Tore, Milo & Lars - Die Spur führt in die Wolfsschlucht - Marco Banholzer - E-Book

Tore, Milo & Lars - Die Spur führt in die Wolfsschlucht E-Book

Marco Banholzer

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Beschreibung

Auf Schloss Neuburg geht es hektisch zu: in den Privaträumen der Familie Lehmann ist eingebrochen worden. Doch es fehlen jegliche Einbruchsspuren. DIe Polizei vermutet den Täter deshalb im engsten Umfeld der Familie. Lars möchte diese Beschuldigung nicht auf seiner Familie sitzen lassen und gemeinsam mit Tore und Milo den Einbruch aufklären. Ein wichtiger Zeuge dabei könnte Tom sein. Doch der Freund von Lars ist spurlos verschwunden. Ist Tom wirklich ein hilfreicher Zeugt, oder hat er am Ende etwas mit dem Einbruch auf Schloss Neuburg zu tun? Für Tore, Milo und Lars beginnt eine wilde Suche nach Tom und den Tätern.

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www.tore-milo-lars.de

Inhaltsverzeichnis

Seltsamer Einbruch

Tom

Die Hochzeitskette

Überraschung beim Aufräumen

Wo ist Tom?

Die Spur führt in die Wolfsschlucht

Die Suche nach Lars

Rückkehr ins Schloss

Seltsamer Einbruch

Es war ruhig auf Schloss Neuburg. Erstaunlich ruhig. Tore und Milo schleppten die beiden schweren Koffer über den Kiesweg im Innenhof von Schloss Neuburg. Auf den normalen Straßen ließen sich die Koffer prima ziehen, aber mit den kleinen Steinchen kamen die Rollen an den Koffern schnell an ihre Grenzen.

„Was ist denn heute nur los?“, fragte Tore überrascht, „jeder weiß doch, dass wir kommen.“

„Schlimm genug, dass wir mit dem Bus von Neckarelz hierher haben fahren müssen. Die Koffer sind sauschwer“, bemerkte Milo.

Erschöpft von der langen Reise aus Hamburg kamen die beiden Brüder nur sehr langsam voran. Immer wieder verkeilte sich ein Kieselstein in den kleinen Rollen des Koffers. Milo verzog jedes Mal das Gesicht und rollte die Augen, wenn der Koffer plötzlich stehenblieb.

„Lars? Tante Thea?“, rief Tore.

Die beiden Brüder blieben stehen, es kam keine Antwort. Endlich erreichten sie die Treppe zum Eingang. Sie stellten ihre Koffer auf die unterste Stufe, schlüpften aus ihren Rucksäcken und sahen sich auf dem Gelände um. Stühle und Tische im Innenhof standen verlassen da. Die Tischdecken lagen wie vom Wind geformte Sanddünen unordentlich auf den Tischen. Weit und breit war kein Gast zu sehen.

„Onkel Albert? Lars?“, rief Tore erneut.

„Tante Thea?“, ergänzte Milo.

Nichts rührte sich.

„Ob vielleicht gar niemand zuhause ist?“, überlegte Tore.

„Aber Tante Thea und Onkel Albert wissen doch, dass wir kommen“, wusste Milo, „Lars hat gestern noch mit Mama telefoniert und sich wahnsinnig auf uns gefreut.“

In Gedanken versunken standen Tore und Milo auf der untersten Stufe der breiten Steintreppe, die zum Haupteingang von Schloss Neuburg führte.

„Hal-loooo“, rief Milo laut.

Niemand meldete sich. Aufkommender Wind wirbelte durch ihre Haare. Beide erschraken furchtbar, als hinter ihnen ein Aschenbecher von einem der Tische geweht wurde. Lautstark landete dieser im Kies. Die beiden Brüder drehten sich erschüttert um und hielten für einen Moment die Luft an.

„Das ist ja schlimmer als in einem Gruselschloss“, meinte Milo.

„Hier stimmt doch irgendetwas nicht“, wusste Tore.

„Ob etwas passiert ist?“, fragte Milo.

„Langsam würde ich das nicht mehr ausschließen“, befürchtete Tore.

„Wann haben Tante Thea und Onkel Albert Ruhetag?“, überlegte Milo.

„Ich glaube dienstags“, wusste Tore, „aber heute ist Mittwoch. Vorne auf dem Parkplatz stehen einige Autos. Leer kann das Hotel also nicht sein.“

„Hat Onkel Alberts Wagen auch vorne gestanden?“, wollte Milo wissen.

„Ich habe es nicht gesehen“, schüttelte Tore den Kopf, „vielleicht sind sie tatsächlich nicht da.“

„Aber sie haben doch gewusst, …“, stöhnte Milo.

„…ja, Milo“, unterbrach ihn Tore, „aber vielleicht ist wirklich etwas dazwischen gekommen. Oder doch etwas passiert.“

Milo schluckte bei dem Gedanken daran. Der Wind jagte ein paar Ästchen und Blätter über den Innenhof des Schlosses. Noch immer standen Tore und Milo verlassen auf der Steintreppe und hofften, dass der Spuk bald ein Ende haben würde.

„Ich werde einmal nachsehen“, schlug Tore vor, „ob Onkel Alberts Wagen vorne steht. Du kannst ja inzwischen schauen, ob die Haupttüre geöffnet ist.“

Mit offenem Mund schüttelte Milo den Kopf.

„Niemals“, schnaufte er, „ich komme mit. Wir sehen beide nach, ob das Auto dasteht und wir sehen auch beide nach, ob die Haupttüre offen ist.“

Tore wollte nicht zugeben, dass auch ihm mulmig zumute war. So hatten sich die beiden Brüder den Empfang auf Schloss Neuburg nicht vorgestellt. Normalerweise sauste Lars bereits die Treppe hinunter, wenn auch nur ein kleines Geräusch die Ankunft seiner beiden Cousins andeutete. Im Innenhof roch es meist nach dem leckeren Apfelkuchen von Tante Thea. Selbst Onkel Albert, der immer viel zu tun hatte, unterbrach immer seine Arbeit, wenn seine – wie er sagte – Lieblingsneffen im Anmarsch waren. Eigentlich holten Onkel Albert und Lars die beiden Brüder immer am Bahnhof ab, aber das war diesmal nicht möglich. Zu viel zu tun, meinte Onkel Albert am Telefon zu der Mutter von Tore und Milo. Inzwischen aber kannten sich die beiden Brüder bestens in Obrigheim aus und waren mit dem Bus vom Neckarelzer Bahnhof angereist. Das letzte Stück mussten sie zwar laufen, aber nach der langen Reise hatte das – bis auf die schweren Koffer – ziemlich gut getan.

Durst und Hunger hatten sie jetzt trotzdem. Doch der bekannte Geruch des guten Apfelkuchens ihrer Tante fehlte ebenso, wie irgendjemand, der sie begrüßte.

Auf dem Weg zum Parkplatz sahen die beiden Brüder sich auf dem Gelände um. Nach dem großen Tor gelangten sie auf die kleine Brücke, von der aus sie große Teile des Gartens überblicken konnten. Tore und Milo blieben stehen und sahen sich erneut um. Nirgendwo war irgendjemand zu sehen.

„Sieh mal!“, zeigte Tore plötzlich, „die Schubkarre steht verlassen da. Der Eimer ist umgekippt und die Gartengeräte liegen verstreut auf der Wiese.“

„Das ist nicht die Art, wie Philipp seinen Arbeitsplatz hinterlässt“, merkte Milo kopfschüttelnd an.

Philipp kümmerte sich auf Schloss Neuburg um fast alles. Doch der Garten war sein Heiligtum. Mit absoluter Sorgfalt pflegte er die Blumen und Sträucher rund um das Gebäude. Sorgfältig ging er auch mit seinen Arbeitsgeräten um. Ein derartiges Chaos würde Philipp niemals hinterlassen. Oft genug hatten sich die drei Freunde einen Anpfiff eingefangen, wenn sie die Arbeitsgeräte nicht ordentlich aufgeräumt hatten.

Tore rief nach Philipp, aber auch dieser meldete sich nicht.

„Ich glaube immer mehr, dass hier irgendwas passiert ist“, fürchtete Tore.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Milo misstrauisch.

„Wir sehen zuerst nach, ob das Auto dasteht“, schlug Tore vor, „dann prüfen wir den Haupteingang. Und dann…keine Ahnung.“

Plötzlich hatten es die beiden Brüder eilig. Schnell rannten sie weiter über die Brücke in Richtung Parkplatz. Noch ehe sie diesen erreicht hatten, entdeckten sie das Fahrzeug von Onkel Albert. Er musste also im Schloss sein. Nur sehr selten verließ er das Schloss ohne Auto. Schloss Neuburg lag weit außerhalb von Obrigheim und egal, wohin Onkel Albert musste, um etwas zu erledigen – ohne Auto dauerte das einfach zu lange.

Tore und Milo wussten nicht, ob sie sich nun freuen, oder noch mehr Sorgen machen sollten. Auf dem Rückweg in den Innenhof hörten sie in der Ferne mehrere Polizeisirenen. Über den Kiesbelag des Innenhofes rannten Tore und Milo zurück. Mit klopfendem Herzen stolperten sie die breite Steintreppe nach oben. Ehe Tore den Türgriff nach unten drückte, sah er seinen Bruder ernst an und schnaufte tief durch.

„Hoffentlich ist nicht abgeschlossen“, flüsterte er.

Langsam drückte er die Klinke nach unten. Die Tür war offen. Behutsam schob er sie zur Seite und verschaffte sich einen kurzen Überblick. Milo blieb dicht hinter ihm und erhaschte ebenfalls einen Blick ins Innere des Schlosses. Obwohl sie bereits dutzendmal die Empfangshalle betreten hatten und das Schloss fast wie ihre Westentasche kannten, hatten beide ein mulmiges Gefühl.

„Onkel Albert? Tante Thea?“, rief Tore vorsichtig.

Niemand meldete sich.

Tore und Milo betraten die Empfangshalle. Draußen hörten sie erneut die Sirenen mehrerer Einsatzfahrzeuge. Dass sich diese offensichtlich näherten, fiel den beiden nicht auf.

Der Computer an der Rezeption war eingeschaltet. Die kleine Lampe, die die Theke mit Licht erfüllte, brannte. Alles sah aus, als wäre der Platz hastig verlassen worden.

„Ich habe Angst!“, gab Milo kleinlaut zu.

„Nicht nur du“, äußerte Tore, „aber du wirst sehen, es wird alles gut.“

„Hoffentlich“, meinte Milo, „aber wo sind die alle?“

„Das weiß ich leider nicht, kleiner Bruder“, antwortete Tore, „wir holen erstmal unser Gepäck herein. Du wirst sehen, dann ist bestimmt jemand da.“

Erst jetzt nahmen die beiden Brüder wahr, dass sich die Polizeisirenen weiter genähert hatten. Sie waren ganz deutlich zu hören und bald kamen sie auf das Schloss zugefahren.

„Ein Krankenwagen“, schrie Milo, als er die Tür nach draußen geöffnet hatte, „da kommt ein Krankenwagen.“

„Die Polizei auch“, schrie Tore, „verdammt nochmal, was ist hier los.“

Wie versteinert blieben die beiden in der Eingangstüre stehen. Zwei Sanitäter und zwei Polizisten bahnten sich den Weg an den Koffern vorbei nach oben.

„Habt ihr uns gerufen?“, rief ihnen ein Polizist entgegen.

„Nein, wir…“, stotterte Tore.

„Wir haben Sie gerufen“, erschallte eine Stimme hinter ihnen.

Milo drehte sich um und erkannte seinen Onkel.

„Onkel Albert“, freute sich Milo, „endlich!“

„Hallo ihr beiden“, begrüßte Onkel Albert seine Neffen nur kurz und kümmerte sich sofort um die Sanitäter, „kommen Sie!“

„Aber Onkel…“, meinte Tore, doch sein Onkel war bereits mit den beiden Sanitätern verschwunden.

Die beiden Polizisten waren ihnen dicht gefolgt. Ratlos holten Tore und Milo ihre Koffer und gingen zurück in die Empfangshalle. Kaum hatten sie ihre Gepäckstücke abgestellt, kam Lars aufgeregt die Treppe herunter gerannt.

„Tore, Milo, endlich“, rief ihnen Lars aufgeregt entgegen, „endlich seid ihr da. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen….“

Lars war völlig außer Atem. Tore und Milo erkannten die Aufregung und die Panik in seinem Gesicht. Zum ersten Mal nahm Lars seine beiden Cousins fest in die Arme. Er wollte gar nicht mehr loslassen.

„Was ist denn passiert?“, fragte Tore und löste sich aus dem Griff seines Cousins.

„Etwas ganz Schlimmes“, schoss Lars los und wischte sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel.

„Erzähl schon“, forderte Milo.

„Gestern ist noch alles in Ordnung gewesen“, erzählte Lars, „zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als wir telefoniert haben. Mama und Papa sind danach zum Einkaufen gefahren und ich habe mich mit meinem Kumpel Tom getroffen.“

„Und dann?“, fragte Tore neugierig.

„Nichts“, meinte Lars und wirkte dabei ganz komisch.

„Nichts?“, fragte Milo misstrauisch.

„Ja, als wir nach Hause gekommen sind“, erzählte Lars weiter, „ist uns nichts aufgefallen.“

„Aufgefallen?“, fragte Tore.

„Nichts aufgefallen, ja“, erklärte Lars weiter, „erst heute Vormittag, als Mama ihren Schmuck holen wollte.“

„Ihren Schmuck?“, wollte Tore wissen, „was ist mit dem Schmuck?“

„Gestohlen!“, antwortete Lars sofort.

„Gestohlen?“, rief Milo, „du meinst, bei euch…“

„…ist eingebrochen worden“, ergänzte Lars.

„Ach du heilige Kacke“, schnaufte Tore.

„Das kannst du wohl sagen“, nickte Lars.

„Und die Gäste?“, überlegte Milo.

„Nichts!“, wusste Lars, „niemandem ist etwas gestohlen worden. Die Täter haben sich ganz alleine in unseren Privaträumen bedient.“

„Ok?“, kombinierte Tore, „du meinst, in den Gästezimmern sind die Täter nicht gewesen?“

„Nicht in den Gästezimmern und nicht an der Rezeption, nein“, erklärte Lars, „dabei hätten sie da deutlich leichteres Spiel gehabt.“

„Oh man, das ist ja furchtbar“, meinte Milo.

„Furchtbar?“, rief Lars, „furchtbar ist gar kein Ausdruck. Vielleicht sind die Täter in meinem Zimmer gewesen, als ich friedlich geschlafen habe. Könnt ihr euch das vorstellen?“

Das konnten und das wollten sich Tore und Milo gar nicht vorstellen. Im Gegenteil. Milo wurde ganz blass und wollte am liebsten wieder nach Hause fahren. Die Vorstellung, die Täter könnten in den nächsten Nächten noch einmal kommen, jagte ihm Angst ein.

„Und was will der Rettungswagen hier?“, fiel Tore plötzlich ein.

„Meine Mutter hat einen Schock“, erläuterte Lars, „sie ist fix und fertig. Der Schmuck ist sehr wertvoll. Alte Familienerbstücke.“

In diesem Moment führten die beiden Sanitäter Tante Thea die Treppe hinunter. Als Tante Thea ihre beiden Neffen sah, musste sie sich an den beiden Helfern stützen.

„Ach du liebe Güte, Kinder“, sagte sie aufgeregt, „macht euch keine Sorgen. Mir geht es bald besser.“

„Wir werden sie vorsorglich mitnehmen und ihren Zustand beobachten“, ergänzte einer der Sanitäter.

Tore, Milo und auch Lars blieben fassungslos stehen und konnten nichts sagen. Die beiden Sanitäter brachten Tante Thea nach draußen. Im selben Moment kamen Onkel Albert, Philipp und die beiden Polizisten ebenfalls die Treppe herunter. Philipp winkte Tore und Milo nur leicht zu, um sie zu begrüßen. Onkel Albert war in ein tiefes Gespräch mit den Polizisten verwickelt. Die Gruppe verließ die Eingangshalle in Richtung Speisesaal.

Die Freunde brauchten eine Weile, ehe sie wieder einigermaßen klar denken und alles zuordnen konnten.

„Aber wie haben die Täter in eure Wohnung kommen können“, wollte Tore wissen.

„Das ist ja das große Rätsel an der Sache“, erklärte Lars, „ihr wisst ja, wie sorgfältig wir alle aufpassen, dass nirgendwo ein Schlüssel rumliegt, wir schließen immer ab, alle passen wir supergenau auf. Aber die Täter haben trotzdem die Tür nicht gewaltsam aufgebrochen. Keine Einbruchsspuren.“

„Das ist doch seltsam, oder?“, kombinierte Tore.

„Das ist überhaupt alles total seltsam“, wusste Lars, „es gibt keine Einbruchsspuren. In der Wohnung ist nichts verwüstet, es sieht fast aus, als hätten die Täter ganz genau gewusst, wo sie suchen müssen. Als hätten sie sich exakt in der Wohnung ausgekannt.“

„Mitarbeiter von euch?“, überlegte Tore.

„Als Täter?“, wehrte Lars ab, „niemals. Oder würdet ihr Philipp vielleicht so etwas zutrauen? Oder Johanna? Niemals!“

„Gäste?“, fragte Milo.

„Ebenso unwahrscheinlich“, schüttelte Lars den Kopf, „natürlich können wir das nicht komplett ausschließen, aber zumindest fast komplett.“

„Aber wer kommt dann noch in Frage?“, wollte Tore wissen.

„Wenn wir das wüssten“, antwortete Lars, „dann wären wir schon ein ganzes Stück weiter.“

„Und der Einbruch ist heute Nacht gewesen?“, fragte Milo.

„Das nehmen wir an“, antwortete Lars, „ganz sicher wissen wir das nicht. Aber wann sollte es denn sonst gewesen sein? Wir sind den ganzen Tag zuhause gewesen. Höchstens ein bis zwei Stunden ist niemand da gewesen. Ach, was sage ich, nicht mal eine Stunde. Mama und Papa sind vom Einkaufen zurückgekommen, als ich gerade bei Tom angekommen bin. Das sind höchstens dreißig Minuten gewesen. In dieser Zeit kann doch niemand in einer fremden Wohnung einbrechen, gezielt alles Wertvolle suchen und finden und wieder abhauen. Völlig unmöglich.“

Onkel Albert kam mit den beiden Polizisten zurück aus dem Frühstückszimmer. Freundlich verabschiedeten sich die beiden Männer und nickten auch den Kindern zur Verabschiedung zu.

„Ach herrje, Jungs“, stöhnte Onkel Albert, als er seine beiden Neffen begrüßte, „da habt ihr euch echt einen tollen Zeitpunkt ausgesucht.“

„Hallo Onkel Albert“, begrüßte Tore seinen Onkel.

„Weißt du schon mehr?“, fragte Lars sofort seinen Vater.

„Leider nicht“, schüttelte Onkel Albert den Kopf, „uns sind Sachen gestohlen worden, die locker mehrere Tausend Euro wert sind.“

Tore, Milo und Lars schnauften vor Überraschung.

„Offenbar haben sich die Täter perfekt ausgekannt. Sie haben genau gewusst, wonach sie suchen müssen und wo sie es finden. Absolut unerklärlich, die ganze Sache. Und das Verrückteste ist, die Tat muss tatsächlich gestern Nachmittag ausgeübt worden sein.“

„In der – vielleicht – halben Stunde, in der niemand zuhause gewesen ist?“, fragte Lars aufgeregt.

„Exakt!“, bestätigte Onkel Albert.

„Das gibt es doch gar nicht“, prustete Lars, „das ist doch völlig unmöglich.“

„Offensichtlich nicht“, meinte Onkel Albert, „wie auch immer, hoffentlich geht es Mama bald wieder besser. Das ist das Wichtigste.“

Tore, Milo und Lars nickten.

„Ihr werdet jetzt natürlich viel selbst machen müssen, solange sie im Krankenhaus ist“, fügte Onkel Albert hinzu, „aber ihr werdet das schon schaffen. Ihr versteht, dass ich jetzt natürlich noch mehr zu tun habe.“

Mit diesen Worten verabschiedete sich Onkel Albert und ließ Tore, Milo und Lars nachdenklich zurück.

„Hast du, ich meine, habt ihr keine Ahnung, wer für diesen Einbruch in Frage kommen könnte?“, forschte Tore nach.

„Nicht im Geringsten“, schüttelte Lars den Kopf, „wir haben ein gesondertes Schließsystem für alle Privaträume. Mit den offiziellen Schlüsseln vom Hotel kann man gar nichts anfangen. Jeder von uns hat seinen eigenen Schlüssel. Und den hat er immer bei sich. Mitarbeiter, Personal, Gäste und wer auch immer sich auf Schloss Neuburg herumtreibt, niemand hat diesen Schlüssel, oder weiß, wo wir unseren Notfall-Schlüssel versteckt haben.“

„Notfall-Schlüssel?“, fragte Tore nach,

„Ja, wir haben an einem geheimen Versteck, das nur Mama, Papa und ich kennen, einen Notfall-Schlüssel versteckt“, erklärte Lars, „falls wirklich mal irgendwas ist. Aber niemand weiß, wo dieser liegt. Nicht einmal ihr dürft das wissen.“

„Klar“, nickte Milo, „wir brauchen den ja auch nicht. Wir sind die meiste Zeit sowieso mit dir unterwegs.“

„Und habt ihr den Notfall-Schlüssel untersucht?“, wollte Tore wissen.

„Natürlich“, antwortete Lars, „das war der erste Schritt. Der Schlüssel war an Ort und Stelle.“

„Habt ihr den in letzter Zeit gebraucht und damit vielleicht verraten, wo er ist?“, forschte Tore weiter.

„Wo denkst du hin?“, blies sich Lars auf, „niemals würden wir in Gegenwart eines Fremden den Schlüssel holen. Niemals. Darauf achten wir ganz besonders.“

„Und du? Hast du den Schlüssel in letzter Zeit gebraucht?“, vergewisserte sich Tore.

„Eigentlich nicht“, grübelte Lars, „das heißt, doch. Warte mal! Stimmt. Als ich mit Tom unterwegs gewesen bin. Ich habe Tom besucht und bin davon ausgegangen, dass meine Eltern wieder zuhause sind, wenn ich zurückkomme. Wir sind aber nicht lange bei Tom gewesen und wollten später auf den Sportplatz. Dazu habe ich erst zuhause meine Fußballschuhe holen müssen. Einen Schlüssel habe ich nicht dabei gehabt und meine Eltern sind noch unterwegs gewesen.“

„Und dieser Tom?“, fragte Tore, „ist er die ganze Zeit bei dir gewesen?“

„Natürlich“, nickte Lars, „aber als ich den Not-Schlüssel geholt habe, habe ich die Tür hinter mir zugemacht. Tom hat draußen gewartet.“

„Aber er hat mitbekommen, dass du den Schlüssel holst, oder?“, kombinierte Tore.

„Das schon“, nickte Lars, „aber Tom ist in Ordnung. Der würde niemals etwas verraten, oder mit dem Schlüssel Unfug anstellen. Und ihr habt ja gehört, dass die Tatzeit wohl gewesen sein muss, als ich mit Tom unterwegs gewesen bin. Meine Eltern sind höchstens eine halbe Stunde später gekommen, nachdem wir beide das Schloss wieder verlassen haben.“

„Und in dieser halben Stunde muss es passiert sein“, ergänzte Milo.

„Richtig“, nickte Lars erneut, „also kommt Tom als Täter ja überhaupt nicht in Frage. Ich bin ja die ganze Zeit mit ihm zusammen gewesen.“

„Aber wer könnte dann als Täter in Frage kommen?“, überlegte Tore, „haben deine Eltern irgendwelche Feinde?“

„Das kann ich nicht sagen“, dachte Lars nach, „Feinde? Kann ich mir nicht vorstellen. Vor allem, wenn es Feinde wären, würden sie sicherlich nicht zu uns zu Besuch kommen.“

„Klar“, grinste Tore, „dabei bin ich mir sicher, dass es jemand aus eurem direkten Umfeld gewesen sein muss. Der Täter hatte eindeutig Insider-Wissen. Er hat genau gewusst, was er tut und nach was er suchen muss.“

„Davon bin ich auch überzeugt“, stimmte Lars zu, „aber wer?“

Während die Freunde noch überlegten, kehrte Onkel Albert zurück. Er berichtete freudig, dass Tante Thea wieder auf dem Weg der Besserung sei und spätestens am nächsten Tag wieder nach Hause dürfe. Darüber waren die Jungen sehr erfreut. Onkel Albert ordnete an, dass Lars seinen Cousins mit dem Gepäck helfen sollte und sie sich anschließend zum Abendessen einfinden sollten. Die Jungen nickten und rannten die Treppen hoch in das Zimmer von Lars.

„Das ist alles sehr, sehr seltsam“, meinte Tore.

„Viel schlimmer ist, dass ich in diesem Zimmer schlafen muss“, erklärte Lars, „seit ich weiß, dass Einbrecher in der Wohnung gewesen sind, fühle ich mich hier einfach nicht mehr wohl. Der Gedanke daran, die Nacht hier zu verbringen, macht mich verrückt.“

Milo schluckte heimlich, wollte seine Angst aber nicht offenbaren. Auch ihm war ziemlich mulmig zumute, als er daran dachte, dass die Einbrecher jederzeit wiederkommen konnten. Das Hotel war fast rund um die Uhr zugänglich. Jeder Gast hatte einen Schlüssel für die Haupteingangstür. Vielleicht war der Täter auch ein Gast. Und der Täter wusste, wo der Wohnungsschlüssel zu finden war. Milo konnte die Angst kaum verdrängen, doch er wollte sich vor Lars nichts anmerken lassen. Für ihn musste das noch viel schlimmer sein. In Gedanken nahm sich Milo vor, dass er sofort woanders hinziehen würde, wenn jemand bei ihnen in der Wohnung einbrechen würde. Keine Nacht mehr würde er dort schlafen, da war er sich sicher.