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Mitten hinein ins Geschehen, derart präsentieren sich die reich bebilderten Geschichten des Raben Rabulinski. Die Sprache ist rabulistisch. Die Form der Figurenrede ist die direkte Rede: Geradeaus, nüchtern und alltäglich. Wortwechsel ist Handlung mit szenischer Wirkung. Die LeserInnen dieses originellen Kompendiums aus dem Rabenkosmos als bildhafter Stellvertreter der menschlichen Gesellschaft gelangen geschmeidig in die weite Welt einer vitalen Themenvielfalt und gehen dabei den spannenden Weg im Verbund von Abenteuer, Geburt, Geschichte, Kunst, Literatur, Niedertracht, Sex, Tod und Verrat.
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Seitenzahl: 142
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JO ZIEGLER
2021
RABE RABULINSKI
BESSERWISSER
OBERSCHLAUMEIER
WORTVERDREHER
Dialogdichtung
Jo Ziegler
© 2021
Illustrationen
Carolyn Pini
© 2021
IMPRESSUM
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dub.dub.de abrufbar.
www.tredition.de
© 2021 Jo Ziegler
Herstellung und Verlag
www.tredition.de
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
978-3-347-20399-0 (Paperback)
978-3-347-20400-3 (Hardcover)
978-3-347-20401-0 (e-Book)
VORWORT
von
JO Ziegler
Die Die Entstehungsgeschichte
mit mit Weiterentwicklung
einer Raben-Figur
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – eine im Ruhrgebiet verortete Kurzgeschichte“, derart lobte der Ausrichter des Literaturpreises Ruhrgebiet seinen Schreibwettbewerb im Jahre 2006 aus. Da war es reiner Zufall, dass sich in meinen Sammelmappen auch ein Siebdruck eines Zwerges aus Olims Zeiten von 1977 befand. Dieser Zwerg kam mir exakt zu Pass, denn er sollte meine bereits angedachte Kurzgeschichte beleben!
Da Zwergsein auch etwas zu tun hat mit „twer – quer“ und mit „twerch – schräg, verkehrt“ sowie mit „twern – quirlen, verdrehen“, war dieser Winzling wie geschaffen, um auf der Ur-Ruhr-Spur Nummer Sieben, so der Titel meiner Kurzgeschichte, durchzustarten. Dabei luchste er dem obersten Essener Grobschmied dessen Stahlrezepte ab, nistete sich in der ISENBURG ein und betrieb dort eine alternative Stahl schmiede. Beim Hantieren mit Sprengstoff flog die Burg in die Luft und verabschiedete sich als Schuttlawine ins Ruhrflusstal. Verblieben ist die RUINE ISENBURG im Essener Süden oberhalb des Baldeney-Sees.
Im Herbst kommt Post vom Literaturbüro mit einer Einladung zur abschließenden Feier und Preisverleihung, wobei ich allerdings nicht zu den Gewinnern gehöre. Da geht mir doch glatt der Draht in der Mütze hoch – der literarische Draht – wohlgemerkt!
Nein, meine Kurzgeschichte wird keinesfalls in der Schublade verschwinden. Sie soll vielmehr Bestandteil eines größeren Werkes werden, womit der Grundstein für meinen ersten historischen Roman DIE RUHR-MAGIER gelegt ist.
Darin nutzt der Zwerg einen riesigen Raben als Lufttaxi:
«Zu Olims Zeiten, als die Weltengötter sich noch gegenseitig beharkten, da mischte auch der Erlkönig Alberich kräftig mit. Als King der Düsternis, Obermacker im Geistreich aller Schad - und Neid-Gnome, plusterte er sich der Sage nach über Gebühr auf. Gegen den Verführer seiner Schwester riskierte er eine so dicke Lippe, dass es dem schandtätigen obersten Göttervater zu laut und zu bunt wurde. In einfältigem Beschluss schlug er den miesen unteren aufsässigen Krakeeler nicht etwa ruckzuck drei Ellen unter den Boden, sondern schrumpfte ihn sadomasomäßig, ließ ihm voll die Luft ab bis auf Zwergengröße und delektierte sich an diesem neuen Vertreter der verqueren Zwergenzunft, leerte seinen güldenen Becher vollschlucks, dehnte sich sehr auf seinem Lotter-Thron, griff zur Fiedel und fiedelte daselbst einen ALB ALBERICH ABGESANG.
Sehr schnell entfloh der neue Zwergenfloh der lästernden und feixenden Göttermischpoke, nahm ein RabenLuftTaxi, verabschiedete sich für immer von Midgards Weiten und ließ sich in HAMMABURC, Hamburg, absetzen, um dort seine neue komplexe Zwergenweise mental festzuzurren. Machte dabei Bekanntschaft mit dem Dominanz-Raben Ruhrchef.»
(S.76-77 Jo Ziegler DIE RUHR-TRILOGIE. Eine große Revier-Chronographie in drei Romanen, Version 2: BoD: ISBN 9783739225920, E-Book ISBN 9783739269047, 07.01.2016)
MAI 2006
Dominanz-Rabe Ruhrchef in einem glänzenden, kommunikativen Outfit. Dargestellt in einer Collage auf Karton: Buntstifte, Pigmente, Tusche 21x 21 cm, WV 33
JANUAR 2012
Am Spätnachmittag im Textzentrum Essen:
Auf dem Tisch Reste von Weihnachtsgebäck, dazu Kaffee und Tee. Die Heizkörper knacken, wir lehnen uns einen Moment in den Korbsesseln zurück – allerdings einen langen Moment, um die Wollmäuse im schütteren Gegenlicht beim Rollen zu beobachten, als ein Geistesblitz in verbaler Reinform abgefeuert wird:
Uri Bülbül:
„Jo, in deinen verschiedenen Buchprojekten bist du immer besonders stark in den Dialogen.“
Jo Ziegler:
„Stimmt, da vergaloppiere ich mich mit wachsender Begeisterung.“
Uri Bülbül:
„Vielleicht schreibst du jetzt einen Dialog, der sich inhaltlich mit den Themen der aktuell geführten Diskussion über Migration/Integration auseinandersetzt. Es wäre eine Möglichkeit, dieses Thema bei unserer nächsten PostDrama-Aufführung im Katakomben-Theater auf die Bühne zu bringen.“
Jo Ziegler:
„Ein besonderer Impuls! Gib mir Zeit zum Nachdenken und zur Umsetzung!“
Uri Bülbül:
„Du hast drei Tage lang Zeit!“
Jo Ziegler:
„Ja - Ja - Ja!
Während der drei Stationen Busfahrt im Nachtexpress erinnere ich mich vage an die Fabel vom Fuchs und dem Raben und notiere impulsiv:
„Ein schlauer Fuchs als türkischer Migrant trifft auf einen deutschen frech fragenden Raben im glänzenden schwarzen Gefieder.“
Drei Tage später erlebt meine erste Lieferung vom Fuchs und dem Raben im Schreibhaus ihre Premiere. Ich habe zwei Kopien gemacht und wir sprechen mit verteilten Rollen den Text, wobei gleichzeitig einige holprige Textstellen geebnet werden. Danach wird ausgiebig die Redensart des Raben diskutiert.
Es fällt das Wort Rabulistik, dann Galimathologie und dann parodierte Parömien. Oh ja! Hinter den Blitzen rot rollt bereits das sprachliche Gewitter.
JULI 2012
Das Textzentrum Essen ist um einen mannshohen Getränke-Kühlschlank gewachsen. In dieser Leihgabe des benachbarten Katakomben-Theaters lagern einige Energy-Drink Dosen. Schon wird nach deren Konsum eine neue Idee geboren.
Jo Ziegler:
„Wir sollten den neuen Text vom Fuchs und vom Raben vor einem adäquaten Publikum testen!“
Uri Bülbül:
„In der Literaturwüste hört man oft Stimmen.“
Jo Ziegler:
„Nimm doch einfach dein schwabbeliges schwarzes Notizbuch und notiere dort unter dem heutigen Datum: Bei einer Veranstaltung im Open Wort-Café Dortmund in der Mayerschen Buchhandlung mit der Jurorin Ellen Widmaier wollen Mitte Juli 2012 Uri Bülbül und Jo Ziegler ihre Stimmen dem Fuchs und dem Raben verleihen.“
Uri Bülbül:
„Meinetwegen! Wir kommen aus Bochum und aus Essen und in Dortmund kennt uns niemand, also…!“
Also verleihen wir unsere Stimmen dem RABEN sowie dem ROTFUCHS in einem rabulistischen Dialog als Höchstmaß sprachlicher wie szenischer Präsentation und verlassen danach das Podium zufrieden mit einem nominierten zweiten Platz. Eine Veröffentlichung findet sich später in der Anthologie: „BEST OF WORT-CAFÉ ´12 – BOCHUM- DORTMUND-ESSEN“ Cenarius Verlag Hagenl. Auflage 2012, ISBN 978-3-940680-56-3
Zeitnah folgt eine Tonaufnahme im Textzentrum mit Unterlegung von Hintergrundgeräuschen für die folgende PostDrama-Theateraufführung.
SEPTEMBER 2012
Das Katakomben PostDrama-Ensemble präsentiert:
NACHTS IST ES KÄLTER ALS DRAUßEN
Dabei wird ganz im Sinne postdramatischer Inszenierung nur die Tonaufnahme abgespielt, während mit minimaler Agitation Fuchs und Rabe agieren.
Die erste geraunte Kritik nach der Aufführung:
„Das ist ja wie in einem Irrenhaus!“
Meine nächste Notiz im Werksverzeichnis:
„Mit dem RABEN bin ich noch lange nicht fertig, es sollen unbedingt weitere Lieferungen folgen!“
In der nächsten Woche schreibe ich bereits weiter an der zweiten Lieferung. Dabei memoriere ich die folgende besondere Textstelle auf S.123 der RUHR-TRILOGIE:
«Vor allem seit 1880 zogen Werber durch die preußischen Ostprovinzen, um Arbeitskräfte an Ruhr und Emscher zu locken, weil dort die Zechen wie Pilze aus dem Boden schossen, einhergehend mit der Eisen- und Stahlverarbeitenden Industrie. Eine der größten Völkerwanderungen der neuen Geschichte fand statt.»
Einschlägige entsprechende Namen sind ja heute allgegenwärtig, nicht wahr, nicht? Also, wer hat nicht eine/einen “ski“ im nahen Umfeld? Also, eine/einen Cervinski, Kaminski oder Sokolowski – und gleich wird im Abendprogramm ein Schimanski-Film gezeigt — na bitte! Und so findet sich der Name des Raben:
RABULINSKi
IN ZWÖLF RABENLIEFERUNGEN WIRD DURCH DAS JAHR GEFÜHRT. BEGINNEND MIT DEM ELSASS-EXPRESS IM FRÜHJAHR UND DER SPARGELZEIT, GEFOLGT VOM SOMMER AM SEE UND MIT EINEM KONZERT SOWIE EINER FRESSORGIE IM HERBST BIS HIN ZUR NAHRUNGSVORSORGE EINES FRÜHEN WINTERS, DER BEREITS MÄCHTIG IM DEZEMBER EINHER KOMMT MIT SCHNEE – UND SOMIT DER LETZTEN LIEFERUNG RAUM GIBT.
JANUAR 2013
Wetterkapriolen geben den thematischen Impuls für die nächste Lieferung, wobei der Rabe RABULINSKI in einem neu gefassten Klappentext jetzt klar beschrieben wird als:
BESSERWISSER
OBERSCHLAUMEIER
WORTVERDREHER
ICH MÖCHTE MICH PRÄZISE VORSTELLEN:
ICH BIN DER RABE RABULINSKi.
WO ICH WOHNE?
IST DOCH KLAR WIE KLÄRCHEN.
IM RUHRGEBIET – WO SONST.
DESWEGEN AUCH MEIN SCHWARZES GEFIEDER. MEINEN SCHNABEL KANN ICH NICHT HALTEN. ICH SCHNARRE IM RASANTEN RHYTHMUS, BEI DEM JEDER MIT MUSS.
Die Sprache ist rabulistisch. Die Form der Figurenrede ist die direkte Rede: Geradeaus, nüchtern und alltäglich. Wortwechsel ist Handlung mit szenischer Wirkung.
Die LeserInnen dieses originellen Kompendiums aus dem Rabenkosmos als bildhafte Stellvertreter der menschlichen Gesellschaft gelangen geschmeidig in die weite Welt einer vitalen Themenvielfalt und gehen dabei den spannenden Weg im Verbund von Abenteuer, Geburt, Geschichte, Kunst, Literatur, Niedertracht, Sex, Tod und Verrat.
Ende 2015
Zur Abrundung des Buchprojektes kommt mir die Illustration meiner Dialogdichtung der Geschichten in den Sinn, und zwar mit stimmigen SW-Bildern. Damit wird ein neues, zeitintensives Kapitel aufgeschlagen mit der Suche nach einer/einem konkordanten Illustratorin/Illustrator.
Im Jahr 2017
Auf der Buchmesse Leipzig wird in einer Halle Buchdruckkunst demonstriert. Ebenfalls ist die HBK Braunschweig vertreten mit studentischen Abschlussprojekten. Hier docke ich an, doch: „No Reply when I came to your door!”, so hallt mir noch eine lange Zeit danach die Zeile aus einem Beatles-Song im Kopf nach.
Derweil meint Ralf Marczinczik in seiner mail vom 04.07.2017 «Die Texte sind so gut, dass ich glaube, dass Du sicher schnell jemanden finden dürftest, der sie bebildert.»
Da wünscht Markus Grolik in seiner mail vom 27.07.2017 «Ich wünsche viel Erfolg mit diesem schönen Projekt und dass Ihr Engagement und Herzblut mit einer Veröffentlichung belohnt wird.»
Ha! Mein Glück beschert mir dann nachgelagert das Internet mit der Schweizerin Carolyn Pini, die mit ihren einfühlsamen SW-Bildern meine Dialogdichtung zu einer abgerundeten Einheit führt.
August 2018
Die Vorstellung unseres nunmehr Gemeinschaft-Projektes bei diversen Buchverlagen übernahm ich mit gezielten Anschreiben. Dabei hatten wir hier und dort ein Ticket gezogen.
Ende 2020
Wir entschieden uns letztendlich für die Veröffentlichung unseres Werkes nach unseren Vorstellungen bei TREDITION Hamburg, womit die reich bebilderten Geschichten die Erlebnisse und die Gedanken des Raben Rabulinski einer aufgeschlossenen Leserschaft präsentiert werden können.
Inhaltsverzeichnis
RABE UND FUCHS
ELSASS-EXPRESS
RAPPELVOLLER SCHLAFBAUM
DIE VIERSCHRÖTIGE WINDNUMMER
FETZO-FUZZIS
URBANER KULINARISCHER WAHNSINN
ILLEGALE ENTSORGUNG
DER SOMMER IST LÄNGST VORBEI
WINTERLIED UND WINTERLEID
WETTERKAPRIOLEN
KLEINER RABULINSKI GANZ GROSS
ALLES SCHEIßE… EURE ELLI!
MAI-OH-MAI
KULTURLAUBE AM GRÜNGÜRTEL
VIEL ZU VIEL GETRÄUMT
URLAUB IM KNÜLLWALD
ANITA! RHEINITA!! RUHRNITA!!!
ECHT KOMISCHE VÖGEL
RABULINSKI
MELASSESCHNITZEL
NEUJAHRS-TALK
MERKLINDES UMAMI-SYNDROM
EIN RABENSCHWARZER TAG
NAHRUNGSERGÄNZUNGSHINWEIS
RABE UND FUCHS
„Arrrgh! Arrrgh!
Welch seltsame Promenadenmischung – so etwas habe ich ja noch nie gesehen!“
„Ich bin reinrassig.“
„Glaubst du doch wohl selber nicht.“
„Doch, doch!
Meine Eltern und meine Geschwister sehen genauso aus wie ich.“
„Seid ihr etwa in der Nähe eines Kernkraftwerkes gezeugt worden?“
„Warum?“
„Weil sich dadurch deine mögliche Mutation erklären ließe.“
„Welche Mutation?“
„Ich spreche von deinem enorm buschigen Schwanz.“
„Ha!
Auf den bin ich besonders stolz.“
„Mag ja sein!
Doch Hunde mit buschigen oder gar geringelten Schwänzen finde ich tuntig.“
„Also, du hältst mich für einen tuntigen Hund?“
„Hat dir wohl noch niemand gesteckt, wie?“
„Sei froh, dass du hoch oben auf dem Ast hockst, sonst würde ich dich auf der Stelle schnappen und fressen.“
„Ein springender tuntiger Hund auf Vogeljagd – das wird ja immer schräger.“
„Auf dass ich es sage, wie ich es sagen kann: Ich bin kein tuntiger Hund, keine Promenadenmischung und schon gar keine Mutation, sondern ich bin ein reinrassiger Fuchs.“
„Dann möchte ich augenblicklich deinen Körper zerspringen sehen und diesen unter zehntausend notorischen Aspekten sich zu einem neuen Körper zusammenraffen, in dem ich dich nie mehr vergessen kann.“
„Nichts einfacher, als das: WA-WA-WUMMM! Und jetzt mache dich im Zoo schlau und studiere Exemplare meiner Spezies in ihrem langen Marsch durch die Institutionen als ihre praktisch kritische Tätigkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen.“
„Bist du etwa ein Rot-Fuchs?“
„Deine doppelsinnige Wortkombination schmeichelt mir.“
„Aber, du bist dennoch ein Hund – du bist und bleibst Europas häufigster Wildhund!“
„Darauf können wir und beide einigen.“
„Wie du meinst! Sehen wir uns wieder?“
„Wieso?
Willst du dich hier auf dem Messeparkplatz ansiedeln?“
„Wäre ein Versuch wert.“
„Warum?“
„Wo ich herkomme, wüten Bagger, Planierraupen und dröhnen die Lastwagen. Der natürliche Bachlauf verschwindet in Betonröhren und der Wald wird abgeholzt.“
„Hört sich ganz nach einem Neubaugebiet an.“
„So ist es.“
„Bist du alleine gekommen oder schnürt deine buckelige Verwandtschaft auch schon hier herum?“
„Nein!
Wir Füchse sind schlau und wir haben beschlossen, uns in alle vier Himmelsrichtungen zu verteilen.“
„Du bist also ein Fuchs-Flüchtling.“
„Eher ein Fuchs-Migrant.“
„Hör auf mit deiner Wortfuchserei! Wie lautet dein Name?“
„Nefes.“
„Noch nie gehört.“
„Siehst du!
Genau deswegen gelte ich als anerkannter Fuchs-Migrant.“
„Wieso?“
„Weil Nefes Atem bedeutet.“
„Mach’s nicht so spannend, wo nennt man den Namen Nefes?“
„In der Türkei.“
„Passt wie Arsch auf Eimer.“
„Willst du mich bei der Ehre des Fuchspropheten beleidigen?“
„Keinesfalls!
Dies ist eine deutsche Redewendung. Und damit musst du jetzt als anerkannter Fuchs-Migrant leben.“
„Also, keine Beleidigung?“
„Nein!
Vielmehr eine Anerkennung für deinen langen Atem, dieses gelobte Land erreicht zu haben.“
„Eine eindeutige Gewinner-Situation, denn Fuchs-Win-Win ist in.“
„Es staubt mächtig, hör auf damit!“
„Weißt du denn überhaupt, wo die Türkei liegt?“
„Stell dir mal vor, im Zoo gibt es eine Karte von Europa und von dem Rest der Welt.“
„Dann sind dir wohl auch die über dem beschaulichen türkischen Örtchen Bergama gelegenen Tempel-Ruinen bekannt, die von einem hellenistisch-römischen Flecken der antiken Stadt Pergamon herrühren.“
„Oh nein!
Auch das noch!“
„Was denn?“
„Du stammst von der oberen Südküste.“
„Ja und?“
„Da kommen die größten kleinwüchsigen ausländischen Halunken her.“
„Jetzt reicht’s aber!
Bist du etwa ein Rassist?“
„Sehe ich etwa braun aus?“
„Vielleicht trägt deine Sippschaft unter den Talaren den Muff von tausend Jahren.“
„Gleich mache ich eine exakte Sturzlandung auf deinem Rücken und hacke in dein Fell.“
„Du willst mit mir spielen?“
„Ein Spiel ist ein Spiel ist ein Spiel…“
ELSASS-EXPRESS
TEIL 1
„Jetzt aber raus, der Frühling ist da!“
„Und wohin?“
„Wir rollen das Elsass vom Feinsten auf.“
„Du meinst, da blüht uns was?“
„Allerdings!
Wir fliegen dem Frühling entgegen und kehren mit ihm im Gepäck zurück.“
„Dominanzrabe, wir folgen dir!“
„Recht so!
Sollte es dennoch jemand wagen, auszuscheren, so sei ihm und seiner Familie die Sippenhaft gewiss, die vormals viele davon abhielt, diskret über die Grenze zu entschwirren.“
„Genauer, bitte!“
„Wissembourg – wissen’s?“
„Nein!
Warum? Wieso? Weshalb?“
„Weil schon 1835 dort Rabe Georg ’rüber machte nach Straßburg mit seinem Manuskript Dantons Tod im Schnabel, als er steckbrieflich gesucht wurde.“
„Gaudeamus igitur!“
„Iuvenes dum sumus! Hast du vergessen zu schnarren.“ „Hä?“
„Du frohlocktest bereits nach dem halben Zitat!“
„Na und?“
„Ebenso frohlocktest du bereits nach dem ersten Schluck Berliner Weiße, der dich damals vollends enthemmte.“
„Hat dir das deine verstorbene Mutter gesteckt?“
„Flugs folgte dann dein rasanter Ritt a tergo im tierischen Triebtheater.“
„Wonach statistisch ein männlicher Nachkomme dominiert.“
„Doch du hast danach definitiv der Statistik nachgeholfen!“
„Auch das hat sie ausgeplaudert?“
„Allerdings!
Dein abnormer Akt, zwei eigene Töchter zu massakrieren und aufzufressen enthebt dich ab sofort deines Oberkommandos, welches ich jetzt übernehme.“
„Du wagst es, gegen deinen eigenen Vater zu rebellieren?“
„Hat mich die Geschichte so gelehrt.“
„Wie weit willst du gehen?“
„Wir lassen dich hier zurück!“
„Wie denn?“
„Bewacht vom Obersten deines Geheimdienstes.“
„Ha!
Von dieser alten Schwuchtel?“
„Genau!
Solltest du dennoch versuchen, ihm zu entschwirren, so hackt er dich.“
„Er ist positiv!“
„Du sagst es!
Und deswegen solltest du ihm unbedingt gehorchen.“
„Gehe ich richtig in der Annahme, dass deine Antrittsrede auf dem Forum Rabenorum folgt?“
„Ita est – so ist es!
So wahr mein Wille geschehe und mein Urteil über dich ergehe: Indicta Causa! Ohne Verhör, ohne Gerichtsverfahren und ohne Verteidigung.“
„Arrrgh!
Man bringe mir einen Schierlingsbecher – auf der Stelle! Den güldenen Becher, mit dem ich schon zu Olims Zeiten mit Kaukasischen Kohortenführern auf die neue Weltordnung anstieß.“
„Bitte, gern geschehen!“
TEIL 2
„Der Dominanzrabe ist tot! Es lebe der Dominanzrabe!“
„Unser neuer Chef bedient die Heroldsformel, abgekupfert aus Zeiten der französischen Monarchie.“
„Jedenfalls ein Ausdruck von Kontinuität.“
„Das werden wir bald sehen.“
„Achtung! Achtung!
Ab sofort übernehme ich das Kommando. Nach Eintritt der Leichenstarre als sicheres Todeszeichen heben wir ab. Wir fliegen ohne Pause bis ins Elsass.“
„Auweia! Meint der Reiher.“
„Hört mir gut zu: Die wilde Milde macht mich munter!“
„Rabulinski der Zweite hat wohl Frühlingssausen im Frack!“
„Was war das denn gerade für eine blöde Bemerkung? Seht ihr denn nicht selber in der heiteren Lichtflut dieses zunehmende Gartencenter- und Baumarktgewusel nebst vorösterlichen Auswüchsen rund ums Nest? Dazu Boomtime beim Sperrmüll, Musik aus weit geöffneten Cabriolets, Krötenwanderungen, Flohmärkte, Feuer und Demos allerorten?“
„Scheffe, da ist was dran!“
„Hast du etwa mit polnischen Wanderarbeitern eine Flurbereinigung durchgezogen?“
„Wie kommst du denn auf diese Idee?“
„Deine Wortkreation “Scheffe“ lässt meine sensiblen Bürzelfedern erigieren.“
„Brauchte Broterwerb. War auf Wanderschaft. Wuselte herum. War unterwegs im Markgräfler Land, in Ländereien der von Thun und Taxis, im Thüringer Nationalpark Hainich, im brandenburgischen Storchendorf Rühstädt und lauschte dabei der Meise, dem Finken, der Drossel, dem Rotkehlchen und meinen handwerklich versierten polnischen Kollegen.“
„Ahnte ich’s doch!“
„War ’ne tolle Zeit. Richtig was für Männer!“
„Achtung! Jungmänner, jetzt alle mal gut herhören!“
„Bin echt gespannt, was der Boss jetzt vom Stapel lässt!“
„Schnabel, da hinten!
Hier spielt die Musik, also gut zuhören:
Das Elsass ist diejenige von 26 Regionen Frankreichs, wo die deutsche Mundart auf Wanderschaft war.
Wir nehmen ein Lilliput-Wörterbuch mit, das abwechselnd von euch Jungmännern transportiert wird.“
„Auch das noch!“
„Schnabel, da vorne!
Dürfte für euch wohl von Wichtigkeit sein, wenn ihr junge Rabulas anmacht. Ich erinnere unbedingt an Safer Sex und bestimme hier und jetzt: Wer trotzdem einen ansetzt, verbleibt vor Ort und steht zu seinen väterlichen Pflichten.“
„Ich glaube, es hackt!“
„Keine weitere Widerrede!