenes Haus stand. Tobias stieg aus, wobei er diesmal die Fahrertür öffnete, und trat an den Holzzaun, der auch schon mal bessere Zeiten gesehen hatte. Er öffnete die Pforte und betrat den verwilderten Vorgarten. Hier standen die Sträucher mannshoch, das Gras war seit Jahren nicht mehr gemäht worden, und zwischen den Gehwegplatten wucherte Unkraut.

Tobias ging weiter in den Garten. Auch hier dasselbe Bild: Unkraut und Wildwuchs, so weit das Auge reichte.

»Na, hier muß aber ordentlich was gemacht werden«, murmelte er.

Dann drehte er sich zum Haus um und schaute auf die Terrasse. Von außen sah es noch ganz ordentlich aus, wie es drinnen war, wagte er sich nicht vorzustellen – er würde es ohnehin in wenigen Minuten sehen.

Wieder an der Haustür, kramte er den Schlüssel hervor, den er all die Jahre mit sich herumgeschleppt hatte. Es quietschte, als er ihn ins Schloß steckte und herumdrehte. Aber die Tür öffnete sich und schwang knarrend auf.

Dumpfer, muffiger Geruch schlug ihm entgegen. Tobias trat in die Finsternis und zündete ein Feuerzeug an, um wenigstens etwas zu sehen. Rasch durchquerte er den Flur, ging in den Raum, der einmal das Wohnzimmer gewesen war, und riß Fenster und Terrassentür auf. Staub wirbelte auf, als Luft hereinströmte, aber gleichzeitig wurde es heller und angenehmer zu atmen.

Nacheinander öffnete er in den Räumen im Erdgeschoß sämtliche Türen und Fenster. Dann ging er nach oben. Sein altes Zimmer war unverändert. Auch hier war es dunkel und muffig.

»Da hast’ dir aber was vorgenommen!« murmelte er und stieg die Treppe wieder hinab.

Wo sollte er zuerst anfangen?

Eine gute Frage. Als erstes brauchte er wieder fließend Wasser und elektrischen Strom. Aber dazu mußte er in die Stadt fahren und alles wieder anmelden. Außerdem funktionierte das Telefon nicht, er selbst hatte alles abgemeldet, als er damals fortgegangen war.

Nun war er zurückgekehrt, nach sechseinhalb Jahren, um zu bleiben und zu vergessen, was hinter ihm lag...

Daß seine Heimkehr nicht gänzlich unbemerkt geblieben war, ahnte Tobias Berghofer nicht, aber es hätte ihn wahrscheinlich auch nicht sonderlich interessiert.

*

Max Trenker sah irritiert auf, als die Tür zur Revierstube geöffnet wurde und Maria Erbling hereinstürmte – ohne anzuklopfen.

»Grüß Gott«, sagte der Polizist, zwar höflich, aber auch schon ein wenig ungehalten. »Was kann ich für Sie tun?«

»Mitkommen müssen S’«, keuchte die Witwe des ehemaligen Poststellenleiters von St. Johann.

»Wohin?« fragte Max. »Ist was passiert?«

»Einbrecher sind am Werk!« behauptete die Frau. »Schnell, sonst entwischen s’ uns noch!«

»Moment mal«, sagte der Bruder des Bergpfarrers, der nicht so recht glauben mochte, was Maria da sagte. »Wo sind denn Einbrecher?«

»Im Berghoferhaus«, rief sie aufgeregt. »Nun kommen S’ schon!«

»Was? Am hellichten Tag?« meinte der Beamte ungläubig.

Max Trenker schüttelte den Kopf. Alles was Maria Erbling von sich gab, war nämlich mit Vorsicht zu genießen. Sie war die gefürchtetste Klatschtante des Ortes. Im Dorf galt der Spruch, daß man, wenn sich etwas schnell herumsprechen sollte, es nur der Erbling unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertrauen müsse, und sicher sein konnte, daß es sich wie ein Lauffeuer herumsprach.

Seufzend stand der Polizist auf und kam um seinen Schreibtisch herum.

»Schnell!« drängelte die Witwe und lief voran.

Das Haus, von dem sie gesprochen hatte, lag einige Straßen entfernt, und im anderen Fall wäre Max schon mit dem Streifenwagen hingefahren. Aber da er Maria doch nicht so recht über den Weg traute, ließ er das Auto stehen und ging zu Fuß.

An der Straßenecke davor blieb sie plötzlich stehen und deutete aufgeregt auf ein Haus.

»Da«, zischelte sie, »das Auto steht noch da!«

Triumphierend sah sie den Polizisten an.

»Ich seh’s!« Max nickte. »Aber das heißt noch lang’ net, daß es sich um Einbrecher handelt. Haben S’ überhaupt jemanden von denen gesehen?«

»Einen«, antwortete Maria. »Ein ganz übles Subjekt. Wie ein Verbrecher schaut der aus!«

»Na, na, nun mäßigen Sie sich mal«, tadelte der Bruder des Bergpfarrers die Frau. »Mit solchen Anschuldigungen sollten S’ vorsichtiger umgehen, sonst könnt’s sein, daß Sie selbst auf meinem Revier landen.«

Natürlich übertrieb er damit, aber mit Absicht.

»Die Fenster steh’n doch auf«, verteidigte sich die Witwe. »Da hindurch schaffen s’ die Beute aus dem Haus. Da bin ich wirklich ganz sicher!«

Max verdrehte die Augen.

»Was soll’s denn in dem alten Kasten schon zu stehlen geben?« fragte er.

Aber merkwürdig kam ihm das Ganze schon vor. Das Haus stand bereits seit Jahren leer und drohte zu verfallen. Markus Bruckner, der Bürgermeister von St. Johann, hatte schon nach dem Erben suchen lassen, aber der war nirgendwo zu finden gewesen, so daß Bruckner bereits damit gedroht hatte, das Haus im Auftrag der Gemeinde abreißen zu lassen, und das Grundstück zugunsten der Gemeindekassen zu verkaufen.

»Sie bleiben hier!« wies Max Trenker Maria Erbling an.

Ihr war anzusehen, daß sie sich nur sehr ungern davon abhalten ließ, mit ihm zu gehen. Aber der Blick des Beamten ließ sie sich fügen.

Max ging zur Haustür, die sperrangelweit aufstand und schaute in den Flur. Es wehte heftig, wer sich auch immer im Haus aufhielt, hatte sämtliche Fenster und Türen geöffnet.

Sollte etwa...?

Der Polizist konnte seinen Gedanken nicht zu Ende denken, als er durch den Flur ging und die frühere Wohnstube betrat. Auf der Terrasse sah er ihn stehen. Der ›Einbrecher‹ wandte ihm den Rücken zu und schaute in den Garten.

»Sag’ mal, bist du’s wirklich?« fragte der Beamte.

Der Mann drehte sich langsam um und grinste ihn an.

»Hallo Max, altes Haus«, sagte Tobias Berghofer. »Hast’ dich ja kaum verändert.«

»Du aber auch net«, lachte der Bruder des Bergpfarrers und reichte ihm die Hand. »Seit wann bist’ denn wieder da?«

»Noch keine Viertelstunde«, erwiderte der Heimkehrer.

»Und schon bringst’ das ganze Dorf in Aufruhr!« Max schüttelte den Kopf.

Tobias sah ihn erstaunt an.

»Ich? Wieso...?«

Der Polizist schmunzelte.

»Eigentlich bin ich hergekommen, um dich als Einbrecher festzunehmen«, erklärte er.

»Du machst Scherze!«

»Keineswegs. Gegen dich ist Anzeige wegen Einbruchs erstattet worden.«

Polternd lachte er los. Tobias machte ein Gesicht, daß Max gar nicht anders konnte.

»Maria Erbling war grad bei mir. Sie hat hier ein ganz übles Subjekt gesehen, das das Haus ausräumen will.«

Tobias lachte herzlich mit.

»Oh, Gott«, stöhnte er. »Lebt die etwa immer noch?«

»Gesund und munter wie ein Fisch im Wasser ist sie«, nickte Max. »Und ihre Zunge ist immer noch so spitz wie eh und je.«

Er sah sein Gegenüber fragend an.

»Erzähl’ doch mal«, forderte er Tobias auf. »Bist’ etwa hergekommen, um das Haus wieder in Schuß zu bringen und darin zu wohnen?«

»Genau das hab’ ich vor«, erwiderte der junge Bursche.

»Klasse! Aber da hast’ dir ein schönes Stück Arbeit vorgenommen!«

»Ich weiß. Aber ich hab’ meine Gründe, warum ich zurückgekommen bin...«

»Wo hast’ denn all die Zeit gesteckt?«

Tobias winkte ab.

»Ach, das ist eine lange Geschichte«, meinte er. »Aber ich erzähl’ sie dir gern’ bei einer Maß Bier.«

»Da sag’ ich net nein.«

Max sah auf die Uhr.

»Aber ich muß jetzt los. Im Pfarrhaus warten sie mit dem Mittagessen auf mich«, sagte er.

»Dann bis heut’ abend?«

»Ja, gegen sieben im Biergarten vom Hotel.«

»Prima, Max. Pfüat di’ bis dahin, und grüß deinen Bruder von mir.«

»Der wird Augen machen!« rief der Polizist, als er schon durch den Flur ging.

Draußen auf der Straße stand Maria Erbling und blickte ihm erwartungsvoll entgegen.

»Und«, fragte sie neugierig, »haben S’ die Einbrecher verhaftet?«

»Sie schauen zu viele Krimis«, sagte er und schüttelte den Kopf. »War nur falscher Alarm. Der Besitzer des Hauses ist zurückgekehrt.«

Damit ließ er sie stehen und ging zum Pfarrhaus.

Maria starrte erst ihm hinterher, dann zum Haus hinüber.

»Der Tobias ist wieder da?« murmelte sie erstaunt. »Also, wenn das keine Sensation ist!«

Und dann machte sie sich rasch auf, ihre Sensation unter die Leute zu bringen.

*

Schon als er die Tür öffnete und eintrat, roch Max, daß es heute mittag sein Lieblingsessen geben würde.

Wobei man von »einem Lieblingsessen« eigentlich nicht sprechen konnte, denn der Bruder des Bergpfarrers aß für sein Leben gern, und was Sophie Tappert auf den Tisch stellte, schmeckte immer gut.

Heute hatte sie aber ein Gericht gekocht, das Max besonders gerne mochte: Königsberger Klopse.

Selbstverständlich waren sie frisch hergerichtet, im Pfarrhaus von St. Johann kam nichts aus der Dose auf den Tisch, lediglich die Kapern für die Sauce waren fertig eingelegt gekauft worden, und das Hackfleisch natürlich.

»Ist mein Bruder net da?« fragte Max, als er in die Küche kam.

Der Tisch war bereits gedeckt, in der Mitte stand eine Schüssel mit Roter Beete. Die stammte aus dem Pfarrgarten, und Sophie hatte sie im Frühjahr selbst ausgesät.

»Hochwürden ist im Garten«, erwiderte sie. »Sie können ihm sagen, daß das Essen fertig ist.«

Der Pfarrer saß auf der Terrasse. Er machte auf seinen Bruder den Eindruck, als wäre er in tiefes Grübeln versunken.

»Ist was net in Ordnung?« erkundigte sich Max.

»Nein, nein!« Sebastian blickte auf und schüttelte den Kopf. »Ich hab’ nur noch mal an die Ereignisse der letzten Tage gedacht.«

»Na, das war ja auch net alltäglich, was sich da abgespielt hat«, meinte Max und setzte sich dazu.

Angefangen hatte es damit, daß vor einigen Wochen ein Mann nach St. Johann gekommen war. Er quartierte sich in der ›Pension Edelweiß‹ ein, die Andreas Trenker gehörte, einem Cousin von Sebastian und Max. Der Fremde stellte Nachforschungen an und erkundigte sich in auffälliger Weise nach einem Brandnerhof. Indes gab es davon einige im Wachnertal, und so recht konnte der Mann, der Franz Gruber hieß, nichts herausfinden.

Sebastian war längst auf ihn aufmerksam geworden, doch als er Gruber ansprach und seine Hilfe anbot, gab sich dieser wortkarg, ja abweisend, was den Verdacht des Bergpfarrers, der Mann habe nichts Gutes im Sinn, nur verstärkte.

Tatsächlich stellte sich bald heraus, daß Franz Gruber des Sohn eines Mannes war, der vor mehr als fünfzig Jahren St. Johann verlassen hatte, nachdem er wegen des Diebstahls eines wertvollen Medaillons verurteilt worden war.

Er hieß Josef Gruber und ging, nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis, nach Norddeutschland. Der wahre Dieb und Grubers Rivale im Kampf um die Gunst der schönen Bauerntochter Maria Brandner, Hubert Hirschler, heiratete die junge Frau und gab dem Hof später seinen Namen.

Erst nach und nach erkannte Sebastian Trenker die wahren Zusammenhänge, aber da wäre es beinahe schon zu spät gewesen. Franz Gruber war als Rächer seines Vaters gekommen! Er wollte den Mann ausfindig machen, der Josef Gruber ins Unglück gestürzt hatte, und tatsächlich gelang es ihm. Er bedrängte den alten Bauern, seine Schuld einzugestehen, doch Hirschler weigerte sich, darauf griff Gruber zu krassen Maßnahmen. Erst waren es nur kleine Streiche, die er Hirschler und dessen Familie spielte, aber dann zündete er Strohballen an, und brachte damit den ganzen Hof in Gefahr. Zuvor war er klammheimlich aus der Pension verschwunden und hatte in den Bergen Zuflucht in einer alten Jagdhütte gesucht.Es war ein ständiges Katz- und Mausspiel, das der Mann mit Sebastian betrieb. Aber der gute Hirte von St. Johann hatte einen Trumpf, und der hieß Thomas Gruber. Das war der Sohn von Franz. Er kam, auf die Bitte des Geistlichen hin, nach St. Johann und half, seinen Vater zur Vernunft zu bringen, als dieser den Altbauern über ein Felsplateau zu stoßen drohte.

Indes fand die Geschichte ein gutes Ende. Thomas Gruber hatte nämlich die Bekanntschaft eines sympathischen jungen Madls gemacht. Erst später stellte sich heraus, daß es sich dabei um die Enkelin Hirschlers handelte. Da schien das junge Glück, durch die alten Konflikte, schon wieder bedroht zu werden. Als sich das junge Paar schließlich doch noch glücklich und versöhnt in die Arme sank, war das das Verdienst des Bergpfarrers.

»Ja, und jetzt ist die Franzi mit nach Norddeutschland gefahren«, resümierte Sebastian. »Der Thomas und sie werden irgendwann heiraten, und statt Architektur zu studieren, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte, will Franzi nun eine Tischlerehre bei ihrem zukünftigen Schwiegervater machen.«

»Es gibt übrigens eine Neuigkeit«, sagte Max. »Aber erst sollten wir hineingehen und Frau Tappert net länger warten lassen. Eigentlich hatte sie mich geschickt, um dich zum Essen zu holen.«

»Was ist denn jetzt deine große Neuigkeit?« fragte der Geistliche, als sie am Tisch saßen.