Niklas Nielsen und das Geheimnis im Wattenmeer - Marco Banholzer - E-Book

Niklas Nielsen und das Geheimnis im Wattenmeer E-Book

Marco Banholzer

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Beschreibung

Mitten in der Nacht kommt Familie Nielsen in der Ferienwohnung in Uphusum an. Dort überraschen sie einen Einbrecher, der unerkannt fliehen kann. Niklas Nielsen verdächtigt den Nachbarn, der sich sonderbar verhält. Maria glaubt nicht, dass der Nachbar ein Einbrecher ist und widmet sich lieber einem Fall von Seehundsterben im Wattenmeer. Niklas Nielsen hilft ihr, den Fall um das rätselhafte Seehundsterben zu lösen und stößt dabei auf ein Geheimnis, mit dem auch Maria niemals gerechnet hätte...

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Für Sinja

Inhaltsverzeichnis

Kapitel: 1

Kapitel: 2

Kapitel: 3

Kapitel: 4

Kapitel: 5

Kapitel: 6

Kapitel: 7

Kapitel: 8

Kapitel: 9

1

Immer wieder schwebten Nebelschwaden wie von Geisterhand gezogen über die Landstraße. Kein Mensch und kein Auto waren zu sehen, als der Wagen von Familie Nielsen den kleinen Ort in Schleswig-Holstein erreichte. Uphusum stand auf dem gelben Ortsschild, das eben von einer weiteren Nebelschwade umhüllt wurde. Niklas Nielsen kauerte müde auf der Rückbank und freute sich nur noch auf ein Bett. Über achthundert Kilometer Fahrt lag hinter ihnen und die digitale Anzeige im Auto zeigte vier Uhr. Langsam rollte der Wagen auf der schmalen, holprigen Straße an den wenigen Häusern vorbei. Nirgendwo brannte Licht, alles schlief. Der Nebel schlich durch die Gärten.

Plötzlich tauchte auf der linken Seite ein kleines Häuschen auf, das erst im Scheinwerferlicht zu erkennen war. Ein paar Meter weiter erkannte Niklas Nielsen auf der anderen Seite ein weiteres Haus ziemlich im Wald versteckt.

»Das wird es wohl sein«, lächelte Vater, »wir haben es gefunden.«

Langsam steuerte er den Wagen in die breite Einfahrt, in der bereits ein Auto stand. Ein paar Lampen entlang des Gebäudes gingen automatisch an und spendeten ein bisschen Licht. Die Familie stieg aus und suchte den Eingang zur Ferienwohnung. Ein kleiner Weg führte in das kleine Nebengebäude, in dem die Ferienwohnung untergebracht war. Niklas Nielsen schnappte seinen Koffer und schritt den Gartenweg entlang. Seine Mutter und sein Vater folgten mit weiteren Gepäckstücken. Mitten in der Nacht, es war kurz nach vier Uhr, wäre es hier stockdunkel gewesen, hätten nicht die Lämpchen mit Bewegungsmeldern für ein bisschen Licht gesorgt. Als Niklas Nielsen am Ende des Gebäudes um die Ecke biegen wollte, blieb er unvermittelt stehen.

»Was ist los?«, fragte sein Vater und blieb ebenfalls stehen, ,»warum gehst du nicht weiter?«

»Da ist jemand im Haus«, flüsterte Niklas Nielsen.

»Der Vermieter hat die Tür absichtlich offen gelassen, mache dir keine Sorgen«, beruhigte der Vater.

»Das mag gerne sein, aber da ist jemand in der Wohnung drin«, flüsterte Niklas Nielsen und suchte hinter der Gebäudemauer Schutz.

Inzwischen war sein Vater misstrauisch geworden und wagte ebenfalls einen Blick Richtung Wohnungstür. Die Tür stand sperrangelweit offen und in der Wohnung zappelte ein Taschenlampenlicht. Herr Nielsen gab seiner Frau ein Zeichen, dass sie zurückbleiben sollte. Der Einbrecher schien von den Neuankömmlingen noch nichts gemerkt zu haben.

»Was machen wir nun?«, fragte Niklas Nielsen.

»Ich weiß es nicht«, zuckte Vater mit den Schultern, »wir wissen weder, was er sucht noch, ob er am Ende vielleicht bewaffnet ist.«

Eine Fledermaus flatterte über ihren Köpfen hinweg. Zusammen wagten sie sich langsam in Richtung Haustüre zu schleichen. Niklas Nielsen war sehr mutig und das wusste sein Vater auch. So schnell würde ihm nichts Angst einjagen. Wenn man ihn betrachtete, könnte man meinen, man habe es mit einem richtigen Milchbübchen zu tun. Niklas Nielsen hatte nackenlanges, glattes blondes Haar und strahlend blaue Augen. In der Unterstufe auf dem Gymnasium war er der Held aller Mädchen. Sein Markenzeichen, eine blau gepunktete Baseball-Mütze, trug er fast immer. Einige seiner Klassenkameraden spotteten bereits, er würde seine Glatze darunter verbergen wollen. Seine glatte Haut und die schmalen Lippen trugen wesentlich dazu bei, dass er wie ein Junge aussah, von dem man meinte, er könne keiner Fliege etwas zuleide tun. Doch hinter dem Milchbübchen-Gesicht verbarg sich ein mutiger, starker Junge, der genau wusste, was er wollte. Und wenn sich Niklas Nielsen etwas in den Kopf gesetzt hatte, brachte er es auch zu Ende.

Inzwischen waren Vater und Sohn fast an der Eingangstür angekommen. An der Hauswand schaltete sich automatisch ein Licht ein. Durch den hellen Schein wurde der Einbrecher aufgeschreckt und rannte ihnen entgegen. Er hatte einen langen Lodenmantel an und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, um sein Gesicht zu verbergen. An seinen Füßen trug er schwere, hohe Gummistiefel, mit denen er nur mühsam vorankam. Als er die beiden Gestalten vor der Wohnungstür stehen sah, blendete er sie mit seiner Taschenlampe ins Gesicht, so dass er durch ein weiteres Gartentürchen unerkannt in den Wald flüchten konnte. Niklas Nielsen und sein Vater blieben wie angewurzelt stehen und mussten mit ansehen, wie der Einbrecher verschwand. Kurz überlegten sie, den Fremden zu verfolgen. Den Gedanken verwarfen sie jedoch, da sie in der Gegend völlig fremd waren. Frau Nielsen traute sich aus ihrem Versteck hinter dem Gebäude und kam auf ihren Mann und Sohn zu. Vor Schreck hielt sie beide Hände an die Wangen.

»Was war das?«, fragte sie erschrocken.

»Uns würde vielmehr interessieren, wer das war«, antwortete Niklas Nielsen.

»Lasst uns in die Wohnung gehen und nachsehen, ob wir feststellen können, was der Typ gesucht hat«, schlug Vater vor.

Er ging voran in die Wohnung. Niklas Nielsen folgte ihm auf dem Absatz. Frau Nielsen hielt sicherheitshalber etwas Abstand. Vater und Sohn betraten die Diele und bogen nach rechts ins Wohnzimmer ab. Herr Nielsen tastete an der Wand nach dem Lichtschalter. Die erhoffte Beleuchtung blieb aus.

»Na prima«, lästerte er, »draußen ist an jeder Ecke eine Laterne und hier drinnen fehlt der Strom«

»Hier«, rief Niklas Nielsen, »ich habe eine Taschenlampe in der Jackentasche.«

Der Junge knipste die Lampe an und gab sie seinem Vater. Dieser leuchtete den Raum genau aus und durchsuchte anschließend jedes andere Zimmer. Auf den ersten Blick konnte er nicht erkennen, dass der Einbrecher irgendetwas Bestimmtes gesucht haben könnte. Keine Schublade war aufgerissen, nirgendwo die Spur einer Verwüstung. Vater öffnete ein paar Schubladen und stellte fest, dass sie alle leer waren.

»Wer vermutet schon in einer Ferienwohnung große Schätze?«, lachte Niklas Nielsen leise, »das muss ein echter Vollidiot gewesen sein.«

»Dann war er vielleicht einfach ein paar Tage zu früh hier«, ergänzte Herr Nielsen, »wir werden uns jetzt erstmal schlafen legen und morgen rede ich mit unserem Vermieter.«

»Ich glaube kaum, hier ein Auge zumachen zu können«, befürchtete Frau Nielsen.

»Wir werden die Haustüre sorgfältig schließen und alle Fenster verriegeln, dann wird schon nichts passieren. Der Einbrecher weiß jetzt, dass wir hier sind. Ein zweites Mal wird er sich in dieser Nacht wohl kaum hierher trauen«, überlegte Niklas Nielsen.

Im Schein der Taschenlampe richtete sich die Familie für die Nacht. Niklas Nielsen bezog sein Zimmer am Ende der Diele. Vater schloss sorgfältig die Haustüre und prüfte mehrmals nach, ob sie auch richtig verschlossen war. Bevor er selbst zu Bett ging, begleitete Herr Nielsen seinen Sohn mit der Taschenlampe in dessen Zimmer. Er wünschte ihm eine gute Nacht und verschwand. Niklas Nielsen machte es sich im Dunkeln auf dem Bett bequem. Noch kurz vor der Ankunft war er todmüde gewesen und wäre beinahe auf dem Rücksitz eingeschlafen. Jetzt war er hellwach vor Aufregung. Trotzdem legte er sich hin und versuchte zu schlafen. Doch ihn ließ die Frage nicht los, was der Einbrecher in einer leeren Ferienwohnung suchte. Und wieso wusste er, dass die Wohnungstür offenstand? Oder war das nur ein Zufall, dass er ausgerechnet heute Nacht hier auftauchte? Der Junge wälzte sich hin und her. An Schlaf war nicht zu denken, Niklas Nielsen war viel zu aufgedreht. Wenn der Einbrecher noch einmal auftauchen würde, könnte ihnen hier in der abgelegenen Gegend kaum jemand helfen. Außer dem Gebäude auf dieser Seite der Straße gab es nur noch das Haus schräg gegenüber. Von der Abzweigung in Uphusum bis hier draußen waren es mindestens zwei Kilometer. Was am Ende der Straße kam, hatte man in der Nacht und im Nebel nicht erkennen können.

Niklas Nielsen lag mit offenen Augen auf seinem Bett und versuchte sich noch immer einen Reim auf den Einbruch zu machen. Plötzlich wurde es an seinem Fenster hell. Der Junge schreckte schnell auf. Das Licht verschwand wieder und Niklas Nielsen hörte, wie ein Motor gestartet wurde. Aufgeregt schoss er aus seinem Bett und hechtete zum Fenster. Er konnte nichts erkennen. Sollte er schnell nach draußen rennen? Wenn das der Einbrecher war und mit dem Auto flüchten wollte, könnte er der Polizei vielleicht das Kennzeichen durchgeben. Sein Herz raste und pochte so laut, dass Niklas Nielsen nicht sicher war, ob er nicht vielleicht einen Dieselmotor verschluckt hatte. Der Schlüssel steckte an der Haustür, das hatte Niklas Nielsen gesehen. Es wäre also ohne Probleme möglich, nach draußen zu kommen. Er musste sich schnell entscheiden. Das Motorengeräusch war nicht mehr zu hören. Der Junge dachte zuerst, dass der Wagen bereits davongefahren war. Doch plötzlich heulte der Motor wieder auf. Wie vom Blitz getroffen schoss Niklas Nielsen aus seinem Bett, hüpfte auf Zehenspitzen zur Wohnungstür und schloss diese mutig auf.

Der Bewegungsmelder an der Fassade ließ die Lampen hell erleuchten. Der Junge machte einen großen Bogen um den Gartenweg, um nicht auch noch die übrige Beleuchtung automatisch einzuschalten. Auf leisen Sohlen huschte er durch das Gras in Richtung Straße.

Das Licht an der Wohnungstür erlosch und plötzlich war es stockdunkel. Niklas Nielsen musste vorsichtig sein, damit er nicht über irgendetwas stolperte. Über und neben ihm rauschten die Bäume im Wind. Schritt für Schritt tastete er sich in Richtung Straße.

Wieder sah er die Scheinwerfer und das Motorengeräusch war deutlicher zu hören. Niklas Nielsen nutzte das Scheinwerferlicht, um den kleinen Hang hinaufzuklettern, der das Grundstück von der Straße trennte. Eilig hastete er auf allen Vieren nach oben und konnte endlich einen Blick auf die verlassene Straße werfen.

Vor dem Haus auf der gegenüberliegenden Seite erkannte er einen größeren Lieferwagen. Niklas Nielsen riss die Augen auf und richtete sie auf das beleuchtete Nummernschild des Fahrzeuges. Bevor der Wagen Richtung Ortsmitte losfuhr, konnte er die Buchstaben und Ziffern auf dem Kennzeichen erkennen.

»NF-RF 123 – NF-RF 123«, flüsterte Niklas Nielsen immer wieder, als er den Weg zurück in die Wohnung antrat. Erneut nahm er den Umweg über den Garten, um seine Eltern nicht durch die automatische Beleuchtung wachzurütteln. Kurz vor der Wohnungstür blitzte der Strahler an der Hauswand auf und spendete Licht. Behutsam schloss er die Haustür zu und nutzte die Außenbeleuchtung, die durch die gläserne Haustür strahlte, um sein Zimmer zu erreichen. NF-RF 123 sagte er sich noch einmal vor. Im Dunkeln suchte er nach einem Zettel oder einem Stift, um die Nummer zu notieren. In der Dunkelheit konnte er nichts finden. Da fiel ihm sein Handy ein. Schnell kramte er es aus seiner Jacke auf dem Bett und schaltete es ein. Das Display erhellte das Zimmer leicht. Niklas Nielsen suchte die Memo-Funktion und tippte das Autokennzeichen ein. Anschließend speicherte er die Notiz ab. Inzwischen war es kurz vor fünf Uhr und es wurde Zeit, endlich ein paar Stunden zu schlafen.

2

Der Rest der kurzen Nacht blieb ruhig. Die Sonne weckte Niklas Nielsen am frühen Vormittag. Er reckte und streckte sich und hatte Mühe, seine Augen offen zu halten. Eine Weile blieb er im Bett liegen, dann setzte er sich auf und schaute sich im Zimmer um. Alles kam ihm sehr fremd vor. Gähnend rieb er sich die Augen und blieb auf dem Bettrand sitzen. Bevor er seine Hose schnappte, griff er nach der Bürste im Koffer und kämmte sich die Haare. Anschließend schnappte er seine Baseball-Mütze und rückte sie auf dem Kopf zurecht. Erst jetzt waren die Hose dran, die Socken und die Schuhe. Um das alte Shirt zu wechseln, war er noch zu müde. Niklas Nielsen stand auf, tappte zum Fenster und zog die Gardinen auf. Draußen war die Sonne dabei, die letzten Nebelschwaden zu verscheuchen. Müde blickte er auf den großen Garten mit dem Teich, der sich vor seinem Zimmerfenster befand. Zahlreiche Insekten tummelten sich über dem Wasser und veranstalteten ein Summ-Konzert. Auf der Wiese neben dem Teich stand ein großer Gartentisch. Um ihn herum saßen drei Personen. Niklas Nielsen vermutete, dass das die Vermieter waren. Dass sie ein Kind haben, hatte Vater nicht gesagt. Aus der Ferne konnte Niklas Nielsen nicht sicher sagen, ob das ein Junge oder ein Mädchen war. Er zog die Gardinen wieder zu und verließ sein Zimmer.

Draußen erwarteten ihn seine Eltern. Mutter war gerade dabei, die Koffer auszupacken und alles in die Schränke zu räumen. Vater saß am Tisch und schlürfte einen heißen Kaffee.

»Guten Morgen mein Junge«, begrüßte ihn seine Mutter, »hast du gut geschlafen nach der Aufregung?«

»Es geht«, antwortete Niklas Nielsen, »und ihr?«

»Deine Mutter hat den Schock von heute Nacht noch nicht richtig überwunden«, antwortete sein Vater.

»Das war ja auch ein Schreck, wenn man frisch am Urlaubsort ankommt und gleich von einem Einbrecher überrascht wird«, verteidigte sich die Mutter.

»Nachher werden wir zu den Vermietern gehen und ihnen von dem Überfall erzählen«, meinte Vater.

»Sie sitzen gerade beim Frühstück«, sagte Niklas Nielsen, »ich habe sie durch mein Zimmerfenster gesehen. Die haben ja auch ein Kind.«

Gemeinsam marschierten sie den Weg am Haus entlang in Richtung Straße. Vater öffnete das Gartentürchen und am Auto vorbei gelangten sie zum Gebäude der Vermieter. Dort mussten sie an der Vorderseite des Hauses entlanglaufen, ehe der Weg in den Garten führte. Freundlich winkte ihnen eine Frau entgegen und bat sie herein. Vater öffnete die Gartentüre und schlenderte in den Garten.

»Nielsen, angenehm«, begrüßte Herr Nielsen die Leute, dann zeigte er auf seine Frau und seinen Sohn, »das ist meine Frau und das ist unser Sohn Niklas.«

»Sehr angenehm, Hanssen«, antwortete die Frau am Frühstückstisch und stellte ihre Familie vor, »wir hatten telefoniert. Das ist mein lieber Mann und das unsere Tochter Maria.«

Maria hatte lange, dunkelblonde Haare und war in einen Ordner mit zahllosen Blättern vertieft. Niklas Nielsen schätzte, dass sie etwa in seinem Alter war.