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Rai Mayo ist wunderschön und begehrenswert und sie gehört Apollo Adams, einem der reichsten Männer der Stadt. Doch als Apollo ihr seine Liebe gesteht, verwandelt sie sich in eine Füchsin. Denn Rai ist kein Mensch, sie ist eine Kitsune und die wahre Liebe ist das Einzige, was sie ersehnt. Im Affekt verjagt Apollo sie - so wie alle Männer zuvor.
Rai schwört, diesen Schmerz und diese Zurückweisung nie wieder erleben zu wollen und entsagt allen Männern. Doch dann erkennt Apollo, wer Rai wirklich ist und das sie die Erfüllung seiner geheimsten Wünsche ist.
Rai hat nicht vor, zu Apollo zurückzukehren, doch als Gregory Rossos an sie herantritt und sie mit einer Ungeheuerlichkeit über Mr. Adams konfrontiert, willigt Rai ein, ihm zu helfen. Rai verfällt Apollo erneut und ringt zwischen ihrer Liebe zu ihm und der Hilfe für Gregory Rossos.
Mystische Wesen, übersinnliche Fähigkeiten und prickelnde Erotik in einem düsteren Romantasy-Abenteuer.
Band 1 der MONDSÜCHTIG - Reihe!
Die MONDSÜCHTIG-Reihe ist eine monatlich erscheinende Reihe in 12 Bänden. Jeder Band ist in sich abgeschlossen, allerdings gibt es einen überspannenden Handlungsbogen.
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MONDSÜCHTIG
Im Bann der Füchsin
Kitty Harper
Über den Autor: Kitty Harper ist das Pseudonym einer nerdigen Mutter von zwei Nachwuchs-Nerds und der Ehefrau eines Ober-Nerds. Zusammen begeistern sie sich in trauter Nerdigkeit für alles, was auch nur im Entferntesten mit Fantasy, Mystik und Science Fiction zu tun hat. Während die Nachwuchs-Nerds noch an der Vervollkommnung ihrer Kängeroo-Zitate und Nightwish-Songtexten arbeiten, widmet sich die Autorin Höherem. Das Schreiben eigener Texte ist ihr liebster Zeitvertreib und wenn sie nicht gerade durch virtuelle Welten hastet und mit Schwertern herumfuchtelt, versinkt sie in der nordischen Mythologie oder in anderen längst vergangenen Epochen.
Kitty Harper schreibt gerne sinnliche Erotik, ohne dabei vulgär zu werden. Manchmal ein wenig SM, manchmal aber auch starke Frauen, die den Herren der Schöpfung zeigen, wo es langgeht. Kitty hofft, dass ihr genauso viel Spaß an ihren Geschichten habt, wie sie selbst.
Im Bann der Füchsin
Von Kitty Harper
1. Auflage, 2019, Neuauflage der 2018 erschienenen Reihe
©Kitty Harper – alle Rechte vorbehalten.
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Korrektorat/ Lektorat: Carmen Smorra, Christina Blechinger, Christine S. Lade, Susann Ackermann
Verwendete Schriftarten: Linux Libertine O, Times New Roman, Raustila (TT), Exmouth, Trajan 3 Pro, Arial
-- Alle Rechte vorbehalten! --
Es gibt mehr zwischen Himmel und
Erde, als wir mit bloßem Auge sehen können.
Rai Mayo
Kapitel 1
Eine Seele kann nicht schreien. Sie braucht körperlichen Schmerz, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Die Bässe vibrierten schmerzhaft in meinen Knochen. Meine Muskeln zuckten bei jedem einschlägigen Hämmern. Die Musik konnte gar nicht laut genug sein. Ach was, ich hörte gar keine Musik mehr. Nur die tiefen Schläge der Bässe durchdrangen meinen Körper und ließen ihn im Rhythmus des Songs schwingen. Es schmerzte, doch es war noch nicht genug! Ich brauchte mehr, mehr Musik, mehr Bass, mehr Schmerz, um die Gefühle zu betäuben.
Wenn möglich, würde ich in den Lautsprecher kriechen und nur noch das Echo der Schläge wahrnehmen. Ich kauerte mich vor dem Subwoofer zusammen und nahm jeden Stoß tief in mich auf. Meine Seele tat so weh, dass ich jeden Donnerschlag herbeisehnte, nur um dem Schmerz irgendwie Ausdruck zu verleihen. Eine Seele kann nicht schreien, aber man kann sich selbst verletzen, damit der Schmerz real wird. Wenn er endlich spürbar wird, sichtbar wird, tut er nicht mehr so weh.
Doch das stimmte nicht. Ich sehnte mich nur nach dem spürbaren Schmerz, um dem seelischen Raum zu geben. Wenn es nur genug wehgetan hatte, würde der Schmerz hoffentlich vergehen und mich ausgebrannt zurücklassen. Ich wusste, dass das irgendwann der Fall sein würde. So war es immer gewesen und so wird es immer sein. In diesem ewigen Kreislauf aus verzehrender Liebe und eiskalter Zurückweisung mündete jede neue Beziehung unweigerlich in absoluter Leere.
Müde schloss ich die Augen und gab mich der Pein hin. Ich ließ die Tränen laufen, doch ich schluchzte nicht. Ich würde ihm nicht hinterher weinen. Ich trauerte nicht um die verlorene Beziehung, sondern darum, wie die Trennung vonstattengegangen war. Hätte es nicht so sein können wie ich es gewohnt war? Wenn die Wahrheit über meine Natur ans Licht kam, verjagten sie mich immer. Aber diesmal war es anders gewesen. Ich lachte unter den tausenden Tränen hysterisch auf.
Wütend ballte ich die Fäuste. Mein Schmerz schlug in absoluten, vernichtenden Zorn um. Kein Mann durfte mich mit dieser Herablassung behandeln, mich schlagen oder Gegenstände nach mir werfen. Ich hätte es gut bei ihm haben können, er versprach mir Liebe und Zuneigung. Wenn sie mich nicht so lieben konnten, wie ich war, dann musste ich gehen.
Irgendwann erhob ich mich doch. Die Wut begrub den Schmerz und übertönte so die Schreie meiner Seele. Sie verlangte danach, aufzuhören, den ewigen Kreislauf zu durchbrechen und ja, vielleicht auch sich zu rächen. Eventuell sollte ich das tatsächlich tun und mich gegen die Natur wenden. Die Entscheidung fiel mir leicht, dass ich überrascht auflachte. Es klang einfach und wäre doch so wirkungsvoll. Erst würde ich mich an Apollo Adams für seine Unverschämtheit rächen, indem ich ihn betrog. Vor aller Augen, denn hier wusste jeder, wer ich war. Und dann würde ich mich nie wieder dem Verlangen meiner Natur unterwerfen. Nie wieder würde ich nach einer Beziehung suchen. Ich würde mich der Liebe entziehen, nur um dem Schmerz und der Leere zu entkommen. Es klang für mich wie die Erkenntnis des paradiesischen Apfels. Wenn ich verzichtete, würde ich nie mehr leiden müssen. Nie wieder würde ich Zurückweisung erfahren. Es war so einfach!
Aber ich würde auch auf die Freuden verzichten, auf das Verlangen, die Gier, die Ekstase. Nun, die Entscheidung fiel mir leicht, da mein Körper noch immer vor Schmerzen vibrierte.
Als ich mich über die Tanzfläche zwischen all den wogenden Leibern bewegte, fühlte ich mich seltsam befreit. Ich hatte mich von einer Jahrhunderte alten Last gelöst. Ich fühlte mich so erleichtert, dass ich, wenn ich die Augen schloss, bis zur sich drehenden und glitzernden Discokugel hinaufschweben hätte können. Die Last des ewigen Kreislaufs, die Suche nach verzehrender Liebe und Zurückweisung, hatte mich zu einer Sklavin gemacht. Doch damit war jetzt Schluss. Nie wieder würde ich mich irgendwem hingeben, ich gehörte nur noch mir selbst.
Ich trat an die Bar und schnippte den Barkeeper herrisch heran. Mein Blick glitt über die Getränke der anderen Gäste. Die Frauen tranken ausschließlich Cocktails, noch so ein Klischee. »Bier«, sagte ich mit zitternder Stimme und freute mich daran, wieder einen Kreis durchbrochen zu haben. Der Mann neben mir registrierte meinen exotischen Getränkewunsch mit hochgezogener Augenbraue.
»Ist das überhaupt etwas für dich?«, murmelte er und beugte sich vor, um mir lüstern ins Dekolleté zu starren. Ich folgte seinem Blick und lächelte. Genau aus diesem Grund trug ich diesen sündhaften Fummel. Das Kleid war rot wie die Liebe und versprach mit dem tiefen Ausschnitt und dem eng anliegenden Stoff verheißungsvolle Nächte. Es zeigte mehr, als es verhüllte. Wenn ich mich jetzt auf den Barhocker schob und frivol die Beine übereinanderschlug, würden die spitzenbesetzten Ränder der Strümpfe meinem Gegenüber deutliche Probleme in der Hose verschaffen. Ich spielte einen Moment mit dem Gedanken, ihm genau diese Probleme beizubringen, ließ es dann aber doch. Du bist nicht auf Beute aus, erinnerte ich mich selbst und schob meinen Po doch auf den Barhocker. Nein, war ich nicht, es war nur verdammt schwer, aus meinem Naturell auszubrechen. Und warum dem Kerl nicht ein paar enge Hosen verschaffen, wenn er doch nichts anderes kriegen würde?
»Ich trinke dich unter den Tisch, wenn’s sein muss«, erwiderte ich und schlug die Beine übereinander. Dabei hob ich das Knie höher als nötig und streifte wie zufällig mit meiner Wade seinen Oberschenkel. Meine Bewegungen resultierten in dem gewünschten Ergebnis. Er schnappte nach Luft und ließ seinen Blick tiefer gleiten und dort verharren, wo eigentlich nur Apollo hinsehen durfte.
Wütend biss ich die Zähne zusammen, als mich die Erinnerung an die Schmach, an seine Zurückweisung erneut überkam. »Whiskey«, blaffte ich, als der Barkeeper mit meiner Bestellung zurückkam. »Zwei«, fügte ich mit einem angedeuteten Nicken zu meinem Sitznachbarn hinzu. Der Barkeeper nahm die Bestellung entgegen und ließ seinen Blick deutlich zu lange über mich gleiten. Ich seufzte ergeben. Nächstes Mal würde ich einen alten Leinensack überstreifen.
»Du magst es wohl hart?«, keuchte mein Gegenüber und drehte sich so, dass er mit dem Rücken zur Theke stand und mich von oben bis unten mustern konnte. Er war im Begriff, seine Hand auf mein Knie zu legen, viel zu weit oben, gefährlich nahe am Spitzenbesatz meiner Strümpfe. Unwillkürlich entschlüpfte mir ein warnendes Knurren. Ich war vielleicht mit dem Bedürfnis hierher gekommen, einen Mann zu finden, um den Schmerz zu betäuben, aber das bedeutete nicht, dass ich mich jedem an den Hals werfen würde. Ich nicht. Ich suchte doch einen Partner für die Liebe und nicht nur für heiße, ungezähmte Nächte. Verbittert presste ich die Lippen aufeinander. Jetzt nicht mehr, erinnerte mich und merkte deutlich, dass ich an meiner neu gewonnen Einstellung hart arbeiten musste, um sie überhaupt zu verwirklichen.
»Ich mag es vor allem, wenn Männer sich zu benehmen wissen.« Seine Hand schwebte über dem Spitzenbesatz und zog sich gehorsam zurück. Guter Junge. Ich lachte leise und nippte an dem Glas. Die Blume wölbte sich perfekt über der gelben Flüssigkeit und hinterließ einen weißen Schaumbart auf meiner Oberlippe. Er lachte amüsiert.
»Das steht deinen wundervollen roten Lippen überhaupt nicht.« Er beugte sich mit geneigtem Kopf vor und musterte meinen Mund. »Ich könnte dir das Bier von den Lippen lecken.« Er betrachtete mich unter halb geschlossenen Lidern und ich war fast geneigt, diese plumpe Anmache zu erwidern. Er hatte breite Schultern, große Hände und eine kräftige Brust. All das, was sich Frau eben so wünscht. Aber ich war keine Frau im gewöhnlichen Sinne. Ich war auf Rache aus und dazu konnte ich keine neue Liebelei gebrauchen.
»Lieber nicht.« Ich hielt ihn mit der Hand auf seiner Brust auf Abstand und wandte den Blick ab, sodass er nur noch meine Wange hätte streifen können. Er knurrte unwillig und ließ sich zurück auf seinen Barhocker sinken.
»Wenn du nicht willst, solltest du nicht so rumlaufen. Das Kleid, die Haare, du bist einfach zu perfekt, um nicht geküsst zu werden.« Er hob sein Bier an und prostete mir grimmig zu. »Ich hätte einen Job für ein Mädchen wie dich.«
»Ich habe bereits einen Job, kein Interesse«, giftete ich zurück. Meine Antwort entsprach allerdings nicht ganz der Wahrheit. Ich wollte so gerne mit Antiquitäten arbeiten, mit den alten Meistern der Malerei, aber mein Körper stand mir dabei nur im Weg. Die Männer betrachteten mich und fühlten sich von mir so angezogen, dass ich praktisch keinen Job bekam, ohne nicht auf meine Reize angesprochen zu werden. Es war zum Verrücktwerden! Ich machte das Beste daraus und kombinierte meine Leidenschaft für die Kunst mit meinem Aussehen und arbeitete neben dem Studium als Model. Nicht ganz das, was ich mir vorstellte, aber immerhin konnte ich meine Rechnungen gut bezahlen und war auf keine zweideutigen Angebote angewiesen. Dieser Kerl hatte zweifelsohne nur das eine im Sinn, wenn er von einem »Job« sprach. Sein Blick, wie er über den Rand des Glases hinweg glitt und mich anzüglich begutachtete, sprach Bände. Es schien, als wolle er durch den roten Stoff meines Kleides hindurchsehen. Vermutlich stellte er sich mich bereits nackt vor. Langsam setzte er das Bierglas ab und starrte auf meine Brüste.
»Nicht diese Art von Job«, grunzte er und stürzte den Whiskey in einem Zug herunter, den der Barkeeper irgendwann in den letzten zwei Minuten vor uns platziert hatte. »Du tätest gut daran, für mich zu arbeiten, denn du bist genau die Richtige für diesen Job.« Er stieß sich von der Theke ab und ließ seine Hand wie beiläufig durch meine langen roten Haare gleiten. Er nahm eine Handvoll und vergrub seine Nase darin. »Diese Haare, du bist perfekt«, knurrte er. Ich sollte zurückweichen, aber ich konnte nicht. Sein Blick hielt mich gefangen, seine Augen glühten seltsam gelb und ich - ICH! - war nicht in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
»Pass auf dich auf, Rotfuchs«, murmelte er und inhalierte tief. »So etwas wie dich findet man nicht häufig und wenn man dich einmal gefunden hat, wird man dich nicht wieder gehen lassen.«
Er grinste anzüglich, ließ mein Haar los und streichelte flüchtig meinen Nacken. »Wenn du es dir anders überlegen solltest, du weißt, wo du mich finden kannst.«
Sein Griff lockerte sich und er entließ mich. Ich fühlte, wie die Kraft in meine Glieder zurückkehrte und ich wieder Herr meiner Sinne wurde. Was zur Hölle war das gewesen? Hastig sah ich mich um, aber er war nicht mehr da. Als hätte sich eine Spalte in Raum und Zeit aufgetan und ihn verschluckt. Wahlweise auch ein Loch im Boden, das direkt in die Hölle führte. Ich lächelte, doch der eisige Schauer in meinem Nacken, dort, wo er mich berührt hatte, blieb. Dieser Mann war nicht von dieser Welt. Er war etwas anderes, genau wie ich.
Kapitel 2
Der Mann mit den eigenartigen Augen und dem eisigen Griff hatte mir gehörig den Plan verdorben. Ich wollte jemanden aufreißen und ihn unverrichteter Dinge in seiner Lust schmoren lassen. Stattdessen hatte er mich gereizt und unbefriedigt zurückgelassen und mir war deutlich die Lust an Spielereien dieser Art vergangen. Die von ihm ausgehende Gefahr war spürbar gewesen und jagte mir nachträgliche Schauer über den Rücken. Diese Wehrlosigkeit hatte ich noch nie zuvor gespürt. Wenn er mich haben wollte, hätte er nur zugreifen brauchen. Was war er? Definitiv kein Mensch. Dafür musste ich meine übersinnlichen Fähigkeiten nicht einsetzen.
Aber er hatte es nicht getan, so als wollte er, dass ich zu ihm kam – freiwillig. Na da konnte er aber lange warten. Ich hatte der Männerwelt ja entsagt. Und von Dämonen hielt ich noch viel weniger, denn genau das war er höchstwahrscheinlich auch: ein Sinne vernebelnder Dämon. Nur welcher ... zwischen Himmel und Hölle gab es so viel scheußliches Gewürm, dass ich Tage brauchen würde, um ihn zu identifizieren.
Hastig zahlte ich die Getränke, ließ mich von dem Hocker gleiten und suchte nach einem neuen Opfer ... und verdrehte die Augen. Wie war das noch gleich mit »ich entsagte der Männerwelt«? Ich lachte leise und sah mich auf der Tanzfläche um. Es war so schwer, meiner Natur zu entkommen. Ich diente nun mal einer Fruchtbarkeitsgöttin und Fortpflanzung gehörte zu meinem Wesen. Dem konnte ich nicht entkommen.
Und hier gab es so viele. So viel Lust. Genau deswegen kam ich auch immer wieder hier her. Die sexuelle Energie zog mich magisch an und natürlich suchte ich noch immer nach dem oder der Einen. Das Wesen, das mich so akzeptierte, wie ich nun mal war!
Die Tänzer vor mir bewegten sich im Rhythmus der Musik hin und her, sie wiegten sich in ekstatischer Hingabe. Sinnliche Berührungen hier, verheißungsvolle Blicke da, hastig ausgetauschte Telefonnummern, um sich in einer dunklen Straßenecke zu verabreden. Ich strich verführerisch über mein rotes Kleid und trat auf die Tanzfläche. Das war genau das, wonach ich suchte. Hingabe in seiner ursprünglichsten Form. Die Musik erfasste meinen Körper wie von selbst und ich ließ mich von ihr tragen. Ich schloss die Augen, fühlte den Rhythmus eines sanften Lovesongs und wiegte mich hin und her. Kein Tanz mit ausgefeilter Choreografie, nein, ich fühlte den Rhythmus und ließ mich gleiten, genau wie jeder andere hier.
Und was dann folgte, war mir hinreichend bekannt. Der Zauber der Verführung, mein Segen, mein Fluch. Ich spürte ihre Blicke auf mir, mein Körper kribbelte, als würden hunderte Hände mich berühren und ich genoss es. Köpfe drehten sich in meine Richtung, Augen streichelten meinen Körper und ich aalte mich in ihrer Hingabe. Als würden sie mich anbeten. Ich lächelte selig und streckte meine Arme in die Höhe, ließ meine Hüften kreisen und wurde Eins mit der Musik. Das war es, was ich am meisten brauchte: Die Hingabe der Menschen, ihre Aufmerksamkeit schenkte mir Freuden. Und wenn sich ein Mann ... oder eine Frau mit mir vereinigte und mir seine Liebe gestand, fühlte ich mich göttlich. Doch heute stand mir nicht mehr der Sinn nach Verführung. Ich wollte nur noch für einen Augenblick die Aufmerksamkeit genießen.
Als der Song endete, fühlte ich mich besser. Apollos Zurückweisung tat nicht mehr ganz so weh, wie noch vor wenigen Minuten und ich bedankte mich lächelnd bei meinem Publikum. Ich suchte bewusst Augenkontakt, als ich mich auf den Weg Richtung Ausgang machte. Die Menschen standen so dicht, dass ich mich hindurchschieben musste und nur langsam vorankam. Als ich den Ausgang erreichte, hatte ich so viele Menschen berührt, dass mich der enge Körperkontakt ganz berauschte. Ich schwitzte und fuhr mir erleichtert durch das Haar, als ich endlich draußen stand und mich die kühle Nachtluft umfing. Tief einatmend genoss ich das samtweiche Gefühl auf meiner Haut.
»Verschwinde!« Ich habe dieses Wort so oft in meinem Leben gehört, dass ich behaupten kann, anhand des Klanges den Charakter eines Menschen erkennen zu können. Manchmal wurde es verzweifelt ausgesprochen, manchmal hasserfüllt und manchmal zitternd und angstvoll. Manchmal hassten sie mich, manchmal liebten sie mich tatsächlich, aber ihre Liebe war nicht stark genug, um die Angst zu besiegen. Manchmal betitelten sie mich als Abscheulichkeit, als »wider der Natur«. Diese wenigen Silben konnten aber auch mit abgrundtiefer Verachtung gesprochen werden, so wie jetzt.
Ich zuckte zusammen und wandte mich in die Richtung, aus der ich die unerbittliche, zutiefst böse Stimme vernommen hatte. Noch vor wenigen Minuten hatte mir der Sprecher verheißungsvolle Blicke zugeworfen, über den Rand eines Bierglases. Und jetzt erhob er die Hand gegen eine andere Frau!
Die Frau, eine dunkelhaarige Schönheit ging in die Knie und hob schützend die Hände vor ihr tränenverschmiertes Gesicht. »Nein!«, flehte sie. »Bitte nicht! Ich verspreche, ich komme nie wieder. Ich werde ihn nie wieder belästigen!« Mir war ganz egal, was sie vielleicht getan haben könnte oder worin ihr Vergehen lag. Fakt war, der gleiche Kerl, dem ich an der Bar einen Whiskey spendiert hatte und der mich anzüglich betrachtet hatte – nun, kein Vergehen – erhob die Hand gegen eine Frau! Ich verehrte jede Frau und ich beschützte sie.
Mit schnellen Schritten überbrückte ich die wenigen Meter, die mich von dem Schläger trennten, pflückte seine Hand aus der Luft und fing geschickt seinen Schlag ab. Ich nutzte seinen eigenen Schwung, um ihm den Arm auf den Rücken zu drehen und beförderte ihn mit einer Drehung über die Bordsteinkante. Seine enorme Größe nutzte ihm bei meinem unvermittelten Angriff nichts, sie war ihm eher hinderlich. Große, schwere Klötze flogen genauso gut auf die Nase wie kleine, runde Männer. Ich stippte ihm lässig die Spitze meines hohen Pumps in den Hintern und schob auch den Rest seines Körpers in die Straßenrinne.
»Was zum Teufel!«, fauchte er und drehte sich wild nach Luft schnappend auf den Rücken. »Wie kannst du es wagen?«
»Wie kannst du es wagen?«, zischte ich zurück, als er sich langsam aufrappelte und sich hektisch nach demjenigen umsah, der ihn so unsanft auf den Boden befördert hatte. Als er mich erblickte, zuckten seine Mundwinkel amüsiert.
»Scheint, als ob du nicht nur ein freches Mundwerk, sondern auch ein paar Tricks auf Lager hast.« Er fuhr sich durch sein blondes Haar und glättete die kurzen Stoppeln.
»Willst du Nachschlag?«, fuhr ich ihn an und tippte gegen sein Knie. »Ich kann dir gerne eine Kostprobe meiner Kung-Fu-Künste geben. Glaub mir, eine echte Dame kann dich auch in High Heels vermöbeln.«
Er lachte leise und rappelte sich ächzend auf. »Davon bin ich überzeugt. Aber du, Rotfuchs, hättest dich nicht einmischen dürfen. Dieses Biest hat in meinem Klub nichts verloren. Ich bewirte keine ...« Sein Blick ruhte auf der Schönheit und er spuckte aus.
Sie sah nicht aus wie eine Prostituierte. Ihr Kleid war zwar sehr erotisch, aber nicht so freizügig, als das sie für eine Dame des horizontalen Gewerbes gehalten werden konnte. Sie trug ein dezentes Make-up, jetzt zerlaufen von ihren Tränen. Ich streckte ihr freundlich lächelnd die Hand entgegen und zog sie auf die Beine. »Egal, wer sie ist oder was sie tut, du hast kein Recht, sie zu schlagen.«
Er maß die Dame mit einem geringschätzigen Blick. »Du hast ja keine Ahnung.«
»Danke«, murmelte sie und glättete ihr schwarzes Kleid. »Ich bin Tiara.« Sie schluchzte und hielt sich an ihrer Handtasche fest, während sie unsicher in den Klub schielte. »Ich wollte dort nur einen Freund treffen und ...«
»Freund? Kunden, wolltest du wohl eher sagen.« Er lachte höhnisch. »Verzieh dich, Hexe, oder ich mach dir Beine.« Er holte erneut aus, ließ dann aber die Hand unverrichteter Dinge in der Luft verharren, als er meinen gefährlichen Blick sah. »Was glaubst du, wer sie ist?«
»Ist das nicht egal?«, brummte ich verärgert. »Lass sie rein. Sie hat dir nichts getan.«
Der Kerl schüttelte grimmig den Kopf. »Weißt du überhaupt, wer ich bin? Mein Name ist Gregory Rossos und mir gehört der Klub und eine Frau wie sie hat hier nichts verloren. Sie ist hier nicht erwünscht.« Sein Blick glitt erneut über mich. »Ich könnte aber über meine Prinzipien hinwegsehen, wenn du den Job annehmen würdest ...«
Ich hielt die Luft an und wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als Rossos fortfuhr. »Es ist nicht das, was du denkst. Ich weiß, wer du bist, Rai Mayo, und ich möchte nur, dass du dir etwas für mich ansiehst.«
»Du musst das nicht tun, ich kann auch woanders hingehen und ...« Tiara plapperte munter drauf los, doch ich brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Willst du in den Klub?« Ich nahm ihre Hände und sah ihr in die wunderschönen, grünen Augen. Weiche, lange Wimpern, elegant geschwungen, perfekt, um sich darin zu verlieren. Ich lächelte sie aufmunternd an.
»Ja, schon ...« Sehnsüchtig blickte sie zum Eingang. Eine lange Schlange stand vor der Tür hinter einer Absperrung und beobachtete uns neugierig. Schien so, als würden die Besucher dort ewig anstehen, nur um noch heute Abend in das 247 zu kommen. Die Lounge war einer der angesagtesten Nachtklubs in Manhattan und ich war nur hereingekommen, weil ich ... nun ja ... wie die perfekte Sünde aussah und mich auch so gekleidet hatte. Ich musste nicht einmal Eintritt bezahlen.
»Warte«, unterbrach ich Tiara. »Was genau soll ich mir ansehen?«
Rossos beugte sich zu mir. »Ein Gemälde«, murmelte er dicht an meinem Ohr. Sein heißer Atem jagte mir Schauer über den Rücken. Bei der Göttin, dieser Mann war genauso verführerisch wie ich. Ich sah gerade noch, wie er sich die Lippen leckte.
Ertappt fuhr ich zusammen. Oh nein, dieser Kerl war nichts für mich, es war nur so, dass ich bei öffentlich zur Schau gestellten Reizen nicht wegsehen konnte. Und wenn der dazugehörige Kerl noch besonders gut aussah ... Aber ein Gregory Rossos, der Frauen so behandelte, war nichts für mich.
»Woher weißt du das?«, fragte ich ihn meine Nervosität überspielend. Ich hatte ein Faible für Kunst, aber nur ein ganz kleines, so klein, dass ich Kunstgeschichte studierte, studiert hatte, verbesserte ich mich und presste säuerlich die Lippen aufeinander. Ich wollte verschwinden, musste New York verlassen. Apollos Dunstkreis war nicht gut für mich. Zum einen war ich zu auffällig und zum anderen kannte mich jeder – dank meinem Ex. Was wiederum bedeutete, dass ich nicht mehr weitermachen konnte, wie bisher. Eine neue Stadt, ein neues Leben musste her. Es wäre wohl tatsächlich das Beste, wenn ich New York Lebewohl sagen würde.
»Nun, Rai Mayo, du bist nicht so ganz unbekannt.« Er lachte leise und schlang eine Strähne meines Haares um seinen Finger. »Also, Freundin von DEM Apollo Adams. Ich möchte, dass du dir ein Gemälde ansiehst und dann möchte ich deine Meinung dazu hören. Aber du musst es dir vor Ort ansehen. Ein Foto reicht nicht. Und du musst es dir gut ansehen.«
Ich holte tief Luft und entzog ihm mein Haar. »Und dafür lässt du Tiara in deinen Klub? So lange, sie will? So oft, sie will.«
Rossos verzog das Gesicht. »Du weißt nicht, wer sie ist. Sie vertreibt mir die Kundschaft.«
»Dann musst du dir jemand anderes suchen, der das Gemälde begutachtet. Das kann ja nun wirklich jeder Kunststudent im ersten Semester beurteilen und ...«
Rossos brachte mich mit einer herrischen Geste zum Schweigen. »Nein, du musst es tun. Er lässt niemanden außer dich an sich ran. Und außerdem ...« Rossos hielt inne. »Du musst es tun«, seufzte er und warf Tiara einen undefinierbaren Blick zu. »Die Schlampe darf hier ein und ausgehen, so oft sie will, so lange sie will.« Tiaras Mundwinkel kräuselten sich und sie offenbarte ein verführerisches Lächeln. Sie biss sich sanft auf die Unterlippe und mich überkam das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Möglicherweise war sie gar keine Prostituierte oder Escort-Dame?
»Er? Apollo? Was genau ist das für ein Bild? Wo ist es? Erklär es mir, Rossos.« Mir war nicht geheuer, was er von mir wollte. Es klang zwar nicht sonderlich schwierig, aber so, wie er es sagte, steckte da offensichtlich mehr dahinter.
Rossos seufzte. »Ich habe dich bei Adams gesehen, wir haben uns schon einmal dort getroffen. Du erinnerst dich nicht, aber ich erinnere mich an dich. Wie könnte ein Mann eine Frau wie dich jemals vergessen. Außerdem besuchst du ja ab und zu meinen Klub.« Er lachte leise. »Nein, ich will nichts von dir, aber ich weiß, dass du bei Adams ein und ausgehst. Es hängt eine Schlachtenszene in der Eingangshalle seines Penthouses, du erinnerst dich?«
Ein eisiger Schauer kroch mir über den Rücken. Ich wollte auf gar keinen Fall zu Apollo zurück. Er hatte sich unmissverständlich ausgedrückt. Ich war eine Abscheulichkeit und er wollte sich mit so etwas wie mir nicht umgeben. »Du musst es dir ansehen. Stell dich davor und sieh genau hin ... und dann erzählst du mir, ob du sie gesehen hast.« Rossos lächelte, beugte sich vor und hauchte mir irgendetwas ins Gesicht. Angewidert wich ich zurück, als mir sein nach Bier stinkender Atem entgegenschlug.
»Was gesehen?«, hauchte ich gequält.
Rossos lächelte traurig. »Du wirst sie sehen«, murmelte er. »Du wirst sie sehen.«
Ich hätte jederzeit ablehnen können. Tiara und ihre Wünsche gingen mich letztlich nichts an, aber es war eine Traurigkeit in Rossos‘ Blick, das und die Art, wie er von ihr sprach, dass ich einfach nicht ablehnen konnte. Ja, Apollo hatte mich rausgeworfen, aber ich würde sowieso noch ein letztes Mal zurückkehren müssen, um meine Sachen aus seinem Penthouse zu holen. Dabei einen Blick auf das Gemälde zu werfen, erschien mir nicht zu umständlich. Und wenn ich dabei Tiara helfen konnte, warum nicht? Und Rossos? Ja, vielleicht wollte ich ihm auch helfen und vielleicht war ich auch ein klein wenig neugierig, was er meinte. Und danach würde ich New York den Rücken kehren.
Mit etwas Glück konnte ich es so einrichten, dass Apollo vielleicht gar nicht zu Hause war und ich mich ihm nicht stellen musste.
Also willigte ich ein. Hätte ich damals schon gewusst, auf welchen Pfad mich die Begegnung mit Tiara und Rossos bringen würde, ich wäre schreiend davongelaufen.
Kapitel 3
Der Portier sah lediglich kurz auf, als ich am folgenden Tag zu Apollos Penthouse ging. Er wohnte nobel, konnte es sich leisten, denn ihm gehörte das Gebäude. James, der Portier, kannte mich und ließ mich ohne Probleme ein. Mit klopfendem Herzen wartete ich auf den Fahrstuhl und sah noch einmal zurück. Apollo hätte seinen Portier von unserer ... Trennung unterrichten müssen. Das war nachlässig und gefährlich. Was, wenn ich mich an ihm rächen wollte? Er wusste, was ich war. Keinerlei Sicherheitsmaßnahmen, wie gedankenlos.
Ich war allerdings nicht weniger unbedacht und hätte eigentlich James fragen können, ob Apollo zu Hause war. Nun, irgendwie war es mir egal. Vielleicht wollte ich ihm doch noch einmal begegnen, um seine Reaktion zu sehen. Wie er sich wohl verhalten würde?
Das leise Pling des Fahrstuhls riss mich aus den Gedanken und ich trat auf den Flur. Da Apollo das Gebäude gehörte und er die oberste Etage bewohnte, stand ich sofort mitten in dem nobel eingerichteten Penthouse. Sehnsüchtig blickte ich mich ein letztes Mal um und suchte nach dem Gemälde. Die Absätze meiner Stiefel erzeugten leise Klackgeräusche auf dem edlen Marmor, direkt aus Italien. Ich lächelte verträumt, als ich mich daran erinnerte, wie Apollo von dem sündhaft teuren Rohstoff bei einem Glas Champagner geschwärmt hatte. Ich würde dieses Leben hier vermissen, nicht nur den Luxus. Aber es war besser so. War es immer. Wenn er nicht akzeptieren konnte, wer ich war, würde es keine gemeinsame Zukunft geben.
Ich seufzte wehmütig und stellte mich vor das große Gemälde im Foyer. Wir hatten oft hier gestanden und die Szene betrachtet. Sie zeigte den Sturz der rebellierenden Engel von Bruegel. Kein Original, wie mir Apollo versichert hatte, dennoch eine imposante Nachbildung. Ich hatte wochenlang recherchiert und kannte jede Einzelheit des Gemäldes in- und auswendig. Ich wusste nicht, was Rossos gemeint hatte, als er mich darum bat, das Gemälde anzusehen. Es zeigte eine bildgewaltige Schlachtenszene, kämpfende Engel, himmlische Chöre, Krieger und Dämonen. Wesen unterschiedlichster Natur lagen zu Füßen der Engel, gestürzt und gefallen, direkt in die Hölle. Ich wusste, irgendwo auf dem Bild versteckte sich Luzifer, aber ich hatte ihn noch nicht entdeckt.
Neugierig betrachtete ich jede Stelle des Gemäldes, prägte mir ein, was ich sah und was ich nicht sah. Ich hatte dieses Bild so oft studiert, dass ich mir einbildete, jedes Detail zu kennen. Was immer Rossos gemeint hatte, ich hätte es aus dem Gedächtnis wiedergeben können. Aber ich wollte ihn nicht mit Plattitüden abspeisen, sondern seinem Wunsch gerecht werden und so vertiefte ich mich aufs Neue in den Höllensturz. Ich entdeckte diverses Gewürm, verschlungene Gestalten, Engel mit Hörnern und Engel mit Schwertern. Je länger ich auf das Bild starrte, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass das Blut direkt vor meinen Augen von den besudelten Klingen tropfte. Erschrocken keuchte ich auf und wich zurück. Aber die Szene hielt mich gefangen und ich konnte den Blick nicht abwenden. Ich blinzelte und sah noch einmal genauer hin. Tatsächlich, das Blut tropfte vom Stahl! Gespannt hielt ich den Atem an und suchte weiter. Das Bild entfaltete seine volle Wirkung vor meinen Augen.
Ich hatte das Gefühl, dass sich die Mäuler der Frösche zu tonlosen Schreien öffneten. Die Todesangst in ihren Augen jagte mir eisige Schauer über den Rücken. Das war unglaublich. Vor meinem Auge sah ich die so oft betrachtete Schlachtenszene und plötzlich erwachte sie in all ihrer Grausamkeit vor mir zum Leben. Langsam, ja, aber sie lebte!
Ich blinzelte und die Szene erstarrte wieder. Das Durcheinander hielt abrupt inne, nur eine einzige, letzte Bewegung erregte meine Aufmerksamkeit, kurz nachdem alles andere erstarrt war. Direkt in diesem sich zu schwindelerregenden Höhen hinauf schraubenden Strudel aus Leibern stand eine Frau! Die Hände flehend bittend nach oben gereckt, die Augen vor Verzweiflung weit aufgerissen. Sie stand da in Jeans und Turnschuhen und sah mich direkt an. Die Hoffnungslosigkeit jagte mir einen Schauer über den Rücken und der tonlose Schrei gellte mir in den Ohren. Ich heftete meinen Blick auf die klagende Frau, hielt sie mit den Augen fest, so als würde sie verschwinden, wenn ich den Blick abwandte.
»Das Bild hat dich schon immer fasziniert.« Sein Atem streichelte meinen Nacken und ich spürte den Hauch einer Berührung. Seine Lippen schwebten über meiner Haut, ich konnte es fühlen, wie sie die feinen Härchen streiften und mir eine Gänsehaut bescherten. Ich trug mein rotes Haar heute als frechen Pferdeschwanz, sodass mein Nacken frei lag und er seine Finger zärtlich darüber wandern lassen konnte.
Bebend schloss ich die Augen und trat hastig einen Schritt zur Seite. Apollo machte einen Schritt vorwärts und stellte sich neben mich, den Blick starr auf das Gemälde gerichtet, die Arme im Rücken verschränkt. Irritiert sah ich ihn von der Seite an. Entweder er war verdammt schnell oder er konnte meinen Nacken streicheln, ohne die Hände zu benutzen. Verwirrt runzelte ich die Stirn.
»Was willst du, Rai?«
Mein Magen rollte sich zu einer ängstlichen Kugel zusammen und ich sah noch mal in das Gemälde, versuchte, die blonde Frau in Jeans ausfindig zu machen, aber ich hatte sie verloren. Vielleicht unter den Massen des Turms verschüttet? Nein, irgendwie konnte ich mir das nicht vorstellen. Eine Sinnestäuschung? Unmöglich! Ich hörte ihren Schrei noch in meinem Kopf. Wie war sie nur da hinein gekommen? Das Bild stammte aus dem 16. Jahrhundert und zeigte ein damals häufig gemaltes Thema und niemand, kein einziger Maler dieser Zeit, würde eine Frau in Jeans darstellen.
Ich könnte Apollo fragen, ob er sie je gesehen hatte, aber aus einem Impuls heraus hielt ich die Frage zurück. Ein dumpfer Verdacht beschlich mich, dass er durchaus etwas mit dieser Frau zu tun haben könnte. Allerdings konnte ich mir darauf keinen Reim machen und gab ihm lieber die Antwort, die er hören wollte. Apollo Adams war kein sehr geduldiger Mann. »Ich wollte meine Sachen holen. Nachdem du gestern Abend so ausfallend geworden bist, hatte ich keine Gelegenheit mehr dazu.«
Apollo seufzte leise und drehte sich zu mir. »Es tut mir leid, Rai. Meine Reaktion war unangebracht und ich entschuldige mich für die Entgleisung. Ich bin froh, dass du zurückgekommen bist. Nur so kann ich dich um Verzeihung bitten.«
Das waren ja ganz neue Töne! Gestern Abend hatte hier ein Kampf getobt. Er hatte gewütet und eine teure Vase nach mir geworfen. Zum Glück konnte ich mich mit vier Beinen schneller fortbewegen als er und war geflohen. Eigentlich hatten wir ausgehen wollen, Essen und ein Theaterstück. Aber als er mir dann seine Gefühle gestanden hatte, war ich überwältigt von seinen Worten in meine ureigenste Gestalt zurückgewichen. Das passierte immer.
Wenn ich emotional aufgewühlt war, fiel es mir schwer, meine menschliche Gestalt zu wahren und dann flüchtete ich eben in die Füchsin und er hatte so reagiert, wie alle Männer sich verhielten, wenn sie mich sahen. Mit Unglauben, Angst und Wut. »Unangebracht trifft deine Reaktion nicht annähernd«, murmelte ich und drehte mich weg, als er vorsichtig seine Hand nach mir ausstreckte. »Du hast Dinge nach mir geworfen und mich wie ein wildes Tier verscheucht.«
»Es tut mir leid«, murmelte er leise und berührte mich vorsichtig an der Schulter. »Ich war verwirrt und habe heute Nacht erkannt, wie einsam ich ohne dich bin.« Seine Finger wanderten hinauf und streichelten meinen Nacken. Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken und schmiegte mich in seine Hand. Er trat hinter mich und schloss mich in seine Arme, sodass mein Kopf an seiner Schulter ruhte und sein Bart über meine Wange kratzte. »Es tut mir leid.«
»Du hast dich nicht rasiert«, murmelte ich, statt seine Entschuldigung anzunehmen und drehte den Kopf so, dass ich mit der Nase über die stoppelige Haut kratzen konnte.
Apollo lachte leise mit diesem überheblichen Unterton, den ich so sehr hasste, wie ich ihn liebte. Es machte ihn unwiderstehlich, aber gleichzeitig auch unnahbar. »Nein, ich habe hier aufgeräumt und mir Vorwürfe gemacht. Ich liebe dich von ganzen Herzen, Rai Mayo.« Meine Brust zog sich vor Glück schmerzhaft zusammen. Fast erwartete ich, das aufgeregte Flattern in meinem Bauch erneut zu fühlen und das die Fuchsgestalt wieder hervorbrach, aber außer einem warnenden Schrei in meinem Hinterkopf geschah nichts. Bewusst verdrängte ich das Bild der klagenden Frau in Jeans und Turnschuhen auf dem Gemälde. Ich lebte in einer Welt voll Übersinnlichem und ich hätte wissen müssen, dass hier etwas nicht stimmte. Ich hätte Apollo darauf ansprechen sollen, aber ich wollte nicht. Ich wollte mich dem Glück hingeben und mich davon treiben lassen. Ich wollte meiner Sehnsucht nach Liebe so sehr nachgeben, dass ich alle Warnungen in den Wind schlug und mich ihm mit Haut und Fell hingab.
Eigentlich hätte es nicht einmal der klagenden Frau im Höllensturz bedurft, eigentlich hätte mir sein Verhalten vom gestrigen Abend Anlass genug geben sollen. Er hatte sein wahres Wesen bereits offenbart, mir seine hässliche Fratze der Verachtung gezeigt und mich davongejagt. Oh, wäre ich nur fortgeblieben.
»Ich muss zur Arbeit«, wehrte ich mich halbherzig. Sein Arm legt sich um meine Hüfte, seine Lippen liebkosten meinen Hals und ich konnte nicht verhindern, dass mir ein wohliger Seufzer entwich.
»Bleib bei mir, Rai«, flüsterte er zärtlich und schob meine schwarze Strickjacke nach oben. Ich zitterte bereits vor Erregung. Noch nie hat ein Mann mich berührte, nachdem er wusste, was ich war und es fühlte sich so unglaublich gut an. Seine Lippen neckten die empfindliche Stelle hinter meinem Ohr, seine Nase streichelte mich, während seine Arme mich daran hinderten, wie ein Bündel zitternder und kraftloser Muskeln zu Boden zu sinken. Als er den Knopf meiner Jeans öffnete, war ich bereits verloren.
Seine andere Hand schob sich über meinen Bauch nach oben, presste mich fest an seine Brust und er flüsterte mir heiser ins Ohr. »Schlaf mit mir, Rai. Jetzt. Deine Arbeit ist mir herzlich egal. Ich kauf‘ den Laden und schenke ihn dir ...«
Ich lachte leise, mein Glucksen ging in lustvolles Stöhnen über, als er seine Finger in meinen Slip schob und mich dort liebkoste, wo ich es am dringendsten brauchte. »Du kannst den Laden nicht kaufen, Bianca wird dir was husten«, keuchte ich und versuchte verzweifelt, ihm mehr Raum zu geben. Meine Hose war so verdammt eng! Das hat man nun davon, wenn man gut aussehen will. Knackiger Po und genug Platz für eine Männerhand im Slip funktionierten eben nicht.
Ich versuchte, mir die Hose von den Hüften zu streifen, aber Apollo hielt mich streng fest. »Na, na, mein kleiner Rotfuchs, du bist mir was schuldig, also halt schön still«, murmelte er und schob sich trotz der Enge meiner Hose in mich. Ich keuchte erschrocken auf und wimmerte leise, als er mich mit dem Handballen reizte. Wieso war ich ihm gleich noch was schuldig? Ich konnte nicht denken, wenn er so etwas tat, aber im Augenblick war mir seine Bemerkung herzlich egal. Seine sanften Bewegungen fegten mir den Kopf leer und ich konnte mich nur noch stöhnend gegen ihn lehnen.
»Stütz dich ab«, befahl er leise, nahm meine Hände und drückte sie auf das Gemälde, sodass ich direkt in den Strudel sehen musste.
»Aber«, protestiere ich heiser, doch er ließ keine Widerrede zu.
»Das Gemälde ist eine verdammte Nachbildung und wenn deine Hände Schweißflecken darauf hinterlassen, werden sie mich an deine Schreie erinnern, wenn ich dich kommen lasse.« Er lachte heiser und hielt meine Hände dort, wo er sie haben wollte. »Also halt still, damit ich dir die Hose ausziehen kann.« Ich stöhnte auf, doch bevor er mich erlöste, ließ er mich ziemlich leiden.
»Ich liebe deinen Po«, murmelte er und rieb sich an mir, während er einen zweiten Finger in mich schob und mit dem Daumen meine empfindlichste Stelle bearbeitete. Ich flüsterte heiser seinen Namen, flehte. Doch erst als er mich noch eine ganze Weile mit den Fingern gequält hatte und sich stöhnend in meinem Nacken vergrub, ließ er abrupt von mir ab, zog seine Hand aus meiner Hose und schob sie hastig über meine Hüften. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, mich von meinem feuchten Höschen zu befreien oder mir die Möglichkeit zu geben, aus der Hose zu steigen. Ich hörte nur ein eiliges Ratschen, dann eine Hand auf meinem Po, mit der anderen schlang er sich meinen Pferdeschwanz um die Handfläche und vergrub sich langsam und sehr genüsslich in mir.
Ich gab ein lang gezogenes Stöhnen von mir und er zog, während er sich in mich schob, meinen Kopf nach hinten, sodass ich nicht anders konnte, als bei jedem seiner langsamen und kraftvollen Stöße den Strudel anzusehen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich nur auf ihn, auf das rhythmische Keuchen, die langsamen Stöße. Er hielt sich an meiner Hüfte fest, beugte sich vor und schmiegte sein Kinn in meine Halsbeuge.
»Sieh hin«, keuchte er schwer atmend. »Ich will, dass du hinsiehst, während ich dich ficke.«
Langsam öffnete ich die Augen und dann sah ich sie wieder. Mein Blick war von Lust verschleiert, ich hörte mein heiseres Stöhnen, Apollos Keuchen und ich genoss das simple Spiel. Aber als mich der anklagende Blick der Frau im Strudel traf, gesellte sich zur reinen Ekstase noch ein Gefühl der Angst, etwas gänzlich Falsches getan zu haben. Aber wie konnte etwas, das sich so gut anfühlte, falsch sein? Ich hatte in Rossos‘ Club Ablenkung gesucht, doch wiedergefunden hatte ich Apollo. Wenn Rossos mich mit seiner Bitte nicht hier her geschickt hätte, hätten Apollo und ich keine zweite Chance bekommen.
Er wusste, was ich war und er liebte mich trotzdem! Was konnte daran falsch sein? Ich starrte die Frau trotzig an und brannte ihr meine Gedanken in den Kopf! Was konnte falsch daran sein, geliebt zu werden?
Und trotzdem blieb das Gefühl. Als ob ich ihr beweisen wollte, welche Liebe ich empfand. Ich wollte kommen, während ich sie anstarrte. Damit wären ja dann wohl genug Beweise erbracht. Ich griff zwischen meine Beine und wollte nachhelfen, als ich merkte, wie er das Tempo steigerte, doch Apollo griff nach meiner Hand und presste sie wieder auf das Gemälde. »Ich mach das«, hauchte er bestimmend und ließ seine Hand an meinem Arm entlang wandern. »Ich lass dich kommen und nur ich.« Seine Hand glitt über meine Brüste, meinen Bauch und zwirbelte schließlich meine empfindlichste Stelle. Das Bild verschwamm vor meinen Augen und ich warf ekstatisch den Kopf in den Nacken. Und dann konnte ich nicht mehr denken. Die Frau war mir herzlich egal, als ich mich den sanften Wogen des mehr als hungrig herbeigesehnten Orgasmus hingab.
Apollo Adams liebte mich trotz meiner Andersartigkeit, er wusste um die Füchsin und er verabscheute mich nicht. Als würde dieses Wissen meine Lust befreien, kam ich auf seiner Hand mit ihm in mir. Was konnte es Schöneres geben?
Kapitel 4
»Was bist du?«, murmelte Apollo neben mir und liebkoste zärtlich meine Hüfte. »Erzähl es mir.«
Ich lachte leise und schmiegte mich an ihn. Er küsste meinen Nacken und schob seine Hand zwischen meine Knie. Hart sog ich die Luft ein, doch er bewegte sich nicht. »Bald eine arbeitslose Frau«, konterte ich frech. Kokett wackelte ich mit dem Po und handelte mir dafür einen spielerischen Klaps ein.
»Du weißt genau, was ich meine, Rai.« Apollo wurde ernst und streichelte über die Stelle, die er soeben mit einem Klaps versehen hatte. Wir waren seit gut einem Jahr zusammen und ich lebte praktisch bei ihm, aber er wusste so wenig über mich, dass es mir beinahe körperliche Schmerzen bereitete. Das erste Mal glaubte ich, seine Reaktion vom gestrigen Abend richtig verstanden zu haben. Er war wütend auf die Lüge gewesen, die unsere Beziehung gewesen war, und jetzt gab er mir die Möglichkeit, ihm alles zu erzählen. Das würde unsere Verbindung auf eine ganz neue Ebene heben. Keine Geheimnisse mehr. »Was bist du? Ein Mensch jedenfalls nicht.«
Ich seufzte und suchte nach den richtigen Worten. Noch nie zuvor hatte ich jemandem erklärt, was ich war. Vielleicht wusste ich es selbst nicht einmal so genau. Das Wenige, was ich über mich wusste, würde ich ihm aber erzählen. »In Japan nennt man meine Art Kitsune«, begann ich leise und schloss die Augen.
»Du siehst aber gar nicht aus wie eine Japanerin.« Er nahm mein Haar zwischen seine Finger und drehte eine rote Strähne ein. »Rothaarige Japanerinnen?«
Ich seufzte leise. »Nein, ich bin ja auch keine Japanerin. Ich bin eine Kitsune, ein Fuchsgeist, ein übersinnliches Wesen, ja, wenn du so willst, bin ich ein Geist.« Ich lachte leise.
»Dafür fühlst du dich aber ziemlich real an«, hauchte er zärtlich und schob sich enger an mich. Ich spürte ihn deutlich kräftiger werden und schmunzelte. Bei Apollo gab es keinen gewöhnlichen Sex, er war ... besser.
»Dummkopf«, schalt ich ihn und wollte von ihm abrücken, doch er verfestigte den Griff um meine Hüften und zog mich enger an seine breite Brust.